Schwäbische Aufklärung Gestern hatte ich dem geschätzten hinkenden Boten eine Empfehlung hineinkommentiert, der heute eine Verlängerung folgte. Das löste einmal mehr ein paar Erinnerungen aus. Da ist die Angelegenheit mit den Schwaben. Kennengelernt habe ich in meinem ja nicht mehr so kurzen Leben einige. Aber sie sind ohnehin überall. Es ist völlig egal, wo ich aus einem Flugzeug, einem Bus oder der Bahn oder einem Fahrzeug welcher Art auch immer aussteige, sogar an einem Parkplatz an irgendeiner Autoroute im tiefsten Südwesten Frankreichs, sie sind bereits da. Ich der Hase, sie die Igel. In Berlin soll es mittlerweile eine Igelsiedlung geben. Ach was, auch in den Sechzigern besiedelten sie die Insel bereits. Die Schwaben sind einfach überall. Sogar in Schwaben gibt es noch welche, obwohl man meinen könnte, soviele könne es doch gar nicht geben, daß die zuhause auch noch welche haben. Aber es ist so, das habe ich das eine oder andere Mal selbst erfahren. Zum Beispiel in Stuttgart, wohin ich eigentlich nie so fürchterlich gerne hingefahren bin, weil mir die Metropole der Schwaben nie so recht behagte. Doch hin und wieder geriet auch ich in die Situation des Müssens. Zum Beispiels ins Remstal. Da ich mich im dortigen Hauptbahnhof nicht auskannte, fragte ich an einem der Brezelstände im zentralen Bereich, von denen es fast so viele zu geben schien wie Schwaben, einen Herrn nach der S-Bahn, die mich nach Eßlingen fahren sollte, wo ich abgeholt werden würde. Er hub an, loszuschwäbeln, daß mir ganz anders wurde. Das mußte er mir angesehen haben, weshalb er mich sozusagen am Händchen nahm und in die Unterwelt entführte, dabei schier atemlos ohne Unterbrechung weiterschwäbelte, bis die S-Bahn mich in ihre Obhut nahm. Ähnliches habe ich noch des öfteren erlebt, nicht nur im Ländle selbst. Aber man sieht ihnen die sprachliche Herkunft schließlich nicht an, wenn man ihnen nichtsahnend eine Frage stellt. Sie sind von einer geradezu entwaffnenden, ungeheuerlichen Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Beinahe alle, die mir begegnet sind und mit denen ich beruflich oder auch privat zu tun bekam, waren mir sympathisch. Sie können alles. Nur eben kein Hochdeutsch. Und so schwäbeln sie unentwegt. Da komme ich mit dem Fränkischen eher klar, das mir ebenfalls nicht so wohl klingt in den Ohren, aber die sind wenigstens etwas maulfauler. Einen gibt es, und um den geht es hier und heute eigentlich, der ist ein flammender Laudator, ein Apologet des Schwäbischen. Sogar mit kleinen Kindern spricht der so, verborgen unter der Tarnkappe eines Clowns. Er war es auch, der mir seit Anfang der Neunziger ein wenig die Tür zu dieser für mich rätselhaften Welt des schwäbischen Geistes aufstieß; und mir bei der Gelegenheit mit zu einer unakademischeren, vielleicht sogar schwäbischen Betrachtungsweise von Geschichte verholfen hat. Ich denke dabei zum Beispiel an seine Geschichte vom Joseph Süß. Haasis hat früher, da er, vermutlich seiner Streitbarkeit wegen, häufig keinen arrivierten Verlag mit verkaufsträchtigerem Vertrieb fand oder auch einfach keine Lust hatte, sich mit allzu gelehrten Lektoren verbal zu prügeln, einen Teil seiner Schriften in winzige Häuslein verlagert, quasi selbst verlegt, und das auch noch bibliophil beachtenswert. Seine 1999 erschienene Biographie von Georg Elser — das ist der Auslöser der heutigen Zeilen — wurde zehn Jahre später wieder neu aufgelegt, um viele Seiten erweitert und verlegt von der ebenfalls (immer noch) leicht verqueren Edition Nautilus. Erwähnt sei noch: einige seiner von mir nach wie vor gerne gelesenen Geschichten sind in weiterblättern ausgestellt.
Schwaben sind halt fleißige und umtriebige Leute. Aber zu mir waren sie immer nett, auch wenn ich sie oft nicht verstanden habe. Allein die Grammatik: der wo vor mir fährt, dem sein Auto. Brrrr, aber trotzdem nett. Wie ich bereits anmerkte:
sympathisch. Alle. Oder besser fast alle.>> kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
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