Zu unserem Schaden

Was mich immer wieder ärgert, manchmal gar aufregt: wie bei Arte (und anderswo) übersetzt wird. Ein Beispiel nur: In einer Reportage über den immer ausgeprägter werdenden Einfluß der Islamisten in Mali sprach eine Frau über die erheblichen Nachteile, die dadurch entstünden. Sie nannte es Dommage: Schaden, Nachteil. Übersetzt wurde mit dem deutschen Allweltswörtchen schade, wie quel dommage, wie schade. Das ergibt einen völlig anderen, auf jeden Fall verharmlosenden Sinn, wie das allgemein so üblich zu werden scheint. Bei Tahiti, das es nach dem Erdbeben erneut fürchterlich erwischt hat und über das kein deutscher Sender zu berichten beliebt, hieße das vermutlich ebenfalls: quel dommage, wie schade. Im Fall von Manhatten sieht das im 51. Staat der USA anders aus. Eine Katastrophenmeldung jagt die andere. Da hat ja die Übersetzungsmaschine mehr Qualität. Ich nenne das nicht schade, sondern desinformierend. Oder auch eine Katastrophe.
 
Do, 01.11.2012 |  link | (1837) | 16 K | Ihr Kommentar | abgelegt: lingua franca


einemaria   (05.11.12, 00:48)   (link)  
Die beste Propaganda
kommt mit 90% Wahrheit durch den 24stündigen Kanal gerauscht.


enzoo   (05.11.12, 08:58)   (link)  
vor kurzem
hörte ich in einem aus dem englischen übersetzten film "sei ein braves mädchen!" - da wurde "be brave" mit "sei brav" statt mit "sei tapfer" übersetzt. das ist schon gruselig. auch in büchern fällt sowas zunehmend auf. andererseits aber gibt es auch ausgezeichnete übersetzung wie etwa die neuübersetzung des "portrait of the artist as a young man", die vor wenigen monaten im manesse verlag erschienen ist. als alter joyceianer hatte ich auch englisches original und reichert-übersetzung zur hand und verglich einige stellen, und da kann man sagen, da hat friedhelm rathjen ganze arbeit geleistet - die typische sprachmelodie von joyce ist in der neuübertragung ebenso enthalten. das macht dann ganz grosse freude.


jean stubenzweig   (05.11.12, 13:33)   (link)  
Übersetzungen
gibt es herausragende. Ich habe mal mit großem Erstaunen auf die beeindruckende des Films Cyrano de Bergerac hingewiesen. Es war und ist phänomenal, kongenial, wie man alleine das Versmaß, überhaupt den Rostand ins Deutsche rübergekriegt hat. Doch im allgemeinen Sprachgebrauch geht alles runter wie das Gefühl für Sprache im allgemeinen. Daß aber dabei auch noch die Informationen verfälscht werden, das halte ich für eine Katastrophe. Ich habe ernsthaft den Eindruck, daß da nur noch Praktikanten, allenfalls Bachelors drangelassen werden, um zu «sparen».

Von der neuen Joyce-Übersetzung wußte ich nichts. Da werde ich sicher drangehen. Danke für den Hinweis.


sturmfrau   (14.11.12, 09:35)   (link)  
Die Katastrophe ist perfekt,
wenn man als Zuhörender oder -sehender nichts von der schlechten Übersetzung merkt, weil man der entsprechenden Sprache nicht mächtig ist. Geht mir zumindest mit dem Französischen so, in dem ich mehr Lücken als Kenntnisse habe und dessen Feinheiten mir daher zwangsläufig entgehen müssen.

Jammerschade.


jean stubenzweig   (14.11.12, 12:50)   (link)  
Jammerschade
empfinde ich das jedenfalls nicht, es kommt der oben erwähnten Übersetzung gleich. Aber selbstverständlich ist diese höfliche Äußerung, werte Frau des Sturms, Ihnen überlassen, ich greife das sozusagen beispielhaft auf.

Bei mir erzeugt eine solche Vernettung Sturmgebraus, sie macht mich verärgert bis wütend. Das dürfte mit einer Entwicklung zu tun haben, die ich seit einiger Zeit beobachte: Immer häufiger geschieht es, daß Menschen dann ein schade äußern, wenn sie eigentlich stinkesauer sind, man ihnen das oft genug auch ansieht. Das ist eine Rekultivierung des Beschönigenden, falsch wie das bei Hofe ständig getätigte Kompliment. Und einer wie ich bemerkt das auch nur, weil sie in der redaktionellen Bearbeitung, ohne darüber nachzudenken, den Originalton so lange stehen lassen, vermutlich um die Authentizität unter Beweis zu stellen, die so lediglich ein Versatzstück namens Echtheit darstellt, während die Glaubwürdigkeit mit der später einsetzenden Übersetzung zunichte gemacht wird. Aber auch bei Untertitelungen stelle ich diese sprachlichen Verunstaltungen immer wieder fest. Allzu oft fällt ein merde einem schade zum Opfer, das einfach nicht stehen kann für Scheiße oder auch nur Mist. Auf Platzprobleme auf dem Bildschirm, wie das gerne getan wird, kann sich niemand herausreden. Diese Euphemisiererei hat meines Erachtens System. Das ist Sprachentsorgung. Bloß nichts bei seinem echten Namen nennen. Es könnte die Menschheit verderben.


sturmfrau   (14.11.12, 13:08)   (link)  
Nun, das war durchaus
ironisch gemeint, das "jammerschade", Herr Stubenzweig.


jean stubenzweig   (15.11.12, 12:20)   (link)  
Denken hätte ich mir's
ja wohl können. Aber manchmal brauche ich lange, bis ich frisch bin. Vergebung.


sturmfrau   (15.11.12, 12:31)   (link)  
Vergebung? Da nicht für,
lieber Herr Stubenzweig. Ich habe mich zwar ein wenig gewundert über Ihre ungewohnt stürmische Art, aber damit kann ich umgehen. Hat ja auch den Vorteil, dass Sie Ihre Position noch einmal nachdrücklich deutlich gemacht haben. Ich teile sie übrigens.

