Hohes Lied Des Weibes Leib ist ein Gedicht,Heinrich Heine Aus: Heinrich Heine Werke. Neue, reich illustrierte Prachtausgabe in einem Band, Verlag von Otto Maier, Leipzig 1901 5«Kein Stück des Buchs der Bücher hat so die Phantasie beflügelt wie das Lied der Lieder. Denn was kaum zu verstehen war, wie es ‹dastand›, wollte doch erklärt, mußte gerechtfertigt werden im Kanon der Schriften, nachdem es in ihn einmal hineingeraten war. Je unfaßbarer das Gemeinte (zumal im Zusammenhang), um so größer der Verdacht, es müßte um anderes gehen als an der Oberfläche erschien, um so dringender das Bedürfnis, sich von den Spuren im Text zu dem führen zu lassen, der sie hinterlassen hatte. Dabei lag die Schwierigkeit nicht einmal so sehr bei den doch zu vermutenden Löchern und Lücken, in die immer ein göttlicher Geheimnisträger einspringen konnte, sie lag vor allem in den Zumutungen dessen, was so unmißverständlich klar zu verstehen war, aber so doch nicht verstanden werden durfte: der schieren Erotik. Und gerade sie dürfte die nicht wahrgehabte Kraftquelle gewesen sein, aus der die Exzesse der Ausleger sich immer wieder, immer neu belebten.» Klaus Reichert Aus: Das Hohelied Salomos, übersetzt, transkribiert und kommentiert von Klaus Reichert (zweisprachig). 1996, Residenz Verlag, Salzburg und Wien. Das Buch ist vergriffen, bei dtv allerdings offensichtlich und glücklicherweise wieder erhältlich. Die Rechte von Albrecht Dürers Adam und Eva aus dem Jahr 1507 liegen beim © Museo Nacional del Prado.
Sie mögen's mir hoffentlich verzeihen...
...aber hier muss ich doch einmal mit Anakreon kontern. (An manchen Stellen scheint Heine abgeschrieben zu haben.)Male den Bathyll mir also, Meinen Liebling, wie ich sage. Salbenglanz gib seinen Haaren, Dunkelschattend nach dem Grunde, Außen aber Sonnenschimmer. Kunstlos nur gebunden, laß sie, Wie sie eben wollen, selber Sich in freie Locken legen; Und den zarten Schmelz der Stirne Schmücken dunkle Augenbrauen, Dunkler als des Drachen Farbe. Trotzig sei sein schwarzes Auge, Doch von fern ein Lächeln zeigend; Jenes nimm von Ares, dieses Von der lieblichen Kythere: Daß man, bange vor dem einen, Bei dem andern hoffen könne. Male seine Rosenwange Mit dem zarten Flaum der Quitte; Und sieh zu, daß sie das edle Rot der Scheu erkennen lasse. Seine Lippen - weil ich denn auch Selbst, wie du mir diese malest? Weich, von Überredung schwellend. Wisse kurz: Das Bild, es müsse Redsam selber sein im Schweigen! Unterm Kinn, da schließe zierlich, Wie ihn nicht Adonis hatte, Elfenbeinern sich der Hals an. Gib ihm Brust und beide Hände Von der Maia schönem Sohne, Leih ihm Polydeukes Schenkel, Bauch und Hüften ihm von Bakchos. Dann, ob jenen weichen Schenkeln, Jenen feuervollen, gib ihm Eine glatte Scham, die eben Aphrodites Freuden ahne. - Aber deine Kunst, wie neidisch! Kannst du ihn doch nicht vom Rücken Zeigen! Herrlich, wenn du's könntest! - Soll ich erst die Füße schildern? Nimm den Preis, den du verlangest, Und gib diesen Phöbus auf, mir Den Bathyll daraus zu bilden. Wirst du einst nach Samos kommen, Male nach Bathyll den Phöbus. Kein Ärgernis, eher Amusement
ist er und auch schön, dieser «Sängerwettstreit». Zumal wir wissen, daß auch vor Zeiten des Internets bereits abgeschrieben wurde. Allenfalls entgegnen könnte ich nun, wie undeutlich oder auch klarer es hierbei wird, wer von wem abgeschrieben hat. Nein, ich meine weniger Heine von Anakreon, sondern möglicherweise letzterer von Salomo, der ja etwas früher dran war.Dessen ins Ungefilterte übertragene, von keinem kirchlichen Moralitätsgewand züchtig bedeckten Verse waren zuvor in den Stein der Erotik gemeiselt worden. Deren außergewöhnlichen Feinheiten sind mir eben in Klaus Reicherts Buch zum ersten Mal richtig aufgefallen, zumal sie in hebräisch und deutsch veröffentlicht worden waren. Es ist weniger erheiternd, daß solche Bücher sich nicht so ewig am Markt halten wie die Geschichte im allgemeinen. Aber das ist wohl der Tatsache geschuldet, daß die Aufklärung zusehends einer seltsamen Kreativität weichen muß – die Sehnsucht wird's schon richten. Hinzu kommt ja, daß es ein kleiner Nachtrag zu Gute Hirten sein sollte bzw. zur Afrika-Reise des einen, der eine gut katholische bayerische Fürstin bestätigte, die mal meinte, sie täten ganz schön viel schnackeln, die da unten, und das sollten sie auch, aber gefälligst ohne Überzieher, denn das ganze Gesundheitswesen würde schließlich von Lieben Gott geregelt. Was er wiederum von Mutter Teresa weiß. 7 Ja sag mir du, den mein Atem liebt, wo wirst du weiden, wo lagern zu Mittag? Denn was soll ich wie eine Verhüllte sein, eine Schmachtende, um die Herden deiner Gefährten? 8 Weißt du's nicht, du Allerschönste unter den Frauen, geh nur den Spuren der Schafe und Ziegen nach und weide deine Zicklein bei den Hirtenzelten. 9 Einer Stute am Streitwagen Pharaos vergleiche ich dich, meine Liebste. 10 Zauberhaft — deine Wangen mit den Kettchen, dein Hals mit den Korallenschnüren. 11 Kettchen aus Gold machen wir für dich, gesprenkelt mit Silber. 12 Da der König um mich war, duftete meine Narde. 13 Ein Strauß Myrrhe ist mein Liebster, der zärtliche, mir, zwischen meinen Brüsten weilt er die Nacht. 14 Ein Büschel Zyperntrauben ist mein Liebster, der zärtliche, mir aus den Weinbergen von En-Gedi. 15 Sieh doch — schön bist du, meine Liebste, sieh doch — schön, Deine Blicke Tauben. 16 Sieh doch — schön bist du, mein Liebster, ja wie lieb, Unser Bett ja wie üppig grün. 17 Die Balken unseres Hauses — Zedern, unser Getäfel — Wacholder. Aus: Das Hohelied Salomos, übersetzt, transkribiert und kommentiert von Klaus Reichert (zweisprachig). 1996, Residenz Verlag, Salzburg und Wien. Das Buch ist vergriffen, gebraucht allerdings erhältlich.
Ganz ausgeschlossen ist es nicht, dass Anakreon das Hohelied kannte oder ähnliche Dichtung, lebte er doch lange Zeit an der kleinasiatischen Küste, die von den Persern heftig bedrängt wurde. Allerdings dürfte aus persischen Quellen wenig geflossen sein (da gab es nicht viel, was fließen konnte), eher aus phönizischen.
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