Dem Guten, Inneren und Schönen

Nein, ein Obstverächter bin ich nicht. Das Gegenteil meine ich belegt zu haben. Als Schlagzeile macht es sich jedoch hervorragend, das sorgt für Einschaltquoten., von denen auch ich nicht frei bin. Es kommt allerdings immer auch auf die Inhalte an.

Ich dachte mir, es den Gestaltern der Drehvorrichtung des EiMac G5 zu überlassen, doch es scheint nicht so angekommen zu sein, dieses klägliche Tröpfchen an der Apfelseite hat nicht den richtigen Biß. Allzu gestaltungssicher im Sinne des klassischen Frog design sind sie nicht, diese Designer; aber vermutlich handelt es sich hierbei ohnehin um ein fremdgestaltetes Nebenprodukt. Doch insgesamt mag ich als einstmaliger, beinahe rauschhafter Konsument von noch 'ner Uhr oder noch 'nem Rasierapparat oder einer Küchenmaschine mittlerweile ja auch kaum noch Braun-Produkte kaufen, denn die sind teilweise (besonders im Haushaltsbereich) derart angepaßt an den Warenhausgeschmack des Gelsenkirchner Post-Barocks, daß ich oft gar nicht mehr hinschauen mag. So bewahre ich mir den Sch(r)ein des alten Guten mit mehr oder minder fein funktionierendem Innenleben im stillen Kämmerlein.



Und gerade über die Assoziation edle Einfachheit, stille Größe verstehe ich Ihre Gelüste. Ich war diesem Design von Anfang an verbunden, quasi fest verwurzelt in meiner Liebe zur ganzheitlichen Urmutter Bauhaus. Im Bereich der Unterhaltungselektronik gab es während der Anfänge der Apfelgestaltung meines Erachtens auch nur ein Design, das bei mir annähernd Gnade finden konnte: Sony; davon habe ich mir auch einiges zugelegt. Das lag sicher nicht zuletzt daran, daß die Japaner seinerzeit eigens für den europäischen Markt einen Gestalter engagierten, der ebenfalls aus der Schule der ehemaligen Gestaltungsschaltstelle Dieter Rams kam, der zusammen mit Hans Gugelot unter anderem meinen oben gezeigten Schneewittchensarg entwarf. Bei ihm spielte in Fortsetzung der bauhäuslichen Ganzheitstradition immer auch der Grundgedanke an form follows function eine entscheidende Rolle, nach dem Gestaltung nicht der reinen Schönheit ohne Inhalt unterlegen sein darf; ich halte Begriffe wie Designerbrillen, -möbel und so weiter ohnehin für nichts als volksverdummendes Marketing- und Reklamegesabbel, da grundsätzlich jedes Produkt gestaltet werden muß, bevor es produziert und anschließend auf die Märkte losgelassen wird.

Für mich Analphabeten der Technik und überdies Verweigerer jeglicher Lektüre zur Betriebsanleitung hatte bei Kaufentscheidungen die einfache Bedienbarkeit der Geräte immer Priorität. Seit meinen Computer-Anfängen hat ein Rechner zunächst einmal nichts anderes zu leisten als Arbeitserleichterung (zum Beispiel kein mühsames Umkleben mehr von Manuskripten et cetera), quasi der Verlängerung meiner im besten Doppelwortsinn schwergewichtigen Kugelkopf-Schreibmaschine von IBM (die eine Olivetti abgelöst hatte). Gefallen sollte mir ein solches Gerät allerdings in jedem Fall; Produkte anderer Hersteller kamen nicht nur wegen ihrer meines Erachtens mangelhaften Formgebung nie infrage (Sony bildete auch hierbei eine Ausnahme), auch mit der Bedienbarkeit haperte es enorm. Mit Schrecken erinnere ich mich an meine Versuche an einem Rechner, der unter MS DOS lief, einer sogenannten Dose. Die war um 1990 ins Gespräch gekommen, als es ums Geld ging. An die dreißigtausend Mark sollte der von mir gewünschte Quadra inclusive der (für Apple immer etwa um ein Drittel teureren) Software, alleine Photoshop schlug mit rund dreitausend Mark zu Buche, postscriptfähigem Drucker et cetera kosten. Ich verzichete aus Flüssigkeitsproblemen darauf, ein solches Gerät zu leasen war mir ebenfalls zu teuer, und wir legten uns zum Bücher- und Blattmachen dann solch ein zusammengestoppeltes Gerät zu, das einschließlich der noch benötigten Weichware zehntausend Mark kostete. Ich aber ging da nie dran, meine kalte Spaltenfüllerei betrieb ich an meinem niedlichen klassischen Äpfelchen mit einer Festplattenkapazität von, wenn ich mich recht erinnere, unter dreißig MegaByte.

