Le Parking Im schönen, geschätzten, bisweilen geradezu liebreizenden Hamburg, sei es, um mal wieder die Tuben und Döschen mit dem anthroposophischen Hautbalsam des schwäbischen Produzenten mit dem Vertriebenennamen einzukaufen oder auf dem Weg über den Jungfrauensteig in andere Konsumfallen zu stolpern und vielleicht auch noch ein bißchen Kähnchen zu fahren, steure ich in der Regel das Parkhaus am Fischmarkt an. Wenn anderswo alles dicht ist, gibt's dort meist noch ein Plätzchen für die Landeierbeförderungskiste. Zudem liegt es für uns via Großensee und Wandsbek einreisende Ossis ideal. Einmal zwischen Deichtorhallen und Kunstverein geradeaus durch, die gute alte Zeit mit ihrem hanseatisch-telegenen Dachrundgang für Alt- und Neuherausgeber links hinter mir und die Wissenschaftliches im Namen führende Sekte rechts liegen lassen und hinein. Für die Büddenwarderin ist das jedesmal so eine Art Dom-Erlebnis. Zwar würde sie nie in so ein Gerät einsteigen, das anderen Fahrvergnügen bereitet, aber hier muß sie in der Spirale mit hinauf in die fünfte Etage oder weiter. Dem sich ankündigenden Jahrmarktjuchzen anderer ähnlich gibt sie auch jedesmal bereits bei der Einfahrt diese tiefen Einatmungsgeräusche von sich, die den kommenden Streßprozeß erleichtern sollen, aber letztlich doch eher nach einem Seufzen klingen, das das bevorstehende Ende alles Irdischen ankündigt. Von der späteren Ab- beziehungsweise Höllenfahrt ganz zu schweigen. Ein wenig fehlt mir dann doch immer wieder das Verständnis, gehört diese An- und Abreisearchitektur dieses insgesamt ausgesprochen übersichtlichen Parkhauses doch zur großzügigeren ihrer Art. In deutschen Landen ward dem Automobil ohnehin immer ausreichend Raum eingeräumt. Das erklärt auch die Farbpaletten an den Wänden der Ein- und Ausfahrten französischer Parkhäuser. Hier dürften sämtliche, in den letzten Jahrzehnten für den deutschen Markt zusammengemischten Lackierungen dokumentiert sein. Nun gut, französische befinden sich schon auch darunter, aber um so einen kleinen Schrammer am nicht so heiligen Blechle wird hier eben nicht so ein Gewese gemacht. Das hat jedoch sicherlich auch damit zu tun, daß es in Frankreich immer schon andere Vorstellungen von Repräsentation bestehender oder vermeintlicher Vermögensverhältnisse gegeben hat. Wie der eine oder andere Sehrvielbesserverdienende seine Behausung hinter einer mindestens zweimannshohen Hecke versteckt, hält er sich mit dem Hinweis auf Verdienste auch im Straßenverkehr zurück. Zumindest läßt er den etwas größeren Hubraum hinter seiner dichten Flora stehen und fährt mit dem handlicheren Gefährt vom Saône-Tal nach Lyon hinein. Großstädtisch sieht man eigentlich ohnehin vor allem in Paris die ausladenderen Kutschen. Aber das ist ja auch nicht Frankreich. Hier gab's schon zu Zeiten, als landesweit ganz wenige der Sindelfinger Vertretungen ihren Service anboten — Lille, Bordeaux, Lyon, Paris, Marseille und, wie anders, Cannes beziehungsweise Nizza —, ein wesentlich größeres Angebot an Fahrzeugen, in deren Fond ein zeitungslesender Herr saß. Manchmal steuerte er auch selber, wenn auch nicht zeitungslesend. Aber in der Regel gab und gibt es für die etwas längere Voiture auch einen eigenen Parkplatz. Wenn nicht, dann klemmt eben grundsätzlich einer dieser Papillons zwischen Scheibenwischer und Windschutzscheibe. Wer tatsächlich einen Platz ergattert hat, für den nicht der Stundenautomat zu bedienen ist, läßt seinen Wagen am besten für alle Zeiten dort stehen. Wobei er es es höflicherweise unterläßt, die Handbremse anzuziehen. Denn wie anders soll sonst der andere in den vor oder hinter dem Dauergeparkten freigewordenen Parkraum rein- oder wieder rauskommen? Wer gar mit einer Stuttgarter L-Version aus dem Rechtsrheinischen kommt, der fragt bei der Hotelbuchung am besten und vorsichtshalber zunächst mal nach der Größe der Tiefgarageneinfahrt. Sonst kann es ihm wie an der Place d'Italie passieren, daß er mit Hilfe eines PKW-Fahrstuhls ins unterweltliche Le Parking einreisen muß, bei dem rechts und links der Außenspiegel gerademal je zwei oder auch drei Zentimeter frei sind. So er heil angelangt ist im Totenreich für Automobile, läßt er die für das Land zu lang geratene Limousine am besten bis zur Abreise stehen und bewegt sich mittels Metro oder lernt, wenn er über viel Zeit verfügt, die Stadt via Autobus kennen. Einer der anregendsten Plätze auf solchen Entdeckungsreisen ist der vorn, mit Fahrerblick. Wer dort gesessen hat, der wird sich nie wieder eines dieser Computerspiele zulegen, mit dem Autorennen simuliert werden. Auch wird er zukünftig darauf verzichten, sich Formel 1-Rasereien anzuschauen. Denn die Fahrkünste der Pariser Buspiloten sind nicht zu überbieten, jedenfalls innerhalb der Metropolen Europas. Wobei nicht vergessen werden darf, daß dem Riesengefährt auch absolute Priorität eingeräumt wird (was indessen auch für andere Städte gilt). Fährt dieses Gerät los, tritt jeder andere mächtig auf die Bremse. Aber auch anderswo ist es, schon aus Entspannungsgründen, angeraten, das Auto im Parkloch verschwinden und es dort stehen zu lassen. Eine Büddenwarderin läßt man vorsichtshalber vorher aussteigen und sie im salle de réception ein Gläschen nehmen. Das hat zum einen den Vorteil, eine eventuelle Hyperventilation zu vemeiden — oder zum anderen deren Lachanfall, der die Rangierbemühungen (hier mit dem Kleinwagen) des versierten Tiefgaragenpiloten auslösen könnte, der seine eigenen Warnungen nicht ernst genug genommen hat. Sei es im Hotel direkt neben der imposanten Cathedrale von Rouen oder dem am Cours Palmarole, ein paar Schritte von Perpignans knuddeliger Altstadt entfernt. Ein Vivat! auf die deutsche Parkhausarchitektur. — Aber mit der nächsten Generation dürfte eine Anpassung an die linksrheinische wohl ihren Lauf nehmen.
