En vogue

(ist eine Antwort auf Seemuse, der ich ihre Seite nicht allzu vollgießen möchte mit meinen Ergüssen)

waren Ente und sein Widerpart auf der linksrheinischen Seite nie, wie das der Fall ist bei den barbarischen Gaspedalisten rechts des anderen Ufers. Das waren früher immer Nutzfahrzeuge. Das ändert sich ein wenig in letzter Zeit. Nicht nur, daß man, wie von mir in Enten(aus)flüge angedeutet, linksrheinisch zu reimportieren und zu restaurieren begonnen hat (für die Rennen mit den auf fünfzig PS aufgeblasenen Geräten fährt man dann über den Rhein, weil man dort darf und im Zweifelsfall die Mandate kostengünstiger ausfallen), man achtet auch zunehmend mehr auf die Unbeschädigtheit des dann teuren Automobils. Beulen und Schrammen werden nicht mehr so hingenommen wie einst. Als mir vor ein paar Monaten eine schicke Audi(o)-Cabrioletistin beim Rückwärtsfahren bis in die obere Etage hörbar in meinen hinteren entigen Kotflügel hineinrumste, war die Dame doch sehr erstaunt, als ich es bei einem schlichten Faustschlag, nicht zu ihr hin, sondern von einem gegen das Blech von innen beließ und keinerlei weiteren Regreß gegenüber ihrer PKW-Versicherung anmeldete.

Aber die Mittagspausen haben sich, um bei der Kultur zu bleiben, die in Frankreich Civilisation genannt wird, schließlich auch von einst zwei Stunden auf vierzig Minuten verkürzt; selbst die sind den Unternehmen mittlerweile zuviel, dreißig werden angesteuert. Nenne ich's mal: Gegenrevolution. Die Deutschen nennen das Romantik; wenn's so auch ständig mißinterpretiert wird. Aber der Reformer Sarkozy hat offensichtlich den Sieg über die Überbleibsel der Revolution davongetragen. Selbst wenn er aus seiner Bastille gestürzt werden würde, es änderte sich im Anschluß daran kaum mehr etwas. Die Internationale des Konsumismus wird wohl dauerhaft ihre Hymne hinausrören. Nun ja, Geschichte.

Aber so richtig mitreden kann ich ohnehin eigentlich nicht. Zwar bin ich gerne mit dem Käfer gefahren, nicht zuletzt deshalb, da er wintertauglicher war, aber eben immer nur leihweise, wie beispielsweise auf meinen gelegentlichen Dienstreisen in die Münchner Theater. Obendrein war ich nie ein Fan, schon gar nicht von den rollenden Steinen oder den pilzigen Köpfen. Ich habe ohnehin immer nur Frauen oder überhaupt Wilde Weiber im Kopf oder sonstige Abseitigkeiten. Wobei ich mir nicht darüber im klaren bin, ob die von mir lieber gehörten Stones in die Schublade R4 oder 2CV gehör(t)en.

Sie sehen: Es prostet die Tata, das Wasser ist nunmal nicht mehr zu halten. Twitterungeeeignet. Für diese Gesellschaft nicht (mehr er-) tragbar. Statthaft sind allenfalls noch Demonstrationen dieser Art.
 
So, 16.01.2011 |  link | (4698) | 14 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Unterwegs


nnier   (16.01.11, 02:04)   (link)  
Wintertauglicher - der Käfer!?
Dann aber nur von außen, oder? Ich habe mit beiden Autos (zu) wenig eigene Erfahrung - was mir aber deutlich im Gedächtnis blieb, ist eine winterliche Tour vom Heimat- in den Studienort. Ich saß als Beifahrer in einem schönen, gelben (weil ehemaligem Post-) Käfer und fror mir dermaßen umfassend alles ab, was sich südlich der Knie befand, dass ich beim Halt an der Raststätte den Kaffee am liebsten direkt in meine Schuhe gegossen hätte. Bei der Ankunft in der Studentenwohnheim-WG rannten Käferfahrer und ich grußlos zu zweit ins enge Bad, und die stirnrunzelnden Mitbewohner standen vermutlich noch eine ganze Weile im Flur und lauschten dem zweistimmigen "Ah! Ah! Aaaah!", während wir im dichten Dampf unsere Unterschenkel langsam von tiefem Blau nach krebsem Rot umfärbten.


vert   (16.01.11, 03:29)   (link)  
das war auch das erste, was mir in dem beitrag auffiel:
die schlechte heizung des heckmotorisierten ist doch heute noch legendär. der einzige, der bisher nicht in das allgemeine wehklagen mit einfiel, war ein grieche, der seinen käfer in den höchsten tönen pries, dann aber zugeben musste, dass er lediglich erfahrung mit griechischen wintern aufzuweisen hatte....


jean stubenzweig   (16.01.11, 04:08)   (link)  
Ach, die Erinnerungen!
Sie haben offensichtlich andere, die Herren.

