Auf'd Leich Sie müssen mal wieder herhalten, lieber Enzoo. Zum einen als Abdecker, zumindest als Verdränger in den Hintergrund dieser vorgestrigen Banalität Mutter Kraft — allein der Teufel weiß, warum ich mich ausgerechnet dazu habe hinreißen lassen und nicht etwa vom Fußball, der mich zwar eigentlich genausowenig interessiert wie Nordrhein-Westfalen, aber wenigstens begeisternd sein kann —, und zum anderen als Hochtreiber meiner Einschaltquoten, denn wenn Sie zu erzählen angehoben haben, gehen meine Klickzahlen himmelwärts wie an der Börse, nachdem sie erfahren hat, daß der paradiesische Apfelvertreiber sich «meinen», seit Jahrzehnten geschätzten Fernsehloewen einverleiben will. Außerdem begleiten Sie oft so angenehm meine Parallelwelt, hier der Musik, als sängen Sie wie meine Lieblingschansonette Enzo Enzo: ganz leicht nur, als ob's die Schwebe wäre, leise, aber eben doch hinterlistigst vertrackt. Auf 'd Leich also geht man auch in Bayern unweit Österreichs, einige Leichen habe ich versoffen dort im Lauf von rund dreißig Jahren Leichenbeschau im Umland von Isar-Athen. Meist ging's ganz lustig zu dabei, besser: danach. Schweinsbraten gab's meistens, mit Knödeln, nicht nur auf dem Land, auch im größten Dorf der Welt; in dessen Randbereich benutzte man die runden Beilagen hingegen meist als Waffe, Diesen Braten konnte man mal überall essen, sogar relativ zentral gelegen in der Kanalstraße nahe dem Isartor in der weiß-blauen Metropole gab's mal einen wirklich nicht nur guten, sondern mit rund sieben Mark auch noch preiswerten. Nicht nur deshalb bin ich dort des öfteren eingekehrt, bei einer Halben oder zwei, auch weil es dort so eine gemütliche Bedienung gab, die etwas anderes Mütterliches hatte als das, was man heutztage darunter versteht. Neudeutsch heißt so etwas Lunch Location, dahin tät' ich nimmer gehen. Aber meine letzten Toten dort liegen ohnehin schon etwas länger (zurück). Ich habe auch für meinen Rest innerlich nahe am Wasser oder zunächst am Sand gebaut, will also auch als letzten Gang den ins Meer nehmen, am liebsten am Stück, wie weiland Werner Koch ins schwäbische Meer. Die vielen Fische, die ich genossen habe, mochte ich schließlich auch im ganzen und nicht etwa als Stäbchen oder gar — Frau Braggelmann erzählt immer wieder quälerische Kindheitsgeschichten davon, als zerstückelte Variationen in Senfsauce. Die Fischlein mögen ruhig am mir herumknabbern. Es dürfte mein letzter Kitzel sein, den ich erfahre oder, wer weiß das schon vorher schon so genau, genieße, weil's lauter junge Frauen aus dem Meereshimmel sind. Mir ist ohnehin unverständlich, weshalb die meisten Menschen sich eingegraben wissen wollen, obwohl sie doch höchstprozentig aus Wasser bestehen und zu dem auch immerzu hinwollen in ihren Wohnwagen oder mit diesen fliegenden Sardinenbüchsen, um zu Backfisch-Mutanten zu mutieren. Möglicherweise fühlen sie sich in ihrem Glauben gestärkt, auch in dem des Endes, in der Erde würde man ihnen ihre Altmodigkeit nicht mehr ansehen, wollen verbergen, daß sie selbst einmal Meerbewohner waren und nur deshalb erst in seichtes Wasser in Strandnähe und letztendlich mühevoll auf ihren Flossen an Land gegangen sind, um sich vor den Raubfischen zu retten. Daß sie jetzt dort von Haien gefressen werden, ist ihnen wohl peinlich. Der guten alten Tante Joleschs Leiche, Sie haben's wohl antizipierend geahnt, ist tatsächlich im Verborgenen geblieben. Bei Karton vier von (immer noch, niemand will mehr Bücher haben) vierzig bis sechzig (?) hat mich die Lust an der Archäologie verlassen. Aber einen Martin Buber habe ich mitgenommen aus diesem großen Ausgrabungsloch: Die Erzählungen der Chassidim, in einer meinem Geburtsjahr etwas näheren, womöglich zugeneigteren Fassung, in der von 1949 (auch ich hatte mal ein Hobby, das Sammeln von Erstausgaben, die