West-Ost-West-Bahn «Wenn 'se nach Novosibirsk, Swerdlowsk oder nach Wladiwostok fahn wolln», sprach die leicht uniformierte Mittfünfzigerin, «dann können se hier abfahn. Hier jibt et nur Russn. Dette hier heißt nich mehr Bahnhof Zoo, det is jetzt der KdW-Bahnhof.» Ich sei zwar auch gerne ein wenig Russe, gab ich zu bedenken, und wolle durchaus in den Osten, aber in den des ehemaligen Westens, und der läge nunmal westlich ... «Wir sin hia zwa im Westen», setzte die Dame am erstaunlicherweise noch erhaltenen Dienstleistungspunkt ihre Suada ohne hörbare Interpunktion fort, «aba wenn se nach Westen wolln, da müssen se erstma nach Spandau. Det is Westen. Aber wia ham ja ohch noch'n Hauptbahnhof Richtung Osten, naja, Mitte, aba is ja ohch Osten. Den können se ohch nehm'n. Da fahn se erstma hin, mit die S-Bahn. Dann kommen se zwa wieda hia durch, durch den kleenen Zoo im Westen, aber der hält hia nich, erst wieda in Spandau, der Eurocity von Prag nach Aarhus üba Hamburg.» Irgendwie hat mich das dann doch ein wenig irritiert. Nicht nur, daß das genau der Zug war, in den ich einsteigen wollte und für den ich nun eine Rundreise antreten sollte. Mehr noch das: In München hält der Intercity Expreß sogar in Pasing, wohin doch eigentlich niemand wirklich möchte. Hamburg bietet gleich drei Fernbahnhöfe. Von Paris oder ähnlichen Städten gar nicht zu schreiben. Aber in der europäischen Metropole Berlin wird der Bahnhof, in dem jahrzehntelang die Welt ankam und von dem sie dann auch wieder abfuhr, zum S-Bahnhof degradiert. Und das, obwohl der gesamte Provinztourismus zum Ku'damm will, weil hier Kunst und Kultur der guten alten Zeit angesiedelt sind. Aber die heißt ja jetzt KadeWeh, ebent. Aber so ist es mit dem Gedächtnis: Er höhlt sich aus, der Zahn der Erinnerung.
Mehdorn
Mehdorn mag die Deutschen nicht. Aber ganz besonders mag er die Berliner nicht. Denen baute er einfach einen neuen Bahnhof. Einen Hauptbahnhof. Teuer. Mitten in der Pampa, nicht zu erreichen. Ein typischer Mehdorn halt. Damit die Berliner aber seinen Bahnhof nutzen müssen, hält die Bahn nicht mehr da, wo die Menschen einsteigen wollen, sondern nur da wo Mehdorn die Menschen einsteigen lassen will. Aber dafür will er die Bahn auch an Fremde verschenken. Damit er den Deutschen noch mehr schaden kann. Mehdorn eben. Nicht mit rationalen Mitteln zu erklären.
Das trifft es wohl. Und ich erinnere mich, während der Bauphase mal an dem neuen HBF vorbeigefahren zu sein - da fragte ich meine einheimische Begleitung noch ganz ungläubig: "Hier? Hier?" - und bekam nur ein schulterzuckendes Augenrollen zur Antwort.
Herr Stubenzweig: Das aktuelle "Banner" da oben gefällt mir sehr! Das ist,
lieber Jochen Hoff, nicht nur kenntnis-, sondern auch noch erkenntisreich! Das man von Dir ja nicht anders gewohnt. Aber die Logikreihung, die ist dann wieder derart logisch, daß sie als Formel für den mehdornschen Börsengang gelten darf. Vielleicht sogar für das Verhalten der Politiker ihren Untertanen gegenüber.Das Banner
Ich weiß, was Ihnen daran so gut gefällt – weil es sozusagen ein lächelnder Bahnhof ist. Und wissen Sie, weshalb er lächelt? Weil er nicht mehr Herrn Mehdorn gehört. Und trotzdem gepflegt wird. Halt, so herum: deshalb gepflegt wird. Jedenfall von außen. Auf daß sich kein radfahrender Renter ausm Westen auf Usedom an seiner Ansicht störe. Aber geschlossen ist er trotzdem. Da muß man nichtmal Herrn Mehdorn gehören, um in einen solchen Status zu geraten.Und was das architektonische Meisterwerk betrifft: Na ja. planerisch kastriert halt. Nach dem Eingriff von Herrn Mehdorn. Ich käme lieber weiter im Bahnhof Zoo an. Nicht aus nostalgischen Gründen. Sondern weil ich aus dem Westen komme. Und der heißt jetzt Spandau. Aber von dort aus muß man trotzdem erstmal in den Osten, um dann wieder in den Westen – ach nee ... >> kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
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