Die wirklichen Könner Kerzengerade auf dem Weg zur Vollbeschäftigung sei das Land, ließen die eigens für den Wahlkampfvorlauf eingesetzten Verlautbarungsfunktionäre vor noch gar nicht so langer Zeit verkünden. Man muß es dem Unwissenden nur oft genug sagen. Denn dem da für einen Euro Werkelnden oder für einen Lohn weit unter Tarif Schuftenden mangelt es ja an ausreichender Bildung, um die Zusammenhänge zu verstehen. Deswegen wird er ja auch in entsprechende sogenannte Maßnahmen entsandt. Nicht nur, daß man ihn damit aus den Arbeitslosenstatistiken herauseuphemisiert hat, er lernt dabei auch so etwas wie den Umgang mit Computern, mit dem er dann Programme erarbeiten kann, die ihm dabei helfen, mit einem Etat zu jonglieren, der unter dem Existenzminimum liegt. So schafft man sich Fachkräfte. Denn die seien schließlich knapp, heißt es nicht erst seit gestern. Dabei müssen die wahren Könner auch noch ins Gefängnis. Früher war das jedenfalls so. Am 3. März 1981 erzählte uns cs in der Süddeutschen Zeitung diese Geschichte: «Zum Beispiel der hochbegabte Sonderling (so der medizinische Gutachter), der in der Nähe von Traunstein 5.000 Fünf-Mark-Stücke nachbaute und während fünf Jahren in Umlauf setzte. Sie waren so gut gemacht, daß ein Bankexperte sie von echten Münzen nicht unterscheiden konnte. Eineinhalb Jahre lang hat der Mann allein am Prägestempel gearbeitet; die Herstellung eines Fünf-Mark-Stückes dauerte eineinhalb Stunden, sein In-Verkehr-Bringen (so heißt das) mindestens noch eine weitere Stunde, denn der Falschmünzer fuhr mit dem Rad durch den ganzen Landkreis, um seine Metallblüten einzeln abzusetzen. Das harte Wort Falschmünzer tut diesem Arbeitslosen, der von ständiger Existenzangst geplagt sein soll, eigentlich unrecht. Bei einem Stundenlohn von weit unter dem eines Hilfsarbeiters hat er sein wunderbares Talent nur in kleiner Münze spielen lassen; er hat es im Zaum gehalten, um den Unrechtsgehalt seines Tuns (auch ein Fachbegriff) so gering wie möglich zu halten. Wenn man es recht bedenkt, so hat dieser Mensch einen so bewundernswürdigen Mangel an krimineller Energie bewiesen, an Standfestigkeit gegenüber den Verführungen, die seine Kunstfertigkeit für ihn bedeutet haben muß, daß er dafür in die Schulbücher gehörte, wenigstens aber in einen Roman, keinesfalls ins vergitterte Loch. Das Landgericht hat es nicht ganz so gesehen — und ihn zu Gefängnis verurteilt. Es hatte wohl die uns allen geläufige Strafandrohung vor Augen: ‹[...] nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft oder in Verkehr [...], nicht unter zwei Jahren.› Bekommen hat er aber drei, und das ist eines zuviel. Denn was wird in der Haft geschehen, falls sie nicht zur Bewährung ausgesetzt wird? Ein wirklicher Ganove wird den Meisterfälscher, der schon früher an Rabattmarken und Briefmarken geübt hat, in Dienst nehmen und noch vom Knast aus den Vertriebsapparat für die künftigen falschen Tausender aufbauen. Die hartringende Wirtschaft und das ehrbare Handwerk warten auf diese Spitzenkraft vergebens.» Das Handwerk schon. Denn sie hat viel gelernt während dieser Zeit, die Spitzenkraft, vor allem Sublimationstheorie und damit eben, wie man's nicht macht. Die Wirtschaft hingegen hatte ihn gerne genommen, den ehemaligen Fälscher, er wurde ein Meister des Bankwesens. Selbstredend arbeitete er im Hintergrund, ein wenig Kosmetik möchte schon sein; das Siegeszeichen ließ er andere darstellen. Lange Zeit hat er sie selber ausgebildet: die vielen falschen Fuffziger. Und so wird er, wie seine Lehrlinge auch, nie mehr hinter Gitter wandern. Da seien unsere gesetzgeberischen negativen Musen vor. Mittlerweile mit einer ordentlichen Pension versorgt, bringt er seine handwerklichen Fähigkeiten, von der Muse Justitia geküßt, längst anderswo ein. Die Original-Photographie des Fünf-Mark-Stücks zeigt eigentlich die beiden Seiten der Medaille, angesichts deren Schönheit man zu weinen geneigt ist. Um einer verklärenden Erinnerung, heutzutage gemeinhin Nostalgie genannt, etwas entgegenzuwirken, denn Lebbe gehd weider, habe ich auf den Bundesadler verzichtet. Wer ihn dennoch bewundern möchte, muß nur draufklicken hier bei Joachim S. Müller und seinem unter CC lizensierten Bild.
