Verliebtheit, Ekstase, Hypnose und Amnesie

«Es gibt keine mystische Entzückung der Seele ohne vorherige Entleerung.»1

Eine Liebesheirat? Nach einiger, nicht bestimmbarer Zeit entzieht er sich so langsam der magnetischen Energie des reinen Gefühls, in dem es ein leichtes ist, in vernunftwidrige Rauschzustände zu geraten. Eine Liebesheirat? Gibt es heutzutage denn einen anderen Grund, zu heiraten? Gibt es überhaupt einen Grund, in den Heiligen Stand der Ehe einzutreten? Mit Gütertrennung und sonstigen präjudikativen Absicherungen? Ehevertrag! Einbeziehung des möglichen, fast sicheren Zerreißens eines gesegneten Bandes. Jedem Anfang wohnt ein Ende inne? «Die neueren Theorien», schreibt José Ortega y Gasset, «haben den kosmologischen Gesichtspunkt verloren und sind fast ausschließlich psychologisch geworden. Die verfeinerte Psychologie der Liebe hat, indem sie eine scharfsinnige Kasuistik ausbildete, unsere Aufmerksamkeit von der kosmischen, der elementaren Seite der Liebe abgelenkt.» Wie recht er hat! 1933 hat er das veröffentlicht. Meine Güte — wenn der geahnt hätte, was da noch alles den Lauf der Liebe bestimmen würde! Wenn er nur daran denkt, wie dieser Mann verunglimpft wurde während seiner späten Jugend, also während des Studiums. Es war unter den Sozialisten, denen er angehörte, sozusagen ein Verbrechen, den überhaupt zu lesen. Dabei hat dieser Klarseher davon geschrieben, daß er die Liebe meint und nicht die Verliebtheit, diese «psychische Angina». Es ist wie heute — man sagt Erotik und meint die Sexualität. Damals sprach man vom Bumsen und meinte — heimlich — die Verliebtheit. Rausch eben. Aber Liebe? Das war ein absolutes Tabu. Zumindest in unserem Elfenbeinturm der gebildeten Abgeklärtheit. Liebe hatte ein Anachronismus zu sein. Und Stendhal — den Theoretiker des Don-Juanismus, nicht etwa den geradezu glorifizierten Erzähler! — hat Ortega y Gasset ebenso der Unfähigkeit zur wirklichen Liebe geziehen wie auch Platon mit seinem platonisch-naiven, ja theoretischen Geplappere. Doch auch den durfte man ja nur aus der Perspektive der reinen Vernunft, für die Festigung der Gegentheorie lesen. Zu Diskussionszwecken eben. Also haben — mal wieder — ein paar Zusammenhänge gefehlt. Und dann wundert man sich, daß unsere Kinder die Blaue Blume mit der Roten Rose im Knopfloch verwechseln. Aus der Möglichkeit, das Leben als Roman, als Liebe zu leben, wird ein Leben, von dem man den brunftigen Klappentext hernimmt. Da werden dann Anzeigen geschaltet, in denen von einem säuselnd zärtlichen Abendessen vorm kerzenscheinbestandenen Kamin bei einem Glase roten Weines visioniert wird. Dabei war's arschkalt an den Kaminen der Romantik. Aber man fühlte sich eben hoffnungslos glücklich, weil man die Kälte der Beziehungslosigkeit nicht kannte und die innere Zimmertemperatur eher damit aufheizte: «Über den Turbinen und Maschinen mannigfaltiger Art, die wir in den Strom hineinsenken, dürfen wir nicht seine uranfängliche Kraft vergessen, die uns geheimnisvoll umgibt.» Das hat Ortega geschrieben, als das zweite Jahrtausend bereits gute dreißig Lenze zählte. Das also könnte ein Anlaß zur Heirat sein! Heutzutage. Wieder? Das ist durchaus eine Erkenntnis. Und vielleicht war es ja genau das, was geschah und sich lediglich aus einem bedauerlichen biologischen Ereignis heraus seiner Kenntnis entzieht. Aber damals?

