Internationale Briefe

Darauf gekommen bin ich durch eine der flammenden Reden gegen die Volksverdummung der hartlinigen «göttlichen Jungfrau Einemaria». So ein bißchen vierbuchstäbig plakativ mag der Titel ja sein, er entspricht nicht unbedingt meinem sicherlich etwas seligen, also moderaten Verlangen nach Aufklärung, aber auch ich sehe manchmal ein, daß es notwendig sein könnte, dem gerne wegsehenden Volk wegweisend zwischen die Hörner dreschen zu müssen, auf daß es lerne, wo's langgeht: Dönerterror — Totet Kinder und Frauen. Geschrieben hatte ich ihm: «Ich verdaue noch heute an der der wohlgesonnenen Vita-Zeichnung, die vom Friedensnobelengel Henry Kissinger hergestellt wurde. Bis ich vor etwa zwölf Jahren in Le Monde diplomatique über die Machenschaften dieses Kriegstreibers las (ich schaue mal, ob ich's in meinem Archiv wiederfinde; aber Sie kennen's wahrscheinlich ohnehin).» Aber es war nicht das französische Blatt, das in Übersetzung sowohl der schweizerischen WOZ als auch der deutschen taz (der Hans Pfitzinger bis zu seiner Seligkeit seine herzblütige Kritik widmete und die von anderen unter dessen Namen beziehungsweise unter Pfitzinger's Social Media Welt sozusagen unterirdisch weitergeführt wird) beiliegt, dem ich dieses Wissen entnahm, um es innerhalb meiner sentimentalen Reise Zwei Tage unter dem Liebesbrief Alles friedlich ... hier der Öffentlichkeit preiszugeben. Weblogs gab es zu dieser Zeit noch längst nicht, jedenfalls nicht im heutigen Ausmaß, über die man in der Lage gewesen wäre, an Informationen zu gelangen, die über das hinausgehen, was Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen zu tagwacher Zeit bieten, wobei letztere nicht einmal im Redaktionstraum daran dächten, all das an Wissen zu veröffentlichen, über das sie tatsächlich verfügen. Es könnte einen potentiellen Anzeigenkunden zurückschrecken lassen, einen angestammten gar verjagen oder aber, was sich als ärgste Sünde herausstellen könnte, die demokratisch gewählten Monarchen verärgern. Das ist in Deutschland so wie in Frankreich oder anderswo. Man erzähle mir nichts von redaktioneller Unabhängigkeit, ich war lange genug dabei. Und daran hat sich nichts geändert, schon gar nicht in diesen Zeiten, in denen vor allem die Blätter medaillisch so glänzen wie aktuell in London.

Das war auch vor rund zehn Jahren so unterschiedlich nicht zum aktuellen Stand. Wer tiefer einsteigen, mehr wissen wollte über Hintergründe, Ursachen und Wirkungen, der war nicht in der Lage, dem abonnierten Provinzblatt Tiefgeschürftes zu entnehmen, und auch bei Rundfunk und Fernsehen war man gezwungen, sich dann zuzuschalten, wenn die Allgemeinheit, wenn die Werktätigen längst schliefen, um am nächsten Tag ihre Arbeitskraft vollumfänglich, mittlerweile noch weitaus vollumfänglicher als vor etwa zwölf Jahren so preiswert als möglich denen zur Verfügung zu stellen, und sei es durch jahrelange Praktika oder kapitalschonende Zeitarbeit.

Seinerzeit bot das Internet längst noch nicht die heutige Informationsflut, in der heutzutage die meisten überdies zu ersaufen drohen, weshalb sie die Möglichkeiten, mehr über die Welt und damit sich zu erfahren, erst gar nicht nutzen. Um die Jahrtausendwende noch waren diejenigen, die mehr wissen wollten, auf weiterführende Literatur angewiesen. Ich gehörte dabei glücklicherweise denen an, die Zugang zu Archiven hatten, in denen nicht nur gewissenhafte und durchblickende Mitarbeiter manchmal eine Vorauswahl an Artikeln oder oder auch Buchtiteln trafen, die bei einer Recherche weiterhalfen, sondern die oftmals auch Zeitschriften im Abonnement führten, die einem Orientierungen lieferten, wo man weiter suchen könnte bei seinen archäologischen Ausgrabungen der Geschichte machenden Ereignisse.

