Diesseits von Gut und Böse Der Überlänge wegen habe ich meine Antwort auf die Ihre hierher verlagert, liebe Kopfschüttlerin, quasi infolge der mir immer fremder werdenden Welt. Diese Überfülle mag ich Ihrem Blog nicht zumuten. Ich gestehe, das Glück gehabt zu haben, selten, fast nie zu Verkehrsstoßzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein zu müssen. Das Schicksal war so freundlich zu mir, mich meine Beförderungszeiten im wesentlichen selbst einrichten zu lassen. Auch heute, im Ruhestand, halte ich es so, nach Möglichkeit nie jemandem in die Quere zu kommen, der von alltäglichem Grieskram gemartert ist. Auf diese Weise oder auch Art konnte ich mancher Begegnung ausweichen, die mir bereits im Vorfeld nicht genehm schien. Dennoch hat es sie gegeben, diese Aufeinandertreffen, besser vielleicht dieses eine, die alle meine (Vor-)Urteile über den Haufen geworfen hat. Ein Mann, den ich, auch wegen seines Äußeren, eindeutig nach unten geschichtet hatte, erwies sich aufgrund eines unvorhersehbaren Gesprächs als ein ungemein sympathischer Zeitgenosse, ein zudem gebildeter, also das, was ich darunter verstehe, einer mit dieser bedacht differenzierenden Auswertung von Wissen, der mich an den Maurer erinnerte, der mir so manches aus der bildenden Kunst zutrug, das mir bis dahin fremd war, oder später der Chauffeur eines Camion, der mir in einer Pétanque-Pause beim Pastis in Cassis erstaunlich viel Meinung zur deutschen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts darlegte. Das liegt einige Jahre zurück. Aber ich habe es seitdem immer vor Augen, wenn ich mal wieder versucht bin, mich in meine alte, mütterlicherseits anerzogene Schnösel-position zurückfallen zu lassen und alle anderen für geistig minderbemittelt zu halten, die, um es mit Franz-Josef Strauß zu sagen, kein Abitur haben. Andererseits ich mich in meinem beruflichen Umfeld, und bis vor kurzem trennte ich nie zwischen Arbeits- und Privatleben, jetzt gibt's nur noch Privates, nicht wenige gepflegte, bestens gewandete und druckreif sprechende Wesen kennenlernte, die bei allem Schönreden oder -schreiben letzten Endes nicht verbergen konnten, wie abscheulich weit unten sie geistig positioniert waren. Daran muß ich jedesmal denken, wenn ich Kommentare zur Weltbeschaffenheit lese, die offen- oder scheinbar von sozialem Engagement geprägt sind. Mit so manchem Politiker hatte ich zu tun. Geblieben ist mir einer, dem ich auch heute noch Vertrauen entgegenbringe, weil ich zu wissen meine, daß er es ehrlich meint und auch weiterhin entsprechend aufrichtig ist. Er war es meines Wissens früher, als er sich noch in hohem Amt befand, und ist wohl konstant auch als Randfigur. Bei den meisten anderen habe ich im Lauf der Zeit das erlebt, was allgemein unter Verlogenheit bekannt ist. Ansonsten mündete alles in mein Glaubenbekenntnis: Ich bin definitif ein Ungläubiger geworden. Ich kann die jungen Menschen gut verstehen, die sich abwenden, die mit denen da nichts (mehr) zu tun haben wollen. Nach meiner Erkenntnis existiert zwischen Politikern und Journalisten der gehobenen Feder eine geistige Verwandschaft, möglicherweise sind es die gleichen Gene. Das mag undifferenzierend, ungerecht, pauschalisierend klingen und ist es sicherlich auch, aber die Summe der Erfahrungen läßt keinen anderen Schluß zu. Und diejenigen, denen dieser Schuh nicht paßt, werden nicht hinein-schlüpfen und dazu eher milde nicken. Die Damen und Herren prügeln sich tagsüber verbal und prosten am Abend in der Zirbelstube oder im Operncafé einander zu. Man kennt das, wenn auch dürftige, Abbild von den Krähen. Alle anderen suchen diese fröhlichen Vereinigungsstätten nicht auf. Aber die gehören auch nicht der Gilde der edlen Feder an. