Statistische Wertewelt

Es scheint sich fortzusetzen. Man muß offensichtlich lediglich irgendwas anzügliches wie Tit(t)elei reinsetzen, und schon kommen sie ein bißchen gucken. Aber vielleicht sind das ja die Nachwehen (Nachgeburt?) der unbefleckten Empfängnis, irgendwie so halt, ach ja: der irren, weil so reinen Natur ...

Andererseits nimmt das Formen an beziehungsweise Zahlen. — Sie liegen um einiges höher noch als gestern, nochmals eine Steigerung um ein Viertel, und auch heute sind sie schon wieder überdurchschnittlich angestiegen. Wobei die Zahl der Hängemattenbesucher konstant bei zweieinhalb bleibt, na ja, tatsächlich scheint der eine oder andere Musengestörte länger in einer Seite liegenzubleiben — aber wahrscheinlich ist er eingeschlafen über dieser ganzen Ruhe.

Aber irrtierend ist das durchaus. Habe ich was falsch gemacht? Hätte ich «Todestest» nicht zitieren dürfen? Oder am Ende gar «Wirtschaftssimulation»? — Die Glückspielbuden scheinen ja wieder ordentlich Zulauf zu haben. Und man will ja schließlich seinen Anteil abhaben an den Niederlagen. Wenigstens in der Simulation. Zu mehr reicht's halt nicht. Bei den Stundenlöhnen!
 
Sa, 04.07.2009 |  link | (864) | 6 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Aktuelles und Akutes



 

Tit(t)elei

Mit den Titeln steht und fällt alles, das weiß die ein- oder auch mehrschlägige Branche. Das dürfte mit der Grund dafür sein, daß die Inhalte häufig nicht mit dem übereinstimmen, was drinnen zu sehen (fleischlos), zu hören (saftlos) oder zu lesen (kraftlos) ist; je nach Gusto. Besonders zeichnet sich dabei die Abteilung aus, die für Übersetzungen zuständig ist — hier wird längst nichts mehr von Fachleuten erledigt, sondern von den PR-Windmachern (wenn sie's doch mal täten im sonnenglühenden Holstein, schließlich will ja auch die Wäsche trocknen).

Dabei ist nichts anderes passiert als das bei mir ansatzweise übliche, daß (m)ein Textlein inhaltlich bestätigt worden wäre: Natur haben sie gelesen, vermutlich in der Großausschlachtungsapparatur mit dem Guglhupf im Banner, und dann auch noch irre, was ja gemeinhin als eine positive Wertung erkannt wird, worauf sie alle losgerannt sind in der Hoffnung, das letzte freie Stück, das der Herr Gott nur für sie übriggelassen haben könnte, zu ergattern. Möglicherweise auch noch als irres Schnäppchen. Man ist ja schließlich nicht blöd. Irre. Vor allem die Zahl, die meine Hochrechungsmaschine ausgespuckt hat: die für meine Kleinauflagenpublikation von geradezu unheimlich vielen Guckern. Die gestrige Zahl entspricht in etwa dem vier- bis fünffachen Wert gegenüber meinem sonstigen kleinen Alltag; manch einer würde ihn trist nennen, aber er ist lediglich ein stiller, da mir diejenigen angenehmer sind, die bei ihren Besuchen ein wenig verweilen, da sie eben nicht die Irre Natur suchen, sondern sich bei mir auch schonmal in die Hängematte legen.

Und auch stetig wiederkommen wie die- oder derjenige aus Mountain View im sonnigen California (als ob sie eine andere, vielleicht weniger grelle Beleuchtung suchten als die dortige) und von denen ich nur zu gerne wüßte, wer sie sind — vielleicht gibt man sich ja mal zu erkennen, und sei es anonym. Meine Presseabteilung will ja auch mal was anderes tun als immer nur Wäsche waschen.