Lettre Internationale, die 1984 von Antonín Jaroslav Liehm in Paris gegründete Zeitschrift, gehörte zu meinen Wegweisern, 1988 kam die deutschsprachige, die deutsche, von Frank Berberich auf den Weg gebrachte Ausgabe hinzu. Das Original ist tot, die deutschen, italienischen, rumänischen, spanischen und ungarischen Ableger leben (noch?). Es gilt, sie am Leben zu erhalten. Denn sie waren es, die einen Großteil dessen, das wir in die Jahre Gekommenen wissen, in das hineingearbeitet haben (Schlußkorrektur durch Lettre), was wir auch an Jüngere weitergegeben haben und das zu weiten Teilen auch im Internet immer wieder durchschillert wie das Goethe-Denkmal im lieblichen Vorgarten zu Weimar. Da ich durch und durch deutsch durchkulturalisiert (Endkorrektur durch Lettre) bin, ist mir am Erhalt der hiesigen Ausgabe gelegen, zumal die französische das Zeitliche gesegnet hat. Deshalb rufe ich, als wär's meine eigene flammende Rede, das hinaus, was zwar jeder anklickend nachlesen könnte, es aber in der Regel nicht tut.

Soeben wurde ich gebeten, noch bis nächste Woche mit der Veröffentlichung zu warten, da die Entscheider sich noch im Urlaub befänden. Er sei ihnen gegönnt. Ich aber mag nicht warten. Wer weiß, welch neuerliches Zipperlein mich bis dahin ereilt hat und mich von der Tastatur fernhält. Außerdem bin ich ein ungeduldiger Mensch, der seine gerade in die Denkmaschine übertragenen Gedanken auch in die Welt hinausposaunen will. So bleibt mir, nur ein Fitzelchen zu zitieren:
Im Land der Dichter und Denker ist es ausgerechnet die Zirkulation von Ideen, Analysen, Beschreibungen und Reflexionen, für die im Unterschied zu fast allen anderen Formen der Kunst und Kultur keine systematische Förderung der notwendigen Infrastruktur vorgesehen ist. Die wenigen Möglichkeiten, die es gibt, um eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zu erhalten, zeichnen sich durch weitgehende Intransparenz hinsichtlich vorhandener Mittel, Vergabekriterien, Jurybesetzung und Entscheidungsprozesse aus.
Lettre International
und die Bitte, anzuklicken: Unterstützung für Lettre

«Spenden sind zur Zeit steuerlich nicht abzugsfähig.» Das ist schließlich keine Partei. Da mag das Blatt auch noch so Partei ergreifen. In mir keimt die Überlegung, Lettre International testamentarisch zu umarmen. Für erste hab' ich mal ein Abonnement verschenkt. Zum Erhalt von Dichtung und Wahrheit.

Außerdem muß der Rentner aufs Nickerchensofa.
 
Di, 31.07.2012 |  link | (4123) | 14 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Kopfkino


einemaria   (31.07.12, 23:22)   (link)  
Das ist wirklich schön,
daß Sie jenes plakativ Scheußliche - es heißt wohlweislich "totet", nicht "tötet", vielleicht wird der Umlaut ja auf französischen Bildschirmen falsch abgebildet - in genau jenes verwandelt haben, das es auch sein soll. Im Begriff der "Totung" steckt auch die Liebe und Menschlichkeit als Widerbild.

Lettre International ist Teil dieser schönen Welt die durch Häßlichkeiten wie Staatsterrorismus und ähnliches nur noch strahlender leuchten und im Format größer wirken. Mit der sehr politisch orientierten le monde diplomatique ist es einer jener wenigen Sterne, die unsere bewölkte Medienlandschaft noch zu durchleuchten wissen.

PS: Wie klein und unwichtig erscheint ein Text über das Böse im Vergleich zu den literarischen Großartigkeiten, die sich an das Gute und Schöne heranwagen. So frühlingsgrün meine Links auch aussehen mögen, wird sich dennoch bald niemand mehr auf mein Blog verirren, wenn es weiterhin vom Inhalt her so schwarz eingefärbt wird.


enzoo   (01.08.12, 10:04)   (link)  
ich wurde
nicht gebeten, mit der bestellung noch bis nächste woche zu warten, also habe ich gleich meine hefte geordert.