Wir kennen ja das alte Snobisten-Witzchen: Ich bin zu arm, um mir billige Schuhe leisten zu können. Aber was heißt schon billig. Als ich mir vor fünfzehn Jahren ein Paar meinem Schönheitssinn entsprechende italienische Stiefeletten für dreihunderttausend Lire kaufte, wohl nicht zuletzt, weil es eine offerta speciale (nur für Frauen, die Männer mit gutem Geschmack bevorzugen) war, wurde mir rasch klar: Alles ist relativ. Nach kurzer Zeit war die Ledersohle durchgelaufen. Der deutsche Flickschuster mit den Koran-Sonderangeboten zuckte mit den Schultern, dafür gäbe es schließlich Schutzsohlen. Aus Erdölgummi! Da spürt man doch nichts mehr. Da nahm ich lieber das Kreuz auf mich und ging beim nächsten Besuch im Süden den Weg der Reklamation. Und siehe, man war einsichtig und besohlte neu. Gummi unter diesen Schuhen wäre für mich Semipuristen nämlich dasselbe, wie einen EiMäck mit Software von Bill Gates zu betreiben.

Als Stilleben-Gestalter würde ich wohl keine Karriere (mehr) machen. Zwar ist er immer noch ein bißchen kaputt, der faule Apfel, aber deshalb noch lange nicht so schief, wie ich ihn hier — exclusiv für Jagothello — darstelle.

Der Vereinigung von Gestalt und Inhalt wegen habe ich mich auch stets für andere Produkte wie beispielsweise meine Fernseher von Loewe entschieden. Da ist zum einen meine zwölf Jahre alte Bildbratröhre und zum anderen der neuere Xelos, der mich im Büro in den Schlaf brabbelt wie weiland die Erwachsenen meiner Kindheit in den nach dem Mittagessen.

Fliehende Linien, schief wie ich — exclusiv für Sie.

Die Gestaltung gefiel mir damals wie heute ausnahmslos gut, und zum anderen führten mir die Händler vor, daß auch ein technisch Minderbemittelter wie ich diese Geräte einfach bedienen kann. Was nicht hieß, daß sie mich nicht doch noch einige Male aufsuchen mußten, um Einstellungen zu korrigieren, die ich unbrauchbar gemacht hatte, weil meine Ungeduld mich immer wieder in den Griff bekommt. Aber das ist eben das nächste, auch nicht zum erstenmal geäußerte Glaubens-, besser: Wissensbekenntnis: Im Fachhandel kaufen.

Nicht nur, daß ich diese Geiz ist geil-Gesinnung nicht ausstehen kann (von der Tatsache mal abgesehen, daß diese monströsen Läden ohne fachkundiges oder richtiger: eigentlich nie anwesendes Personal in der Regel nicht einmal kostengünstiger anbieten), diese Pfennigfuchser, die sich beim kleinen Händler alles vorführen und erklären lassen, dann wahrscheinlich beim großen Anbieter oder gar via Internet einkaufen, um dann wieder in den Laden von Onkel Emil (gibt es in der Branche eigentlich schon Emmas?) zu rennen, weil sie irgendetwas nicht zum laufen bekommen. Nun denn, ich habe eben nur gute Erfahrungen mit Fachleuten gemacht. Einer, eigentlich Fachmann für Weichware, hat mir sogar zweimal meinen harten 5er EiMäck repariert, nachdem auch dem dritten Verkäufer des recht bekannten Markenspezialisten letzten Endes nichts besseres einfiel, als mich zum Kauf eines neuen überreden zu wollen.