Hatte er nach der Scheidung, deren eigentlichen Gerichtstermin er damals wegen des eindeutigen Tatbestands des «Böswilligen Verlassens» gar nicht hatte wahrnehmen müssen, nicht die ersten eigenen Gedankens meines Lebens produziert: Nie mehr! Es war auch zu absurd gewesen. Auf ihn, den doch arg jungen Studenten, ach was, das Jüngelchen, hatte die noch Jüngere blondäugige Blitze geworfen, auf den überdurchschnittlichen Rock’n-Roller, als der er sich sah. Dieser Tanz war zu dieser Zeit sein einziges Aphrodisiakum. Es funktionierte passabel. Sie fielen übereinander her, wie wegen des Saftüberdrucks kurz vor dem Platzen stehende junge Menschen sich eben ineinander verschlingen. Sie blieben länger in dieser wirren Körperhaltung, als er es gewohnt war. Es war nicht unangenehm gewesen. Denn als sie ihre meerwasserblauen Augen in seine nicht ganz so reinrassigen ähnlicher Pigmentierung versenkt hatte, um ihm zu eröffnen, daß sie gedenke, bei ihm zu bleiben, kam durchaus Wohlgefühl auf. Dies würde ihn wohl aus dem Gefühl der heimlichen Einsamkeit befreien, das ihn seit seiner frühesten Kindheit peinigte. Er gab seine Bude in der entgegen seiner Behauptung den Mitbewohnern gegenüber tatsächlich rein wirtschaftlich oder auch um nicht zu vereinsamen mitbegründeten Wohngemeinschaft in Charlottenburg auf, da man dem jungen Paar eine kleine Wohnung vermietete, obwohl es nicht verheiratet war. Berlin war in den späten sechziger Jahren dabei, sich an seinen Ruf als ehemalige Metropole de tolérance zu erinnern. Ach, Studenten, die sind eben anders, und wenn dann auch noch eine dabei ist, die richtig arbeitet, also offiziell als Lohnsteuerzahlerin gemeldet ist, also Geld verdient! Vielleicht war es auch einfach nur die Not des Vermieters, die Wohnung nicht so ohne weiteres für teures Geld vermieten zu können. Der große Treck aus West-Deutschland war damals noch nicht so recht in Schwung gekommen. Man richtete sich ein. Das erste Asko-Regal wurde gekauft, das Mobiliar der damaligen Besserverdienenden. An Geld mangelte nicht — Mama konnte es nicht verhindern, daß Papa den Sohn wahrlich nicht darben ließ. Nach drei Monaten kam das jüngste Gericht in Form eines Paares über sie. Es kam aus einer nordhessischen Kleinstadt. Er stand in der Mitte des Zimmers und dirigierte Mutter und Tochter mit einer einzigen Armbewegung in Richtung Tür. Solange ihr nicht verheiratet seid, lebt ihr auch nicht zusammen! Die verweinten Augen der Jüngeren und die wohl im Weiblichen begründete Sanftmut der Älteren stimmten den Feldherrn der Moral unter der Bedingung um, daß innerhalb von zwei Monaten geheiratet würde. Es geschah der Wille des Herrn. Da der Aussteuerschrank, der im Zonenrandgebiet stand, von beachtlicher Größe war, mußte die Wohnung im Umfang angepaßt werden. Auch die Umgebung wurde einem jungen, solventen Ehepaar gerecht, dem die Zukunft gehörte. Der Mietpreis für die hundertzehn oder hundertzwanzig Quadratmeter des inzwischen zu Schrebergärten parzellierten Jugendstilhauses befand sich wie die Ortslage außerhalb der gesetzlichen Preisbindung. Sie paßte zur Entfernung zum Zentrum der Stadt, wie die Nachbarn im Kopf nicht weit entfernt vom evangelischen Johannis-Stift, dahinter war die Welt zu Ende, dann kam der falsch oder nicht verstandene Kommunismus. Spandau bei Berlin, sagte der Busfahrer beim Grenzübertritt. Und wenn er besonders berlinisch eingefärbt und auch noch Eingeborener war, rief er in der Gegenrichtung in der Ruhlebener Straße: Berlin bei Spandau. Doch das junge Paar machte seine mitternächtlichen Zwanzig-Kilometer-Ausflüge zur Bowling-Bahn am Lehniner Platz — dort, wo das ehemalige Revolutionstheater ‹Schaubühne› von Peter Stein eine postmoderne neue Heimat gefunden hat — mit dem väterlichen Geschenk männlicherseits, mit dem Volvo. In diese mittelständische Karosse war er, weitere drei Monate später, dann auch eingestiegen, nachdem er sich von der jungen Ehefrau, bis übermorgen, verabschiedet hatte. Um in einer anderen großen Stadt als in einem Vaterschaftsprozeß auszusagen. Sein Wunschkind mit, das einer anderen Frau war zu diesem Zeitpunkt etwa ein Jahr alt. Zu den beiden fuhr er nach der Gerichtsverhandlung. Ehefrau und Schwiegermutter gaben eine Vermißtenanzeige auf.