Um so mehr, als dass ich gerade mal wieder beruflich mit einer grauslich schlechten Übersetzung deutscher Texte ins Englische (oder was man eben dafür hält) zu tun habe.


kid37   (14.11.12, 13:58)   (link)  
Ich stolperte unlängst
über eine Hörfehler-Übersetzung in einer arte-Doku, aber eigentlich nur, weil mir dieser Fehler früher auch unterlief, bis ich den Text mal nachlas. Famous misheard lyrics. Man denkt irgendwie immer, da ist eine Institution mit klangvollem Namen, mit Apparat und Experten - und wie in Ihrem Beispiel speziell, wenn es ums Französische geht, nicht zu schlagen. Aber es ist eben auch voller kleiner und großer Nachlässigkeiten, manche unter Lapsus zu verbuchen, andere bedrohlich irritierend.


jean stubenzweig   (16.11.12, 09:09)   (link)  
Arte allein
ist es ja beileibe nicht. Sicher sind es auch Schludrigkeiten, aber eben, wie Sie's moderieren, «bedrohlich irritierend». Ich führe es aber auch auf die allenthalben bedrohlichen «Sparmaßnahmen» zurück, die als Begriff ebenso die Sprache verbiegen, da er eigentlich anderes meint. Die Reduktion der Fachkräfte innerhalb der Medien nimmt Übermaße an. Als ich noch irgendwas mit Medien tat, waren beispielsweise Schlußredakteure unabdingbar. Alles ist, noch so ein krummes Wörtchen, «wegrationalisiert» zugunsten der «Marktwirtschaft», der Privatisierung. Mir wurde vorgestern ganz anders, als ich bei Arte hörte und sah, daß man in Portugal das öffentlich-rechtliche Fernsehen privatisieren möchte, um Staatsschulden zu reduzieren, also zu «sparen». Das ist nebenbei auch noch die Verhökerung des Familiensilbers.

http://videos.arte.tv/de/videos/portugal-sparkurs-trifft-oeffentliches-fernsehen--7061370.html


(15.11.12, 23:31)   (link)  
der deutsche übersetzt nu ma anders
wie der franzose das deutsche übersetzt
odda die leimis

das is doch normal

sich da an arte festzubeissen is lächerlich

guck ma griechenland kostet milliarden und die kanzlertussi is da nazi wie der zitterwolf
so is das mit die übersetzungen im sein du dämlicha trottel

wir sind doch nich im oberseminar für semantik
das leben sieht nu ma anders aus
wie für so alte rotzlöffel wie du
die sich auf den tot vorbereiten müssen


enzoo   (16.11.12, 09:08)   (link)  
jössas
man ist tot wenn einen der tod ereilt hat. dass das nicht und nicht in die fauligen gehirne reinmag!?!


jean stubenzweig   (16.11.12, 09:13)   (link)  
Die Überlegung
stand an, den ach so klugen zittrigen Wolf zu löschen. Nein, dachte ich mir, möge ruhig auch hier jeder lesen, was dieser Wolf sich so an Weisheiten zurechtzittert.


(16.11.12, 14:28)   (link)  
och weiste stubenzweich deine überlegungen sind völlich unwichtich
weil ein zitterwolf unlöschbar is

hätte das eichmann begriffen
wär seine asche nich bei die fischen gelandet

also wir ham zwei möglichkeiten wie son stubendings am denken is

1. er wollte den enzoo nich löschen
2. er wollte dokumentieren wie dämlich ein zitterwolf is wo nich richtich am schreiben is

das is so die denkweise diesa leute

und besonders drollich find ich ja "jeder"
selbstbewusstsein hat er ja der stubenzweich
kommt gleich nach dem spiegel und der faz


damals   (25.11.12, 23:23)   (link)  
Wie poetisch!
Da zittert ein Wolf durch den Wald und wäre gern ein Eichmann, aber er hat Angst vor jedem Stubenzweig und traut sich nicht, in den Spiegel zu schauen. Er soll sich trollen!
P.S. Nehmen Sie's nicht so tragisch, Herr Stubenzweig. Neider gibts überall. Leider auch auf diesem Niveau.


jean stubenzweig   (26.11.12, 09:51)   (link)  
Tragisch
nehme ich's wahrlich nicht, aber ärgern tut's mich durchaus. Und ich habe angenehmeres zu tun, als ständig Staubwölfe wegzuwischen. Aber ob das Neid ist, das wage ich dann doch anzuzweifeln. Ich gehe eher davon aus, daß er sich langweilt und deshalb eine Variante des von mir nicht unbedingt geschätzten Computerspiels betreibt.















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