Ich werde mir keinen mehr kaufen, nicht zuletzt, weil diese neuen Dinger eigentlich nur noch kaputtzugehen scheinen; erst DVD-Laufwerk, dann zweimal Festplatte. Wie erwähnt: Sollbruchstellen. Die alten, zum Teil vor zehn Jahren, auf jeden Fall vor 2006 gekauften (bevor Herr Gott Jobs Intel-Festplatten in seine Rechner schrauben ließ?) schnurren nach wie vor problemlos für sich hin. Aber heutzutage prüft ja sogar der Mercedes-Käufer, ob sein erstandenes Edelprodukt alltagstauglich ist. Sie sollten sich jedoch nicht von Ihren Gelüsten abbringen lassen. Erfahrungen macht man schließlich am besten selbst. Und Verständnis bringe auch ich durchaus auf. Es geschieht nämlich hin und wieder, daß ich im Kreis der Familie auch vom Enkel ans EiPädchen gelassen werde, um ein bißchen damit zu spielen. Das macht schon Spaß. Durchaus auch den Augen.

Nur diese EiPott- und EiPhonerei, die habe ich nie mitgemacht und mache ich nicht mit. Ich singe selber, und das Mobile ist ohnehin schon seit einiger Zeit abgemeldet. Für Notfälle unterwegs gibt's ein altes, bereits abbezahltes, bestückt mit vorausbezahltem Geldkärtchen. Ich spanne damit sozusagen einen Schirm auf und lasse die armen Großunternehmen der Telekommunikations-industrie nicht im Regen stehen, die siechen schließlich alle dahin und benötigen, bevor auch sie der Streßtest ereilt, prophylaktisch eine Auffrischung des Stammkapitals.
 
Fr, 14.10.2011 |  link | (3903) | 7 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Form und Sinn


jagothello   (16.10.11, 00:11)   (link)  
Ibraun
Braun (welch bieder- profaner Klang in meinen an flotte Anglizismen gewohnten Ohren: Kann das nicht mal einer umbenennen? Vielleicht in Procter & Gamble, oder so?) arbeitete jahrelang mit einem ähnlichen Geschäftsmodell wie nun heute Apple: Form vor Inhalt oder Form vor Sinn, um Ihren Rubriktitel ein wenig abzuändern.
Ich sehe da Parallelen. Schon vor Jahren kaufte ich den Braun-Rasierer für damals unglaubliche 175,- DM, obgleich das niederländische Konkurrenzprodukt billiger und besser war (vor allem am Hals!). Das befand sogar ein hiesiger, mir gut bekannter Endprodukte-Entwickler und somit gewissermaßen Nachfahre Colanis. Ich habe mich damals sehr bewusst für den schönen Schein entschieden, tue das heute bei der Handy-Auswahl auch (Ich brauche an sich kein Handy, schon gar keins für inflationäre Höchstpreise) und habe es in der Zwischenzeit immer wieder so oder ähnlich getan. Es ist diese ästhetische Dimension, die mich fasziniert. Nicht: Warum ist mir das Design so wichtig (da durchschaue ich mich und andere ganz gut, glaube ich)? Sondern: Warum giere ich nach dieser Optik, während mich jene kalt lässt?


