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Als ein gesellschaftliches Problem erscheint mir zunächst, geschildert hier oder dort, ach, allerorten, daß alles in trockenen Tüchern schien. Alles ging seinen recht- und damit ordnungsgemäßen Gang. Es wäre nicht das erste Mal, daß Pläne, Planungen, Bauvorhaben et cetera in irgendwelchen Kellern (fern) der Öffentlichkeit präsentiert worden wären. Und auch hier unterlag offensichtlich alles (mehr oder minder) dem parlamentarischen und damit juristisch einwandfreien Procedere. Dafür oder auch dagegen an- oder vorzugehen ist die ausführende Gewalt Polizei nun aufgefordert, und die tut nun das, wie ihr von oben, ihrem Arbeitgeber, letztendlich der Bundesrepublik Deutschland, befohlen. Inwieweit solche Maßnahmen erforderlich, gegebenenfalls notwendig oder irgendwelchen Hier-oder-da-Demonstrationen zuträglich sind, das steht auf einem anderen, durchaus auch von den Medien mit zu verantwortenden politischen Blatt Aber festzustellen ist: Da haben ein paar Menschen etwas arg vertrödelt. Möglicherweise unter anderem diejenigen, die nun laut und stark tuend dagegen sind und sich (sowie andere) dabei sogar in die (populäre) Forderung nach einem Volksentscheid stürzen. Zur aktiv gelebten Demokratie, also neuerer Zeit, nenne ich deren Beginn mal die späten sechziger und deren Inkraftreten die achtziger Jahre, gehört auch, über aktuelle Verfahren informiert zu sein. Zumindest für Menschen, die ohnehin teilnehmen an den politischen Geschehnissen. Und das dürften nicht wenige sein unter denjenigen, die nun so tun, als ob das alles gottgesandt sei, also aus (un-)heiterem Himmel käme. Ich mißbillige die Ereignisse in Stuttgart. Schrecklich finde ich sie. In jeder Hin- oder Ansicht. Aber ich kann diese unsäglichen (Ver-)Pennereien ebensowenig ausstehen, die solche gesellschaftlchen Zustände erst herbeiführen. Meine Vorstellung von aktiver Demokratie ist diejenige, eine solche Politik erst gar nicht in ihr Amt zu wählen, zumindest dann auf die Straße zu gehen, bevor Gesetze — möglicherweise gar an darüberstehenden Gremien vorbei — in Kraft getreten werden. Also, das war's von meiner Seite aus mal wieder spät am Abend und überhaupt politisch. Ich ziehe mich zurück auf den 14. Juli.
Jean-Baptiste Grenouille ![]() Geboren ist er «ohne Geruch am stinkendsten Ort der Welt, stammend aus Abfall, Kot und Verwesung», er ist «klein gebuckelt, hinkend, häßiich, gemieden, ein Scheusal innen wie außen». Entschlüpft ist er dem Leib einer jungen Frau, «gerade Mitte zwanzig, die noch ganz hübsch ausssah und noch fast alle Zähne im Munde hatte und auf dem Kopf noch etwas Haar und außer der Gicht und der Syphilis und einer leichten Schwindsucht keine ernsthafte Krankheit». Dieser Jean-Baptiste Grenouille hatte «eine Macht, die stärker war als die Macht des Geldes oder die Macht des Terrors oder die Macht des Todes: die unüberwindliche Macht, den Menschen Liebe einzuflößen». Dennoch hätte er sie «am liebsten alle vom Erdboden vertilgt, die stupiden, stinkenden, erotisierten Menschen». Doch das war beileibe nicht der Grund für sein planvolles ja systematisches Morden, dem mehr als zwei Dutzend Jungfrauen zum Opfer fielen, alle gerade kurz vor der vollen Blüte und von der duften Vollkommenheit der Laure Richis, «gerade sechzehn Jahre alt, mit dunkelroten Haaren und grünen Augen», mit einem «so entzückenden Gesicht, daß Besucher jeden Alters und Geschlechts augenblicks erstarrten und den Blick nicht mehr von ihr nehmen konnten». Sein Meucheln hatte jedoch nicht etwa Lüsternheit als Ursache, sondern jene Macht, die er einmal nur testete, allerdings mit einem phänomenalen, geradezu orgiastischen Erfolg — um dann einen Tod zu sterben, den wir alle uns so wünschen, nämlich aus Liebe aufgefressen zu werden. Dieser seinerzeit grandiose Wurf eines Romanerstlings hat den Redakteur einer Leseseite damals sogar dazu bewegt, ein etwa zu gleicher Zeit erschienenes Buch von Joseph von Westphalen (ich komme darauf zurück) in den Stehsatz zu befördern. Diese Riechorgie, hieß es dann, «dürfte für lange Zeit Spuren von Lesewonnen in den Gesichtern selbst abgebrühtester Literaturkenner hinterlassen. Denn Jean-Baptiste Grenouille alias Patrick Süskind hat aus den auserlesensten Ingredienzien der Erzählkunst einen Flakon voll des feinsten Lesedufts komponiert — ein Parfum, das die Macht einer Droge hat.» Nun ja, der Geruch hat nicht mehr die Intensität der Buchmessenvorzeit von 1985, aber nur nach dem Dachboden der in feucht gewordene Kartons der ausgelagerten Literatur riecht der Roman auch nach so langer Zeit nicht unbedingt. Zwar veränderte die Nase nicht mehr so ganz hektisch ständig die Wahrnehmungsrichtung, aber das Jacobsen-Organ hat immer noch ordentlich was zu schnuppern gehabt. Patrick Süskind: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Herbert Huber hat den Roman erläutert und eine Materialsammlung hinzugefügt. Und hier wird geschlemmt.
Literatur unterm Zwetschgendatschibaum ![]() Wenn auch in der Frühphase, als die Sonne noch jung und frisch war. Aber auf jeden Fall Herrn Nnier zugeeignet. Deshalb: «[... köstlichstes, nicht mehr grünes, sondern gelbliches Fruchtfleisch wölbt sich einem da entgegen, dass es eine Freude ist, wunderbar straff ist es, nicht mehr hart und noch nicht weich, und noch kein einziger Parasit entweihte das herrliche Innere dieser formvollendet prallen Gottesgeschöpfe [...].»
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