Die Kirche und das junge Vieh

Bei meinem Küchen-Notfall hatte ich zwar über Herrn Schmalhans geschrieben, auch von meiner genüßlichen Flucht in den Cahors, nicht aber von meiner später tatsächlichen vom Ort, einer ganz schlimmen Musik, nicht nur der Lautstärke wegen, die dann selbst den schmalen Quasselquark untersagte. Für ein Ereignis eine Woche später schrieb ich Herrn Nnier beiläufig: «Mir steht schon wieder Schlimmes bevor: morgen eine Konfirmation. Allerdings ohne Kirche.» Mir schwante dennoch Arges. Aber es gibt, wie sich glücklicherweise herausstellen sollte, doch Qualitätsunterschiede, nicht nur beim Wein. So konnte ich neben ein paar anderen Beobachtungen mitteilen: «Ich hatte gestern eine sehr angenehme Konfirmation, also, nicht ich, sondern andere. [...] Schön war sie, die protestantische Feier, unter anderem, weil man stundenlang miteinander sprach, fast wie unter Jesuiten, und es keinerlei Musik gab. Obwohl einige Musiker anwesend waren.»

Mit zwei Musikussen, singender Bruder des gastgebenden Konfirmantinnenvaters sowie dessen regieführenden Gattin, gab's ein anregendes und angeregtes Dauergespräch, beileibe nicht nur über deren musikalische Heimat Oper. Auch über Gott und die Welt, vor allem über erstgenannten, im Zusammenhang mit Pro-Reli oder Ethik. Das mußte nichtmal ich anregen, obwohl ich das meistens bin, wenn irgendwie was Pfäffisches in der Nähe weilt. Da ich entschiedener Gegner des Mißbrauchs von Minderjährigen bin, auch von geistigem, wie er über die kirchlichen und somit gesellschaftlichen Einflußnahmen geschieht. Wie kann ein vierzehnjähriger Mensch, der zuvor auch noch dogmatisch unterwiesen wird, darüber befinden, ob es moralisch oder was auch immer rechtens ist, als sogenanntes Vollmitglied in eine Kirche eingewiesen zu werden wie in die Umgatterung einer Schafherde? Wie oft geschieht es, daß dieser zwangsvereinte Mensch bei seinem ersten eigenen, klaren Gedanken aus diesem Club wieder austreten möchte, das aber mittlerweile nur darf, wenn er eine Strafgebühr entrichtet; was für Studenten beispielsweise häufig eine unzumutbare Belastung darstellt, weshalb sie dann eben dabeibleiben. Das ist eine besondere Art der Trennung von Kirche und Staat.* Mein seit 1875 orthodox gequälter Vater machte dem ein Ende, als er das elterliche Dorf verlassen hatte und bestimmte, ich möge später einmal selbst entscheiden, ob ich an einen lieben Gott glauben und gar irgendeiner Kirche angehören möchte. Wahrscheinlich konnten wir wegen dieser Glaubensfreiheit so klar über die jeweiligen Religionen und deren Gemeinschaften sprechen oder auch diskutieren. Auf jeden Fall hatte es zur Folge, daß ich zum einen ein recht deutliches, historisch ausgeleuchtetes Bild von allen möglichen Glaubensgemeinschaften bekam und ich mich zum anderen deshalb gegen alle entschied.

Wenn dann ein Vater erwähnt, er und seine Ehefrau hätten ihre Tochter konfirmieren lassen, weil sie ihr die Freiheit der Entscheidung lassen wollten, dann halte ich das dann doch für eine leicht fragwürdige Argumentation. Ich kenne da einen Fall aus dem engsten Familienkreis, der sich, zunächst ungetauft, freiwillig in die eigene Konfirmation begeben hatte, weil's da richtig Kohle gibt, Geschenke von Verwandtschaft und sonstigen Eingeladenen. Daran mangelt es ihm längst wieder, ebenso am Glauben an Luthers Leistung, aber er bleibt eben Vereinsmitglied, weil er das Geld für den Austritt direkt nach der Feier in einem Anfall von christlichem Altruismus in den Opferstock für arme Hamburger (früher nannte man die Ritter) gegeben hat.

