Träume verjagen

L'Abbaye de la Plété-Dieu l'Épau ist photographiert von christing-O- und steht unter CC.

Der Schlaf ist eine Mutter, der Traum ihr Gebieter.
Lars Gustafson (???)

Das wärmste Heilpflaster der Erde, der Schlaf, hat sich verschoben, und die Nachtluft der Erinnerung wehet wieder deine nackte Wunde an.
Jean Paul

Ich bin nur noch müde. So schlafe ich mich eben erstmal ein paar Tage aus. Hoffentlich ohne Träume. Und ohne Dachdecker. Die trampeln mir nämlich mittlerweile auch schon im Traum auf dem Kopf herum. Tag- und Nachtmahr das. Ich will endlich wieder meine Ruhe wie da oben.
 
Fr, 29.05.2009 |  link | (3048) | 20 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Aktuelles und Akutes


nnier   (29.05.09, 12:16)   (link)  
Und wenn schon Träume, dann wenigstens interessante. Aber derzeit wäre ich auch eher für solch klosterhafte Ruhe wie im Bild obern zu haben.

(In der Zeit wurde letzte Woche jemand gefragt, welches Wirtschaftssystem dem Kapitalismus folgen könne. Antwort: "Ein postkapitalistisches System."
Deshalb habe ich kein Problem damit, Ihnen ein geruhsames Ausruhen zu wünschen.)

[Edit: Es war etwas anders, nämlich so:

ZEIT: Und was für eine Wirtschaft kommt nach dem Wachstum?
Paech: Eine Post-Wachstums-Ökonomie.]



jean stubenzweig   (29.05.09, 13:46)   (link)  
Ach Sie – und Crumb ...
Das ist aber auch zu schön. Hätte ich das vorher gewußt – nein, das hat als Gegenstück Hand und Füssli.

«Ein postkapitalistisches System.» Heißt das, daß die Post jetzt kapitalistisch wird? Das wäre naheliegend, bei diesem schweizerischen Dirigenten, der im Takt immer leicht hinterherhinkt.

Aber nein doch, der Herr Volkswirt Paech hat es uns ja erklärt. Nur, daß wir nicht lernen müssen, unsere Fahrräder selber zu flicken und unsere Knöpfe anzunähen, lieber Herr Experte der guten Tante Zeit. Wir verzichten trotz guter Einkommen seit langer Zeit auf Fernreisen und kaufen Produkte aus der Region, weil die nicht so hohe Transportkosten verursachen. Seit langem nutzen wir Produkte länger, reparieren und pflegen sie und kaufen lieber gebraucht als neu. «Vielleicht wird das sogar Spaß machen?» Na ja, in Maßen, das Annähen der Knöpfe war schon immer recht mühsam. Aber die Büddenwarderin kann das schließlich, der macht das Spaß, schon seit ihrer Kindheit, als man es ihr beibrachte. Die geht lieber aus anderen Gründen zu Türkischmann. Seine Süßigkeit, meint sie, sei unschlagbar. Und ohne europäisch zugelassenes Gift.

«Der Ressourcenhunger von Aufsteigernationen wie Indien, China, Brasilien oder Südafrika treibt die Preise der Rohstoffe nach oben», schreibt der Öchsperte, wie der Sargnagelschmied solche nennt. Daß aber beispielsweise Brasilien jetzt schon zwanzig Prozent Zuckerrohr als Schnaps für die europäische Autocholera liefert, bleibt unerwähnt. Aber vielleicht weiß er ja nicht, was wir Unexperten wissen.

Diese Tagalpdachdecker – wie soll man da ruhen? Ich muß wohl doch nach Le Mans. Mimi kommt mit, hat sie gesagt. Schweren Herzens.


vert   (29.05.09, 17:22)   (link)  
ach norman, alter prophet, hat man dich denn dafür in den bundestag gewählt?
hmm, wahrscheinlich schon.

mögen sie die mahre aussitzenschlafen und wohlbedacht erwachen.
(in der hoffnung, dass dann alle dachfenster dort sind, wo sie hingehören!)


jean stubenzweig   (30.05.09, 00:38)   (link)  
Dachfenster
Das ist von Übel. Das hätten Sie jetzt nicht äußern dürfen.

Zwar erstrahlt das Jungfern-Badezimmer mit dem wachenden cocorico gaulois wieder in der soleil du sud. Aber aufgrund der Anhebung des Daches um etwa fünfzehn Zentimeter klafft nun ein Loch, durch das eine Marder-Großfamilie oder die Tierchen des gesamten Dorfes alle Automobile verlassen und gebündelt durchs Loch schlüpfen und bei mir ein Bad nehmen können. Es muß jetzt dieser Bereich verschlossen und dann frisch gefließt werden. Die Verblüffung war groß, niemand hatte das bedacht, die Bauherren und -damen nicht und auch nicht die Handwerker mit Meisterbrief. Nun gut, von den jungfräulich weißen VilleRoi-und-Boche-Fließen habe sie glücklicherweise noch welche übrig, meinte Madame Lucette. Aber von den Terracotta-Plättchen für die andere Seite sei nichts mehr da. Und fing an, bitterlich zu weinen.

