Land und Leben



Soeben wiederentdeckt in meinem (analogen Kunst-)Poesie-Album. Ausgelöst wurde die Bildsuche nach einem sozusagen beiläufigen Telephongespräch mit Frau Braggelmann, Urheberin der obigen Symptom-Darstellung und Fachfrau für Epide- und Pandämien sowie sonstige Schweinereien, über das Noro-Virus, das nicht nur erhebliches Schlafbedürfnis erklärt.

Gute Nacht.
 
Sa, 20.11.2010 |  link | (2231) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Land.Leben



 

Warmer Novemberschauer

«[...] Es kann vieles sein. Und, ja, es ist auch viel. Viel gewesen, vor allem. Vergangenheit überall. Solange der Mensch lebt, produziert er Vergangenheit. Und je mehr Menschen auf der Erde leben, desto mehr Vergangenheit ist in der Welt. Eine mächtige Überproduktion. Man weiss nicht mehr wohin mit all der vielen Vergangenheit. Deponien, groß wie Kontinente, bedecken die Kontinente: VERGANGENHEIT! [...]»
Andreas Glumm: Herbst in Germanien
 
Do, 18.11.2010 |  link | (1137) | 13 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Fundsachen



 

Macht hoch die Tür, das Tor macht weit ...

Wie immer zu spät: Nachgeklappere zum Tag aller Tage, dem Nineeleven oder mein 11.11.

Den Stau habe ich noch recht gut in Erinnerung: Die Überfahrt von Stralsund nach Rügen. Es war kurz nach der Übernahme der Deutschen Demokratischen Republik durch das bundesrepublikanische Kapital und das französische Schmieröl. Alle Schleusen waren sozusagen geöffnet. In alle Himmels-Richtungen. Die einen holten die letzten Kanister zweigetakteter Energiespender aus dem Keller, um sich bei Hof oder anderswo Bananen zwischen Scheibenwischer und Windschutzscheibe von Trabant oder Wartburg klemmen zu lassen oder in Neuschwanstein die Italiener, Japaner (oder wie diese ganzen Preußen sonst alle noch heißen) in die Flucht zu schlagen. Die anderen packten den Tiger oder sonstwas in den Tank und stellten ihre mittelklassigen (Protz-)Karossen in DDR-Engpässen ebenso ab wie am Brandenburger Tor — oder eben dem Rügendamm. Die einen flohen in den Westen, die anderen in den Osten. Auch ich gehörte zu diesen wendehalsischen Richtungswechslern.

Jahr(zehnt)elang war man der Kosten wegen (geil hatte damals noch eine ganz andere Bedeutung als Geiz; auf letzteres hatten wir keine Lust) via DDR gen Skandinavien gereist, um sich mithilfe einiger zwischen den Rücksitzen versteckten Flaschen GaBiKo (das steht nicht etwa für ein Internetforum oder eine Firma aus dem schweizerischen Zug, sondern schlicht für Ganz Billiger Korn) aus den auch damals schon real existierenden, ganz unten angesiedelten Sortimentern zwei Wochen lang gemeinsam mit den Numminens oder Kaurismäkis dem Land die tausend Seen leerzusaufen. Startrampe war für uns Berliner jedweder Herkunft Saßnitz, ganz oben auf Rügen gelegen. Und um dort hinzugelangen, mußte man eben durch die DDR. Aber Abweichlertum wurde so heftig geahndet, wie man es vom ostdeutschen Büttel der sowjetischen Kommunismusinterpretatoren gewohnt war. Wegen Spionage, am Ende gar für den kapitalistischen Westen, in Bautzen gezüchtigt zu werden, das wollte man dann doch lieber nicht riskieren. Also blieb man vorsichtshalber auf der sogenannten Transitstrecke, bloß keine Reifenbreite vom für Wessis mit Westgeld planierten Trampelpfad runter! Doch als die Schlagbäume hochgegangen waren, da war kein (An-)Halten mehr. Endlich mal rechts oder links rausdürfen, ohne gleich wegen politischer Umtriebe weggesperrt zu werden, nur weil man sein Wasser mal an einem anderen Baum abschlagen wollte. Endlich mal durch die schier endlosen Kohlfelder streifen dürfen und den Myriaden von Faltern dabei zuschauen, wie sie im Vorfeld so eine Ostjahresproduktion Sauerkraut wegfressen.

Photographie: äquinoktium CC

Man wurde (aus mit den Jahrzehnten gewachsener Horch- und Guck-Tradition?) schon arg beäugt zu Beginn der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Weniger von den Kohlweißlingen. Denen war es vermutlich egal, mit welcher Kraftfahrzeugmarke man ihre Insel verpestete. Aber mit so einer Untertürkheimer Bonzenschüssel! Das war fast so unangenehm wie in Südfrankreich, wo zu dieser Zeit der Anblick eines solchen Gefährts auch schonmal eine sich eben anbahnende Freundschaft im Keim ersticken konnte. Seltsam berührt schauten beileibe nicht nur diese vermutlich dreißig Jahre zuvor in einem alten Gehöft abgestellten und vergessenen Debilen, bei denen man (unter Benutzung der Straßenkarten des Großdeutschen Reiches, die, wenn ich mich recht erinnere, vom Billigheimer der älteren Rechte auf den Markt gekippt worden waren) gelandet war. Auch der scheinbar richtig im Koppe gelagerte Ossi setzte sich in der HO-Gaststätte — beim durchaus wohlschmeckenden güldenen Broiler (mittlerweile, in EU-Norm: BrEUler) für Mark einsfünfundneunzig (West!) — vorsichtshalber mal ein Stuhl weiter. Er hatte unsereins nämlich aus der Edelkarosse steigen sehen. Denn für die Neubundesbürger reichten sämtliche von jedem erdenklichen Verwandtschaftsteil zusammengepumpte Ostmark (eins zu eins für Westmark) letztendlich dann gerademal doch nur für einen zehn oder mehr Jahre alten Opel oder, als quasi zenitischen Fall, BMW, der dann eben in der Regel auf der eilends geradeausgeflickten Piste nach Bergen (auf Rügen) gegen einen der noch zahlreichen Bäume hochkant gelehnt wurde; man fuhr diese Geräte eben so, wie man es von Trabbi und Wartburg her gewohnt war: das Gaspedal immer bis zur Bodenplaste durchgetreten.

Aber zuvor mußte man eben von Stralsund aus über den Rügendamm. Und über den wollten noch andere Wessis, die den Ossis eben mal ihre dicken Westautos und ihre prallgefüllten Patten zeigen wollten. Also war es eng im Nadelöhr Rügendamm. Aber das ist Historie: längst hat ja der Aufbau Ost eine Furt über das Mare Balticum gefunden.
 
Fr, 12.11.2010 |  link | (3016) | 13 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Unterwegs



 







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