jean stubenzweig   (16.10.11, 15:24)   (link)  
Diesem iGitt: Braun
im Sinn und Form* vor Funktion muß ich, zumindest teilweise, entschieden, na ja, ich modereriere mich ein wenig runter, ein bißchen widersprechen. Es trifft sicherlich zu, daß vieles des für Kronberg im Taunus entwickelten Geräts, zum Beispiel in der Unterhaltungselektronik, technisch nicht unbedingt den höchsten Erwartungen von Technofixen entsprach, die mir teilweise klarmachen wollten, daß es auf diese oder jene Stufe ankäme. Es gab Menschen in meinem Bekanntenkreis, die sich für unglaubliche, die hundertfünfundsiebzig Mark Ihres Rasierers (ich kann da nicht mitreden, da ich noch nie Elektrik an meine Haut gelassen habe) ziemlich übersteigende Beträge ausgaben, um sich Gerätschaften auf höchster Stufe zusammenbauen zu lassen oder zumindest bei Bose oder Bang & Olufsen kauften (bei mir hat's lediglich bis zum Telephon gereicht). Ein Klamottenladner, bei dem ich in den Mittsechzigern noch meine mir mütterlicherseits verordneten Hemden und Krawatten kaufte, erzählte mir mal, der seinem Gehör entsprechend wiedergebender Plattenspieler habe einige tausend Mark gekostet.**

Es gab erheblich voneinander abweichende Meinungen, über lange Zeit fanden Meinungsgefechte statt, die in ihrer Heftigkeit den späteren Schlachten zwischen Apfel und Dose in jedem Fall vorstanden. Vom Technischen verstand und verstehe ich nicht sehr viel mehr, als daß Strom aus der Steckdose kommt, aber man vorher den Stecker in sie hineinstecken muß. Aber von Bedienbarkeit sehr wohl. Denn ich habe, wie erwähnt, noch nie sonderliche Lust verspürt, mich mit Literatur zu beschäftigen, die zu studieren notwendig ist, um etwas zu verstehen, das ich ohnehin nie verstehen würde. Es war eher das Leselust verheißende Gedruckte, dem ich mich verschrieben hatte. Ich wollte ein Gerät einschalten müssen, knappe, verständliche Anweisungen erhalten, um kurz danach empfangen zu können und mich nicht weiter damit beschäftigen zu müssen. Das war bei Braun-Produkten, als man noch nicht sozusagen außer Haus in Fernost produzieren ließ, der Fall.

Deshalb wohl entschied ich mich etwa zu der Zeit, als ich mir den ersten Classic zulegte, wenn auch mit vorab tieftraurigen, wenn nicht gar tränenden Augen, die letzte Chance zu verpassen — ich bin in bestimmten Bereichen des Geldausgebens außerordentlich unentschlossen, manche nennen das konservativ, was in diesem Fall korrekt ist, bedeutet das Wort doch bewahren — und das Atelier geheißene Ensemble nicht zu kaufen.

Photographie: Gregor Kauls.Wikipedia (auch: größer) mit weiteren Reliquien

Ein bißchen spielte durchaus der Preis eine (Haupt-)Rolle. Denn zum Ende der Werbeaktion hin — die heutige Kunstmarktgrößen vorweggenommen hatte — gab es Restpostenhändler, die für ihre Solitäre auch schonmal dreißigtausend Mark verlangten und kriegten. Doch von mir zu lang(sam) Entschlossenem eben nicht, und so kuckte und hörte ich weiterhin optisch leidlich (die Augen, die Ohren; zwar keine Weltkriegsverletzungen, aber trotzdem irgendwie nie so richtig intakt) mit Sony, Lenco (Niederlande!) und Loewe. Die anderen Geräte, die sich bereits in meinem Besitz befanden und mit denen ich Hörerfahrungen gemacht hatte, waren meist gebraucht erstanden worden und dienten später im wesentlichen meinem kleinen Privatmuseum der Augenfreunde. Die allesamt noch quasi im braunschen Eigenheim produzierten Geräte funktionierten allerdings durchweg gut und einwandfrei. In Betrieb sind jedoch, gleichwohl kontinuierlich, alle Uhren und (für Brust- oder Gesäßtaschen allerdings etwas unglücklich dimensionierte) Rechner; ebenso das handliche Weltempfangsradio, da mag es noch so antiquiert sein; aber vielleicht hat es gerade deshalb einen Absturz in eine gefüllte Hotelbadewanne überstanden und informiert mich in meinem Körperwaschsalon auch heute noch über die weltweiten Gegenbewegungen, die, bei rechtem Licht betrachtet, so neu dann auch wieder nicht sind — vieles erscheint mir manchmal wie die Suche nach Antworten auf Fragen zwischen Vernunft- und Alltagsreligionen. Viele wollen den Rausch, aber keiner den Kater. Passen Sie gut auf sich auf. Der Kaufrausch kann gewaltig rädern.


