Ichsucht

Die Formel dieser Zeit des Kapitalismus, auf die es im Zusammenhang mit den Tatsachen ankommt, lautet: das Geld ist das Maß aller Dinge. Ihr negativer Ausdruck heißt: das menschliche Tun trägt kein Maß mehr in sich. Worte über ihre weitreichende Berechtigung sind überflüssig; sie ist oft genug erörtert worden. Ich möchte nur hervorheben, wie sehr heute der «Erfolg» sogar für das «Verständnis» entscheidet, unter besten Menschen.

Wichtiger erscheint es, das Positive, man zögere nicht zu sagen: das Gute, hervorzuheben, das in diesem Zustand liegt. Es ist die kräftigste und die elastischeste Organisationsform, welche die Menschen bisher erreicht haben. Es ist in diesem Zusammenhang aber nichts als eine Ichsucht; die ungeheuerlichste Organisation der Ichsucht, nach der Rangordnung der Kräfte, Geld zu schaffen. Bei dem Mangel jeder gültigen anderen Rangordnung ist es geradezu unentbehrlich: Wo das Geld nicht ordnet — wie etwa in der Beamtenhierarchie oder in der akademischen — dort springen sofort Nepotismus und Protektionswesen ein. Würde heute das Geld abgeschafft, so würde dadurch nicht berührt «die Übermacht dessen, der Vorteile zu vergeben hat».


Aus dem Essay Der deutsche Mensch als Symptom von Robert Musil, 1923. Im tazblog vom 2. Oktober 2008 steht ein längerer Auszug.
 
Di, 21.10.2008 |  link | (509) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Fundsachen














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Jean Stubenzweig motzt hier seit 6025 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 07.09.2024, 02:00



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