(man verfügt über einen ausgezeichneten webshop da. das macht gleich zusätzlich freude, wenn man diesbezüglich gesehen hat, was ich als viel-im-internet-besteller schon gesehen habe, "grosse" firmen nicht ausgenommen)


jean stubenzweig   (01.08.12, 14:06)   (link)  
Webshop, na ja.
Meinen Sie die ganzen Reiseführer und die vier Bildchen von Baselitz über Immendorf, Paladino und Penck? Na gut, ein bißchen mehr gibt's noch, da wären Mamma Roma, Rocco und seine Brüder und auch The Doors – when you're Strange. Es gibt aber auch: keine Prämie. Die habe ich genommen, als ich gestern ein Abonnement verschenkt habe. Die haben doch ohnehin kein Geld. Aber ich habe mir immerhin erlaubt, den Paladino als Grußkarte mit versenden zu lassen, da ich wußte, wenigstens mit dem eine Freude machen zu können. Die Hefte werden vermutlich bei mir landen, alleine weil es an Zeit mangeln dürfte. Da hat ja in der Regel ein Artikel die Länge, die andere mit Büchern nicht verbringen. « Zeichenanzahl Exzerpt: 12.794 von 61.414 Zeichen» heißt es alleine bei Gesetze des Verbrechens oder «8.221 von 61.251 Zeichen» bei So hoch ihr Stern ... Ein Rumoren unbekannter Dinge. Von Körper und Seele Marilyn Monroes. Zum Vergleich für diejenigen, denen diese Rechnungsweise nicht so bekannt ist: Meine quantitativ nicht eben zurückhaltenden, also bleiwüstigen Ergüsse zur Kunst überschreiten als Aufsatz in der Regel nicht die Grenze zu 25.000 Zeichen, weil wir schließlich die Geduld der Leser nicht überstrapazieren wollen. Der dritte Teil des SZ-Leitartikels zum Herrn der Ringe in der Süddeutschen umfaßt rund 5.000, als ich noch für Zeitungen zugange war, waren 3.600 Zeichen bereits Riesenriemen, das entspricht ziemlich genau vier Minuten beim Rundfunk.

Aber Sie werden lesen, das weiß ich. Und mich freut es ungemein, daß Sie zugegriffen haben, nicht nur zum vorderscheinigen Erhalt von Dichtung und Wahrheit, sondern weil Sie wissen, daß die Suche danach auch von Unterhaltung mitgeprägt sein kann oder es sogar überhaupt sind. Darauf komme ich in meinem heutigen Wort zum Mittwoch oder August noch zurück (etwa 8.000 Zeichen, also nicht übermäßig lang). Ich wünsche Ihnen jedenfalls gute Unterhaltung. Auch wenn's einem dabei bisweilen den Kopf verdrehen und auch schon mal den Magen umdrehen kann. Ich weiß, wovon die Rede ist, bin ich doch von Anfang an dabei, jedenfalls bei lettre internationale und auch international. Deshalb werde ich hier auch noch weiter unzulässige Werbung betreiben. Und wenn ich dafür rausgeschmissen werden sollte aus der Gemeinde. Dann ziehe ich eben ein Haus weiter.


einemaria   (01.08.12, 14:28)   (link)  
Sollten Sie deswegen gehen müssen, so gehe ich mit. (Hoffentlich wirkt das nicht kontraproduktiv auf Ihr Bleiben ;)


jean stubenzweig   (01.08.12, 15:32)   (link)  
Nochmal Achternbusch:
Vielleicht nicht so ganz genau, wie's im Film hieß: Dieses Land hat mich kaputtgemacht. Jetzt bleibe ich solange hier, bis man es ihm ansieht.


enzoo   (01.08.12, 17:04)   (link)  
ich meinte
das mit der qualität des webshops nicht, was das verkaufte sortiment anbelangt, sondern seine technische funktionsfähigkeit beim verkauf der hefte und seine geschmeidigkeit (ja, so heisst das in der tat bei uns IT-fritzen. als ob wir vor lauter plastik und alu, bits und bytes von "geschmeidig" wirklich eine ahnung hätten). da kommt einem im zuge des drittel- bis halblebens, das ich "im" internet verbringe, schon einiges an webshops unter, was technisch deutlich inferior ist zu dem bei den lettres gezeigten, auch bei denen, die die nötige gerste hätten, um einen ordentlichen virtuellen ladentisch zimmern und nicht nur die farbe ab und an erneuern zu lassen.

wenn ich es gleich so geschrieben hätte, hätte es auch verstanden werden können.

und geben sie bitte ihre neue adresse bekannt, falls sie verziehen!


jean stubenzweig   (01.08.12, 20:58)   (link)  
Ganz was anderes
ist das. Ich hätte mir das aber auch denken können, zumindest, daß es Ihnen nicht um dieses bißchen Web-Angebot geht. So ist es eher an mir, mich der Unaufmerksamkeit zu beschuldigen.