Wiederholt Geschichte sich auch im Mikrokosmos? Gibt es kein Entrinnen auch aus den unangenehmen Faktoren der Erbanlagen oder der Sozialisation? Er wußte es nicht. Denn im Gegensatz zu der gut fünfunddreißig Jahre zurückliegenden Station konnte der Seefahrer sich an die jüngste Reise nicht erinnern. Hatte er, nur um einen ihn nicht anerkennenden Heimathafen anzulaufen, so sehr allen Stürmen zu trotzen versucht, daß ihm deshalb und dabei der Himmel auf den Kopf gefallen war? Ohne jeden Zweifel lag ein Dysfunktion des Gehirns vor. Das hatte er schriftlich vom Chefarzt einer Universitätsklinik. Von einer Amnesie hatte der nichts gesagt. Aber der weiterbehandelnde Neurologe hatte immer dann herumgedruckst, wenn das Thema angesprochen worden war. Weitere Fragen hatte er sich dann erspart und war überhaupt nicht mehr zum Arzt gegangen. So folgte auf die Amnesie die Auto-Amnestie wenigstens aus dem Gefängnis der grüblerischen Selbstdiagnose. Denn daß ihm etwas fehlte, das wußte er. Er wußte nur nicht, was ihm fehlte. So spannend empfand er's dann auch nicht.

Möglicherweise war es diese Frau, die sich aus seinen Ganglien davongemacht und lediglich Duftpartikel in ihnen zurückgelassen hatte. Doch allem Anschein nach war er es, der nach einem schlimmen Unfall mit erheblichem Personenschaden die Flucht ergriffen hatte.


Zwei Tage • Eine sentimentale Reise • Fragmente eines Romans. 2002
 
So, 01.01.2012 |  link | (3602) | 7 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Zwei Tage


nnier   (01.01.12, 23:43)   (link)  
Lieber Herr Stubenzweig, auch wenn ich mich (nicht nur hier) derzeit selten zu Wort melde: Gerne lese ich dieses, das möchte ich zwischendurch einfach einmal wieder loswerden.


jean stubenzweig   (02.01.12, 13:50)   (link)  
Da klopft mein Herzchen.
Ich danke Ihnen als treuem Leser besonders, der Sie sich zudem dazu ja früher bereits immer wieder bejahend geäußert haben. Sie haben mir so manches Mal stärkenden Wind in den Rücken geblasen auf meinem Weg über den Deich zwischen blasiertem Vernunftgehabe und dem Zulassen meiner früheren Einsicht, daß es auch ein Recht auf das Sich-Treiben-Lassen im Gefühl gibt, wie ich es einmal im Zusammenhang mit Rohmer und Prévért herangezogen habe (im übrigen war auch das ursprünglich ein Teil von Zwei Tage), mein im Grunde seit meiner sehr frühen Jugend anhaltender Kampf der neunundundvierzig Prozent Emotio gegen einundfünfzig Prozent Ratio.