Eine völlig andere Situation ergibt sich, wenn sich jemand, wie im Fall der eingangs erwähnten operalen Musikanten, im zarten Alter von etwa vierzig Jahren für einen Kircheneintritt entscheidet, weil er sich «eine schöne Hochzeit mit allem Drum und Dran» gewünscht hat. Dann ist das eine Argumentation, die mir zwar auch nicht unbedingt stichhaltig erscheint, da ich meine, daß die zeitgenössische Feier einer Hohe Zeit auch irgendwie anders bacchantisch bis bukolisch ablaufen kann, mir aber zumindest ein Schmunzeln abringt. Zumal im konkreten überdies keine Gefahr ansteht, missioniert zu werden, man sich auch weiterhin darüber einig sein wird, daß Liberalität mit Herrn Westerwelle eher weniger zu tun hat. Da höre ich, der kulturellen Zusammenhänge wegen, auch recht gespannt der Schilderung zu, wie im Einzelfall sich christliches Familiendenken in der DDR abspielte. Aber bei Missionierungsversuchen werde ich stramm rebellisch, da hat schon manch einem das dürftige Wissen nicht ausgereicht, durchaus auch das des einen oder anderen Pfarrers, war ich doch ob meiner ausgiebig geübten glaubensfreiheitlichen (Aus-)Bildung in der Regel gewappneter als der Angreifer. Oder so: Wer mich religionsfrei in Frieden läßt, der mag friedvoll an irgendeinen lieben Gott glauben, an welchen auch immer. Da fällt es mir nicht schwer, den kategorischen Imperativ einen guten Mann sein zu lassen.


* Ich als Konfessionsloser habe zeitweise für ebenfalls konfessionslose Aushilfskräfte Kirchensteuer bezahlen müssen; der Gesetzgeber teilte sie zu jeweils einem beziehungsweise zwei Drittel okzidental orientierten katholischen respektive evangelischen Kirchen zu. Als ich darauf pochte, diese Zwangsabgabe wenigstens einer Gemeinschaft meiner Wahl zuzuführen, wurde das abschlägig beschieden.
 
Mo, 27.04.2009 |  link | (3737) | 17 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Unglaubliches


hanno erdwein   (27.04.09, 09:58)   (link)  
Erstkommunion und Konfirmation ...
beides zähle ich zu den geistigen Indoktrinationen, die meiner bescheidenen Meinung nach abgeschafft gehören. Ich stimme darin überein, daß jeder ausgereifte Geist selbst entscheiden soll, was er glaubt und wohzu er sich hingezogen fühlt. Meine Aversion rührt daher, weil man mir den katholizismus mit Gewalt eintrichterte. - Hanno


nnier   (27.04.09, 10:12)   (link)  
Ich kann das verstehen
und denke doch inzwischen ein wenig anders darüber. Für fiese Seelenquäler und Mitgewalteintrichterer möchte ich hier nicht sprechen. Aber mir scheint, als sei die christliche Kirche insgesamt dermaßen auf dem Rückzug, dass von ihr (hier und heute) keine solche Gefahr mehr ausgeht. Das alles existiert nicht mehr, wie zu früheren Zeiten und an anderen Orten, exklusiv: Man wird nicht mehr aus Gemeinschaften ausgeschlossen, im Laden nicht bedient, in der Schule ausgegrenzt oder sonstwie kujoniert, wenn man nicht mitzieht, man hat auch genügend andere Weltmodelle und -erklärungen zur Verfügung und hat die eine oder andere kognitive Dissonanz schon auszuhalten gelernt, so dass niemand mehr vom Fegefeuer alpträumen muss. Statt dessen beobachte ich, dass Musikgruppen, Nachmittagskaffee, Seniorenwochenenden und Väterfreizeiten organisiert werden.

