Weibliche Multiplikatorinnen Den «Multiplikatorinnen und Multiplikatoren» gab ich auf den Weg, daß wir, wenn wir nun beginnen, mathematische Begriffe zu feminisieren, demnächst auf keine sprachliche Nennerin mehr kommen, und bei dem Satz: «[Weltweit ist] fast jeder fünfte Erwachsene [...] Analphabet» schrieb ich, daß es richtig «Fast jede fünfte Erwachsene ist Analphabetin und fast jeder fünfte Erwachsene ist Analphabet» heißen müsse und daß die prozentualen Angaben besser überprüft werden sollten, weil in vielen Ländern wahrscheinlich mehr Frauen Analphabetinnen seien als Männer Analphabeten, da sie vielerorts leider weniger Zugang zu Bildung haben. So liest es sich, das Wahre, das Gute und das Schöne: Nennerin
Unausrottbar? Der Fall eines Rapsfeldes in Schweden zeigt: Genveränderte Pflanzen können bis zu zehn Jahre im Boden überdauern. Und sie wieder loszuwerden, ist fast unmöglich. «Eigentlich hätte das Feld kahl sein müssen. Zehn Jahre lang hatten Mitarbeiter des schwedischen Landwirtschaftsministeriums Gift gespritzt, jährlich gepflügt und jede Rapspflanze ausgerupft, die sich trotz dieser Behandlung auf der 1.200 Quadratmeter großen Versuchsfläche behaupten konnte. Doch als die Pflanzenökologin Tina D'Hertefeldt und ihre Kollegen von der Universität in Lund das Feld ein letztes Mal abschritten, fanden sie 15 Rapspflanzen, die allem versprühten Gift zum Trotz aus der Erde lugten. Wenige Stunden nach dem überraschenden Fund hatten es die Laboranalysen bestätigt. Die 15 Rapspflanzen trugen ein verändertes Erbgut in sich, das sie resistent gegen das Unkrautmittel Glufosinat machte (Biology Letters, online). Alles andere Leben auf dem Feld hatte das Gift dagegen erwartungsgemäß ausgerottet.» Weiter im Text: Genveränderte Pflanzen sind extrem widerspenstig
Adorno kommentiert «Der Zeitgeist und mit ihm die Politik, sie wollen Leistungserbringer, sie wollen Dienstleister. Sie werden sie bekommen, ihre Dienstleister. Aber Ärzte, Ärzte wird es bald nicht mehr geben.» Und Adorno spricht dazu.
Erde sammeln «Douglas Tompkins ist 65 Jahre alt und Millionär mit einer Sammelleidenschaft. Das an sich wäre nichts Besonderes, legen sich doch genug Millionäre eine Kollektion moderner Kunst oder verschiedenfarbiger Ferraris zu. Tompkins' Sammlung jedoch ist ganz besonderer Art, sie besteht aus Regenwäldern und Steppenlandschaften, aus Gletschern, Vulkanen, alten Bäumen und vom Aussterben bedrohten Minihirschen. Seit den frühen neunziger Jahren kauft der Amerikaner gemeinsam mit seiner zweiten Frau Kristine McDivitt über ein System von Stiftungen ganze Landstriche in Chile und Argentinien auf, um der Natur ‹eine Auszeit zu gönnen›. Im Besitz der Tompkins befinden sich in Südamerika rund 12.000 Quadratkilometer Land, das entspricht mehr als der Hälfte der Fläche Hessens. Das Paar gehört damit zu den größten privaten Grundbesitzern der Welt.» Öffentlich-rechtlich bereits (mindestens) einmal ins TV-Bild gebracht und nun auch privatwirtschaftlich-verlegerisch präsentiert. Aber man kann solche Themen ja nicht oft genug bringen, auf daß es endlich auch mal bei den sogenannt Denkbefreiten ankommt. Hier ein ausführliches Interview mit Douglas Tompkins in der FAZ. Und bevor auch das untergeht: Darauf aufmerksam wurde ich einmal mehr öffentlich-rechtlich: durch Holger Klein in dessen Quasipresseschau der Nightline des Hessischen Rundfunks — ohnehin eine der ersten (nicht nur morgendlichen) Aufklärungsadressen. Dank! Großen.