Es gibt neben Ihnen, für mich letztes Endes doch überraschend, noch einige mehr, die das lesen. Die Einschaltquoten sind, gerade bei Zwei Tage und für meine Verhältnisse insgesamt beachtlich, in den letzten Wochen stetig gestiegen. Damit habe ich, so lange Zeit nach dem Verfassen, nicht mehr gerechnet. Das läßt mich seit gestern, seit dem etwa zehnjährigen Geburtstag der Sechshundertdreißig Seiten, darüber nachdenken, meine mittlerweile sogar mir selbst (mich überwältigende alterssanftmutige Endzeitstimmung?) liebgewordene Schmonzette zur Welt- und Menschverbesserung — im Grunde tue ich ja nichts anderes, als sie in weiten Teilen hier in diesem elektrischen Poesiealbum quasi autotherapeutisch fortzusetzen — doch tatsächlich ernsthaft zu defragmentieren und umzukleben1 in ein Gesamtschreibwerk. Und da ich festgestellt habe, daß sogar die linksrheinische Façon — In einem Abschnitt ist es bereits geschehen — rechtsrheinisch Leser findet, werde ich auch die, zunächst in Einzelteilen, nachschieben.

Auch auf die alten Tage bekomme ich so noch Antrieb, mich, in Frau Braggelmanns Tonart, per Sackkarre auf die Bühne fahren zu lassen. Auch oder gerade, weil ich keinen Rock'n'Roll röhre, ich mich eben nicht als Stimmverwandter des Kohlenpottröhrlings empfinde.

1(Für meinen freundlichen gelderländischen Mitleser, der noch schlechtere Augen zu haben scheint als ich, die üblicherweise ganz klein gedruckte Fußnote, wenn schon nicht in Fließtextgröße, so dann doch fett (früher gab's dafür die Zwischenstufe h'fett für halbfett), auch dann, wenn er der Generaton angehört, für die das Altpapier ist.) Für diejenigen also, die bereits mit Nullen und Einsen, mit Festplatte statt Gehirn auf die Welt gekommen sind: Als man seine Denkversuche noch vorsintflutlich in die Tastatur einer Schreibmaschine drosch, gab es eine Vorstufe zu copy and paste. Aber nicht um die immens kreative Art des Gutenbergisierens ging es dabei. Um bei Änderungen umfangreicher, also selbst verfaßter Texte, beispielsweise Dissertationen oder Bücher über die Endzeit politischer Karrieren, nicht alles wieder neu schreiben zu müssen, wenn einem dies oder jenes an dieser oder jener Stelle nicht mehr behagte, schnitt man es passagenweise mit der Schere aus dem Manuskriptblatt und klebte es an anderer Stelle mit Hilfe von aus Knochen zusammengekochtem Leim wieder hinein. Im Anschluß wurde es mittels eines Kopiergerätes in einem sogenannten Copy-(nicht Coffee-)Shop kopiert (was heutzutage vermutlich identisch sein dürfte, zumal es noch Dissertationsvorworte und -Danksagungen auf Papier lesende Prüfer geben wird und die Universitätsbibliotheken ohnehin noch nicht gänzlich durchdigitalisiert sein können). Das war viel Arbeit, wenn auch nicht im Sinn heutiger Kreativität. Ich aber, zum Beispiel sicher auch für andere, habe meistens alles jedesmal immer wieder neu geschrieben, auch weil mir dabei immer wieder bessere (oder auch nicht) Formulierungen und manchmal sogar neuere Gedanken durch die Windungen strömten. Die Sechshundertdreißig Seiten beispielsweise dürften einem finnischen oder kanadischen Wald (Rußland war noch nicht so wirtschaftswachsend) das Leben gekostet, aber auch Holzfällern Arbeitsplätze geschaffen haben. Denn zu dieser Zeit assoziierte man den Begriff Arbeit noch immer eher mit Arbeit, wenn Irgendwas mit Medien auch bereits als Witz die Runde machte im schwarzen Cabriolet, ob in dem der Kohle- und Stahlerben im Zentrum von Dortmund oder dem der Beurs1.1 am Quai des Belges in Marseille, auf jeden Fall schrieb man damals noch unbeschwerter als heute damals.


