Venerische Ekstas «Was soll das heißen?» frug Pantagruel einen von seinen Leuten. — «Er meint, aus Paris», antwortet' er. — «Also kommst du aus Paris?» fuhr er fort. «Und womit vertreibt ihr euch die Zeit, ihr Herren Studenten, in euerm Paris?» Antwort der Schüler: «Wir transfretieren die Sequan im Dilucul und im Crepuscul; wir deambulieren auf den Compiten und Quadrvien der Urb; wir despumieren die latialische Verbocination, und als verisimilische Amorabunden, captieren wir die Benevolenz des omnijudiken, omniformen und omnigenen feminischen Sexes. An manchen Dieculn invisieren wir Lapunarien am Champ Gaillard, Matcon, Bourbon, Hueleu oder im Sackgäßlein; da inkulkieren wir in venerischer Ekstas unsre Vereter in die penitissimen Rezeß der Pudenden amicabilissimischer Meretriculn. [...] — «Was», rief Pantagruel, «ist dies für eine Teufelssprach? Du bist, so wahr mir Gott helf, ein Ketzer!» — [...] «Ei Quark! Quark!» sprach Pantagruel. «Was will der Narr? Ich glaub', er macht uns hier eine Sprach der Teufel für, und will uns mit Zauberei verhexen.» — Darauf sagt einer von seinen Leuten: «Gnädigster Herr, ohn Zweifel will der Galan die parisische Sprach nachäffen; aber er radbrecht nur das Latein, und hälts für hohen pindarischen Schwung: meint Wunder was er für ein Meister in französischer Redkunst sei, wenn er die gemeine Sprechart verachtet.»Gargantua und Pantagruel. Mit den 120 Holzschnitten der Songes drolatiques de Pantagruel von 1565. Aus dem Französischen verdeutscht durch Gottlob Regis. Herausgegeben, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Ludwig Schrader, sechstes Kapitel (Wie Pantagruel einen Limousiner traf, welcher die Franzosen-Sprach verhunzte), Carl Hanser Verlag, München 1964, zwei Bände, hier Band 1, Seiten 165 – 167 Diese Ausgabe scheint vergriffen. Im Insel-Verlag gibt es zwar eine Neuübersetzung (die hier nicht beurteilt werden kann), doch die genannte von Gottlob Regis aus der Mitte des 19. Jahrhunderts gilt als diejenige, die dem Original am nächsten kommt, als die klassische.
Das Saufen, Ficken, Fressen des Studenten klingt bei mir so: "Wir transfretieren die Sequana im Diliculo und im Crepusculo; wir deambulieren auf den Compiten und Quadrivien der Urbe; wir despumieren die latialische Verbocination und captieren, als verisimile Amorabundi, die Benevolenz des omnijudikanten omniformen und omnigenen femininen Sexes. An bestimmten Diekulen visitieren wir die Lupanare und inkulkieren in venerischer Ekstase unsere Veretren in die penitissimen Rezessen der Pudenden dieser amikabilissimen Meretrizen ..." usw. Auch nicht schlecht - es ist die Winklersche Dünndruckausgabe in der Übersetzung von Walter Widmer und Karl August Horst. «Auch nicht schlecht»!
Fürwahr. Ich wußte nicht, daß Winkler das auch neu hat übersetzen lassen (davon mal abgesehen, daß ich diese Dünngedruckten sehr, sehr gerne mag). Aus welchem Jahr?
Zwei Bände, München 1968
>> kommentieren Es freut außerordentlich, wenn jemand mal "Gargantua" erwähnt. In jeglicher Hinsicht. Eigentlich gehört
es ja zum Beitrag wie überhaupt zum Thema lingua franca, da es sich sozusagen hochaktuell mit Sprachmoden bzw. -wandel gefaßt. Denn ich bin heute während der Suche nach verlorener Zeit und Freiheit wieder mal darübergefallen. Worauf es sofort nach Veröffentlichung rief. Und Sprache ist ja ohnehin immer ein Thema bei mir. Ich hatte das gestern lediglich ein wenig verschlafen. Es gehört zu meinen Lieblingsbüchern, wenn es auch fast so schwierig zu lesen ist wie Arno Schmidts Zettel's Traum (über die Originalfassung schweige ich mich lieber aus). >> kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
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