Ein solches handwerkliches Talent gilt es zu loben. Dazu so viel Fleiß und Hingabe! Es zeigt sich wieder, man muß nur die Größenordnung groß genug wählen. Dann gibt es Boni oder ein Jahr auf Bewährung. Der Schmutz darf halt nicht an den Händen sein, von allem Feilen und Polieren. Mit weißem Kragen wäre es ihm besser ergangen. Sieben Jahre her...
Ich schäme mich gerade, denn ich hätte nicht mehr gewußt, wie so ein Fünf Mark Stück aussieht. Und wundere mich immer, daß meinen Eltern gelegentlich ein "xxx Mark" dazwischenrutscht. Danke für die nächtliche Dosis Demut.Heiermänner
Zuletzt sahen die Fünfmarkstücke auch anders aus.Mir fällt dazu ein Bilderwitz, vermutlich von Sepp Arnemann ("... hat wieder eine kleine Maus versteckt") in der Zeitschrift "TV", ein: Typische Kriminelle (Stoppelbart, Schiebermützen) und ein paar leichtbekleidete Damen sitzen in einem Keller, man sieht das Prägewerkzeug und die bereits ausgestanzten Platten, vorne an der Tür steht ein Polizist, dem einer der Ertappten sagt: "Wir sind hier bloß beim Bleigießen, Herr Wachtmeesta, und ick weeß ooch nich wie, aber immer wern Heiamänna draus!" Könner
Ein wirklicher Könner seines Fachs ist auch der erfolgreiche Dieb. Wer einmal gesehen hat, wie jemand in 5 Sekunden ein Zahlenschloss geöffnet hat, oder ein kompliziert aussehendes Türschloss in einer Minute, wird dieses alte Handwerk mit neuen Augen betrachten.
@nnier: Genau. Mir fällt beim Anblick dieses Fünfmarkstücks die ARD-Fernsehlotterie wieder ein, bei der es hieß "mit fünf Mark sind Sie dabei".
Danke
Herr Nier (richtig so?), vielen Dank - das rehabilitiert mich. Ich war spaet gestern Abend ernsthaft irritiert, dass ich mich so gar nicht mehr erinnern konnte. Nun, eine Runde schaemen schadet nie.Jawoll,
werte Frau damenwahl, schämen Sie sich einfach mal so auf Vorrat. Irgendwofür wird's schon sein. "Ich schäme mich zu Tode, seit ich denken kann, und ich weiß nicht wofür." (Heinz Strunk: Fleckenteufel).>> kommentieren Wunderbare Talente,
Sie alle:@kid37: Ich hatte ihm doch den weißen Kragen hinsublimiert, zum Ende hin («Meister des Bankwesens»), Sie immer Mitfühlender. @damenwahl: Sie sind aber jung, schämen Sie sich (Ihre Eltern verbrachten die längste Zeit im Guten). @nnier: Sie immer mit Ihren schlechten Gedanken (wer ist denn Sepp Arnemann; ich kenne nur Sepp Maier). @tropfkerze: Sie kennen sich aber aus (loben aber immerhin das Handwerk). @: mark793: Wenigstens einer, der an das Gute denkt. (Wim Thoelke? Oder bringe ich da mal wieder was durcheinander?). Wie auch immer: Es war aber auch ein schönes Stück, der Fünfer aus der Wirtschaftswunderzeit (der Nachfolger unterlag dem schlechten Gechmack der Siebziger – ein Thema für sich). Da biß man doch gerne drauf. Wie auf diese edle Münze. Ich bin voller Wehmut. Ich will mein Geld zurück. Das alte. Jetzt haben Sie mich so verunsichert,
dass ich mich doch vergewissern musste. Also der Heiermann gehört tatsächlich zur ARD-Abzocke. Wim Thoelke, respektive seine Assistentin Beate (oder wars Walter Sparbier?) las in der ZDF-Show "Der große Preis" zu meinem großen Verdruss alle furzlang irgendwelche Gewinner der "Aktion Sorgenkind" vor. Von diesem alten Fünfer sah ich übrigens auch schon interessante Exemplare, die nur noch aus dem Rand und dem fein säuberlich ausgesägten Adler (der Rückseite) bestanden. Das noch als Nachtrag zum Thema Handwerk... Sepp Arnemann
Jetzt bin ich selber baff - es ist nicht zu glauben: Auch im Jahr 2009 heißt es: "Sie kennen doch unser heiteres Suchspiel? Auch auf dieser Seite hat unser Zeichner Sepp Arnemann wieder eine Maus versteckt."Wir hatten keine Fernsehzeitschrift, da genügten die drei Spalten in der Tageszeitung, aber mein Freund A., bei dem der Fernseher immer lief, wusste schon zwei Wochen früher bescheid, was kommen würde. Und bei ihm lernte ich das heitere Suchspiel kennen. Besonders lustig war das alles nie, wenn auch nicht so komplett weggetreten wie das hier. Immerhin konnte man manchmal außer der Maus auch aufreizend-hübsche Damen in den Zeichnungen finden. Interessant, Mark793
Sie haben wohl die deutsche Nation bewegt, diese Spielchen. Ich habe mich ihnen immer verweigert (wobei es in anderen Ländern noch viel schlimmer ist). Alles durfte man mit mir machen, nur solches nicht. Aber vermutlich gibt es diese heiteren Spielereien noch, nur unter anderem Namen.Gibt's wissen.de schon länger? Vermutlich Bertelsmann? Zum Ausschlachten eigener Archive? Und um die Werbemaschinerie in Bewegung zu bringen. Der Fünfer muß ja rollen ... Die Seite mit der Maus?