* «Sinn und Form» war der Titel einer sozialistischen Zeitschrift, beziehungsweise ist es noch, obwohl der Sozialismus vom Kapitalismus begraben wurde; ich habe mir, wohl mangels Kreativität, den Namen lediglich ein bißchen hingebogen oder auch umgedreht.

** Aber ach, wer kauft heute noch solche mit dem Mund gehäkelte, zuvor von echt französischen Mutterraupen erzeugte, dem Vatermörder vorstehende seidene Gebilde? Ihr Ich suchende Verkäufer von Leerpapieren? Doch ja, ich, trüge ich sie noch, ich täte es. — Im Französischen, wo er geboren wurde bzw. der Begriff des ansonsten landläufig Assassin geheißene Mörder Parracide herkommt, ist er allerdings gleichbedeutend mit dem Mutter- oder überhaupt — ein (Bluts-)Aufwasch — Verwandtschaftsmörder.



energist   (16.10.11, 15:37)   (link)  
Wobei es – bei aller Abneigung – ja nun durchaus nicht so ist, daß die Apfelfirma schlechte Technik nutzen und verbauen würde.
Genauso wie eben auch schon bei Braun besitzen die Geräte ein Innenleben, das durchaus auf dem Stand der Technik ist; was man nicht selbst herstellen kann, das kauft man einfach zu (so Braun die komplette Technik der Elektrostatenlautsprecher LE1, Apple jetzt die Spracherkennung).

Wobei man Apple zugute halten muß, daß sie es hinbekommen, dieses Spiel sogar im für Normalmenschen erreichbaren Bereich zu spielen – speziell die Produkte der HiFi-Sparte von Braun waren zu ihrer Zeit ja quasi unerreichbar teuer. Die zur legendären Anlage 1000 gehörigen Boxen erreichten den Preis eines VW Käfers.


jagothello   (17.10.11, 00:22)   (link)  
Classic ist gut...
ein echter Euphemismus. Sagt man nicht eigentlich Toaster?


jean stubenzweig   (17.10.11, 16:04)   (link)  
Von Abneigung
kann auch nicht die Rede sein, vom Rummel und der Götzenanbetung abgesehen, die ich für peinlich halte. Und zweifelsohne gab es Zeiten, da sich die Braun-Fetischisten ähnlich verhielten wie heute die Appleianer; gleichwohl Braun nie so in die Breite ging, wie das heute bei der der Massenveräppelung der Fall ist. Für mich bestand auch nie ein Zweifel daran, daß es sich bei den Produkten beider Hersteller um hochwertige handelte, auch bei den hinzugekauften bzw. in die Geräte integrierten, zumindest über längere Phasen. Es mag auch sein, daß ich zu den paar wenigen Unglücklichen zähle, die mit ihrem EiMäck schlechte Erfahrungen machen, seit der Apfel mit Intel bedacht ist. Beurteilen kann ich es nicht, da mir dazu die technischen Kenntnisse oder auch die mit Neuheiten wie Spracherkennung fehlen. Mir ist lediglich aufgefallen, daß sich zunehmend mehr alteingeschworene Benutzer dieser Apfelkisten darüber beklagen; bestätigt wurde mir das übrigens von meinem Applespfleger, der von einigen seiner Kunden berichtet, die eine nachlassende Qualität beweinen. Ich kann das nur damit begründen, daß es mittlerweile an früheren Anstrengungen mangelt, die Gemeinde zusammenzuhalten. Es ließe sich vielleicht auch sagen, daß die inzwischen zu groß geworden ist, um sie noch im Blick zu haben, und obendrein dürfte das auch nicht mehr notwendig sein, da die offensichtlich über allem stehende Marke auch so meist unkritisch angehimmelt wird.

