Es ist kein leichtes, beim Träumen mit dem Bauch den Kopf zu berühren Möglicherweise mangelt es mir an Emotionaler Intelligenz oder gar Herzensbildung. Ich bin ja nicht so auf dem Laufenden, nicht allein deshalb, da ich nicht mehr so recht gehen, geschweige denn laufen kann; ist es ohnehin fraglich, ob bei diesem ganzen Gerenne heutzutage überhaupt noch jemand zu gehen in der Lage ist wie, beinahe bin ich einmal mehr geneigt, mit Herrn Achternbusch festzustellen: Es ist ein leichtes, beim Gehen den Boden zu berühren. Ulfur Grai, der Führer des Fahrtenbuchs, mußte mich schon einmal um der Aktualisierung willen belehren, was das Bauchgefühl betrifft. Doch mit dem Körperinneren denken, dabei tue ich mich nach wie vor schwer. Wahrscheinlich bin ich dann doch zu sehr ein Ewiggestriger, dem diese neueren Erkenntnisse der Hirnforschung wie der Berg des Sisyphos erscheinen. Immerzu rollt mir mein Stein der Weisheit wieder hinunter. Jedes Mal, wenn ich meine, ihn endgültig nach oben gewuchtet zu haben, fällt er mir auf die Festplatte meines Oberstübchens und läßt die Nadel auf die immerselbe Stelle zurückspringen. Unlängst las ich darüber, wie weit man mittlerweile mit der Intuition, immer viröser bekannt unter besagtem Bauchgefühl, in der Forschung fortgeschritten ist. Nicht mehr allzu weit entfernt sei man von der Möglichkeit, die Schönheitsoperation, also die Hochstellung sekundärer Geschlechts-merkmale oder die hochgiftig erzeugte Muskellähmung via Botox — die Füllung eines Kaffeelöffels im Trinkwasser vermag der europäischen Bevölkerung den Garaus zu machen – dahingehend zu ergänzen, indem man mittels Verlegung kleinster Röhrchen bestromter, aus der Bewußtseins-industrie abgezweigter digitaler Inhalte in die Denkfabrik das vorausschauende, ich nenne das jetzt mal so, Einfühlungsvermögen noch voraussehbarer mache als es das ohnehin bereits ist. Klar ist unseren Hirnforschern und durch sie uns seit längerem, daß das Gehirn dem Körper längst einen Aktionsbefehl erteilt hat, bevor wir auch nur ahnen oder den Hinweis auf die Erkennung einer Gefahr in ein Wörtchen wie Vorsicht formulieren können, etwa bei sofortiger Antipathie. Aber ich Drögling verzehre mich immer noch mit dem uralten Freud und dessen Traumdeutung, mit diesem Aspekt jedenfalls, nach dem alles eine sexuelle Ursache habe, nach der zu suchen wäre, hätte man da ein Problem. Mein ganzer Tag ist mir vermiest, klare Gedanken zu fassen, sind mir kaum möglich. Ich habe sehr schlecht geschlafen aufgrund eines immer wiederkehrenden Traums. Im Vordergrund, wie anders, stand eine Frau. Sie stand, wie anders, neben einem anderen Mann in einer, wie anders, Küche, wie während oder nach einer Party, und beide machten mir Vorwürfe, ich hätte sie enttäuscht, hauptsächlich die Frau, die mir, wenn überhaupt, aus ferner Vergangenheit erschien; je länger ich darüber grüble, meine ich eine Dame zu erkennen, von der ich in den Siebzigern nach dem berühmten verflixten siebten Jahr, bei mir waren es bislang fast immer diese sieben, nur diesmal sind es bald zehn, in freundlicher Freundschaft geschieden bin. Womit oder worin, das blieb allerdings fern jeder Erläuterung. Ich wachte erleichtert auf in der Hoffnung, dem Traum entronnen zu sein, schlief wieder ein und war sofort wieder inmitten dieses Alps. Wie in einer Fernsehserie kam ich mir vor, in der das Leid kein Ende nehmen wollte. War das die Rache aller Fernseh-serienautoren, da ich deren Erzeugnisse grundsätzlich meide wie der Teufel den Beelzebub? Im letzten Teil war ich sogar auf der Flucht wie weiland Herr Kimble zu der Zeit, als ich mir so etwas hin und wieder noch antat. Entfohen war ich meinen Häschern, die mich ins Gefängnis befördern wollten oder sollten. Immer wieder gelang es mir, mich ihnen zu entziehen, tauchte unter in dubiosen oder ominösen Wohnungen, als ob ich Sympathisant oder gar Aktionist einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung oder beides in einem sei. Immer wieder erschien mir schemenhaft diese Frau, deren geistige Verwandtschaft zu mir ich allen-, höchstenfalls erahne, und teilte mir aufs neue mit, sie habe sich von mir abwenden müssen. Ich bin völlig fertig. Und da soll ich verstehen, was es mit Intuition beziehungsweise mit dem Bauchgefühl tiefergehend bis ins tiefste Gedärm und allen erdenklichen oder besser unerdenklichen Folgen auf sich haben könnte. Möglicherweise lesen hier ja Traumdeuter mit, wenn außer den ohnehin Liebhabenden überhaupt noch jemand hier vorbeischaut, die mich erlösen, besser vielleicht eine -in, die ohnehin die Traumwelt des Mannes besser im belesenen Einfühlungsvermögen hat als er selbst. Es darf ruhig jemand aus dem Bereich des neueren Geheimwissens, der heutzutage als Esoterik landläufig bekannten Parawissenschaften sein. Und sei es, daß ich erfahren muß, einer sexuellen Störung zu unterliegen, möglicherweise weil ich Schlechtes, vielleicht sogar entgegen meiner Absicht Nahrungsmittelindustrievergiftetes gegessen oder getrunken habe. Es dürfen ruhig solche Wissenden sein wie Friedell und Polgar, die Goethes letzte Worte Mehr Licht! dem Verlangen des Geheimraths nach mehr Milch im Kaffee zuschrieben. Vielleicht war die meine ja nicht von einer glücklichen Kuh, oder das Rindvieh wußte nichts von meiner strikten Weigerung, einen derart panachierten Trunk zu mir zu nehmen. Ich bin für das lustvolle Reinheitsgebot.
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