Ja, auch mir ist aufgefallen, wie aufgeräumt und übersichtlich klar auch dieser Bereich von Lettre International daherkommt. Beim Formularausfüllen hatte ich, der ich diesen Vorgang für eine Geisel der Menschheit halte, keinerlei Schwierigkeiten, fast war es eine Lust in seiner Einfachheit. Und obendrein gab es keinerlei Javascript- und Cookie-Kokolores. Das allein hat mich beeindruckt und einmal mehr den Beweis erbracht, daß es auch ohne dieses Gehample geht. Ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten, da ich mich höchst selten in dieser Art Internetgewusel herumtreibe. Aber wenn Sie als Fachmann von Geschmeidigkeit sprechen, dann weiß ich, was das Blatt auch in der digitalischen Präsenz hermacht. Angenehmerweise ist es inhaltlich alles andere als geschmeidig. Das zeichnet es aus. Sie werden's ja bald in der Hand halten. Die von mir Beschenkte hat's noch nicht, aber ich nehme an, daß es in den nächsten Tagen der Fall sein wird. Dabei fällt mir ein: Ich erhielt gestern auf meine «Nachdruck»-Bitte innerhalb einer Stunde Antwort, und das in der Urlaubszeit. Das hat selbst mich verblüfft.

Ich nehme nicht ernsthaft an, eine Abmahnung zu erhalten. Es wird also wohl kaum zu einem Umzug kommen. Blogger.de-Betreiber Dirk Olbertz wird zu unterscheiden wissen. Wäre es anders, dann hätte ich mich schon arg getäuscht.


enzoo   (02.08.12, 10:17)   (link)  
jedenfalls aber
ist es schönes beispiel dafür, wie man mit gleichen worten über das gleiche ding unterschiedliches meint.


jean stubenzweig   (02.08.12, 20:35)   (link)  
Ein Ei ist eben nicht
wie's andere. Auch wenn sie sich gleichen. Können Sie sich, ich gehe davon aus, daß auch Sie ein Maus-Kundiger sind, an die schöne Demonstration von Armin Maiwald erinnern, der den Unterschied zwischen dem Gleichen und dem Selben anhand des Ei-Beispiels zu verdeutlichen suchte? Viele lange Jahre habe ich das gemeinsam mit Freunden und Kollegen vielen klarzumachen versucht. Es hat nichts genutzt, auch dieser mein Weltrettungsversuch ist gescheitert. Heutzutage scheint dieser Unterschied nicht mehr zu existieren. Besonders scheinen akademisch vorgebildete Journalisten von öffentlich-rechtlichen Hochkulturanstalten das Immergleiche zu schätzen. Vom Selben wird kaum noch gesprochen. Dasselbe ist ohnehin tot.


enzoo   (03.08.12, 14:39)   (link)  
jetzt
haben sie mich aber wieder kalt erwischt! aber ich könnte mich damit ausreden, dass der lettres webshop auf ihrem mac-schirm und auf meinem panasonic-schirm eine andere darstellung und damit nur der gleiche ist und nicht der selbe; der selbe ist er ja nicht mal, wenn wir über dessen existenz als magnetisch verdrehte bits auf der festplatte des providers reden - oder höchstens solange, bis wir anfangen, produkte auszuwählen, denn dann ist ihr "warenkorb" ein anderer als meiner. und hat nicht auch die letzte rechtschreib-deformation schluss gemacht mit dem unterschied?

aber schon schön, wie sie mir das elegant "einidruckt" haben, wie man hier so sagt! zwinkerndegefühlsglyphe

ja und die maus, natürlich! "versucht mal zu zweit in die selbe hose zu steigen!" mit diesem bild vor augen sollte es ja dann bis zum lebensende klappen, aber wie man sieht ...