Als ich um das Jahr 2000 in meinem Stammcafé mit Blick auf die Welt des Schönen mein EiBüchlein aufklappte, war das noch eine Sensation, derentwegen sich rasch eine kleine Traube bildete und einige Menschen mit leuchtenden Augen wißbegierige Fragen stellten, etwa der Art: Ist das ein Apple? (aber französisch ausgesprochen: -ple). Das erinnerte mich an die Situation, als mir zu der Zeit, als ich der zigtausenden jährlichen Kilometer wegen noch großvolumiger, sprich commode und gleichermaßen verläßlich unterwegs war, in Besançon vor der Brücke über den Doubs ein recht abgerissener sans domicile fixe, auf altdeutsch auch als Berber bekannt, vor meine für französische Verhältnisse etwas lang geratene Voiture sprang und mich heftig nickend fragte: Ist das wirklich ein Mercedes?! Ähnliches kannte man nur aus dem Fernseher oder, wenn man denn mal dort gewesen war, aus Paris. Der kostete seinerzeit aber auch, aufgrund der extrem hohen Luxussteuer, im Land das Jahressalaire eines Vorstandsmitglieds oder sonstigen Waffen- oder Menschenhändlers. So hatte mir das mal der Freund im Lozère erklärt, nachdem ich ihm von meiner Verwunderung darüber berichtet hatte, bei Grenzübertritten häufig vom Douanier angehalten zu werden, während andere durchgewunken wurden, und besonders oft in der Provinz die Kelle der Gendarmerie zu sehen bekam, für deren fast durchweg fortgeschrittenen Semester ich dann ständig die Motorhaube zu öffnen hatte, um anschließend unbehelligt und mit wie landesüblich freundlichen oder auch friedlichen Wünschen, mit einem Bonne route Monsieur weiterfahren zu dürfen.

Es ging offensichtlich um dieses technische Wunderding, das vielen obendrein als die einzig wahre Schöpfung der Schönheit schien (ich hatte von dieser Art von Ästhetik zwar ein anderes Bild, aber die Göttin des Freundes und anderer blieb nunmal zu oft stehen, weil La Déesse immer irgendwie indisposée war, in der Regel lag's an den undichten Venen fürs Hydrauliköl). Längst ist es auch das deutsche Wunder nicht mehr. Damals reichte es aus, über ganz Frankreich ganze vier Werkstattstationen zu verteilen: Nord, Süd, West und Ost; Paris war ohnehin immer eine beinahe landesfremde Insel mit Sonderstatus. Dieses perfekte Gerät aus dem Land der Souaben ging aber auch nie kaputt, und wenn doch, dann kam von weit ein Dépanneur daher. Heutzutage gibt es bald in jedem Trou perdu eine Niederlassung, was auch nötig zu sein scheint, da, wie oben erwähnt, offenbar der Käufer eines Mercedes den Fahrzeugtester gibt. Braun-Produkte kennen nur noch, sozusagen im besten Wortsinn, Grufties. Wenn die sicherlich auch nach wie vor den Preis eines VW-Käfers und mehr zu zahlen bereit sind, aber eben nur für originalverpackte Altteile. Das ist eben wie beim aktuellen Kunstmarkt, auf dem zudem, wie auf dem der Kfz-Neuteile, bald mehr Fälschungen unterwegs zu sein scheinen als Originale.