Ich weine und alpträume mit. Denn nächste Woche ist die andere Dachseite der Revolutionskate dran.


Nein, das ist nicht Norman, sondern Niko Paech, der da expertieren durfte bei der alten Tante, die neuerdings wohl ökologisch (Haushalt – kostengünstig oder auch sparen?) die Fachleute aus der Region interviewt.


vert   (02.06.09, 02:52)   (link)  
das
...tut mir aufrichtig leid, möge der gallische hahn dem verantwortlichen die hand abpicken!

ach, der niko, wie unaufmerksam.


tropfkerze   (30.05.09, 14:09)   (link)  
Friede den Ohren!


jean stubenzweig   (31.05.09, 01:03)   (link)  
Aber sie trampeln
mir ja nicht auf den Ohren, sondern auf dem Kopf herum. Also benötigte ich Kopfopax. Die Ohren funktionieren ohnehin (seit langem) kaum noch. Hieße ich Beethoven, gälte ich wohl als Genie. Oder so: Für die in meiner unmittelbaren Umgebung mit mir lebenden Menschen kann das zur Belastungsprobe werden, die sich beispielsweise beim Hören der göttlichen Funken längst in der rhetorischen Frage äußert: Hast du Frieden in den Ohren?


herzbruch   (31.05.09, 01:11)   (link)  
manchmal ist taub allerdings von vorteil. wenn z.b. ein aelterer, viel aelterer betrunkener mann im zweiten fruehling mit der juengeren dame mit mops kontakt aufnehmen will, indem er die ganze zeit den hund zu sich lockt. mir ist da soeben ganz schoen was erspart geblieben durch die taube ignoranz meines hundes.


jean stubenzweig   (31.05.09, 02:34)   (link)  
Aber der Mops
kann dann ja auch gar nicht richtig Musik hören?! Oder macht er's wie ich: direkt an den Lausprechern liegen?

Für ältere, viel ältere betrunkene Männer im zweiten Frühling interessiere ich mich übrigens auch nicht. Für jüngere Damen durchaus. Vor allem, wenn sie schön singen können.


herzbruch   (31.05.09, 02:44)   (link)  
ich wollte ja nicht so harsch klingen... ich erwaehnte doch mal, dass ich in einem viertel wohne, wo man an der tankstelle nach der ZEIT fragt, und wo die antwort "swannsisch vor drrei" ist. nur, um das klientel ein wenig einordnen zu koennen.

und an musik ist der mops nicht interessiert. grundsaetzlich interessiert er sich fuer sehr wenige dinge. ausser ei.


jean stubenzweig   (31.05.09, 04:21)   (link)  
Eieiei ...
Jetzt fehlt wohl nur noch: Paloooma. Aber dafür interessiert sich der Mops ja nicht.


jean stubenzweig   (31.05.09, 12:48)   (link)  
Fehlt da nicht ein Ei?
Oder heißt das nicht überhaupt AiAiAiAiiiii – und dann erst die Taube?

Nein, alles zurück. Korrektur hier bei Erich und seiner Hei-Leif-Familie.


apostasia   (30.05.09, 17:00)   (link)  
Vielleicht ist das
gar nicht dort, wo man vor der schnellen Autofahrt noch einmal rasch beten geht, sondern ein persönlicher romanischer Kreuzgang in Belgien – quasi als Stütze einer protestantischen Geschichte?


jean stubenzweig   (31.05.09, 00:35)   (link)  
Romanik ja, Kreuzgang auch
Aber nicht meiner, da ich nicht zu Kreuze krieche. Auch nicht bei so viel Hartnäckigkeit. Und schon gar nicht in Belgien, sondern, wie's da steht, im schönen Frankreich. Wer beten mag, wie's belieben, meinetwegen auch Autorennfahrer. Die werden's brauchen, weil sie sonst nichts haben. Wie die ganzen teuflischen Höllen-Motorradfahrer auch.

Im Schlaf sündigt man nicht. Da bin ich ausnahmsweise man.


behrens   (31.05.09, 03:27)   (link)  
Schlafen, schlafen, nichts als schlafen!
Kein Erwachen, keinen Traum!
Jener Wehen, die mich trafen,
Leisestes Erinnern kaum,
Daß ich, wenn des Lebens Fülle
Nieder klingt in meine Ruh'
Nur noch tiefer mich verhülle,
Fester zu die Augen tu.

Friedrich Hebbel

Ich empfinde Schlaf als etwas Göttliches. Und der schönste Moment ist der vor dem Einschlafen. Ein paar Stunden einfach nur so für sich haben.

