Das blöde Rindvieh



Es gibt einige Redewendungen, die solche Autoren oder Gesprächsführer charakterisieren, die nicht auf den Punkt, zu Potte oder vom hundertsten ins tausendste kommen, nein, etwas präziser wäre dann doch genauer: die nicht so gradziellinig texten, als befänden sie sich auf einem Kanal von der N- hin zur Osee. Mir sind die Mäanderer der Schreibstraße am genehmsten. Aus nächster Bloggemeindenähe beispielhaft heranziehen möchte ich den mumifizierten Nnier oder den hermetischen Kid, die mir beide nahezu ausnahmslos ausgesprochene Lesevergügen bereiten, so daß ich mittlerweile Bücher von ihnen fordere. Es gibt ein paar mehr, die hin und wieder diese große Kunst des Hölzken auf Stöckchen, wie der tierische Prieditis zu schreiben pflegt, andeuten. Zu ihnen zählt jener, der es geschafft hat, von Homer auf die Kühe zu kommen.

Allerdings liegt die Verbindung von antikem Bildungsgut und weiser Klugheit schon wieder nahe. Denn das Rindviech als solches ist nach (für mich) neueren, tieferen Erkenntnissen offensichtlich kein in diesem Sinn solches, ähnlich der Sau, die alles andere als eine dumme ist, da mag man sie noch so oft durchs Dorf treiben. Ein friesischer gleichermaßen Pferde- und Rindviehflüsterer gab dieses Wissen unlängst in klaren Worten zum besten: Der Gaul könne gerademal geradeauslaufen und mit der landläufig so bezeichneten dummen Kuh, wie der hinkende Bote überbrachte, «intellektuell nicht konkurrieren».

Dieser friesische Flüsterer schien mir, im Gegensatz zur Vermutung des Hinkeboten, sein sich despektierlich über seine Klientel äußernder Hufschmied könnte mal von einem Pferd getreten worden sein, von dieser recht unberührt. Von keinem seiner überwiegend edlen argentinischen Reittiere, denen er auf ihnen sitzend zum Rindviehtreiben die Sporen gibt, schien er geschlagen worden zu sein. Alles in allem klärt das ja vielleicht im nachhinein, weshalb ich mir Pferde (ungesattelt) zwar gerne anschaue, aber einen Heidenrespekt vor ihnen habe — Dummheit schlägt nunmal gerne unvermittelt zu. Dann mag ich die dann doch lieber, am besten ohne Sattel, in der Boucherie Chevaline.

Und Schweine, auch das eine neuere Erkenntnis, die ich hiermit an die solche Sauereien in jeder Art überaus schätzende Frau Braggelmann weiterleite, solle der Mensch ohnehin nicht unbedingt essen. Das habe keinerlei religiöse Hintergründe, erzählte mir der Forscher ausführlich via Bildungsfernsehen, keine im Judentum und auch keine im Muselmanischen verwurzelten, damit auch keine christlich-jüdische versus islamische (Kriegs-)Ursachen. Der Verzehr von Säuen sei nämlich eine Variante des Kannibalismus', da nämlich das Fleisch des Schweines dem des Menschen in der genetischen Beschaffenheit am nächsten käme.

Dann doch lieber auf die Bunte Kuh.
 
Sa, 04.12.2010 |  link | (3145) | 13 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Geschmackssache


famille   (04.12.10, 17:14)   (link)  
Es lebe der Expertenrum
Mensch und Vieh


terra40   (04.12.10, 20:44)   (link)  
Vergleiche gibt es
Schwein und Mensch mögen sich ähneln in ihrer genetischen Beschaffenheit. Im Gegensatz zu Mensch und Elefant, von dem wir hoffentlich nie vergessen, daß sein (des Elefanten) Gedächtnis unseres tausendfach überlegen ist.
Gruß, T.


jean stubenzweig   (05.12.10, 11:49)   (link)  
Ob die Wissenschaft
irgendwann herausfinden wird, daß es die Elephanten sind, die Darwin Spuren gelegt haben – daß sie die eigentlichen Erdenker der Evolution sind? Man ist ja mittlerweile vor nahezu täglichen Entdeckungen nicht mehr gefeit. Erinnert sei an die ahnungsvolle Behauptung von Douglas Adams, nach der es die weißen Mäuse* seien, die das Menschsein geplant hätten. Er sollte schließlich recht behalten. Oder wie anders sollte das zu verstehen sein, was um uns herum geschieht? Ein typisches Symptom für diese Weltregierungsform(el) ist schließlich das Delirium tremens – und die englische Übersetzung dieser niedlichen Tierchen, die durch das menschliche Chemieräderwerk turnen, lautet sicherlich nicht ganz unberechtigt pink elephants.