Mit meiner eigenen Lebenspraxis hat das übrigens wenig zu tun; ich denke nur, dass einer Kinderseele heutzutage weitaus Schlimmeres angetan werden kann, als ein paar religiöse Bilder und Geschichten kennenzulernen.


jean stubenzweig   (27.04.09, 15:42)   (link)  
Die herkömmlichen christlichen
Kirchen mögen, lieber Nnier, auf dem Rückzug sein, weil ihnen die Leute davonlaufen. Deshalb wohl vermehrt «Musikgruppen, Nachmittagskaffee, Seniorenwochenenden und Väterfreizeiten». Das heißt aber nicht, daß ersatzweise nicht alle möglichen Nebengewächse hochtreiben, wie auch immer sie heißen mögen. Paster Rau selig meinte ja, der Mensch brauche ein Zuhause, weshalb wohl, nicht ganz in seinem Sinne, der Mensch anglikanisch oder ähnlich behaust zu werden beginnt. Irgendwas läuft da völlig aus dem Ruder, denn die alle haben Zulauf. Das heißt dann tatsächlich: Fundamentalismus, also noch viel schlimmer als das bislang übliche.

Und hören Sie doch mal, was Herr Ratzinger so alles von sich gibt. Mit Kondom, das ist die Hölle! Und daß die Erde keine Scheibe ist, das nach fünfhundert Jahren zuzugestehen, das geschah auch nur auf Druck derer, die kurz vorm Davonlaufen waren.

Aber was die Ausgrenzung betrifft: Wer im kirchlichen Bereich arbeiten möchte, muß der Kirche angehören! Und das, obwohl das Volk, das bekanntlich bekanntlich der Staat ist, das bezahlt! «Die Kosten von kirchlichen Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Altenheimen etc. werden fast ganz aus öffentlichen Steuermitteln finanziert oder von Elternbeiträgen, Krankenkassen etc. gedeckt. Nur ein kleiner Teil der Kirchensteuereinnahmen wird für öffentliche soziale Zwecke verwendet.» (IBKA).

Kinderseelen «ein paar religiöse Bilder und Geschichten» zeigen, meinetwegen. Aber nicht als Pflicht und somit ohne ihnen zu sagen, woher das kommt. Aber die Kleinen werden ohnehin ständig damit konfroniert. Das sollte ausreichen.


nnier   (27.04.09, 16:20)   (link)  
Ich glaube das ja alles.
Also, nicht das alles; ich stimme Ihnen da sehr weitgehend zu und kenne auch zur Genüge Geschichten über böse Pfarrer und "Schwestern" und das schlechte Gewissen, den Beichtzwang, unglückliche Ehen, die nicht geschieden werden durften, man könnte da jetzt wirklich Fässer aufmachen. Ich hab's so aber in keiner Weise erlebt. Eher die Gratistabubrüche meiner Lehrer usw., die sich todesmutig über längst erledigte Themen erbost haben. Na ja, offenbar sind sie eben doch nicht längst erledigt, die Themen.


bufflon   (27.04.09, 12:10)   (link)  
Religion war in unserer Familie immer etwas, das einmal war, in der Welt des real existierenden Sozialismus aber überhaupt nicht mehr gebraucht wurde. Meine Eltern sind beide konfirmiert, Kirchengänge bis zu einem gewissen Zeitpunkt an der Tagesordnung, meine Vater schien die Koketterie mit der Religion in der jungen DDR, bis auch er dieser abschwor (wobei ich davon ausgehe, dass er nie so wirklich an den lieben Gott geglaubt hat). Für mich gab es also gar keine Entscheidung, ich stellte mir mit 14 (das war dann schon kurz nach der Wende) gerade nicht die Frage, ob ich an einen Gott glauben, einer Religion angehören möchte, ich lebe also schon immer ganz gut ohne Gott.