Zu erkennen gegeben hat sich auf jeden Fall Radio France. Es schickt mir mittlerweile deutschsprachige Publicité auf den Schirm. Na ja, jedenfalls das, was die französische Generation Praktikum in Paris für deutschsprachig hält. Aber sonderlich von Bedeutung ist's ohnehin nicht, da sie sich zum einen geradezu vornehm zurückhaltend gibt und nur einmal kurz aufblitzt, wenn ich sie einschalte, die france musique, denn anschließend verschwindet sie sofort wieder unter meinem tittelfreien Schutzumschlag. Die Publicité, nicht der Wohlklang.

Nehmen Sie der Todestest
Preisgekrönte Wirtschaftssimulation (unter écouter le direct – neudeutsch: live hearing)

 
Fr, 03.07.2009 |  link | (2640) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Seltsamkeiten



 

Irre Natur

Ich habe von jeher einen leichten Hang, mich mit Menschen zu umgeben, die von anderen gerne als irre bezeichnet werden. Künstler beispielsweise. Zu dieser seltsamen Species zählte auch der promovierte Psychologe, den die Liebe von Wien nach München und in geradezu unausweichlich kerzengerader Folge in einen Familien-Corral getrieben hatte. Vier oder gar fünf Gründe also für den Irrsinn.

Dieser Irrsinnige kommentierte in den Achtzigern, als im der Klassik geweihten Isar-Athen die ersten Vorboten einer zeitgenössischen romantischen Sehnsucht nach freier Natur am weiß-blauen Himmel dräuten, dieses Phänomen gerne beiläufig aufklärerisch: Was brauch ich Natur? Ich hab doch den englischen Garten. Die meisten zuckten mehr oder minder höflich mit den Schultern, man wollte es sich schließlich mit diesem zwar irren Sympathischen oder andersrum, aber eben oder vielleicht deshalb Kopfgesteuerten aus ahnungsvollen Gründen nicht verderben. Einige lachten, da sie wußten, daß dieser Mensch selten einen Fuß vor seine Tür geschweige denn hineinsetzte in diesen Volkslustgarten, den auch sie in der Regel nur dann aufsuchten, um am Chinaturm eine Maß oder auch zwei, dann langsam der unausweichlichen Obstler wegen, weil's so besser rutscht, das Manna, lustig werdend, nicht zuletzt deshalb schließlich eine dritte zu sich zu nehmen. Aber tatsächlich verstanden hat den sarkastelnden Witz auch nach einer möglicherweise vierten Maß gar niemand nicht oder auch nicht mehr. Denn selbst, wenn man mit dem Radl da war, hieß das noch immer nicht zwingend, in des sehr frei oder auch sehr viel vogelwilder noch als die neuen Fauves arbeitenden Kreateurs Natur gewesen zu sein, selbst dann nicht, wenn man zuvor die Hirschau beradelt hatte.

An den irren Theo muß ich denken, wenn sie (jetzt wieder verstärkt wegen der schönsten Zeit des Jahres) unterwegs sind in Gottes freie Natur, die mittlerweile allumfassend behelmtem Rentnerformationen, gerne im Partnerlook auf zwei Rädern durch radwandergerecht aufbereitete Fluren und Auen oder nordisch skibestockt ab durch die Wälder, die sehr jugendlichen, überwiegend mittelständischen Pulks in der Anreise in ihren hier einmal sinnvoll genutzten, da ansonsten überwiegend vor Restaurants stehenden geländegängigen Fahrzeugen ohne jeden Krisenkratzer hin zum reißenden Gebirgsbach, der leicht entschärft wurde, um beim Rafting die Gefahren des Überboardings zu mindern.

Irgendwann kam mir zu Ohren, er sei entmündigt worden, der Theo. Ob es tatsächlich so war oder nicht, entzieht sich meiner Kenntnis. Sollte es jedoch so gewesen sein, dann geschah es sicherlich wegen seiner überstrapazierten Narretei, die Natur in ihrer Freiheit zu leugnen, wider jede Glaubensvernunft.
 
Do, 02.07.2009 |  link | (3422) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Ansichten



 







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Jean Stubenzweig motzt hier seit 6291 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 07.09.2024, 02:00



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