«Religiöser Wahn in der Horizontalen» ist bei Exportabel getitelt, und Autor sowie Eigner Genova68 bezieht sich dabei auf «Ein skurriles Detail, das einem in Jerusalem auffällt: Die Grenzen verlaufen dort nicht nur horizontal, sondern auch vertikal: Die (jüdische) Klagemauer in der Altstadt beispielsweise und damit angeblich der letzte Rest des ersten Tempels liegt etwa zehn oder zwanzig Meter unter dem (muslimischen) Felsendom. Die Juden wollen natürlich nicht auf die Mauer verzichten (wie gesagt, erster Tempel!) und die Muslime wollen natürlich nicht auf die Stelle obendrüber verzichten, denn von dort ist Kollege Mohammed in den Himmel geritten (und das auch noch auf seinem Lieblingspferd!) Ganz klar: Solche heiligen Stätten müssen mit Zähnen und Klauen verteidigt werden. Damit verläuft eine imaginäre Grenze zwischen oben und unten, diesmal nicht nur übertragen, sondern ganz real.» Das alleine ist interessant zu lesen (und anzuschauen), nicht zuletzt wegen des Verweises auf die dortige Situation, auch auf «das Buch des Architekturtheoretikers Eyal Weizman, Sperrzonen, Israels Architektur der Besatzung. Es ist schlicht notwendig, daß darauf immer wieder hingewiesen und darüber debattiert wird, zumal es sich dabei nun wahrlich nicht um den ach so fernen, sondern um den nahen Osten handelt, wo es heftig schwelt. Die Debatte erfolgt dann auch. Allerdings bildet sich rasch ein Nebenschauplatz heraus, der mit einem Hinweis auf eine längst bestehende «Lösung» eröffnet wird: Die Ringparabel von Lessing in Nathan der Weise. Und dann folgt eine Auseinandersetzung, die als solche zwar nicht neu ist, deren historische Argumentation im allgemeinen aber gerne ausgelassen wird.
Die Kunst-Werke beheimateten einst die ebenso spannende wie umstrittene Schau "Territories", die u.a. "Architektur als Waffe" thematisierte. Dabei waren damals auch Weizman und Segal. Wir waren eher mit place annihilation befaßt, der etwas weniger subtilen Variante von Inbesitznahme urbaner Räume. Zur Architektur der Besatzung gehört auch, daß die israelische Luftwaffe in schöner Unregelmäßigkeit sogenannte "Lärmteppiche" über palästinensische Ortschaften legt, unter denen dann nicht nur das Geschirr aus den Regalen fällt. Andererseits gibt es wirklich keinen Grund nicht wachsan zu sein und zu warten bis man in Tel Aviv aus einem Bus auf der Linie 51 gebombt wird. Die Ober- und Unterstadt-Variante kennen wir aber auch in Europa - und anderswo. Montréal bot für den Zusammenhang von stadtinterner Hierarchisierung und räumlicher Segregation ein sehr schönes, weil unverhofftes Beispiel. Zwar sind die neighbourhoods von den quartiers noch immer spürbar getrennt, aber mittlerweile existieren auch dort noch ganz andere Klassifikationen. Zwar habe ich
das hier bei mir eingestellt, aber eigentlich gehört das doch hinüber nach Exportabel. So hoffe ich – und nehme es auch an –, daß Ihr elektrischer Leserbrief in der Nachbarschaft wahrgenommen wird.Was allerdings kein Desinteresse meinerseits darstellen soll, schließlich habe ich mir das Thema in gewisser Weise ja zueigen gemacht, indem ich hier eine Leseempfehlung ausgeschrieben habe. Wobei ich hinzufügen muß, daß ich Israel (teilweise ) lediglich aus der Zeit bis zum Sechstagekrieg kenne, in den ich dann um ein Haar auch noch hineingeraten wäre, worauf ich nie wieder hinwollte, ich mich also nur staunend und auch erschaudernd als Beobachter der Berichte anderer hinstellen kann. Alle früher einmal gehegte Hoffnung scheint dahin. Doch nochmals mein Verweis, daß mich dabei am ehesten der beiderseitige oder auch allgemeine «religiöse Wahn» in Beschlag nimmt. Denn das Christentum, fällt mir dabei ein, hat in der Gegend schließlich nicht eben wenig herummassakriert. Das aber ist ein Fundamentalismus, der von den Annalisten offensichtlich nicht mehr fortgeschrieben werden will, soll, darf oder wie auch immer. Nun gut, die Aktualität in situ hat er überlebt. Deshalb hält er sich dort wohl heraus.
Danke für die Erwähnung. Die Geschichte mit dem Lärmteppich ist auch interessant. Ich bin mit dem Buch übrigens erst zur Hälfte durch, da der Tag leider nur 24 Stunden hat.
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