ich normalerweise etwas lieblicher behandele, in dem ich sie kühl und trocken lagere, in diesem Fall habe ich also zufällig eine Leiche gerettet, die ich jetzt lesend wiederbeleben werde). Da stehen auch komische Sachen drinnen, in etwa die nacherzählten Urmythen des immer wieder aufgegriffenen ewigen Gültigen aus dem Schtetl. Aber auch Besinnliches, wie dieses da: Ein Spielmann spielte Rabbi Chanoch vor. Der sagte: Auch Melodien, die altern, verlieren den Geschmack. Diese hat uns vormals, als sie bei Rabbi Dunam gespielt wurde, das Herz erhoben. Jetzt ist ihr Geschmack verlorengegangen. So ist es in Wahrheit. Man muß sich auf das Alter sehr rüsten und bereiten. Wir beten: Wirf uns nicht hinweg zur Zeit des Alters! Denn dann geht der Geschmack verloren. Aber zuweilen ist gerade dies das Gute. Denn sehe ich, daß ich nach allem, was ich getan habe, gar nichts bin, so muß ich eben von neuem zu arbeiten beginnen.Den Teufel werde ich tun. Ich gehe lieber baden. Nach Amazonien gehe ich grundsätzlich nicht, eher an den Amanzonas, um mich von gefräßigen Raubfischen fressen zu lassen, die sind mir allemale lieber als diese alle Welt fressenden Haie. Ich kann diesen Buchhandelstöter nicht ausstehen, wie die ganzen anderen Internetten auch nicht, die mir meinen gemütlichen Einzelhandel kaputtmachen. Aber ich als relativer Methusalem vorm demnächstigen Ableben trage die Berechtigung dazu schließlich in mir. Ich bin schließlich nicht mehr von diesem Leben. Nicht einmal mehr richtig internetten, das zum Schluß, aber nicht zuletzt, kann ich, da ich über einen derart altertümlichen, bereits verfaulenden PowerPC-Apfel aus dem Jahr 2006 verfüge, der von der Weichwarenindustrie nicht mehr bedient, vervollständigt wird. Kein Support mehr für Leichen wie mich, hieß es bei denen, weil ich mal ein Filmchen aus der Tube kucken wollte und zuvor entzuckeln mußte. Wer jetzt nicht piratisch zuckt, der wird nimmermehr frischgemacht. Nicht nur essen und trinken auf 'd Leich' oder eine letzte Zigarette kann tödlich sein. Wer derart abgehängt ist vom Versatzstück der Verwertungs-Resterampe aus der philosophischen Welt, von diesem Alles fließt der nach immer scheinbar Neuem drängenden elektronischen Welt, der hat eben keine Daseinsberechtigung. Auch der Holeczek-Aphorismus ist ja sowas von tot. Alle Lichter gehen aus, mittlerweile auch die der einstmals glühenden Lampen. Als Ersatz für die gibt's nur Funzeln, die obendrein noch hochgiftig sind, weshalb sie sie wohl alle haben wollen, aber vermutlich in erster Linie wegen des Neuesten vom Neuen, dem hochaktuellen Lieblingswort, an das man sie endlich gewöhnt hat: sparen. Energie sparen. Auch wenn's doppelt soviel oder mehr noch kostet. Die will ich auch nicht, für den Rest nehme ich ich Reste aus meiner Eichhörnchen-Beschaffungsmaßnahme; solch ein Dachboden lagert nicht nur antike Bleiwüsten. Dann gehe ich eben probeliegen, an der Badewanne, und sei es mit Kerzen, die die Höhlen der Calanques zwischen Marseille und Cassis ausleuchten. Aber zunächst mal auf mein sanftrotes, besser bourgognefarbenes Sofa aus spanischer Eiche, das nicht als Riocha-Barrique berauscht ersaufen wollte. Ein bißchen kurz, aber fürs Rentier-Nickerchen geht's.
Genialität?
Oder wie anders sollte man es nennen, was ich heute zuwege gebracht habe? Ich habe meinen G5 entfault, obwohl ich kein IT-Studium absolviert habe. Nach zig Versuchen ist es mir gelungen, ihn wiederzubeleben. Sogar die notwendige Software habe ich wiedergefunden, und genommen hat er sie auch. Warten wir’s ab, bis der Jüngste wieder beginnt, zu zicken, sich zu verweigern. Einmal noch lasse ich sie alle drei paradieren, dann kommen die zwei G4 ins Reservat. So'n olles EiBückchen habe ich noch in Griffnähe, für alle Fälle
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