Identitätssuche
So, 07.06.2009 |  link | (3097) | 16 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Traeumereien


nnier   (08.06.09, 10:12)   (link)  
"Kaltblüter" ist gut, auch der Hüter Ihres Schlafs verfügt also glücklicherweise über genügend Humor, um zusammen mit den 180 Schekel über die Runden zu kommen. Sie wissen ja: Das alles ist vielleicht nur ein Traum im Traume (Is all that we see or seem / But a dream within a dream?)
Einmal beging ich im Traum wissent- und willentlich ein kapitales Verbrechen. Natürlich sorgten personifizierte Über-Ich-Strukturen für eine gerechte Strafe, denn nicht nur, dass ich in den folgenden Stunden (Traumzeit) schlimmste Schuldgefühle und Angst vor Entdeckung auszustehen hatte, nein, ich wurde erwischt und verurteilt und verurteilt. Beim Aufwachen war ich nur teilweise erleichtert. Denn ich fürchtete schon die nächste Nacht - das Urteil hatte schließlich "Lebenslänglich" gelautet.


jean stubenzweig   (08.06.09, 13:05)   (link)  
Traumdeutung im Traum
mit Herrn Poe – mönsch, Herr Nnier, das ist aber gut, was Sie da sagen und mir senden. Und damit meine ich nicht nur die Anhänge, denen ich nicht nur das fabelhafte Gedicht samt Original, sondern auch Das Manuskript in der Flasche entnehme und daraus wiederum solche amüsante Sätze wie:

«Mehr als alles andere bereiteten mir die Werke der deutschen Philosophen großen Genuß, nicht weil ich so schlecht beraten war, ihre beredten Tollheiten zu bewundern, sondern weil ich die strenge Folgerichtigkeit meiner Gedanken auskostete, die mich befähigte, ihre Irrtümer aufzudecken. Man hat mir häufig die Trockenheit meines Geistes vorgeworfen, Mangel an Einbildungskraft ist mir als Verbrechen angekreidet worden, und der Skeptizismus meiner Ansichten hat mich allezeit berüchtgt gemacht.» Und auch (aus der anderen Übersetzung von Theodor Etzel aus dem Jahr 1922 [in der die Philosophen Moralisten heißen, was korrekt ist*]): «Schlechte Behandlung hat mich von dieser [Familie] vertrieben, und Jahre der Trennung haben mich jener entfremdet.»

Ich meine vor allem Ihr Einfühlungsvermögen. Nicht nur, daß Sie mit diesem Gedicht auf diese kleine Erzählung reagieren. Sie träumen ja mit – «lebenslänglich». Drehen Sie sich um und schlafen sofort wieder ein. Aber träumen Sie nicht.

Danke!

*Hat man bei Artemis und Winkler (2001) bzw. der Neuübersetzer Angst gehabt, der Begriff Moralist könnte nicht verstanden werden und deshalb vorsichtshalber Philosoph daraus gemacht? Oder weil deutsche Philosophen grundsätzlich Moralisten sind – und andersrum?


nnier   (08.06.09, 23:49)   (link)  
Schon zweimal habe ich mich durch meine schmale und billige, dafür fünfbändige Poe-Gesamtausgabe von Haffmanns gelesen. Es hat einen gewissen Sog, auf den ich mich so alle fünf bis zehn Jahre einmal einlasse, und dafür quäle ich mich dann auch durch seine Tiraden gegen irgendwelche längst vergessenen Journalisten, mit denen er sich ja teilweise über Themen auseinandersetzt, in die man sich erst mühsam einarbeiten müsste. So lasse ich dann manchmal nur den altmodischen, hochfahrenden Tonfall auf mich wirken.

Es gibt angeblich sehr lesenswerte Poe-Biographien sowie Übersetzungen seiner Werke in sehr unterschiedlicher Qualität; einmal las ich eine Gegenüberstellung mindestens zehn verschiedener Übersetzungen der Eingangsverse des Raben, dieses unglaublich guten Gedichts, welches übrigens Maxon Crumb, über den ich auch schon längst mal schreiben wollte, zu einer phantastischen Zeichnung inspirierte (die ich jetzt gerne verlinkt hätte, aber im Internet nicht finde; das gibt's also auch noch).


vert   (09.06.09, 00:19)   (link)  
ich bin raus.
(wie bin ich froh...)


jean stubenzweig   (09.06.09, 01:20)   (link)  
Übersetzungen
– Sie sind überhaupt nicht raus, Herr Vert, Sie hängen hier jetzt mittendrin –

Übersetzungen also sind ja bekanntermaßen ein Problem, nicht nur bei Poe. Wobei der ja vergleichsweise unproblematisch ist. Es gibt weiteaus schwierigere Fälle. Da hat's so manche Diskussionen gegeben. Nun bin ich kein Übersetzer. Aber die Routine hat mich wohl stutzig gemacht, als ich «Philosophen» las, obwohl da zuvor bereits Ironie mitgeschwungen war; das roch nach Verschwiemelung. Denn es ergibt schon einen enormen Unterschied zu dieser eindeutigen poeschen Wertung «Moralist». Sollte das in der Neuübersetzung entschärft werden? Ich find's, mit Verlaub, nicht nur dämlich, sondern entstellend und auf eine falsche Fährte führend. Und das bei Artemis und Winkler. Nun könnte ich was gegen Patmos äußern. Aber die Lektoratsfreiheit setzt sich ja überall durch.