terra40   (03.01.12, 11:52)   (link)  
Halb so schlimm
Fett, oder halb-fett, halb leer oder halb voll, halbe Wahrheiten oder halbe Lügen, sie fangen das neue Jahr aber philosofisch an, lieber Herr Stubenzweig! Aber das Getue mit dem Gedroschenen auf der Schreibmaschine kommt mir auch ziemlich bekannt vor. (Wenn ich das alles überhaupt wegen der Kleinschrift gut gelesen und verstanden habe.)
Gruß, T.


-


jean stubenzweig   (05.01.12, 09:38)   (link)  
Vergrätzt klingen Sie.
Fühlen Sie sich auf den Arm genommen, gar angegriffen? Das war nicht meine Absischt, ich habe lediglich, wie meistens, ein wenig gewitzelt.

Ich werde dennoch auch weiterhin auf diese ein Lächeln oder Augenzwinkern vorgebenden Befindlichkeitshieroglyphen verzichten. Ich mag diese Sprachverkürzungen einfach nicht, ich verbinde Minimalismus mit anderem, mit dem, in dem dieser Begriff tatsächlich wurzelt: der Kunst. Ich schreibe lieber einen Satz mehr. Wenn ich reduziere, dann nur in der Küche, den Fleisch-, Hühner-, Kalbs- oder sonstigen Fond, auf daß die Vielfalt auch beim Essen bei mir bleibe.


terra40   (05.01.12, 14:11)   (link)  
Vergrätzte Befindlichkeitshieroglyphen
Wenn Sie mich meinen, lieber Herr Stubenzweig, die Zeit daß ich mich auf den Arm genommen oder gar angegriffen fühlte (und gleichermaßen reagierte) liegt hinter mir. Es ist bei mir meist eine Sache von - in Ihren Worten- Augenzwinkern, witzeln und sichselber für nicht so wichtig halten. Und einer wie ich, der selber gerne einen auf den Arm nimmt, muß selbstverständlich keine Beschwerde einlegen wenn ihm mal das gleiche passiert.
Übrigens, Befindlichkeitshieroglyphen meine ich verstanden zu haben. Aber was 'vergrätzt' bedeutet, konnte bisher mir noch keins meiner zahlreichen Wörterbücher sagen. Der gute Duden auch nicht.
Gruß, T.


jean stubenzweig   (05.01.12, 14:59)   (link)  
Dann ist's Befinden gut.
Mein gedruckter kluger Herr Kluge sagt:

«vergrämen, zu regionalem grätzen, gretzen, besonders ndd. gretten. Dieses ist Faktitivum zu dem unter dem gräßlich behandelten Wort, das auch zornig bedeuten kann.»

Openthesaurus
nederlands


jean stubenzweig   (21.01.12, 15:26)   (link)  
État amoureux,
extase, hypnose et amnésie

«Il n'y a aucun ravissement mystique de l'âme sans vidange préalable.»
Jean Baruzi: Saint Jean de la Croix et le problème de l'expérience mystique, 1924/1933