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie dem gehobenen Umfeld einer FAZ, einer SZ, eines ND oder JW angehören. Karrierestreben macht vor nichts halt. Auch wieder pauschal, aber siehe oben. Allerdings ist es wichtig und soll auch so bleiben, daß wenigstens auf dem Papier oder in der elektronischen Kladde wenigstens der Schein gewahrt bleibt, daß weiterhin auf dem sogenannt geduldigen Papier gedruckt wird: Wo der Deutsche seiner Pogrome gedenkt, indem er Eichen pflanzt, kann auch das Volksfest nicht weit sein. Bierstände, Luftballons, eine Fahrradsternfahrt, ein Konzert mit einem Chor aus 450 Kinderstimmen, ein »Liedermacher«, der »Kinderlieder aus aller Welt« zum Besten gab, und anderes Remmidemmi sorgten in Rostock für Stimmung. Dazu passend hatte man zum Zweck des Gedenkens bzw. zum Zweck dessen, was man in Deutschland dafür hält, ein Zirkuszelt aufgestellt. Mit Hüpfburgen für Toleranz und Integration! Bratwurstessen für die Menschenwürde!Es muß auf Tatsachen hingewiesen werden, mit dieser Schilderung bin ich eins, da deckt eine Meinung die andere ab. Diese Ähnlichkeit mag durchaus auch in manch einem Blog zu lesen sein, doch allzu häufig lugt da die Fadenscheinigkeit zwischen den Zeilen hervor. Dann mag ich nicht verlinken, da klinke ich mich aus. Denn theoretisch könnte das auch in einem anderen Blatt gedruckt oder verewigt gewesen sein, möglicherweise in dem, das auf der Front- sprich Wirtschafts- oder Innenpolitikseite der gesellschaftlichen Schicht den Kampf ansagt, von dessen geringfügigen Einkommen sie letztendlich lebt, weil die kraft ihrer «ausgeliehenen» Arbeit denen Ansehen und Reichtum verschafft, im Feuilleton aber dieselben Zustände kritisiert. Ob sie jedoch daran glauben, was sie zu Papier beziehungsweise digitalisiert in die Elektronik geben, daran zweifle ich zunehmend. Ich Ungläubiger. Manche mit links schreibendem Herzen ereilten attraktive Angebote von der anderen Seite, die sie nicht ausschlagen konnten. Ich habe seltsame Richtungsänderungen erlebt. Darunter war manch ein einst glühender Sozialdemokrat, den die Finanzwelt aus seinem Status als Kanalarbeiter lockte beziehungsweise hervorholte. Auch Sozialisten begegneten mir in meinem Leben, die alles drangaben, da die Wirtschaft indirekt mit einer Hochschulkarriere zu winken wußte, da sie Lehrstellen und -stühle finanzierte. Mittlerweile scheint mir nahezu alles darauf hinauszulaufen: Wer nicht zugreift, der ist selber schuld. Vielleicht bin ich zu naiv und glaube doch noch insgeheim und irgendwie oder will glauben, nämlich an das Gute im Menschen, der nicht um des schnöden persönlichen Vorteils willen die anderen, gar Freundschaften drangibt. Möglicherweise liegt es daran, daß ich tatsächlich solches erlebt habe, daß jemand um der Karriere und des damit verbundenen gesellschaftlichen Aufstiegs willen seine Ideale von der Gemeinschaft, die im übrigen der Religion nicht bedarf, nicht aufgibt. Aber es sind wenige, und sie werden immer weniger, christlich-sozial-demokratisch hin oder her, so scheint es mir, oder etwas ist tatsächlich — Hamlet.
