Tizianisches Nicht nur italienische Küche (die ja die Urmutter der französischen ist) erfreut mich, auch Post aus diesem eigentlich ja großartigen Land mit wunderbaren liebenswürdigen und phantasiereichen Menschen, die aktuell zumindest für ein paar Tage bemüht sind, mittels schönem Schein in die bewegten und bewegenden Künste zu verdrängen, wen es sich da zum zweiten Mal zum Führer gewählt hat und, weiß man's, es wohl noch ein drittes Mal zu tun bereit ist, selbst dann, wenn man ihn, wie Frau Braggelmann es vermutlich ausdrücken würde, den nur noch aus Fäden zurückliegender Schönheitsoperationen zusammengehaltenen Fighetto mit der Sackkarre auf die Bühne nottransportieren muß. Ich begreife das bis heute nicht und reihe mich deshalb ebenso ein in den probaten Verdrängungsreigen mittels reiner Schönheit — ich denke einfach an Tizian*. ![]() *Vor einigen Jahren hatte ein Herr eine Verabredung mit einer Dame. Wie aber, fragte er sie, woran solle er sie erkennen? Da sie sich ohnehin in einem Museum begegnen würden, war ihre Antwort am Telephon, solle er doch einfach in der Kunst bleiben, beispielsweise an Tizian denken.
Konstante Bewegung Der hiesige Automobilist sitzt in einem faradayschen Käfig, in dem ihn kein noch so heftiges Verkehrsgewitter erreicht, geschweige denn ein Blitz in ihn hineinfährt. Nein, es erreicht ihn nicht nur nichts, er nimmt es gar nicht wahr. Verständlich, es kann ihm ja nichts passieren, es wird ihm schließlich immer wieder in Erinnerung gebracht in der monatlichen Autofahrersendung seiner bevorzugten Informationsanstalt oder im abonnierten Fachmagazin für automotorige und sportliche Beförderungstechnik, daß er das mal in der Schule gelernt hat. So fährt er seine Richtung, was auch immer um ihn herum geschehen mag. Da mag es noch so krachen und tosen neben oder hinter ihm, seine Zielgerichtetheit, das stetige, also nie überhastete Streben nach vorn zeichnet ihn vor allem beim Pilotieren seiner liebsten Freizeitbeschäftigung aus. Befindet er sich mit seinem Fahrzeug einmal auf der linken Spur der Autobahn, auf die er sich ordnungsgemäß hingeblinkt hat, ohne dem nachfolgenden Verkehr allzuviel Beachtung zu schenken, was ja auch nicht erforderlich ist, hat er sich doch an die Richtungsanzeigevorschrift gehalten, rollt er seines Weges, nur nicht zu schnell, es könnte ja die Schadstoffausstoßbilanz oder die Tankrechnung erhöhen. Ob andere Verkehrsteilnehmer wieder andere auch mal überholen und deshalb die Spur wechseln möchten, das registriert sein tranquiliertes Wahrnehmungsvermögen nicht. Zudem hat ihn mittlerweile sein Lieblingsautomobilclub, der vor noch gar nicht so langer Zeit die freie Fahrt für freie Bürger in Maximalform proklamierte und der ihm deshalb wohl bekannter ist als jede politische Partei, gelehrt: Jedes Gasgeben kostet Benzin. Und bei den Kosten ist er nunmal empfindlich, der Autofahrer. Weshalb er es rollen läßt, sein mittelklassiges Gefährt für dreißig- oder vierzigtausend Euro. Er schaut nicht nach rechts, nicht nach links, nicht nach hinten, wozu er sich nicht einmal umdrehen müßte, sein Blick ist geradeaus gerichtet. Auch an Einfahrten zur Autobahn könnte ein allzu heftiger Lastwechsel die Öko-, vor allem aber wohl die Finanzbilanz negativ beeinflussen. Und da er auch hierbei immer nach vorn und sonst nirgendwohin blickt und er es in seiner Stetigkeit nicht sonderlich eilig hat, nutzt er den Eigenschwung seines Autos und läßt es laufen, so mit siebzig, vielleicht achtzig Sachen, bis er sich irgendwann im Verkehrsfluß befindet. Egal, was kommt. Die anderen werden schon nichts falsch machen. Den Schwung nimmt er später mit auf die Landstraße. Achtzig Kilometer in der Stunde sind ja völlig ausreichend, und mit konstanten siebzig, darauf ist er stolz, verhindert er den CO²-Kollaps, den seine Bundeskanzlerin unbedingt vermeiden will (weshalb sie auch für Arbeitsplätze sorgt, indem sie die Produktion ausgesprochen sparsamer und kostengünstiger Automobile fördert). Diese für alle ausreichende Geschwindigkeit behält er bei, auch wenn auf der rechten Seite ein Ortschild auftaucht. Aber richtig, das sieht er ja nicht in seiner Geradeausrichtung, die eines der wesentlichen Merkmale seiner Mentalität darstellt. Nun ja, das kennt man von Frankreich auch. Auf Landstraßen darf dort maximal neunzig Stundenkilometer gefahren werden, die gerne auch in geschlossenen Ortschaften beibehalten wurden. Bis man die sogenannte Schikane erfunden hat. Die hat man, wie den Kreisverkehr, mittlerweile auch in deutsche Lande zuhauf eingeführt. Doch während man linksrheinisch wirklich abbremsen muß, um nicht auch ohne Abwrackpramie in der Schrottpresse zu landen, sind die rechtsrheinischen straßenplanerischen Mittel zur Geschwindigkeitsbegrenzung so ausgerichtet, daß garantiert nichts den Verkehrfluß hemmt. Die deutsche Schikane ist ein Diminutiv, nicht ernst gemeint. Die hinzukommende, wirklich drastische französische Bremse der oftmals doppelten Kontrolle innerhalb eines Dorfes mit gegebenenfalls erheblicher Geldstrafe ist ebenfalls entschärft. Das wäre dann ja auch Abzocke, die Polizei soll Verbrecher jagen und nicht harmlose Verkehrsteilnehmer. So geht's denn immer weiter, auch nach dem Ortsausgang rollt sich's immerzu so dahin. Man ist ja nicht in Eile. Sollen diese Wahnsinnigen doch überholen. Ach nein, daß es sich nach hinten kilometerlang staut, sieht er ja nicht, der vernünftige Autofahrer. Anhalten tut er nur, wenn irgendwo ganz viele Autos stehen. Das ist ihm ein untrügliches Zeichen dafür, daß es etwas Billiges geben muß. Was es ist, ob Obst oder Nippes, spielt keine Rolle, Hauptsache billig. Da muß verständlicherweise auch schonmal heftig die Geschwindigkeit reduziert werden. Abstand halten ist schließlich Vorschrift. Selber schuld. Ich muß ja nicht auch noch losfahren müssen, jetzt, nachdem während der Sommer-, also Hauptreisezeit auch noch der Umweltschutzgedanke mitfährt. In diese Phase hinein muß ich nun wirklich keine Termine machen. Außerdem könnte ich ja auch das Flugzeug nehmen. Um nach Posemuckel zu kommen.
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