Den buddhistischen Gang ... den geht Hans Pfitzinger in seinem tazblog: «Manchmal entwickeln sich die Dinge schneller, als ich es in meinen kühnsten Träumen zu hoffen wage. Vor zwei Jahren stand in einer kleinen Intellektuellen-Zeitschrift mit dem untertriebenen Titel Die Gazette ein Artikel über das Ende des Ölzeitalters. ‹Peak Oil› hieß der damals nur wenigen Leuten bekannte Begriff, und gemeint war der Zeitpunkt, an dem die Erdölförderung ihren Höhepunkt erreicht, weil die Vorräte zu Ende gehen. Von da an geht's bergab, Öl und damit Benzin und Gas werden immer teurer. Das verändert unsere gesamte Existenz in einem Ausmaß, das sich die meisten Menschen im Westen, die den gegenwärtigen Lebensstil für ‹natürlich› halten, schwer vorstellen können. Für uns ältere Zauseln wird sich die Rückkehr zu früheren Überlebensstragien nicht so dramatisch darstellen. Zum Beispiel werden Kartoffeln aus Chile und Südafrika nicht mehr mit denen aus Erding und Fürstenfeldbruck konkurrenzfähig sein, weil an die S-Bahn Güterwaggons zur Versorgung der Großstädter mit Lebensmitteln angehängt werden. Weine für Münchner kommen nicht mehr aus Chile und Kalifornien, sondern mit Güterzügen aus Schwaben, Franken und höchstens noch vom Gardasee. Der Plastikramsch, der ja ebenfalls aus Erdöl hergestellt wird, verschwindet. Kinder kriegen wieder Holzspielzeug. Die Karosserien der solar betriebenen Elektroautos werden aus Hanf hergestellt, der in unseren Breiten wächst und gedeiht. Und Iran und Israel werden schon bald von Atom- auf Solarenergie umsteigen, denn die gibt's dort im Überfluss. In ganz Afrika entstehen unter Anleitung von Jürgen Kleinwächter aus Lörrach Solar Villages, die ihren Energiebedarf selbst erzeugen. Die Sahelzone wird wieder begrünt und zur Kornkammer für die umliegenden Länder. Irgendwann wird es dann keine Kriege für Öl mehr geben, weil es kein Öl mehr gibt. Das wird noch ein bisschen dauern, andere Dinge werden sich schneller ändern. Der Verkauf von Geländewagen und anderen Spritfressern geht jetzt schon zurück, was wiederum den CO2-Ausstoß reduziert. Und ich muss mich nicht dauernd aufregen, dass so Vieles falsch läuft um mich herum, und kann mich zum Meditieren zurückziehen mit dem Wissen: Es geht alles seinen buddhistischen Gang. Aaaaoooommmm.» Kommentar meinerseits und dort: Aber wer wird zuerst seine Stars and Stripes in die Sonne rammen und laut rufen: Ick bün all hier!?