Mediales Hoch- und Niederwild Ich wandle meine Antwort auf ein Widerwort um in einen Leidartikel, um in mein Wort zum Montag, da Kommentare erwiesenermaßen Niederwild sind und damit weitaus weniger Beachtung finden als ein kapitaler Bock. Die Rede über Richard David Precht war auch hier schonmal. Und sicherlich mit Recht. Ich halte ihn durchaus für wichtig. Auch ich bin der Meinung, das Feuilleton verdiene nicht den schlechten Ruf, der ihm in letzter Zeit entgegenhallt. In letzter Zeit? Uns war das bereits Anfang der Neunziger Anlaß, als noch nicht zu ahnen war, welche Verbreitung das Internet einmal haben und jeder sein eigener Leidartikler und Kommentator werden würde, zum weiterblättern aufzufordern; drei Jahre brauchte es, um wahrgenommen zu werden, und hätte ich nicht beruflich über entsprechende Verbindungen verfügt, vom Blättchen hätte nicht einmal die Nasenspitze des Mäusleins aus dem Loch herausgelugt, der kleine Berg oder auch das Hügelchen, das es dann doch noch gebar, wäre in der Kulturlandschaft nicht zu sehen gewesen. Als die Kommunikation via Zwischennetz aufbrandete, war Ende der Meinungsstange, die als Mischgebilde zusammengefügt worden war aus Jungem und Altem bis sehr weit hinter die Revolution des achtzehnten Jahrhunderts. Zwar ist an der Argumentation von Georg Seeßlen — da das hier noch einmal ein anderer kleiner Hyde-Park ist als der Ihre, verhyperlinke ich seinen Aufschrei gerne noch einmal — einiges dran, aber insgesamt sollten die Deutschen froh über seine Existenz sein, über die von Precht. Ich schließe mich also an, jedoch weiterhin nicht ohne Skepsis, da es an Gegenreden mangelt, also nochmal: Weshalb werden die von ihm und selbstverständlich anderen angeführten, alle angehenden Problematisierungen nicht im breiten Kreis erörtert? Immer nur Rockkonzert ist doch todlangweilig, tödlich. Für die Gesellschaft. Das ist meines Erachtens dasselbe wie die griechisch-türkisch-deutschen Lieder zur Klampfe, wie sie in den Sechzigern und auch noch Siebzigern sozialdemokratisch für den Hinterhof verordnet worden waren. Ich möchte auch das massenhaft diskutiert lesen. Zur besten, wie Enzoo das nennt, Primelzeit gibt es Sendung über Sendung zur Wirtschaftslage der Nation, die über die kulturelle kommt zur nachtschlafenen Zeit, und die dann auch noch gekürzt zugunsten der anderen Löcher, in die eine Gesellschaft zu fallen scheint und die sich in ihnen endlos suhlt, als ob's nicht anderes gäbe als diese Sauerei Geld. Mir fällt nicht erst seit gestern auf, wie ausgeprägt hierzulande immer die Bemühungen waren, zu trennen zwischen Feuilleton — Seeßlen weist nicht zuletzt berechtigterweise auf den Ursprung hin — und Kultur. Das macht die unterschiedlichen Auffassungen deutlich. Die einen verstehen Kultur im Sinn von Hochkultur, also als etwas von oben Verordnetes, und nennen das dann mehr oder minder verächtlich Feuilleton, die anderen, zum Beispiel das ganz neue elektronische Blatt NEOpresse, schaffen den Begriff Kultur gleich ganz ab, wohl in der Meinung, das sei alles völlig