Im Prinzip sehe ich es wie Sie (Wie kann ein vierzehnjähriger Mensch, der zuvor auch noch dogmatisch unterwiesen wird, darüber befinden, ob es moralisch oder was auch immer rechtens ist, als sogenanntes Vollmitglied in eine Kirche eingewiesen zu werden wie in die Umgatterung einer Schafherde?), die Entscheidung soll jeder so unbeeinflusst wie möglich für sich selbst treffen können, weswegen für mich eine möglichst unbeeinflusste Einweisung in die Möglichkeiten (ob nun durch Eltern oder Schule oder oder oder, sei dahin gestellt) sehr wichtig ist.


jean stubenzweig   (27.04.09, 15:09)   (link)  
Heute früh sah ich
bei meinem Früheinschlaffernsehen (ich habe ja so einen seltsamen Nachtrhythmus) bei phoenix die politische Dame Martina Fietz von Cicero – daß die Pro-Reli-Entscheidung am Wochenende stattfand, hatte ich gar nicht auf der Reihe, als ich heute früh schrieb –, die da meinte, die rot-roten Sozis hätten's mal wieder geschafft und die Stadt sei nach wie vor geteilt und so weiter in diesem Ton; im Land mit in einer abendländischen Tradition sei der christliche Glaube Verpflichtung und lehre eben genau das, nämlich ethisches Verhalten. Meine Güte, dachte ich da, da es mein' Gott nicht gibt, was ist denn das für eine eigens eingeladene Modellintellektuelle, die intellegere nicht kennt: erkennen, verstehen, unterscheiden also, was sind denn das für Ansichten, die letztendlich aussagen, Missionare würden jungen Menschen wertfrei Anstand beibringen? Die Bergpredigt funktioniere auch ohne Religion, las ich vor einigen Wochen und fügte an: Gemeinschaft gab es lange vor dem Christentum; jeder hatte auch zu dieser vorchristlichen Zeit ein Zuhause, Paster Johannes. Frau Fietz durfte ohne Einspruch des Moderators ziemlich genau die Worte des Pro-Reli-Vorsitzenden wiederholen, die ich vergangene Woche von dem gehört hatte. Da dachte ich bereits, meine Güte, was für ein Unsinn: «... das eigentliche Problem sei, dass der Bildungsstand hierzulande hoch sei, das Glaubenswissen aber gering.» «Glaubenswissen», welch ein Begriff. Das klingt für mich wie Kreationismus. Die Bibel, das alte oder das neue Testament, den Katechismus als Lehrbücher. Was für ein Unsinn, das als Wahlfach zu fordern, da der Unterricht so gedrängt sei und derjenige Religion an den Unterricht anhängen müsse, der diese Lehre brauche. Wer den als Kind belegt, tut das doch ohnehin auf Forderung solcher Eltern, die den Kindertag ohnehin vollstopfen mit Ballett, Klavier und Chinesisch für Fortgeschrittene.

Und da sind wir wieder dran an ihnen, noch bevor sie vierzehnjährig sind, jetzt wiederhole ich zur Abwechslung Sie als jemand, der in der DDR aufgewachsen ist: «Wie kann ein vierzehnjähriger Mensch, der zuvor auch noch dogmatisch unterwiesen wird, darüber befinden, ob es moralisch oder was auch immer rechtens ist, als sogenanntes Vollmitglied in eine Kirche eingewiesen zu werden wie in die Umgatterung einer Schafherde?» Der West-Gatte der Dame, beide um einiges älter als Sie und sie wie Sie im Osten aufgewachsen, aber aus einer zutiefst christlich glaubenden Familie kommend, diese beiden Kirchenmitglieder und meine gestrigen Gesprächspartner wußten nicht, daß beim Austritt aus ihrem Verein Gebühren erhoben werden, und waren deshalb erschüttert. Und auch nicht rot-rot sind die beiden, sondern Schleswig-Holstein, vermutlich sogar eher CDU-Wählerschaft, aber eben eine, mit der ich gut leben kann, weil sie Andersdenken zuläßt und nicht in die Kolonien geht, um zu missionieren (sie führt demnächst in China Regie), meinten gar, das sei Fundamentalismus. Das wiederum ist ein Begriff, der in deutschen Landen nahezu ausnahmslos im Zusammenhang mit dem Islam verwandt wird – den ich im übrigen, das dürfte klar sein, wie alle anderen Religionen ablehne. Was jedoch nicht heißt, daß mit Arabern, Türken und sonstigen Allahgläubigen nicht wunderschön zusammensitzen ist, am besten noch ein paar von anderen Religionen dabei, auf daß die Mischung stimme.