jean stubenzweig   (03.08.12, 16:54)   (link)  
So neben der Spur
kam mir das nicht einmal vor. Demzufolge mochte ich Ihnen auch gar keine einidruckn. Es war schlicht so, daß in mir die Assoziation zur Maus und damit zum Thema aufkam. Aber ich bereue es nicht, es dennoch erwähnt zu haben. Denn immerhin entstand daraus eine mindestens ebenso elegante Retourkutsche. Danke.


enzoo   (08.08.12, 14:10)   (link)  
jetzt
sind sie da, die hefte von lettre international, und haben in ihrer leibesfülle erst mal gar nicht den postkasten gepasst, was den postboten (sagen sie mal postbote ohne "o" - naja - "briefträger" halt), der zwar anscheinend adressen zu lesen vermag, nicht aber hinweise auf kuverts, und seien sie noch so gross geschrieben, dazu brachte, das kuvert entgegen der bitte darauf, dies nicht zu tun, in der mitte knickte und es daraufhin trotzdem nicht in den briefkasten passte, weil noch immer zu gross. während ich dies beobachtete und schon durch den garten eilte, um ihn daran zu hindern, die sendung zwecks weiterer devolumisierung anzuzünden um hernach die gesiebte asche in die posturne zu kehren, freute ich mich so über das große paket, dass ich mit einem freundlichen lächeln, das eines krokodiles würdig gewesen wäre, meinte, er solle das nächste mal, vielleicht, na sie wissen schon. hermes sah mich nur verdutzt an und meinte, ein grösserer briefkasten ginge auch, dabei ist unser firmenbriefkasten nun wirklich grösser der druchschnittliche - ach was, egal.

die zeitungen sind jedenfalls geknickt, und ich bin es auch. was haben sie da empfohlen, hr. stubenzweig!? wollte ich doch nur kurz durchblättern, blieb ich schon hängen ob der opulenz des dargebotenen und las und staunte erst mal eine viertelstunde lang. wissen sie, was das bedeutet? mein buchstapel wird sich an diesen letzten sommertagen, die ich nachmittäglich lesend auf der terrasse oder am pool zu verbringen gedenke, nicht verringern, noch dazu wo ich doch auf grund eines kürzlich gelesenen portraits von max frisch beschlossen habe, stiller und gantenbein und montauk, ja und auch dem homo faber mal wieder einen besuch abzustatten und diese bände daher aus dem bücherregal auf den stoss "ungelesenes" verfrachtete, in pole position, wie es nach den ein ms-spielen von london nun bald wieder in einer f1-arena ps-stark heissen wird. und nun diese hefte, was sage ich, geheftete plakate, vollgedruckt mit interessantem, aufregendem, hineinreissendem. um mindestens eine woche reisst mich das zurück!

(natürlich bin ich für den tipp dankbar! aber man wird doch noch ein wenig übertreiben dürfen!)


jean stubenzweig   (08.08.12, 16:12)   (link)  
Ich sitze dran,
an einer einzigen Geschichte aus dem neuesten Heft, die mich so beschäftigt, weil ich so ein im Hirn orientierungsloser Mensch bin. Dennoch lese die anderen immer wieder, ich habe gerade eine alte, wunderbar aktuelle aus dem Jahr 1999 (für Sie) entdeckt, diese Sehnsucht nach Differenz, mit der ich Sie von den geknickten Heften ablenke. Der Frisch läuft Ihnen nicht weg, den kennen Sie doch bereits, jetzt ist erstmal das Neue dran, auch wenn es wie alles andere längst gesagt ist. Das sei das Schöne an dieser einen, bestimmten Krankheit, sagte mir einst der Freund und Kollege selig, man lerne jeden Tag Neues, neue Leute kennen. Legen Sie diese ollen Stiller und Gantenbein und Montauk und auch den diesen Homo faber auf die Seite, die begegnen Ihnen doch wieder, auch wenn Sie sie nicht erkennen werden. Viel Spaß bei den internationalen Briefen. Ich schreibe, wie erwähnt, gerade wieder an einem, adressiert an Sie und andere.


jean stubenzweig   (13.08.12, 17:08)   (link)  
Unterstützung für
Lettre. Der Herausgeber* ist zurück aus dem Urlaub. Nachdem mir also die Kopie freundlicherweise genehmigt wurde, möchte ich's gerne nachgetragen haben, sagt dieser Text doch weitaus mehr aus als ein Bitten um Abonnenten, er beschreibt nämlich auch den Zustand im Land des Herrn Geheimraths, in dessen Namen und Nähe ständig ein Goethe-Denkmal durch die Bäume schillert.