Bei mir gibt es zum einen die an den wunderschönen knallroten, hier erwähnten 1503 des freundlichen Leihgebers mit ungefähr zwanzig Litern für die Strecke zwischen Murnau und München, aber wer wollte das seinerzeit wissen, und dann, dieser Karman Ghia, der ja nichts anderes war und ist als solch ein erwähntes Ding, mit dem wir oder auch ich mehr oder minder vom Gedanken an die Liebe getragen alles hinter uns ließen durch die nun tatsächlich hochverschneiten romantischen bayrischen über die östereichischen und dann nach den italiienischen Berge erst hinauf und dann wieder hinunter in Richtung Meran. Niemand sonst traute sich. Wir kamen durch, durch die Wand aus reinem Schnee, der Käfer und ich. Wer denkt denn bei solchigen Abenteuereien an Heizungen?

Mit meinem Deudeuche fuhr ich einst vom tiefen warmen Süden in den hohen kalten Norden. Januar war's und bereits lange südlich des Weißwurstäquators bitterkalt im Winter 2003. Selbst in dem fror's mich nicht, und der heizt nun wirklich nur im Sommer. Ich hatte herzlich warme Füße, weil ich meine Ankunft im Norden im Herzen hatte. Nur physikalisch sozusagen geht Kälte nach unten.

Aber, jetzt stellen Sie sich das mal vor: Als ich das Entchen kürzlich nach vier Wochen absoluten Kältestillstands bei durchschnittlich minus zehn Grad starten und dann «vergeblich» wieder aussteigen wollte, da ging dieses Schnapsglasmotörchen auf einmal von selbst los. Manchmal läuft es auch einfach weiter, wenn ich es bereits verlassen habe. Ist das Liebe?

Ich geh jetzt (weiter)träumen. In der Galerie.


vert   (16.01.11, 16:01)   (link)  
der käfer im abendkleid aus osnabrück. sic transit gloria mundi, 2009 haben sie nach all den jahrzehnten doch insolvenz angemeldet und gehören jetzt zu volkswagen. sehr interessant. ich möchte gar nicht wissen, was da in niedersachsen hinter den kulissen gedealt worden ist. wer kauft schon produktionskapazität in einem sogenannten hochlohnland, wenn woanders überall abgebaut wird...


jean stubenzweig   (16.01.11, 20:45)   (link)  
Leicht verwundert
hat mich das auch, war das Unternehmen doch offensichtlich definitiv pleite, die Nischen-PKW-Industrie war wohl, Sie sagten es, viel zu teuer. Und niemand wollte solche Geräte mehr, die anderen bauten die eigenen Freizeitmodelle offensichtlich lieber selber. Das heutige Traumauto der Friseuse scheint ohnehin nicht mehr der «Käfer im Abendkleid» (ach, ist das schön), dieser biedere Vorvolksporsche, sondern dieses dieses Cabriolet, wenn die Dame, die mir damit in meinen Deux Cheveau hineingerumpelt ist, dafür während ihrer Hausbesuche auch ziemlich viele ömliche Silberlocken drehen muß.

Ich stelle mal die naive, von dürftigem Wirtschaftswissen getrübte Vermutung an, man wolle in Wolfsburg vom anhaltend (?) guten Ruf dieses Strumpfband-Segre und des Käfer- und anderer Cabriolets zehren. Andererseits muß ich mich Ihnen anschließen und Mutmaßungen über Christian anstellen. Saß aller Deutschen Präsident nicht allüberall in sämtlichen niedersächsischen Aufsichtsräten? Aber vermutlich lautet die Begründung wie immer für das Volk und dessen Wagen einleuchtend und zufriedenstellend: Erhalt und Schaffung von Arbeitplätzen. Sie werden die Tarifverträge der Bediensteten schon entsprechend nach unten nivelliert haben.


seemuse   (16.01.11, 11:06)   (link)  
hierher
passt Ihr kommentar eh besser als in mein dunkles fenster, wo ihn kaum einer lesen würde, was schade wäre. ob ente und käfer in mode waren oder nicht? also zumeinerzeit waren beide sehr beliebt. winterfest war mein käfer auch nicht, dafür sehr gefräßig. und noch eine eigenheit hatte er: er bescherte mir alle reifenpannen meines bisherigen autofahrerlebens. ich weiß nichtmehr wieviele es waren, irgendwann habe ich aufgehört mitzuzählen. das gute daran: ich stand seither niewieder wegen eines reifengebrechens am straßenrand. dafür sollte ich mich eigentlich bei ihm bedanken. denn heutzutage würde - aus verschiedenen gründen - wohl kaum mehr jemand halt machen und seine hilfe anbieten. fürchte ich.
(und danke für den braun artikel, ja, den hab ich gesucht!)


jean stubenzweig   (16.01.11, 18:46)   (link)  
In Mode waren beide
sicherlich. In Frankreich war die Ente das allerdings nicht, das war, wie erwähnt, in erster Linie Nutzfahrzeug, Transportmittel, ganz so, wie es mal erdacht worden war, und das vom Widerpart abgelöst worden war. Ich hatte ohnehin den Eindruck, zumindest der Charleston sei für die Rechtsrheinischen gebaut worden, denn linksrheinisch sah man den kaum. So um die Jahrtausendwende schien sich das zu ändern. Aber das habe ich ja alles schon erzählt.