veraltet. Mein Verständnis von Kultur war immer näher an der Definition meines ollen Brockhaus, der da in etwa meint, es sei die Gesamtheit der Lebensäußerungen eines Volkes. Darin geht auch meine Auffassung von Ästhetik auf, die mit Schönheit im Sinn eines Ideals, welchem auch immer, ich höre und lese das neuerdings wieder häufiger, im besonderen klang das über Sportler an, als ob man den winckelmannschen Blick, besser vielleicht den seiner nicht aussterben wollenden ewigen Schüler des Mißverständnisses von außen schön, innen hohl, renaissancieren möchte. Mir drängt sich dabei die Schönheit von Lina Wertmüller auf. Precht gehört sicherlich der Fraktion dieses allgemeinen Kulturverständnisses an. Dafür schätze ich ihn allein. Ins Feuilleton, Sie merken es an, gerät er zwangsläufig. Und weshalb nicht Feuilleton?! Das ist ebenso, auch Kultur. Robert Menasse meinte kürzlich: Wir retten spanische Banken, weshalb sollen wir nicht auch einen Rettungsschirm über italienische Opern aufspannen? Man müsse in diesen Zusammenhängen endlich ebenfalls europäisch zu denken lernen. Es sei ein großes Problem, daß dies immer noch Ländersache sei. Ich füge hinzu: Im föderalen System der Deutschen entscheiden darüber auch noch bundesländerische Hinterbänkler, ob ein oder mehrere Theater zugunsten der letztendlich europäischen Schuldenfinanzierung geschlossen werden müsse. Nochmal Menasse: Weshalb sollen wir über unsere Verhältnisse gelebt haben? Es seien Verhältnisse, die von der Gemeinschaft, für die Politiker stehen, geschaffen wurden. Weshalb solle es in einer Zeit des geradezu überbordenden Wohlstands nicht mehr möglich sein, was vor Jahrzehnten, als weitaus weniger Geld zur Verfügung stand, ohne wenn und aber problemlos funktionierte. Es ist eben alles Kultur, die regulierte wie die kon- oder dekonstruktive, dazu gehört auch ein Buch, ein Gespräch über die Kunst, kein Egoist zu sein. Ich schätze Precht so ein, daß er das alles ebenfalls im kulturellen, also gesamten Zusammenhang sieht. Immer wieder scheint mir das Elternhaus durchzublitzen. Das sehe ich positiv, zumal ein eigenes Gedankengebäude, das der jüngeren, der nachfolgenden Generation hinzugekommen ist, das eine unabhängige Architektur darstellt, die über die Postmoderne hinaus- oder vielleicht auch wieder ein wenig zurückweist auf das unvollendete Projekt, durchaus im Sinne Habermas', Gemeinschaft. So gesehen stimme ich Ihnen, seiner Existenzberechtigung innerhalb der Medien vorbehaltlos zu. Meine Befürchtung geht allerdings dahin, daß es nicht unbedingt weiterführen muß, da «kein Diskursbedarf zu bestehen scheint», weil hierzulande eben getrennt wird zwischen Hoch- und Niederkultur, zwischen E und U. Dieses Land will nicht hinaus aus seinen alten, festgefügten Strukturen, man hat keine revolutionäre Tradition. Möge alles beim Gestern bleiben: das Niederwild dem Kleinadel, die kapitalen Böcke dem Hochadel. Dazwischen nichts. Das ist das Leben. Da wird auch ein populärer Precht nicht weiterhelfen. Aber vielleicht irre ich mich. Das wäre dann gut.