Nnier – ist das am Ende ein «Vorläufer», nenne ich's mal so vornehm, der Sendung ... Na ja, letztere hat aber auch nicht so ein «feiner Humor».Und Ihren (immer wieder überraschenden) Ausführungen nach gab es also auch früher bereits Menschen, bei denen «der Fernseher immer lief». Vergleichsweise immer
lief er jedenfalls. Also nachmittags z.B., wenn man zu Besuch kam. Es irritierte mich damals auch, dass der "einfach so" lief, obwohl man eigentlich etwas anderes machte. Die Trennung war nicht da. Umgekehrt, wenn man da zusammen einen Film geguckt hat: zum Wahnsinngwerden! Die haben ständig miteinander geredet!@stubenzweig:
Die ARD-Fernsehlotterie heißt jetzt glaube ich "Die goldene 1" und das ZDF-Pendant wenn mich nicht alles täuscht "Aktion Mensch". Damals beim Vorläufer "Aktion Sorgenkind" hat meine Mutter ab und an Lose erworben - obwohl sie ja auch wusste, dass Lotterien eine Art Steuer sind für Menschen, die nicht rechnen können. Aber es war ja auch für einen angeblich guten Zweck. Mit den profanen 6-aus-49-Spielchen hätte man meine Mutter nie ködern können, egal, wie hoch der Jackpot ist (von dem damals eh noch keine Rede war). Aber "der Große Preis" war donnerstagabends schon so etwas wie Pflichtprogramm, unabhängig davon, ob Frau Mama ein Los gekauft hatte oder nicht. Wissen.de ist ein Relikt aus dem ersten Internet-Boom, irgendwann von Bertelsmann aufgekauft worden, aber doch (oder gerade drum) nie so richtig in die Puschen gekommen. Bin da vorhin auch das erste Mal seit Jahren wieder drauf gestoßen. Vor lauter Wikipedia & Co. hatte ich wissen.de schon lange nicht mehr im relevant set. Fürchterlich!
Auch bei mir in der Familie, bester Nnier, quasseln sie ständig während des Fernsehens. Vor allem für die Jungen gehört das offensichtlich dazu: heiterer Plauderabend. Und wenn die schon mal angefangen haben, beteiligt sich Mama rege am Gespräch. Und ich bekomme Zustände. Weil ich dem poetischen Geflüster von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy lauschen will. Glücklicherweise gibt es ein noch ein Chambre séparée.>> kommentieren Was ich vergessen hatte
anzugeben: Nachgedruckt war der Text aus der Süddeutschen Zeitung vom 3. März 1981 mal im Laubacher Feuilleton 14.1995, S. 16. Irgendjemand mußte dieses feine Stückchen fast fünfzehn Jahre aufbewahrt haben. Echte Sammler eben.>> kommentieren salamikakao (06.03.09, 15:39) (link) Beim besten Willen,
aber hierbei trete ich im Kraut oder im Gries. Ich bitte um Gnade durch Hilfe.Bin aber morgen früh (kurz nach Mitternacht) erst wieder in meiner langen Leitung. >> kommentieren Die Grenze zwischen Recht und Unrecht ...
... ist wahrlich eine Grauzone, wie dieser Beitrag so wunderschön zum ausdruck bringt. Hier kommt die Philosophie alter Schule recht zum Tragen und man möchte Beifall klatschen. HannoEndlich mal jemand,
der ein bißchen (Rechts-)Philosophie mit reinpackt. Und Schönheit würdigt. Das muß nämlich kein Widerspruch sein. Jawoll.Bis morgen dann. >> kommentieren Ein Weilchen
unterwegs bin ich. Nicht lange, aber doch.>> kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
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