Reifenpannen? Ist das eine Sollbruchstelle beim Käfer? Ich kenne das nicht. Doch, halt, ich will nicht schwindeln. Einmal, vor etwa zehn Jahren war das, überholte mich bzw. die Ente auf dem Weg zum TÜV mal in wahnwitziger Manier ein Herr in seinem Reisbrenner und fuchtelte wie wild herum. Schon wollte ich ihm das verbotene Vöglein zeigen, als er vor mir anhielt und ausstieg. Das war ungefähr die Zeit, als man von den ersten Schlägereien unter Autofahrern hörte. Doch er wollte mich nicht verprügeln, sondern machte mich sehr freundlich darauf aufmerksam, daß ich hinten links platt sei. Sie sehen, in einem Döschewoh fährt man neben der Wirklichkeit und steht nie am Straßenrand. Doch, man hält an, wenn jemand Hilfe benötigt.

Bitteschön, gern geschehen. So kommt meine alte Dichtung doch noch zur Wirkung.


jagothello   (16.01.11, 12:16)   (link)  
Wintertauglich?
War der Käfer nicht das Auto, dessen Heizung im Sommer nicht aus- und im Winter nicht anging? Für VW gibt es jedenfalls aktuell perfekte, bezahlbare IPod-Adapter, denn da gehören die Stones auf jeden Fall schon mal hin: Ins Auto. Und bei "Street fighting man" dann spätestens fällt einem für Ausbeutung noch ein weiterer Begriff ein: Ausbeutung.


prieditis   (16.01.11, 18:26)   (link)  
Luft kocht nicht,
Luft gefriert nicht und Luft heizt nicht. Das waren meine Erfahrungen mit einem roten Mischling aus Emden und Mexiko. Im Winter schön Eis kratzen (von innen). Mantel, Handschuh und Mütze waren obligatorisch. Aber überrascht hat er mich einmal: Hinter mir blinkte ständig einer auf. Ich hab mich gewundert und hielt an. Hinter mir war aber gar kein Auto, es war mein Käfer, der lichterloh in Flammen stand. Ich bin dann ausgestiegen...


jean stubenzweig   (16.01.11, 19:21)   (link)  
Diese Schilderung
könnte auch auf einen Döschwoh zutreffen. Der tut ebenfalls das Gegenteil von dem, was er tun soll: im Sommer heizen und im Winter kühlen. Etwa so wie bei den Luxuszügen der Deutschen Bahn.

EiPod-Adapter? Dazu benötigt man doch sicherlich zumindest einen Zigarettenanzünder. Über einen solchen verfügt mein Fahrzeug nicht. Wer weiß, möglicherweise haben die Konstrukteure seinerzeit den Tod der Raucher vorweggenommen.

Und Street fighting man – haben die Stones etwa die heutigen Straßenzustände antizipiert?


jean stubenzweig   (16.01.11, 19:23)   (link)  
Ein roter Mischling
aus Emden und Mexiko. War das das Fahrzeug des Hauptmanns vom Niederrhein? Der von der freiwilligen Feuerwehr.


prieditis   (17.01.11, 10:13)   (link)  
Fast
Es entwickelte sich nach dem Brand zum feuerroten Spielmobil. Ich habe daran meine Unkenntnisse im Bereich: "Jetzt mache ich ihn selber kaputt!" aufpoliert. Und tatsächlich entfuhr mir ein ums andere Mal der Satz: "Dafür hab ick dir det Leben nich jeschenkt!"


terra40   (18.01.11, 12:53)   (link)  
70-90
Mein erster Döchevoo (2CV4, um 1978) erreichte sagenhafte 90 km/h bei Wind im Rücken, bei Gegenbrisen höchstens 70. Aber das alles ohne zu klagen.
Gruß, T


jean stubenzweig   (18.01.11, 20:31)   (link)  
Meine Rennente
ist da schon um einiges dynamischer, aber sie ist ja auch fünf Jahre jünger. Die auf der Autoroute erlaubten 130 km/h schafft sie zwar nicht ganz, was ihr aber auf Dauer wohl nicht so wohl täte. Doch schonende 110 Kilometer pro Stunde spult sie klaglos über viele hundert Kilometer ab, die ich auch auf deutschen Autobahnen beibehalte. Auf den von mir bevorzugten Landsträßlein dritter Ordnung tuckle ich allerdings so für mich hin, höchstens neunzig, diese linksrheinische Höchstgewindigkeit scheint mir so ausreichend, daß ich sie auch rechts des Rheins beibehalte. Nur wenn die ganz Schnellen angebrettert kommen, die dringend nach hause müssen zu Mutti, die mit dem Feierabendbier in der Hand wartet, da kriegt sie die Michelinflügel bis maximal hundert. Oder ich fahre rechts ran und lasse die rasende Welt an mit vorbeiziehen (was ich allerdings in früheren Zeiten auch mit acht Zylindern getan habe). Ich will schließlich nicht wegen Verkehrsbehinderung im Gulag der fortschreitenden Gesellschaft landen.















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