Benimm-Exerzitien

Eine Dame gehe auf dem Bürgersteig auf der Seite des Herrn, auf der sie vor dem spritzenden Unrat vorbeifahrender Automobile geschützt sei und der auf der falschen Seite des Lebens unterwegs Seiende alles abbekomme.

Eine Dame gehe auf einer ansteigenden Treppe hinter dem Herrn, auf daß er ihr keine unzüchtigen Blicke unter den Rock werfen könne; es sei denn, sie habe (die?) Hosen an.

Eine Dame gehe auf einer abfallenden Treppe hinter dem Herrn dieselbe hinab, auf daß er im Falle eines Stolperns sie (wenigstens dann?) in seinen Armen halten könne.

Eine Dame gehe hinter einem Herrn in ein Restaurant, da er sie vor etwaigen Unbilden zu schützen habe.

Das hat mir, neben weiteren Haltungsvorschriften (bei Tisch) sowie überhaupt der korrekten Positionierung (nicht nur bei Tisch) meine Maman eingetrichtert wie der Gans den Futterbrei, auf daß wenigstens eine ordentliche Foie Gras aus mir werde (Leber und leber lassen).

Und was ist daraus geworden? Ich habe nicht nur einen dicken Hals, sondern auch noch die Schnauze voll. Zum wiederholten Mal ist es mir mittlerweile passiert, daß ich von gebildeten Damen gefragt wurde, ob ich etwa glaube (sic!), sie kämen nicht alleine in den Mantel oder seien nicht in der Lage, selbst eine Tür zu öffen. Ich muß annehmen, daß es an der Zeit ist, mich auf den Index der lebensunfähigen Männer setzen lassen zu müssen.
 
Sa, 10.12.2011 |  link | (1807) | 7 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Geschmackssache


einemaria   (10.12.11, 20:35)   (link)  
Gutes Benehmen verhindert unbille Gäste ;) Wer nicht will, hat eben schon. Bei der anstehenden Überbevölkerung wird Ihnen der Nachwuchs an Benimm-Objekten nicht knapp. Das Edle liegt schließlich auch nur in der Andeutung; vielleicht sollten Sie darauf achten. Dazu noch ein wenig Dandytum und schon hat sich der Salat. Die vom Charme umpflegte moderne Frau merkts nicht und der Ritter hat seine Tat getan. Die Wertschätzung wird es nicht sein, die Sie zu solchem Handeln treibt, maximal die Ihrer Ahnen. Schön ist zu können, schlimm ist zu müssen.


jean stubenzweig   (11.12.11, 17:33)   (link)  
Müssen müssen ...
Zum Benimm-Fräulein vom Freiherrn Knigge rennen'se fast allesamt wie angestochen. Aber wer? Die mag ich genauso wenig. Wer will denn bei diesen Anlernlingen des Höfischen Ritter sein?

Vielleicht sollte ich endlich zurück zur Natur gehen. Die Zivilisation der turniertanzenden Friseusen und sonstigen Eiskunstläufer und Weekend-Italien-Liebhaber hat mich schließlich niedergewalzt wie eine einstige Millionenherde sogenannter indigener Büffel, die vor ihr davonstieben. Kultur ist auch nicht mehr das, was sie mal war, jedenfalls nicht mehr das, was mein Lehrer Brockhaus mit damit gemeint haben dürfte, als noch humanistische Zucht und Ordnung herrschte.


mark793   (11.12.11, 11:07)   (link)  
Hm,
das gibt mir nun wirklich Rätsel auf - da mir dergleichen noch nie passiert ist. Wäre mal interessant zu erfahren, welcher Altersgruppe diese ruppigen Weiber angehört haben. Waren das vielleicht Alt-Achtundsechzigerinnen?


jean stubenzweig   (11.12.11, 16:21)   (link)  
Nein, keine Emmas.
Die schätze ich ohnehin eher als zu rudimentär «gut erzogen» ein. In zwei Fällen waren es Frauen, die 1968 noch ein ganzes Weilchen würden warten müssen, bis an ihre Zeugung gedacht würde, in einem Fall war es eine Dame, die sich selbst als «kurz vor Achtundsechzig» bezeichnet, und zwar deshalb, weil sie 1967 geboren wurde. Alle drei stehen angesehen in Berufen, zu denen akademische Ausbildungen erforderlich sind. Es mag sein, daß ich es war, der bei diesen voneinander unabhängigen Zusammenkünften jeweils einen schlechten Eindruck hinterlassen hat. Möglicherweise hatte ich immer genau für diese zu erwartenden Begegnungen unter dem Smoking bzw. Anzug ein T-Shirt mit der Aufschrift getragen.


jagothello   (11.12.11, 12:39)   (link)  
Einerlei
Auch der Highschool-feiernde Vamp will ja ganz offenbar nur eines... Wer es einfordert: einerlei!


frau braggelmann   (11.12.11, 20:01)   (link)  
...wie sagte mal meine weise mutter:" eine wahlich emanzipierte frau ist die, die geniessen kann, dass die kerle sie hofieren ...!" recht hat sie !


jean stubenzweig   (12.12.11, 12:02)   (link)  
In meiner Verzweiflung
über die Umkehr der «gesellschaftlichen» Veränderungen war ich gar so weit, mich anzupassen, mich quasi zu integrieren, indem ich mir sogar von Ihnen in den Mantel helfen, den Hut aufsetzen, Brille und Krawatte geraderücken, mir Klavier sowie Gesangbuch in die Hosentaschen stecken und mir auch noch die Fussel vom Pullover entfernen zu lassen. Und jetzt drehen sie den Spieß wieder um. Ich bin erschüttert (um die überzitierte Ent-Täuschung zu vermeiden).















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