* Ach ja, die Antwort auf die Fragen aller Fragen: Zufall Mensch


g.   (06.12.10, 07:47)   (link)  
Rindviecher können übrigens nicht nur intellektuell, sondern auch geschmacklich mit den Schweinen mithalten. Dabei braucht man nicht einmal an italienischen oder fränkischen Rinderschinken erinnern, es genügt ein Verweis auf die ‚hessische Rendsworscht’, die mir von einer Kurzzeitliebe aus Frankfurt mal beim Äppelwoi als Ersatzspeise nahegebracht wurde, nachdem ich den Handkäs mit Musik unmittelbar nach dem Probieren verweigerte. Seitdem liebe ich die ‚Rendswerscht’ (die Hessen mögen mir die fehlerhafte Aussprache verzeihen), die in Berlin oder im Brandenburgischen, allerdings nur schwer zu bekommen sind.


jean stubenzweig   (06.12.10, 16:43)   (link)  
Zu den Nationalgerichten
von Mainhattan gehört sie, die Rindsworschd, ebenso wie der bereits erwähnte Handkäs mid Mussigg sowie die sträflich nicht erwähnte grandios Grie Soß. Ich kenne mich da einigermaßen aus, war ich doch kurzzeitig Bewohner der Stadt, in die mich der Sport (ich würde es selbst nicht glauben, wäre ich nicht selber dabeigewesen) gezogen hatte. Viel raus kam nicht aus dem sportlichen Intermezzo, die sich dort aus einer Kurzzeitliebe heraus anbahnende Ehe bezeichne ich als sehr temporär. Aber die Essensrituale des stoltzen Frankfurt behielt ich bei Anwesenheit bei, also etwa mindestens einmal jährlich, zur Buchmesse oder weiteren künstlerischen Besäufnissen. So ging ich über ein paar Jahre hin im kleinen Verlagskreis (den ein nach Bonn umgesiedelter Spätzleschwabe anführte!) regelmäßig nach der überstandenen Bücherstrapaze gen Sachsenhausen zum ausbembeln, wie wir das nannten (wobei ich gar nicht mehr weiß, ob das letztlich zum örtlichen Idiom gehört), was meistens sehr lustig war, da die Ortsnichtansässigen nach einem Jahr immer wieder die Folgen auch des ausgegorenen Stöffche vergessen hatten.
«Die Fraa Rauscher aus de Klappergass, die hot e Beul am Ei,
ob’s vom Rauscher, ob's vom Ale kimmt, des klärt die Polizei.
Meistens habe ich des Abends Grie Soß gegessen, mal mit gekochtem Ei, mal mit, da wär'n wir wieder, Rindfleisch; Handkäs mid Mussigg ist eher was für den späten Vormittag, aber deshalb nicht weniger schmackherzhaft.

Zur Rindsworschd habe ich jedoch meist Umwege in Kauf genommen, wenn man das so nennen kann angesichts des Römers oder, meinetwegen, der Schirn-Kunsthalle, beides habe ich geflissentlich ignoriert, wenn's um den leiblichen Genuß ging. Die Schirn war im übrigen ohnehin Marktplatz, da ging's auch um die Worschd. Dort habe ich noch eine Metzgerei in Erinnerung, wo sie besonders gut schmeckte. Zur Not war auszuweichen in die nicht allzu entfernt gelegene kleine Markthalle, wo auch einer seine ff Rindsworschd feilbot, neben den ebenfalls in der Stadt der Gesellschaft zur Verwertung und Erhaltung der Idee des Pfennigs A. G. sehr beliebten warmen (!) Fleisch- oder Gelbwurst. – Solche Eigenartigkeiten habe ich an keinem anderen Ort angeboten gesehen.


famille   (06.12.10, 20:44)   (link)  
Handkäs in Sachsenhausen.
Aber doch nicht bei Dauth-Schneider? Obwohl, da steht ja was von spätem Vormittag. Noch besser am sommerlichen Nachmittag. Erinnerung.


jean stubenzweig   (07.12.10, 20:46)   (link)  
Dauth-Schneider-Nachmittag,
ja, schön. Aber wie's dort heutzutage aussieht und/oder zugeht, das weiß ich auch nicht. Ich muß annehmen, daß es ebenso endgültig touristisch eingeebnet ist wie die Reeperbahn. Es liegt eben so zentral. Recht abgelegen war allerdings die Äbbelwoi-Werdschaft, wo wir zum Ende meiner Buchmessenkarriere hin abendlich ausgebembelt haben. Dort war, außer uns, weit und breit kein Fremder zu sehen. Wahrscheinlich fuhren wir deshalb so gerne dorthin, nicht zuletzt, weil die Kellner immer Zeit für uns hatten und Essen und Stöffche trotz alledem gleichermaßen lokalbrillant waren und wirkten. Ich meine mich dunkel zu erinnern, daß die Besitzer Bulgaren oder Türken waren; den Begriff integriert kannten man in diesem Zusammenhang noch nicht. Auf Anhieb finden tät ich das ohnehin nicht mehr.


ilnonno   (06.12.10, 09:55)   (link)  
War es nicht Gary Larson, der das Weltbild der Kühe in Zeichnungen erklärt hat?


jean stubenzweig   (06.12.10, 11:40)   (link)  
Es hat den Anschein,
folgt man dem Berner Bund. «So schmieden die Kühe – in ihnen sieht Larson etwas Tragikomisches – Pläne gegen ihre Besitzer, geben Poesie-Lesungen oder versuchen sich am Bau einer Weltraumrakete.» So entstehen anglo-amerikanische Wissenschafts-Bilder.


diplomuschi   (06.12.10, 11:56)   (link)  
Die Kuh am Medienrand.


jean stubenzweig   (06.12.10, 12:20)   (link)  
Ausgekuht hat sich's
für heute zumindest. Ich muß mich innerlich vorbereiten, beispielsweise nochmal den Text lesen – auf arte gibt's heute abend um viertel nach acht Le Schmachtfetzen.


schmollsenior   (06.12.10, 22:00)   (link)  
Schmachtfetzen
tear-jerking. deep trought. deep frozen.















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