Golf ist ein verlorener Standpunkt Frei nach Tucholsky, der damit den verkorksten Spaziergang meinte. Sozusagen aus thematischen, also geschmacklichen Gründen verlagere ich meine Antwort an Sturmfrau hierher. In der anderen Abteilung geht es zwar auch um das Immergleiche, aber es ist schließlich dann doch nicht das Selbe. Zunächst die alte Anmoderation: Ich muß meine Suada, meine sanfte Kunst der Überzeugung vom Sein des Anderserleuchteten jetzt leider unterbrechen. Der Herr, ich glaube, er ist noch ein paar Jahre jünger als ich, aber er wird mit zunehmendem Alter mir immer ähnlicher, nämlich albern, hat von unten her gerufen. Was kann alberner sein, als hier auf dem Landlord-Gelände ein Golfturnier mit Mittelständlern der Region zu veranstalten. Aber das muß ich nun ankucken. Hab' ich ein Glück, daß ich altersbedingt nicht nur geistig, sondern auch körperlich behindert bin. Mit solch einem Handicap fällt einem vieles leichter. Ein wenig kommt mir das vor wie das Pétanque-Spiel. Das begann auch damit, daß da unten im Süden, in der Nähe von Cassis jemand nicht mehr stehen konnte und er sich daraufhin setzen durfte, um zu spielen. Das macht den Sport an sich gemütlicher. An die erwähnte Bourguignonne bin ich nicht herangekommen, überhaupt nicht an den Inhalt der Flaschen, darunter eine, die aus Nuit-Saint-Georges, der Gegend um Beaune, die sich wohlig in meinen von Liebe getränkten Gedanken räkelt, mit der ich sogar einen Bund fürs Leben eingehen würde. Die ärgste Unverschämtheit dabei war, daß die feinen Edelheiten, bis hin zu einer 65erin aus einem pomerolschen Gestüt, mich nicht beachtend, folglich von mir unberührt beinahe selig so für sich hin in den Regalen lagen. Dabei war ich bereits von ihrem Anblick derart trunken, das Betrunkensein kam später vom tatsächlich getrunkenen Wein, daß ich nicht einmal in der Lage war, romantisch scharf zu stellen. Und der 95er Soutard, meinte Madame Lucette mir gegenüber wie immer freundlich, mittlerweile fast freundschaftlich lächelnd, mit den Franzosen geht das nicht so schnell wie im Portal der Gesichtserkennung, aber ich meinte in ihrem Inneren ein leichtes Feixen zu erkennen, der müsse auch erst nochmal fünfundzwanzig Jahre reifen. Erst im Alter sei man soweit, es zum Höhepunkt kommen lassen zu können. Die Jungen, die vom Essen und Trinken als Sexualität des Alters sprächen (wie ich das immer wieder mal gelesen und an Menschen weitergegeben habe, die mit dem Internet eher weniger anfangen können), könnten das verständlicherweise noch nicht wissen. Ich aß, wie bereits erwähnt, Taboulé aus der Ideenküche des ardennischen Vaters, der eine Weile seines Lebens in Algerien verbrachte, zu der Zeit, als in Frankreich die Welt noch nicht so richtig in Ordnung war wie heute, da der Sozialismus regiert. Erst im nachhinein erfuhr ich, daß das gegrillte Fleisch nicht von der Kuh, sondern von den Nacken handmassierter Schweine eines im Abseits und im Land der norddeutschen und damit härtesten aller Griller (ab acht Grad plus wird er angeworfen, ohne sein Gemüse Fleisch ist der Holsteiner nicht in Bewegung zu bringen) völlig unbekannten Schlachters aus einem nahen Dorf nach althergebrachter, fast ein bißchen französisch geschnitten produziert worden war. Hätte ich das vorher gewußt, ich hätte meine eigentlich im Norden gewachsene Fleischesunlust drangegeben. Ach so, der Sport. Eines der angenehmen Begleiterscheinungen an dieser Veranstaltung war, keiner der geistig Sportiven hat mich zu missionieren getrachtet. Doch es wäre auch ihnen nicht gelungen, bin ich doch, wie wir bereits festgestellt haben, nicht mehr zu retten. Ich hatte ohnehin den überwiegenden Eindruck, den Herren könnte es insgesamt an entsprechender Leidenschaft gefehlt haben. Das mag sich darin ausdrücken, daß kaum einer von ihnen früher als vor fünfzehn, zwanzig Jahren damit angefangen hat, auf die Kugeln einzudreschen anstatt sie sanft und im Sitzen zu schubsen, wie wir Pétanquistes das tun. Sie gehören einer mit mir eher weniger geistig verwandten Mannschaft an, bei der erstmal was angeschafft werden mußte, bevor man sich dem Vergnügen hingab. Es mag aber auch daran gelegen haben, daß die Herren sich diesem Sport hingegeben haben, um zuhause rauszukommen. Das gab jedenfalls die neben der Dame des Hauses einzig anwesende Frau als eventuelle Argumentation zum besten. Männer gehörten dazu, die sich weigerten, Golf zu spielen, sollte die Gattin sie begleiten wollen. Und so war's denn auch wie üblich: ein Teil wurde von seinen Chauffeusen abgeholt. Ja ja, der Wein war gut, auch der schlichtere vom badischen Land, unweit Frankreichs, von ähnlicher Bodenbeschaffenheit des Elsaß', ein sommerfrischer Pinot blanc. Die Rote hat mich ja nicht rangelassen.
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