vert   (30.04.09, 02:39)   (link)  
wer mal mit mennoniten diskutiert hat, weiß was (christlicher) fundamentalismus ist.
meiner hat sich danach sechs wochen lang krank gemeldet und ich durfte seine arbeit mit erledigen. ein pyrrhussieg.


jean stubenzweig   (30.04.09, 02:51)   (link)  
Vorstellen kann
ich mir das durchaus. Nicht, daß ich sie mir herbeisehne – aber wo trifft man denn auf die? Mir ist noch keiner begegnet. Sitzen die nicht überwiegend in den USA?


vert   (30.04.09, 02:57)   (link)  
es gibt so ballungszentren für gottgefälliges leben. da fängt man dann irgendwann an, seine kinder nicht mehr zur schule zu schicken und dergleichen. wegen der dort gelehrten sünde. aber derzeit setzt der große exodus nach kanada ein, ins nächste gelobte land.


jean stubenzweig   (30.04.09, 03:16)   (link)  
Eben, da ich das lese,
kommt's mir in die Erinnerung: Über Waldkraiburg gab's mal ein Fernsehfeature, in dem die auch auftreten durften. Das ist schon zum Fürchten.

Was ich nicht verstehe: Was will Canada mit denen? Dort siedeln darf man doch nur, wenn man eine gute Ausbildung hat. Ist das etwa der Fall – ohne Schulbildung etc.?!

Womit mir allerdings nicht klar ist, weshalb mir Ihr interessanter Beitrag seinerzeit nicht untergekommen ist. Wahrscheinlich war ich gerade außerhalb dieser wirklichen Welt.


vert   (30.04.09, 03:26)   (link)  
homeschooling rules
die gemeinden bürgen für die nachziehenden und im gemeinsamen fleiß können sie für einander aufkommen. fleißig und arbeitsam ist man ja. (mit ausnahmen, siehe oben. aber wahrscheinlich war es einfach unzumutbar neben dem bösen zu arbeiten)...

vielleicht kannten wir uns da noch nicht?


jean stubenzweig   (30.04.09, 03:44)   (link)  
Wahrscheinlich
noch nicht so gut, wie ich eben herausgefunden habe.

Die werden aber vermutlich auf das eine oder andere Böse treffen. Doch das verteilt sich besser in den canadischen Wäldern, man kann ihm dort vermutlich besser aus dem Weg gehen.

Andererseits: Daß Canada das zuläßt?! Wobei klar ist, daß das Land überaltert ist und Nachwuchs benötigt. Und das fluppt ja wohl bei den Gottesfürchtigen.


damenwahl   (28.04.09, 23:32)   (link)  
Kreationismus gehört zu den Erfahrungen, die mir erfreulicherweise erspart blieben in meiner amerikanischen Schulzeit, weil ich Chemie belegt habe. Ich kann mich aber gar nicht genug wundern über all die Läden und Vereine, die sich hier in den Staaten mit "Christian Science" beschäftigen - ich halte das ebenfalls für einen Widerspruch in sich.

In die Kirche einzutreten für die Hochzeit in Weiss finde ich völlig akzeptabel, schlimm jedoch Menschen, die erst in Weiss heiraten und dann so schnell wie möglich austreten zwecks Steuerersparnis. Es gab da einige Exemplare im Bekanntenkreis. Die Austrittsgebühr hingegen finde ich unglaublich, das hätte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen können!


jean stubenzweig   (29.04.09, 01:11)   (link)  
Genau so sehe ich das.
Christliche Wissenschaft. Wie soll das funktionieren? Ersteres ist funktionslos, da Glauben. Letzteres will Belege, die hier nicht beigebracht werden können. So ist es eben: «Ich ahne und vermute, es liegt was in der Luft», das reicht, meinetwegen «Gott sei Dank», eben nicht aus.