Gute Nacht!


jean stubenzweig   (31.05.09, 05:03)   (link)  
Genau das!
Das wär's: traumlos schlafen. Nur einfach so schlafen. Das ist – wäre schön. Aber es gelingt mir kaum noch. Manchmal habe ich den Eindruck, das Hirnkino beginnt direkt nach dem Einschlafen und endet (endlich) mit dem Aufwachen. Vor allem deshalb: Ich arbeite fortwährend, schreibe zum Ende hin immer wie besessen Texte, Aufsätze. Früher hatte ich das zwar auch, aber nur manchmal. Doch nun nimmt es überhand. Aber vermutlich sind das mittlerweile eher irgendwelche Bulletins meiner Zustände: jede Menge nackter Wunden, die in der Nachtluft der Erinnerung angeweht werden; die sich einfach nicht schließen wollen.

Nein, so arg wie's klingt, ist's nicht. Wenn nur die sich anschließende Müdigkeit nicht wäre. Träumen ist so anstrengend.

Der Hebbel ist hinreißend in seinem Ruf nach Ruh'. Aber eben nicht zum Einschlafen geeignet. Trotzdem danke – und jetzt ein neuer Versuch mit einem Nickerchen.


behrens   (31.05.09, 13:20)   (link)  
Ich hatte so ein Kopfkino während des Absetzens eines Medikaments - Hinrichtungen, KZs und Verfolgungen in der Nacht. Und zu allem Übel kam ich erst viel, viel später darauf, daß dies am Medikament gelegen hat.

Ich hoffe nicht, daß die Trauminhalte bei Dir/Ihnen auch so extrem sind. Aber das Schreiben kurz vor dem Einschlafen weckt nochmals alle Geister, die dann munter den Schlaf stören.

Mir hat vor langer Zeit mal jemand ein wunderschönes Gedicht von Pablo Neruda geschrieben (so etwas kam früher vor). Da geht es auch um schlaflosen Schlaf - allerdings aus Liebe. Und da geht es auch um einen Nachtwind und um Wunden:

Und wenn der Schlaf kommt,
mich auszustrecken und in mein
eigenes Schweigen mich zu führen,
erscheint ein großer, weißer Wind,
der meinen Schlaf zu Fall bringt,
und die Blätter fallen ihm ab,
fallen wie Messerklingen
auf mich, daß ich verblute.

Und jede Wunde hat
die Form deines Mundes.


jean stubenzweig   (01.06.09, 01:34)   (link)  
Konzentrationen
finden glücklicherweise in nicht ganz so schlimmer Form statt in meinem Hirnkino, sondern, wie erwähnt: schreiben, schreiben und nochmals schreiben. Geradeso, als ob ich ich mein Lebtag nicht (schon) genug geschrieben hätte. Auch medikamentöse Ursachen sind ausgeschlossen. Wobei ich durchaus über Fehlfunktionen des Gehirns informiert bin, die beispielsweise (hier ärztlich verordnete) falsche bzw. nicht korrekt kombinierte Medikamente et cetera auszurichten vermögen. Aber das liegt gut zehn Jahre zurück. Akut ist da nichts. – Aber immerhin habe ich mal wieder, mit nur einer Unterbrechung und einem nicht so heftigen Schreibtraum, sechs Stunden geschlafen.

Pablo Neruda und – ja! – früher. Meinen damals geliebten Dichter habe ich «vor langer Zeit» auch gerne verschickt; heute liest den kaum noch jemand, auch ich nicht, obwohl es wirklich keinen Grund gibt, es nicht zu tun. Aber vermutlich liegt es bei mir auch daran, daß mich nicht mehr so sehr nach Liebesgedichten dürstet – und das, was man Ihnen da gesandt hatte, ist eben ein solches, wie Sie auch erwähnt haben, ein so schönes wie viele andere von ihm. Wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, daß der Name Neruda wahrlich nicht nur für die Liebe zwischen Mann und Frau steht.

Vielleicht sollte ich mal wieder von der Verliebtheit träumen. Aber seit ich die aufgeschrieben habe, tut sich da nichts mehr. Aber ich bin ja auch nicht Pablo Neruda, der da meines Wissens länger durchgehalten hat. Wahrscheinlich muß man dazu in Südamerika leben.


hanno erdwein   (31.05.09, 13:39)   (link)  
Solange es nicht Schlafes- Bruder ist ...
stimme ich dem zu. Doch wenn kein Traum dabei ist, möchte ich aufs Schlafen verzichten. Träume sind doch die große Krabbelkiste der Kreativen! Mein Gott, was hab ich aus diesem Fundus nicht schon alles herübergerettet in meine Poesie! Guter Schlaf und gute Träume also!


jean stubenzweig   (01.06.09, 01:40)   (link)  
Ganz ohne Träume
sicherlich nicht. Man will schließlich auch was zum Aufschreiben haben. Aber zwischendrin mal ausschlafen ist durchaus angenehm.















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