Ja, bitte, erzählen Sie mal über Maxon Crumb. Das ist alles Neuland für mich. Sie haben mich Comic-Verweigerer angefixt mit Ihren Crumbs. Und vielleicht finden Sie die Zeichnung auch noch.


vert   (09.06.09, 03:00)   (link)  
ot: vielleicht ist ja jemand bis zum 12. im ruhrgebiet?
nur um die comics mal weiter zu unterfüttern.


jean stubenzweig   (09.06.09, 11:21)   (link)  
Sie gehen da sicher hin.
(Ist ja auch irgendwie naheliegend.) Um sich ein paar Traum-Anregungen zu holen, auf daß es wieder hineingehe ins richtige (Schlaf-)Leben. Andererseits: RWE = Alptraum? Obwohl: eher rauhe Wirklichkeit. Dann schon lieber Morpheus als Vorstandsvorsitzenden von sport-de-chambre-productions.

So angefixt bin ich dann doch (noch?) nicht, daß ich dafür hunderte Kilometer fahren würde. Obgleich: Wilhelm Busch hat's mal geschafft.


nnier   (09.06.09, 12:54)   (link)  
Wobei das dann schon eher ein Spezialinteressengebiet ist. Die frühen Zeitungscomics (deshalb ja auch "Strips") sind historisch interessant, weil man genau dabei zusehen kann, wie sich diese spezielle Bildsprache nach- und nebeneinander entwickelt hat. Und ein paar interessante Geschichten gibt's da auch, nicht nur in den Strips, sondern vor allem außenrum (Krieg der Zeitungsverleger, Syndikate usw.);diese Comics an und für sich sprechen mich insgesamt aber weniger an, es ist dann mehr ein historisches Interesse. Das mit den Traum-Anregungen passt jedoch genau in die Zeit: Little Nemo (und ein ganz früher Animationsfilm).


jean stubenzweig   (10.06.09, 15:03)   (link)  
Little Nemo
ist mir schon ein paarmal über den Weg gelaufen. In Träumen jedoch mit Gewißheit nicht. Ich wüßte aber nicht, zu welchen Anlässen das gewesen sein könnte. Doch möglicherweise hielt meine Hausbibliothekarin sprich Mutter ihn heimlich im Giftschrank, und ich habe das Schloß irgendwann geknackt – das konnte ich; viele verbotene Bücher habe ich gelesen, die ich nicht verstanden habe.


hanno erdwein   (09.06.09, 13:08)   (link)  
Sehr eindrucksvoll ...
Ihr Traum. Könnte eine Schützengraben-Szene sein. "Im Westen nichts Neues" oder so.
Was Poe angeht, so favorisiere ich die Übersetzung (fast schon Neudichtung) von Arno Schmidt. Besser wär es natürlich, das Original lesen zu können. Aber dazu fehlt es am Englischen. Der Hit ist natürlich nach wie vor "The Raven" (Der Rabe.


jean stubenzweig   (10.06.09, 04:56)   (link)  
Schützengraben-Szene?
Na ja, den Revolver hat er nicht gezogen, der Freund und Helfer bei der Identitätssuche. Nur gefragt hat er. Einer Übersetzung hat es auch nicht bedurft, da Träume ihre eigene Sprache haben.

A propos Übersetzung: Schmidt und Poe? Ich dachte immer, ich wüßte so wenig über letzteren. Da muß ich bei ersterem mal nachblättern.


hanno erdwein   (10.06.09, 09:34)   (link)  
Mit E. A. Poe hat sich
Arno Schmidt sehr intensiv befaßt. In seinem Riesenwälzer "Zettels Traum" gibt es eine spezielle synoptische Spalte mit Poe, die mit den beiden anderen Spalten kooperiert. Schmidt kannte ja Poes Texte aus dem FF, weil er sie "genial" übersetzte. Aber vor "Zettels Traum" kann ich nur warnen. Dieses überdimensionierte Werk muß man schon auf einem Tapeziertisch unterbringen, um es über lange Zeit hin lesen zu können. Freunde haben sich daran versucht und mußten es aufgeben, weil die Ehefrau den häßlichen Tisch nicht mehr dulden mochte. :-) Außerdem macht die Versenkung in das Werk den Leser völlig abwesend.