Gastartikel Eine Londoner Agentur, die Digitales im Schilde führt, schrieb mich und vermutlich einige mehr an mit der Frage, ob ich «Gastartikel akzeptieren» würde. Die freundliche Dame meint damit vermutlich mein kleines elektrisches Tagebuch. Ich muß annehmen, daß es sich dabei um den Versuch handelt, mit völlig neuen Methoden Werbung einzuschleichen, wie wir aus Alters- ergo Zipperleinsgründen Kenntnisreiche in der Medizin das flapsig umbenennen, zumal der Begriff SEO leicht, aber unübersehbar zwischen den Zeilen hervorlugt. Oder haben die nur das Reizwort aus den digitalen, quasi für jeden einigermaßen Versierten sichtbaren Akten herausgeschnüffelt: Verlag? Lernt man im Marketing nicht, die entsprechenden Seiten seines Gehirns effektiv oder gar effizient einzusetzen? Mit ein wenig Gefühl für die Sachlage müßte einem doch beispielsweise auffallen, daß in meinem Brauser nahezu alles, wie es auf Neudeutsch heißt, deaktiviert ist beziehungsweise nur zum Einsatz kommt, wenn es gar nicht anders geht, ich also gezwungen werde, ansonsten keine Cookies, kein Javascript et cetera lassen die Netzüblichkeiten hinein in mein gemütliches Plauderstübchen. Das wäre doch zumindest ein Anhalts- oder Inhaltspunkt. Doch es wäre sicherlich auch zuviel verlangt, erwartete man von den einen anschreibenden Verantwortlichen, sie schauten bei mir hinein und stellten mit ein wenig Aufmerksamkeit fest, daß ich möglicherweise nicht der ideale Kunde sein könnte, der eben obendrein, da wären wir allerdings bereits einen Schritt weiter, bei dem des ein bißchen genaueren Hinkuckens, sprich Lesens, immer wieder gegen diesen ganzen Konsumrummelplatz donnerwettert. Oder sind mittlerweile diese Gehirnfunktionen völlig außer kraft gesetzt, etwa die, daß sich jüngere und mittlerweile auch mittelalte Menschen ohne diese kleinen kleinrechnerverzierenden Apps und sonstigen elektrischen Navigationshilfen gar nicht mehr frei bewegen können? Hat Manfred Spitzer damit recht, entscheidungstreffende Körperteile könnten, trotz ständigen Muckibuden- und Stöcketrainings der Muskulaturen auch in der freien Natur Schaden nehmen? Apps, das ist die Kurzform eines Begriffes, den ich näher kennenlernte, als eine der Hauptdarstellerinnen des Schauspiels Das Opfer Helena, eine hochgewachsene feine Frau wie vom Hofe eines Sonnenkönigs der Nachkriegszeit, von Strass-Applikationen redete, also nicht von der aktuellen und akuten Volkskrankheit Stress, sondern von billigen Klunkern, die Ersatz sind für Diamanten, die die Damen lieber trügen, die sie aber auf Geheiß ihrer ihnen gebietenden Gatten nicht tragen dürften, da sie Gefahr liefen, geklaut zu werden, die Edelsteine, wie man sie auch kennt von Jeans oder den Hundehalsbändern, die heutzutage die Millowitsch-Töchter der Nation schmücken. Die Landlordgattin, deren einzige Besucherin und ich sprachen während unseres sitzenden Austausches im Rahmen des Golfballs über das Reisen. Meinte diese eine, später dann weglaufende zu mir, ich kennte mich anscheinend recht gut aus in der Welt. Sicher, meinte ich, denn ich sei grundsätzlich auf Nebenstrecken unterwegs gewesen, und zwar ziellos, allenfalls einen Kompaß zuhilfe nehmend. Sagt mir doch, hier muß ich mich korrigieren, was meine Bemerkung zur weiblichen Zurschaubesetzung des Golfturniers betrifft, die aus der unmittelbaren Nachbarschaft beisitzende, noch lange nicht an die Dreißig hinreichende, recht gütlich erbende Tochter von Madame und Gutsherrn, die nichts zu tun hat, als ihrem Gatten abends das Essen hinzusetzen und hin und wieder ihren zwei über die Koppeln hoppelnden Kindern einen Blick nachzuwerfen, die jungen Menschen hätten aber auch heutzutage nicht die Zeit wie die Alten. Sind mittlerweile eigentlich alle junge Menschen so reduziert auf das Wesentliche, das keinen Blick mehr nach dem Prinzip der rechts- oder linksdrehenden Gedanken zuläßt? Funktionieren die alle nur noch mit den Krücken der Navigation? Ist längst alles in dieser unsäglichen Masse unter-gegangen, die selbst dem schlichtesten Denken Fremdbestimmtheit zuweist? Oder haben die einfach tatsächlich nur keine Zeit? Welche Zukunftsvisionen. Hatte der ehemalige deutsche Bundeskanzler damit recht, als er sagte: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen?