Die Apple anhimmelnden Massen tun das, da sie der Meinung sind, nur so könnten sie ein markenreifes Leben leben. Sie haben nur noch nicht mitbekommen, daß die Manufactum-Kultur längst in einer Massenbewegung aufgegangen ist, etwa seit Thomas Hoof auch noch den Rest seiner Anteile für, wenn ich mich richtig erinnere, fünfzig Millionen Euro an Otto Billigheimer abgegeben hat und sich wieder seinen Lieblingsbeschäftigungen widmet, den Büchern und damit dem Holz. Die letzten Worte der Welt-Betrachtung scheinen mir dabei so bemerkenswert, daß ich sie gesondert herausheben will:
«[...] Seine Fangemeinde stimmt Hoof zum Schluss in den Hausnachrichten noch einmal auf neue Zeiten ein. Manufactum bietet jetzt nämlich auch Computer an. „Die Informationsgesellschaft ist schlicht nicht mehr im Stande, ihren namensgebenden Rohstoff zu organisieren, zu ordnen und zusammenzuhalten“, schreibt Hoof. Er selbst habe „mit Neugier, Erlösungshoffnung und Verzweiflung so ziemlich alle nicht-, halb- und vollelektronischen Methoden der Informationsverwaltung und Selbstorganisation durchprobiert“. Nun kommt demnächst der Sonderkatalog „Werkzeugladen für Kopfarbeiter“ heraus.

Damit will Manufactum aber nicht zur Randlochkartei oder zum Zettelkasten bekehren, sondern der moderne Versandhändler verspricht „gemischte Systeme“. Vielleicht hat sich Manufactum den Computerbauer Apple zum Vorbild genommen, und Hoof wäre dann — für wenige Monate — der deutsche Steve Jobs. Wer bei Otto diese Rolle übernehmen könnte, ist noch offen.»



energist   (18.10.11, 07:21)   (link)  
Ich glaube, die Faszination bspw. des Mercedes unterscheidet sich etwas von der des Apfelcomputers. Sie erwähnten es bereits – die Gendarmen wollten in den Motorraum sehen. Interessiert es Sie bei Ihrem Laptop, wie er unter der Haube aussieht?

Mir sind – als technophilem Nerd und Ingenieur – die Glücksmomente beim Erblicken eines sauber aufgebauten und nicht plastikverdeckten Motors, des Innenlebens eines Röhrenverstärkers oder beim ersten Aufglimmen der Power-Anzeige des selbstgebauten Funkgerätes bekannt. Indes glaube ich nicht, daß es eben das Gefühl ist, das Apple steigende Verkaufszahlen beschert.

Trennung

Das Abwandern der ganz alten Appleianer (aus den Zeiten, als der heimliche Gegner noch die Atari-ST-Liga war, bevor man dann gemeinsam gegen DOSen lästerte) kann ich auch beachten. Mir gegenüber wurde dieser Schritt meist sinngemäß damit begründet, in Cupertino wäre man so mit Selbstgefälligkeit beschäftigt, daß man verpasse, weiter gute Geräte zu bauen.

Tatsächlich konnten einige Punkte anführen, die zeitgleich zum designtechnischen Auf- einen technologischen Abstieg darstellten. Im Kopf ist mir davon nur der werbewirksam aus einem Alublock gefräste Body der Pro-Macbookreihe: sieht gut aus, ist aber ingenieurmäßig die dümmstmögliche Lösung für ein Notebookchassis.


jean stubenzweig   (17.10.11, 18:50)   (link)  
Von einem Toaster
habe ich ja schonmal gehört, beispielsweise habe ich den Trinkspruch Toast gar als Titanium in meinem Weichwarensortiment, aber im Zusammmenhang mit diesem Rechnerlein noch nie. Wie kommen Sie denn darauf?















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