Neurosotologische Früherziehung Alles Gute kommt einmal mehr aus den USA, und welche weltläufigen europäischen Eltern wären da nicht bereit, auch hierbei sofort eine Gruppe zu bilden: bereits der Leibesfrucht die richtigen Flötentöne beizubringen. Auf Mamans Bauch werden Kopfhörer plaziert, auf daß das sich noch in der pränatalen Phase befindliche Kleine rechtzeitig die Musik erlerne, mit dem es später Karriere zu machen habe, mit virtuosen Instrumentalklängen zu Beispiel, auf jeden Fall irgendwelche hochkulturellen Geräuschkulisserien. So ein späterer «James Galway, dieser André Rieu des Blasinstruments» (Herbert Köhler), stünde den glücklich hochgebildeten Eltern doch recht gut zu Gesicht im in eine Wolke über Silikoniental ausgelagerten Familienalbum. Doch auch so ein Welttestesser mache sich sicherlich recht vorteilhaft im kommenden Familienstammbuch. Mit einem SUV oder am Ende gar mit so einem alten Schlampenschlepper (© Nikolaus Gerhart) mit Historienkennzeichen vor dem Haus ist ja heute leider kein Prestigehaushalt mehr zu machen. Dieses Wissen um pränatale Erziehung beruhe auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Neurologie, flötentönen die pädagogischen Avantgardisten es karrierebewußten Eltern bei. Dabei ist dieser Hut mindestens so alt wie die Achtundsechziger. Schon lange vor Gründung der Grünen klapperten auf die Feinsinnigkeit ihrer Nochnichtgekommenen achtende Mütter dem ungeborenen Nachwuchs auf ihren Strick- und Häkelnadeln klassische Töne bis zum Liedgut wie Am Brunnen vor dem Tore vor. Und noch weiter zurück lautete die Devise, wer über Mamans Brustduftdrüsen Anissamen zu sich nahm, der wurde mit Sicherheit später ein großer, wenn nicht gar ein fast weltberühmter Trinker wie Serge Gainsbourg. Beim noch nicht zur Welt gekommen Henri II war es so, daß bei Maman zwar ohnehin ständig übers Essen geredet wurde, aber Papa eine Zeitlang eine Vorliebe für nipponische Klänge hatte; bei welchen Gelegenheiten, das bleibt Familiengeheimnis. Am meisten eingeprägt haben muß sich dabei das Sashimi. Er ißt es, als hätte er es bereits im Leib ständig zu sich genommen. Das ist kein Harakiri, das ist lecker.
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