Weltuntergang durch Müll Weil's sonst höchstwahrscheinlich untergeht in den Kommentaren, die von vielen nicht gelesen werden (obwohl's da oftmals erst richtig losgeht), meine Antwort auf Jagothellos These vom Weltuntergang als Haupteintrag. Der nahezu einzige Spam, der mich, wenn dafür auch massenhaft, erreicht, ist der bei Blogger.de (nur ein vergleichsweise harmloses Beispiel, größtenteils Schwachköpfigkeiten ohne jeden Themenbezug); anderswo wäre es möglicherweise noch schlimmer. Aber diese geistige Armut sehe ich nur selten, da ich Javascript (sowie Cookies) in der Regel ausgeschaltet habe (das mit dem Filter habe ich ohnehin längst aufgegeben). Sonst würde mir übel wie bei dem, was gestern abend auf der dunklen Seite kritisch offeriert wurde. Per eMail erreicht mich so gut wie nichts. Es mag an den Filtern meiner Anbieter liegen, vielleicht auch daran, daß sie (auch) dafür bezahlt werden, doch es muß auch damit zu tun haben, daß nahezu alle (ein Pornist ist hartnäckig, aber er schlägt lediglich nur etwa einmal monatlich zu) sich daran halten, denen ich nach ihren Vermüllungsversuchen mitgeteilt habe, daß ich keine Botschaften, welcher Art auch immer, wünsche. Bei mir heißt es grundsätzlich unter jeder eMail: In Fällen, bei denen die Vorahnung mit Absichten schwanger geht, füge ich auch schonmal einen weiteren Hinweis an: Bei ganz Hartnäckigen kommen die entsprechenden Paragraphen dazu. Das hat auch schon welche aus dem gesetzlich nicht greifenden Ausland den Hut in den Ring schmeißen lassen, zum Teil, weil sie dann doch häufig irgendeinen Sitz im jeweiligen Rechtsgebiet haben — oder weil sie keine wirklichen Kämpfer sind. Auf jeden Fall hat sich Mein Kampf — womit ich gerade hochaktuell sein dürfte — gelohnt, insofern, als ich kurz nach Herrn Adolf aus Braunau damit begonnen habe, das Übel der Welt auszumerzen. Ich Altmodischer kriege dafür ein paar Briefe mehr — mundgemalte Postkarten. Einmal monatlich Papiertüte in Altpapiercontainer. Seit vielen Jahren, seit es sie gibt. Und davor gab's Sammler, die das bedruckte alte Holz regelmäßig abfuhren. Daß die Welt längst untergegangen ist, das möchte man meinen angesichts der Wehr- und Hilflosigkeit, mit der vor allem von denen über das gejammert wird, die diese Art von Überfluß mit herbeigeführt haben.