Un mariage d’amour ? Au bout d’un moment, je me soustrais peu à peu à l’énergie magnétique du pur sentiment qui conduit facilement à des transports déraisonnables. Un mariage d’amour ? Y a-t-il de nos jours une autre raison de se marier ? Y a-t-il une seule raison de se marier ? Avec séparation de biens et toutes sortes de précautions judiciaires ? Un contrat de mariage ! Y compris l’éventualité presque sûre de rompre les liens sacrés. Il y a donc une fin inhérente à chaque début ? Ortega y Gasset a écrit : « Les nouvelles théories ont perdu leur aspect cosmologique et sont devenues presque exclusivement psychologiques. La psychologie raffinée de l’amour, en formant une casuistique subtile, a détourné notre attention du côté cosmique élémentaire de l’amour » Comme il a raison ! Il a publié ça en 1933 ; mon dieu ! S’il avait su tout ce qui déterminerait le cours de l’amour ! Quand je pense qu’on l’a dénigré comme ça par la suite, pendant la fin de ma jeunesse, c’est-à-dire au temps de mes études. C’était pour ainsi dire un crime que de le lire. Et pourtant, il a bien spécifié qu’il parlait de l’amour et pas de l’état amoureux, ‘cette angine psychique’. C’est, comme on dit aujourd’hui, ‘érotisme’ en parlant de la sexualité. À l’époque, on disait baiser et on pensait, en secret, à l’état amoureux. Ivresse, quoi ! Mais l’amour ? C’était un tabou absolu. Du moins dans notre tour d’ivoire sereine de gens cultivés. L’amour se devait d’être anachronique. Et Stendhal — le théoricien du Donjuanisme sans pour autant le glorifier — Ortega y Gasset en a fait un être incapable d’aimer d’amour tout comme Platon et ses bavardages naïvement platoniques et théorétiques. Mais il faut les lire aussi, ne serais-ce que pour être plus sûr en théorie sur l’aspect de la raison (politiquement correcte) pure. Pour être à même de discuter. Donc, encore une fois, on a manqué de contexte. Et on s’étonne que nos enfants confondent la fleur bleue et la rose rouge à la boutonnière. On fait de la possibilité de vivre la vie comme un roman, comme un amour, une vie pour laquelle on prend le rut des textes sommaires des rabats de livres. Ainsi, on peut lire des annonces dans lesquelles il est question de tendres soirées à la lueur des bougies, près du feu dans l’âtre, un verre de bon vin en main. Pourtant, il faisait bigrement froid devant les cheminées du Romantique. Mais on se sentait irrémédiablement heureux parce qu’on ne connaissait pas la froideur des sentiments et qu’on se réchauffait de l’intérieur : « Au-delà des turbines et des machines diverses que nous plongeons dans le courrant, il ne faut pas oublier la force d’origine qui nous entoure mystérieusement. »a écrit Ortega lorsque le deuxième millénaire comptait déjà une trentaine d’années. Et c’est ce qui inciterait de nouveau au mariage de nos jours ? C’est bon à savoir ! Ça doit être ce qui s’est passé et ce qui échappe à ma connaissance, pour de simples raisons biologiques. Mais à ce moment-là ? N’avais-je pas formulé la première pensée personnelle de ma vie ? Lorsque, après le divorce, j’avais dit : Jamais plus ! Je n’avais pas dû me présenter au tribunal, vu que l’état de faits était indiscutable : abandon du domicile conjugal ! Ça avait été trop absurde. Sur le par trop jeune étudiant — que dis-je : gamin ! — qui dansait si bien le Rock’n Roll. La blonde aux yeux bleus plus jeune encore avait lancé des éclairs. Cette danse était sa seule drogue aphrodisiaque. Ça avait passablement réussi : ils tombèrent dans les bras l’un de l’autre, comme ça arrive souvent aux jeunes en pleine montée de sève. Ils s’enlacèrent à n’en plus finir, plus longtemps que je n’en avais l’habitude. Ça n’avait pas été désagréable. Car, quand elle plongea ses yeux bleu-de mer dans les miens d’une couleur analogue mais de race moins pure, pour m’annoncer qu’elle comptait rester avec moi, j’eus un sentiment de bien-être. Cela devait compenser la solitude qui me faisait souffrir depuis ma jeune enfance. J’abandonnai ma piaule dans une communauté d’intérêts purement économiques à Charlottenburg, puisqu’on voulait bien louer un appartement à un jeune couple non marié. Berlin, dans les années soixante, se re-souvenait qu’elle avait été la métropole de la tolérance. — Ah ! Les étudiants, on pouvait leur passer ça ! D’autant plus que l’une des deux travaillait, donc gagnait de l’argent ! Peut-être était-ce aussi l’intérêt du logeur de louer cet appartement qui n’était pas bon marché. On s’installa. La première étagère ASKO fut achetée. L’argent ne manquait pas — Maman n’avait pas pu empêcher mon père d’être large avec son fils. Au bout de trois mois, le Jugement Dernier apparut sous forme d’un couple. Il venait d’une petite ville du nord de la Hesse. Il était debout en plein milieu de la pièce et, d’un seul geste impératif vers la porte, il signifia à la mère comme à la fille de sortir. Tant que vous ne serez pas mariés, vous n’habiterez pas ensemble. Les yeux en pleurs de la plus jeune et la douceur inhérente aux femmes de la moins jeune infléchirent le capitaine de la morale, à condition que le mariage se fasse dans les deux mois. La volonté du seigneur fut faite. Comme l’armoire du trousseau était de taille imposante, il fallut un appartement adéquat. Le quartier aussi devait convenir à un jeune couple solvable auquel l’avenir appartenait. Le loyer pour la partie d’une maison de style art-nouveau, cent/cent-dix mètres carrés, était bien au-dessus des prix imposés. Il correspondait à la distance du centre-ville, juste avant la Fondation Johannis. ‘Spandau près de Berlin’ annonçait le chauffeur du bus lorsqu’on franchissait la limite de la ville, avec l’accent de Berlin ou de Spandau au retour, c’était parfois : ‘Berlin, près de Spandau’. Mais le jeune couple, vers minuit, parcourait en Volvo les vingt kilomètres qui les séparaient du bowling, Place Lehnin — là où Peter Stein avait trouvé une nouvelle patrie, dans l’ancien théâtre de la Révolution. C’est dans ce carrosse de classe moyenne, don de mon père, que je mis les bouts, trois mois après le mariage, sur un : « À après-demain ! »en direction de la jeune femme, pour me retrouver dans une autre grande ville, devant un tribunal, impliqué dans une action en recherche de paternité contre moi. L’enfant que j’avais voulu avec une autre femme avait presque un an à ce moment-là. Je suis resté avec ces deux-là après le procès. L’épouse et la belle-mère firent une déclaration de disparition.