Das mit der erforderlichen Vereinsmitgliedschaft für das Ritual Ganz-in-Weiß fordern auch nur die Schwarzen. Eines meiner zahlreichen Kinder mußte nichtmal in den Glaubensclub eintreten, um der Braut Wunsch nachzukommen, mit Schleppe und crèmeumwandet aufzutreten; vom reinen Weiß abweichend, da man das Bäuchlein mit dem vierten Kind dann doch recht deutlich sah. Da ist die evangelische Kirche dann doch etwas «fortgeschrittener»; ich kann nicht anders, als solche Praxis zu apostrophieren. Aber Mitgliedschaft hin oder her – gesondert bezahlt werden will jedes einzelne Teil dieses Procederes trotz bräutlich entrichteter Kirchensteuer, da mag die Festrede des Pastors und die gesangliche Anrufung des ehelichen Friedensrichters da oben noch so rhetorisch miserabel beziehungsweise erschütternd (schlecht) gewesen sein. Und das, obwohl hier meines Erachtens dann doch der bereits entrichtete Vereinsbeitrag allein greifen sollte. Aber das neue Büro des Pfarrers will ja auch irgendwie bezahlt werden.

Austrittsgebühr, nicht zu vergessen die erwähnte Kirchensteuer für Konfessionslose, das allerdings schlägt alles, angerichtet von den Kirchenlobbyisten, die vor den Politikertüren hocken wie die Crashmanager des Bankenunwesens. Deshalb auch hier nochmal: im laizistischen Frankreich gibt es sowas nicht. Und trotzdem gehen viele Menschen in die Tempel. Da wird eben gespendet.

Aber um all das Finanzielle geht's es mir ohnehin nicht vorrangig. Meine Kritik zielt in erster Linie auf die bewußte christlich-dogmatische Infiltration von Kindern, die ich für Mißbrauch halte. Den Kleinen und Jungen wird eine Entscheidung aufgezwängt, von der sich zu lösen ihnen später schwerfällt. Bei Bufflon ist eine kleine Köstlichkeit zu lesen darüber, wie die Angelegenheit mit dem lieben Gott und dessen Sohn ohne Pfarrers Einweisung gesehen werden kann.


cabman   (28.04.09, 23:43)   (link)  
Es bedarf keiner beeideten Vereinszugehörigkeit, seinen Glauben mit Leben zu füllen. Glauben ist intim und gehört der Seele, die es vermag sich dem hinzugeben, ganz allein. Das schreibe ich übrigens auch als Konfessionsloser, der eher einen universellen Glauben sein Eigen nennt.


jean stubenzweig   (29.04.09, 01:46)   (link)  
Universeller Glaube?
Ich kenne da nur einen, und der war angeregt von Alfred Rosenberg. Aber möglicherweise gibt es da noch etwas anderes, das mir nicht bekannt ist. Vielleicht meinen Sie ja einen Glauben ohne Gott. Das soll mir auch recht sein. Mich betrifft das nicht. Ich hatte ja auch klar und deutlich geschrieben: Wer mich religionsfrei in Frieden läßt, der mag friedvoll an irgendeinen lieben Gott glauben, an welchen auch immer.

Ich wüßte auch nicht, daß hier irgendwo was von einer Verpflichtung zu einer Vereinszugehörigkeit steht. Man kann ja auch engagiert für die Ziele einer politischen Partei stehen, ohne deren Mitglied zu sein. Das muß ohnehin jeder für sich selbst entscheiden, ob er für irgendeine Farbe die Fahne schwenkt oder seine Seele mit einem Panzer der Erkenntnis vor Schmissen schützt.


cabman   (29.04.09, 12:45)   (link)  
Sie bestätigen sich in meiner Wahrnehmung.















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