Blick ins Mai-Rohr

Eine Familienzusammenkunft bei der besten Brateuse seit aller Anfänge. Der ehemalige frühpensionierte Kieler Fördegeneral hatte sich zu Mutti eingeladen, sich eigens dafür von seinem vielväterlichen Beschäftigungsprogramm beurlauben lassen, um leicht verspätet zu seinem Jubeltag das satt zu bekommen, das er als sein Gemüse bezeichnet, ohne die entsprechende Literatur dazu je bewältigt zu haben. Aus dem Rohr auf den Tisch sollte ein feines Teil dessen, das sich kurz zuvor noch im Ehebett der Lütjenseer biologischdynamischen Bauersleute räkeln durfte und von ihnen die formalerotischen Massageeinheiten nach dem Demeter-Ritus empfing. Für ein derart vitales Stück Muskulatur legt die kommende Nobelpreisträgerin für transzendentale Zellkultur sogar ihr streng vegetarisches Sein eine Bratenlänge lang auf den Prüfstand. Ihr Ehemaliger, dieser informationsdesigntechnologisch fastpromovierte Computerchinese, wäre für so etwas gar aus dem fernen nordöstlichen, am Mare Balticum gelegenen Hafenstädtchen angereist und hätte ein Kilogramm handgeklaute Linda und nochmal soviel von dem roten stormarnischen Heimatkohl als Sättigung beigelegt; aber der ist längst abserviert, und endlich, endlich (!) massiert sie andere Partien. Der Grammy-Preisträger in spe komponierte und dichtete vorher schnell noch eine von diesen mittlerweile kaum mehr zählbaren Balladen auf Sonntagsschweinereien nach des nicht ganz so barbarischen* US-Amerikaners Richard Brautigan selig Sinnlichkeitsvorbild.

Das faulste aller wochenendlichen Jutebehältnisse bereitete sich währenddessen auf ein sonntägliches Ritual vor, das seit mittlerweile vierzig Jahren nur ausgelassen werden darf, wenn man sich außerhalb des Sendegebietes von bestimmten lustigen Tierchen befindet (glücklicherweise gibt es das wenigstens im Nordbüro nicht mehr, wo seit einiger Zeit arte Süchtige sogar ex terra auf französisch, nämlich digitalisch befriedigt). Um sich einzustimmen, betreibt es schonmal Kanalhüpfen. Und er bleibt unwiderruflich hängen, der alte Jutesack, stolpert innerhalb seines Festplattenaufzeichnungs- und überhaupt Empfangsgerätes, dem er eigentlich lediglich nebenbei die korrekte, nämlich sommerliche Zeit einjustieren wollte. Vergessen war das kindliche Vergnügen für Großväter. Nicht einmal die mediterran verunstaltete stormanische Tierschulter schien ihn noch zu locken. Schuld an dieser Abstinenz waren Bilder und Töne, die an frühere Zeiten erinnern. Nicht nur der jungväterliche Ex-Fördegegeral, für den das Jungschwein jäh aus dem Demeterbett gerissen wurde, sondern auch '68 hatte in einem April Geburtstag. Den vierzigsten. 2008. Man entkommt ihr nicht, der Erinnerung. Aber die hat Zeit. Bis morgen. Oder übermorgen.


* Barbaren, das sind nach Meinung südlicher Siedler Stotterer oder Stammler, die oberhalb des Breitengrades von Lyon, des französischen «Weißwurstäquators», leben und mit denen eben deshalb keine Verständigung möglich ist.
 
Di, 03.05.2011 |  link | (3083) | 2 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Geschmackssache


nnier   (04.05.11, 10:22)   (link)  
Kürzlich ließ jemand durchblicken, dass er bzw. sie durch gewisse "Insider-Austäusche" eben das nicht mehr tue, also durchblicken. Ich gehe davon aus, dass Sie sich hier vornehmlich an Insider richten, denn lassen Sie sich eines gesagt sein: Es hört sich gut an, man ahnt auch so einiges, aber beim "alten Jutesack" und dem 40. Geburtstag von '68 muss man dann schon ziemlich mutig sein, um weiterzuahnen. Wohl bekomm's!


jean stubenzweig   (04.05.11, 12:04)   (link)  
Nochmal gelesen
hab' ich das nun, und weil's mich nochmal geradeso amüsiert hat, unterschreibe ich nur zu gerne fordernd meine Feststellung: Umschulen! Solche Geschichtslehrer braucht die BRD, will sie wieder so fröhlich werden wie (zumindest teilweise) einst und nicht endgültig zum Comedy-Stadl verkommen.

Ich hingegen verfüge im Gegensatz zu Ihnen über keinerlei pädagogische und schon gar nicht über so feinstimmige psychologische Fähigkeiten. Auch das Material zur Aufklärung ist mir ausgegangen; seit Oswald Kolle gibt's ohnehin nichts neues auf dem Planeten. So beschreibe ich denn in meinem Logbuch der Erinnerungen Insider-Austäusche-Geschäfte. Wenn für andere ein paar Späne abfallen, soll's mir recht und vor allem lieb sein; auf etwaige Fragen zum Behufe des Durchblickens habe ich noch immer Antwortbereitschaft gezeigt.

Schau'n mer mal, sag' ich's mit dem großen Sendlinger Philosophen. Vielleicht fällt mir das eine oder andere auf, was die Kultur-TV-Menschen mal wieder weggelassen oder geklittert haben könnten.















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Jean Stubenzweig motzt hier seit 5808 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 22.04.2022, 10:42



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