L’histoire se répète-t-elle aussi dans le microcosme ? N’y a-t-il aucune issue non plus au désagréable facteur génétique ou l'socialisation? Je ne savais pas. Car, à l’encontre de l’épisode vieux de plus de trente ans, le navigateur ne se souvenait pas du récent voyage. Avait-il, pour éviter un port où on ne le reconnaissait pas, si bien bravé toutes les tempêtes que le ciel ne lui en était tombé sur la tête ? Sans aucun doute, il y avait dysfonction du cerveau. Le médecin en chef de la clinique universitaire me l’avait confirmé par écrit. Il n’avait pas parlé d’amnésie. Le neurologue que j’avais consulté par la suite tournait toujours autour du pot sur la question. J’avais fini par ne plus en parler puis, par ne plus consulter. Ainsi, à l’amnésie suivait l’auto-amnésie résultant du moins de la geôle du diagnostic fait par moi-même. Quelque chose n’allait pas, je le savais. Seulement quoi ? Et puis, ce n’était pas si intéressant que ça.

Peut-être bien que cette femme-ci s’était échappée de mes ganglions en n’y laissant que quelques particules de son parfum. Mais il semblait évident que c’est moi qui avais fui après un grave accident aux séquelles importantes.


Deux jours • Un voyage sentimental • Fragments d'un roman d'amour (à l'eau de rose), 2002















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