Multikulturalismus und Wirtschaft «Die Aufklärung gehört dem Menschengeschlecht und nicht nur einigen Privilegierten aus Europa und Nordamerika — die sich überdies herausnehmen, sie wie verwöhnte Gören mit Füßen zu treten und anderen vorzuenthalten. Vielleicht ist der Multikulturalismus angelsächsischer Prägung nichts anderes als eine legale Apartheid, begleitet — wie so oft — vom rührseligen Gesäusel der Reichen, die den Armen erklären, daß Geld allein nicht glücklich macht. Wir tragen die Bürde der Freiheit, der Selbstverwirklichung, der Gleichberechtigung der Geschlechter, euch bleiben die Freuden des Archaischen, des Mißbrauchs nach Vorvätersitte, der arrangierten Heiraten, Kopftücher und Vielehen. Angehörige dieser Minderheiten werden unter Denkmalschutz gestellt. Wir sperren sie in ein Reservat, um sie vor dem Fanatismus der Aufklärung und den Kalamitäten des Fortschritts zu bewahren: All jenen, die uns unter dem Sammelnamen Muslime bekannt sind (Maghrebiner, Pakistani, Afrikaner) soll es verboten sein, den Glauben abzulegen, oder nur ab und zu zu glauben, auf Gott zu pfeifen oder sich ein Leben fernab von Koran und Stammesriten aufzubauen.» Auf diese Perle bin ich gestoßen. Nein: Perlchen, denn die gesamte Perlenkette, aufgereiht von dem guten alten Pascal Bruckner, über dessen gemeinsam mit Alain Finkielkraut verfaßte Neue Liebesunordnung ich heute noch schmunzle (und nachdenklich werde), muß man lesen. Es ist wohltuend, wie unaufgeregt und wohl deshalb analytisch präzise er die Tricolore der Freiheit und damit des Geistes hochhält. Seine essaiistische Auseinandersetzung mit dem Multikulturalismus, diese Perle ist zu lesen, na wo wohl, im Perlentaucher. In brand eins meinte er: «Wirtschaft ist keine Religion», wobei: «Die Utopie des Internets und das Börsenfieber der Neunziger veranlaßte die Menschen zu glauben, die ganze Welt ließe sich zivilisieren und alle Menschen könnten miteinander versöhnt werden. Doch obwohl das Internet zweifelsohne eine außergewöhnliche Technik ist, ist es ihm nicht gelungen, die Ungleichheiten zu beseitigen; es hat auch nicht die Hungersnöte abgeschafft oder die Demokratie verbreitet. Es ist nicht das neue Gehirn der Welt, so wie manche dachten. Es ist lediglich ein neues Kommunikationsmittel; an den großen Problemen wie Elend, Tyrannei oder Bildungsmangel ändert es nichts. Das heißt, wir leben noch immer mit der Illusion, eine einzige Erfindung würde es ermöglichen, alle Probleme, die jahrhundertelang unlösbar waren, auf einen Schlag zu beseitigen; und das ist leider nicht möglich.»
Edellapkoch Über das schmunzle ich gerne, heftig nickend, was Hans Pfitzinger in seinem tazblog schreibt: «Zur seitenweisen und tagelangen Hofberichterstattung über grüne Karrieristen, die auf gut bezahlte Spitzenjobs ihrer Partei scharf sind, mag ich kein Wort mehr verlieren. Und über Roland Koch, den geschäftsführenden Ministerpräsidenten von Hessen mag ich eigentlich auch keine ganze Seite lesen und gucken (was für ein sympathisches Foto von dem Ekel!). Aber dann lese ich das Koch-Porträt trotzdem, weil es von Georg Löwisch geschrieben wurde, und der gehört zu den besten taz-Schreibern. ‹Edelfeder› nannte man das früher mal. Zeitgemäß könnte man vielleicht von Edellaptop sprechen.» Zu dem Aushilfs-Koch und dessen Bemühungen, sein Süppchen weiterhin köcheln zu lassen, hat sich Andrea Diener geäußert. «Machen kann man dagegen nichts. Gar nichts», schließt ihr Text. Offenbar doch, wie wir mittlerweile wissen.
Truffe Ich habe keinen Hund. Ich gehe mit solch einem altkontinentalen Tier durch die Fluren, durch die Auen, durch die Wälder, durchs weltweite Netz. Nur es ist in der Lage, einen solche exorbitante Schatzknolle zu ergründeln: «Heute möchte ich Ihnen etwas erzählen, nämlich von einem unerträglichen C. Ja, von einem C, einem hohen C, einem dreigestrichenen genaugenommen: c'''. Die Geschichte trägt sich zu in Haydns Klaviersonate Nr. 59 Es-Dur, Hob. XVI/49. Es-Dur ist ja schon so eine Tonart, über die sich viel räsonnieren ließe. Aber jetzt, passen Sie auf!» Keks zum Tee
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