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Hintergrund
Die wirtschaftliche Reproduktion anspruchsvoller unabhängiger Publikationen gehört zu den am schwierigsten zu bewerkstelligenden Herausforderungen im Kunst- und Kulturbereich überhaupt. Im Unterschied zu Oper und Theater, Ballett und Bildender Kunst, Museen und Ausstellungshallen, Musik und Literatur, die über Infrastrukturfinanzierung sowie Projektförderung zumeist umfangreiche öffentliche Subventionierung erfahren, gibt es in Deutschland keinerlei systematische Förderung zur Unterstützung von Zeitschriften, anders als etwa in Frankreich oder Spanien.

Im Land der Dichter und Denker ist es ausgerechnet die Zirkulation von Ideen, Analysen, Beschreibungen und Reflexionen, für die im Unterschied zu fast allen anderen Formen der Kunst und Kultur keine systematische Förderung der notwendigen Infrastruktur vorgesehen ist. Die wenigen Möglichkeiten, die es gibt, um eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zu erhalten, zeichnen sich durch weitgehende Intransparenz hinsichtlich vorhandener Mittel, Vergabekriterien, Jurybesetzung und Entscheidungsprozesse aus.

Hinzu kommt: Im Unterschied zu Buchverlagen, die finanzielle Unterstützung für Übersetzungen beantragen können, sind Zeitschriften fast ausnahmslos und a priori von dieser Art der Förderung ausgeschlossen. Zudem akkumulieren Zeitschriftenverlage so gut wie keine Rechte. Gemäß deutschem Urhebergesetz fallen Rechte an Texten wie auch an Übersetzungen nach einem Jahr an Autoren oder Übersetzer zurück. Jene Mischkalkulation, die eine Finanzierung aktueller Buchprojekte durch den Verkauf von Titeln aus der Backlist früherer Produktionen mit ermöglicht, kann bei Zeitschriftenverlagen demnach keine große Rolle spielen.

Die Etats der Bibliotheken für Abonnements neuer Zeitschriften sind durch Sparauflagen der öffentlichen Haushalte weitgehend ausgetrocknet.

Öffentlichkeitswirksame oder gar gut dotierte Preise und Auszeichnungen für Zeitschriften gibt es in Deutschland – im Unterschied etwa zu den USA – ebenfalls so gut wie nicht.

Zusätzlich problematisch wird das Überleben dadurch, daß immer wieder offen oder versteckt, direkt und mittelbar staatlich bzw. öffentlich subventionierte Zeitschriften als Wettbewerber auftreten und den unabhängigen Publikationen Abonnenten und Marktanteile im Anzeigenbereich streitig machen. (Sie können mit niedrigeren Copypreisen operieren, höhere Honorare an Autoren und Übersetzer zahlen usw., da ein Großteil ihrer Infrastruktur-, Produktions- und Personalkosten mittels Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln beglichen wird.)

Die ökonomische Erhaltung anspruchsvoller Zeitschriften ist also äußerst schwierig. Die vielen Titel, die ihr Erscheinen in den letzten Jahren einstellen mussten – Transatlantik, Literaturmagazin, Freibeuter, Kursbuch, um nur einige zu nennen – zeugen von diesen finanziellen Komplikationen. Ein begrenzter Markt und ein vor dem Hintergrund kleinerer Auflagen beschränktes Anzeigenaufkommen erfordern eine unablässige Überlebensakrobatik.

Copyright © 1988 - 2012 Lettre International. All rights reserved.

* Mir ist nicht klar, was Wikipedia-Autoren dazu bewegen könnte, eine solche Reihung bzw. Charakeristik vorzunehmen: «70-80 Prozent der Beiträge der deutschsprachigen Ausgabe kommen von Schriftstellern, Dichtern, Essayisten, Romanciers, Wissenschaftlern, Journalisten, Reportern, Intellektuellen, Künstlern und Fotografen aus aller Welt.» Was sind das anderes als eben Intellektuelle, folglich wohl solche Menschen, die kraft ihres Verstandes, also nicht so mit dem Bauch, zu unterscheiden vermögen?















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