Auf gloriolende Gloriosa, nein, nicht auf die medientechnisch tote Taxis-Unternehmerswitwe Mariae Gloria Gräfin von Schönburg-Glauchau aus Regensburg, sondern auf die Gloriole des ollen Fritzchens, auf die weist meine, ach was, unser aller Vorleserin hin, auf Lese- und Radiostoffe. Ich Fernsehverseuchter habe den «Dokumentar»-Film, das «Dokudrama» auf arte gesehen. Das Filmchen, muß ich wohl sagen, denn auch arte bemüht sich seit Jahren, das sinkende Niveau seiner öffentlich-rechtlichen Geldgeber zu halten. Nichts gegen Katharina Thalbach, die samt Töchterlein als der junge («Auch mir war Friedrich vom ersten Moment an wahnsinnig vertraut») den verknarzten und verharzten Sarkast gibt, früher habe ich sie sehr geschätzt, nun aber sie unterhält mir zu sehr in letzter Zeit, als ob sie Angst vorm künstlerischen Ableben hätte, nimmt mit, so erscheint sie mir, was sie eben mitnehmen kann, und sei es, weil gerade mal wieder jemand vom plötzlichen Alterstod dahingerafft wurde.♥ Gut, sie darf das, sie ist als Schauspielerin Unterhalterin und eben sterblich, aber sie verramscht mir zu sehr, hier die Geschichte, als ob Schiller aus dem jenseitigen Off medienwirksam das gemurmelt hätte, mit dem Hans-Reinhard Müller, der ehemalige Intendant der Münchner Kammerspiele, und auch der kurzweilige, zum Melodram tendierende Romanedichter Johannes Mario Simmel mir gegenüber das Schillernde als programmatisches Stilmittel unterfüttert hatten. Es mag seine Berechtigung haben, aber mir ist das dennoch alles zu sehr, als ob History-Guido, der mit dem auf der rechten Seite blinden Auge, Regie führen würde, mir geht dabei wesentliches verloren, was zur Verfälschung führen kann, zum Beispiel, daß fast ausschließlich von der Liebe die Rede ist, die bei dieser preißischen Zuwiderwurzn Fritz auch zu seinem Ende hin überwiegt. Mir menschelt's darin einfach zu arg, als daß es mir Bemerkenswertes zutage brächte Da ist mir das Buch dann doch eher Kopfkino, mit dem man «sich keine Hollywoodfilme mehr anzusehen» braucht. Oder eben die Zeitung, wenn die auch oft daneben, also nahe an der Unterhaltungslektüre liegt, indem sie das Vage sich äußern läßt: «Nichts davon ist falsch. Aber mit all dem ist keine der Einsichten Mirabeaus widerlegt.» — Mut zur Lücke oder die Angst des Verlegers vor zu langen Textstrecken, die die Bildchenkucker verjagen oder die Schere im Kopf? Ein Satz nur, denke ich mir oft. Und das Bild ist dafür im Nu reduziert, online ohnehin und allemale. Was man, also der sogenannte Leser, der ja immer mehr zum Kucker wird, aber vermutlich nicht will. Nun gut, auch der olle Arno kann nicht alles gelesen haben; er ist ein bißchen entschuldigt, zumal er viel Historisches liefert. Aber der Autor der letzten (mit Fragezeichen, denn bei arte steht irgendwo etwas von einem Buch zum Film) Fritz-Biographie erzählte mir beispielsweise, Mirabeau habe trotz der geradezu abwertenden und geringschätzigen Äußerungen dieses Misanthrops von Preußien bis zum Ende hin diesen kleinen großen Vor-Napoleon (das war jetzt geklittert, ist aber wahr, auf meiner Realitätenbühne) überaus geschätzt und ihn überwiegend freundlich bis gar liebevoll beschrieben. À pro pos Mirabeau: Wer weiß schon noch, das der auch ein herausragender, heute müßte man sagen: Soft-Pornograph war? Womit ich wieder bei der unterhaltenden Geschichte wäre, bei meiner frühmorgendlichen Lektüre über die Freiheit, also die 68er: ein Esel schimpft den anderen ein Langohr. ♥ Irgendwo hatte ich gelesen oder gehört, der als Friedrich vorgesehene Darsteller sei plötzlich verschieden, worauf sie die Titelrolle übernommen habe. Aber davon ist nichts mehr zu finden. Vermutlich hat's mir mal wieder traumatisch die Wirklichkeit verdreht.
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Jean Stubenzweig motzt hier seit 6023 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 07.09.2024, 02:00 ... Aktuelle Seite ... Beste Liste (Inhaltsverzeichnis) ... Themen ... Impressum ... täglich ... Das Wetter ... Blogger.de ... Spenden
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