Multikulturalismus und Wirtschaft

«Die Aufklärung gehört dem Menschengeschlecht und nicht nur einigen Privilegierten aus Europa und Nordamerika — die sich überdies herausnehmen, sie wie verwöhnte Gören mit Füßen zu treten und anderen vorzuenthalten. Vielleicht ist der Multikulturalismus angelsächsischer Prägung nichts anderes als eine legale Apartheid, begleitet — wie so oft — vom rührseligen Gesäusel der Reichen, die den Armen erklären, daß Geld allein nicht glücklich macht. Wir tragen die Bürde der Freiheit, der Selbstverwirklichung, der Gleichberechtigung der Geschlechter, euch bleiben die Freuden des Archaischen, des Mißbrauchs nach Vorvätersitte, der arrangierten Heiraten, Kopftücher und Vielehen. Angehörige dieser Minderheiten werden unter Denkmalschutz gestellt. Wir sperren sie in ein Reservat, um sie vor dem Fanatismus der Aufklärung und den Kalamitäten des Fortschritts zu bewahren: All jenen, die uns unter dem Sammelnamen Muslime bekannt sind (Maghrebiner, Pakistani, Afrikaner) soll es verboten sein, den Glauben abzulegen, oder nur ab und zu zu glauben, auf Gott zu pfeifen oder sich ein Leben fernab von Koran und Stammesriten aufzubauen.»

Auf diese Perle bin ich gestoßen. Nein: Perlchen, denn die gesamte Perlenkette, aufgereiht von dem guten alten Pascal Bruckner, über dessen gemeinsam mit Alain Finkielkraut verfaßte Neue Liebesunordnung ich heute noch schmunzle (und nachdenklich werde), muß man lesen. Es ist wohltuend, wie unaufgeregt und wohl deshalb analytisch präzise er die Tricolore der Freiheit und damit des Geistes hochhält. Seine essaiistische Auseinandersetzung mit dem Multikulturalismus, diese Perle ist zu lesen, na wo wohl, im Perlentaucher.

In brand eins meinte er: «Wirtschaft ist keine Religion», wobei:

«Die Utopie des Internets und das Börsenfieber der Neunziger veranlaßte die Menschen zu glauben, die ganze Welt ließe sich zivilisieren und alle Menschen könnten miteinander versöhnt werden. Doch obwohl das Internet zweifelsohne eine außergewöhnliche Technik ist, ist es ihm nicht gelungen, die Ungleichheiten zu beseitigen; es hat auch nicht die Hungersnöte abgeschafft oder die Demokratie verbreitet. Es ist nicht das neue Gehirn der Welt, so wie manche dachten. Es ist lediglich ein neues Kommunikationsmittel; an den großen Problemen wie Elend, Tyrannei oder Bildungsmangel ändert es nichts. Das heißt, wir leben noch immer mit der Illusion, eine einzige Erfindung würde es ermöglichen, alle Probleme, die jahrhundertelang unlösbar waren, auf einen Schlag zu beseitigen; und das ist leider nicht möglich.»
 
Sa, 07.06.2008 |  link | (2486) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Fundsachen















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Jean Stubenzweig motzt hier seit 5815 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 22.04.2022, 10:42



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