jean stubenzweig   (10.06.09, 12:33)   (link)  
Zettels Traum träumt bei mir
auf dem eigens dafür getischlerten Lesepult so für sich hin. So kenne ich meine Bücher. Aber richtig darin «abwesend» war ich offensichtlich schon eine ganze Weile nicht mehr, klickt es es in meiner Synapsenzentrale doch so gar nicht bei dem Stichwort Poe, genauer: im erwähnten Büchlein synopst es eigentlich ja nur. Können Sie mir einen Versenkunkungshinweis geben, so mit Seitenzahl und so? Nach dem Ganzen ist mir momentan nämlich überhaupt nicht. Denn zur Zeit befinde ich mich in einer offenbar traumlosen Dauerschlafphase. Die mag ich durch Herrn Schmidt nicht unterbrechen.


hanno erdwein   (10.06.09, 18:37)   (link)  
Zettels Träumereien
kann ich leider selbst nicht nachträumen, weil sie nicht in audibler Form vorliegen. Schade! Durch meinen guten Bekannten weiß ich aber, daß jede Seite drei Spalten hat und eine dieser Spalten korrespondiert mit den beiden anderen und befaßt sich intensiv mit Poe. Eine Seitenzahl und etwaige Stichworte kann ich leider nicht liefern. Neben Poe behandelt eine andere Spalte natürlich die besagte Gestalt aus Shakespeares Sommernachtstraum, diesen "Zettel" aus der Rüpelszene. Dieser ulkige handwerker muß Schmidt wohl recht beeindruckt haben, ihm ein ganzes Mammut-Werk zu widmen. Ihnen wünsch ich bald mehr Zeit für genußvolles Traumlesen!


jean stubenzweig   (11.06.09, 00:11)   (link)  
Entschuldigung.
Ich hatte da wohl was vergessen, als ich nach der Seitenzahl fragte ...

Wie's da drinnen aussieht, in Zettels Traum, das weiß ich sehr wohl. Ich hatte auch ein Bild verlinkt, aus dem die dreispaltige Struktur gut ersichtlich wird. Aber da hatte ich eben was vergessen, was Sie betrifft. Nun gut, andere lesen (und schauen) das ja vielleicht auch.

Nur drinnen im Büxhlein war ich eben lange nicht. – Wer weiß, wozu's gut ist. Da muß ich eben mal wieder ran. Es gibt wahrlich unangenehmere Beschäftigungen. – Ich werde von meiner Suchexpedition berichten.


hanno erdwein   (11.06.09, 15:48)   (link)  
Ja, tun Sie das ...
Ich freu mich darauf, weil zwar viel gehört, aber leider nur wenig erfahren.















Werbeeinblendung

Jean Stubenzweig motzt hier seit 5807 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 22.04.2022, 10:42



... Aktuelle Seite
... Beste Liste (Inhaltsverzeichnis)
... Themen
... Impressum
... täglich
... Das Wetter

... Blogger.de
... Spenden



Zum Kommentieren bitte anmelden

Suche:

 


Letzte Kommentare:

/
Migräne
(julians)
/
Oder etwa nicht?
(jagothello)
/
Und last but not least ......
(einemaria)
/
und eigentlich,
(einemaria)
/
Der gute Hades
(einemaria)
/
Aus der Alten Welt
(jean stubenzweig)
/
Bordeaux
(jean stubenzweig)
/
Nicht mal die Hölle ist...
(einemaria)
/
Ach,
(if bergher)
/
Ahoi!
(jean stubenzweig)
/
Yihaa, Ahoi, Sehr Erfreut.
(einemaria)
/
Sechs mal sechs
(jean stubenzweig)
/
Küstennebel
(if bergher)
/
Stümperhafter Kolonialismus
(if bergher)
/
Mir fehlen die Worte
(jean stubenzweig)
/
Wer wird schon wissen,
(jean stubenzweig)
/
Die Reste von Griechenland
(if bergher)
/
Richtig, keine Vorhänge,
(jean stubenzweig)
/
Die kleine Schwester
(prieditis)
/
Inselsommer
(jean stubenzweig)
/
An einem derart vom Nichts
(jean stubenzweig)
/
Schosseh und Portmoneh
(if bergher)
/
Mit Joseph Roth
(jean stubenzweig)
/
Vielleicht
(jagothello)
/
Bildchen
(jean stubenzweig)






«Ist Kultur gescheitert?» ? «Bitte gehen Sie weiter.»



Suche:

 




Anderenorts

Andere Worte

Anderswo

Beobachtung

Cinèmatographisches + und TV

Fundsachen und Liebhaberstücke

Kunst kommt von Kunst

La Musica

Regales Leben

Das Ende

© (wenn nichts anders gekennzeichnet): Jean Stubenzweig





pixel pixel
Zum Kommentieren bitte anmelden

Layout dieses Weblogs basierend auf Großbloggbaumeister 2.2

pixel pixel