aubertin (26.09.08, 14:50) (link) Immer schon?
« Das hat jedoch sicherlich auch damit zu tun, daß es in Frankreich immer schon andere Vorstellungen von Repräsentation bestehender oder vermeintlicher Vermögensverhältnisse gegeben hat. »Ist das nicht vielleicht doch erst seit einem gewissen Datum so? Seit die von Dir so verehrte Österreicherin kopflos wurde angesichts der Unzufriedenheit im Lande? Außerdem zeigt die Lust, zu zeigen, was man hat, bei uns ebenfalls. Das zeigt sich alleine dadurch, daß der von Dir erwähnte Hersteller von Automobilen in beinahe jeder Stadt über 30 000 Bewohnern vertreten ist. Und das wird auch gezeigt. Ich weiß nicht woran dies liegt. Aber ich nenne es einen Verlust (Verfall?) von Wert. t'embrasse, Yves Dieser Tage
war zu vernehmen, die deutschen Parkhäuser würden immer enger. Aber nicht weil die Plätze schrumpften, sondern weil der dicke Geltungsdrang der Deutschen immer breiter würde. Anstatt sich den Erfordernissen anzupassen.cabü Erfordernissen anpassen?
Dieser Tage habe ich irgendwo gelesen, daß sich in den USA bereits um das Jahr 2000 ein mit Elektromotor angetriebenener, alltagstauglicher Wagen auf dem Markt befand. General Motors hat das – nur zu leasende – Auto wieder aus dem Markt genommen, weil damit kein schnelles Geld zu verdienen war. Das funktionierte nur mit diesen schrecklichen Rennpanzern mit einem Verbrauch von zehn Litern pro Zündschlüsseldreher. Und mit diesen Suffgeräten versuchen sie nun auch hier, Platz zu finden in Parkhäusern. Dabei haben sie ihre kleineren Dinger schon nicht in die großen Löcher reingekriegt.>> kommentieren der fahrerblick in der m14 ist ebenfalls klasse, wenn auch gewöhnungsbedürftig. damit durfte ich kurz nach inbetriebnahme reisen und habe mich mit den kindern um den platz gekabbelt... M 14?
Welche Linie ist das und wo? Hamburg? Paris? Gütersloh? Und weshalb gewöhnungsbedürftig? Kann einem dabei schlecht werden? So als Beifahrer, meine ich.
richtig.
es ist natürlich die m14 zwischen gütersloh und rheda-wiedenbrück über isselhorst-avenwedde. und blogger.de frißt schon wieder die links mit sonderzeichen und ich habe keine zeit, dass ästhetisch zufriedenstellend zu lösen, daher leider: http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A9trolinie_14_(Paris) gewöhnungsbedürftig, weil es keinen beifahrer gibt, denn es gibt auch keinen fahrer. und so sieht das aus . (keine spielereien mit dem wort u-tube, denn ich kenne ihre mäßige begeisterung für diese röhre, daher clipfish) Es war die,
wenn auch weit hergeholte, Assoziation zu Albert Paris Gütersloh. Völlig daneben. Ist mir jetzt klar.Danke für die virtuelle Fahrt. Aber ob ich mich da in echt reinsetzen würde? So führerlos durch die Unterwelt. Ich weiß nicht. Zumal ich ohnehin den Autobus bevorzuge. Ich fahre höchst selten, weil ungern Metro (aber ich habe ja auch keine wichtigen Termine, die Schnelligkeit erfordern). Da stinkt es immer so gräßlich, nicht nur im Sommer. Nun gut, im Bus manchmal auch. Aber aus dem ist man schneller wieder raus. Nebenbei: Das mit den Wikipedia-Links ist ein Ärgernis. Wegen der Akzente im Französischen bin ich in letzter Zeit einige Male gescheitert. Gibt's da keine Lösung? Aber das muß ich wohl anderswo fragen ... >> kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
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