Noch einen Champagnertrüffel, vergleichsweise denen des Chocolatiers von Münchens Fäkalienmarkt, der sie noch feiner herstellt als der unter einheimischen Feinschmeckern berühmte Pariser. Nein, kein Capote anglaise (ich bedauere es noch immer zutiefst, diesen herrlichen, köstlichen, aus der Schale einer Orange modellierten, leider aus dem Internet entfernt zu wissen, den ich so gerne als Beispiel für das visuell, nicht virtuell, Lukullische dieser Art von Vergnügungsverhütung angeführt habe), die Engländer kommen später dran. Zu dem ich einst seiner wundersamen Bouchée au chocolat wegen geschleppt worden war. Einen hierzulande allgemein unter Praline bekannten Bonbon obendrauf hat es gegeben, muß es geben. Doch es ist wohl vorteilhafter und aktuell verständlicher, ich entferne mich mich aus der Cuisine, wenn sie mich auch trotz der erkenntnisreichen Botschaft von Frau Anjejackert nicht dicker werden läßt, Essen sei der Sex des Alters, und gehe nach London. Der deutsche Achter hat die Schlagzahl erhöht. Er hat gesiegt. Dieser Olympiasieger heißt Lettre International. Er war zwar mal Franzose, aber längst ist er trotz seines migrantischen Hintergrunds Deutscher, wenn er auch von seinen internationalen, früher Weltbürger- oder Kosmopolitentum genannten Eigenheiten nicht lassen will, und kommt nun statt des englischen Hoffnungsmischmaschs aus Cambridge und Oxford aufs Treppchen, auf die Seite eins. Im Vorfeld wurde er ja bereits weniger mit Näglein bestickt als vielmehr reichlich mit Lorbeerblüten der Geschmeidigkeit bedacht, nun bekommt er aus Früchten beschrieben seinen Kranz. Nicht nur, daß ich vorgestern innerhalb einer Stunde Antwort auf eine Nachfrage erhielt, heute früh hatte ich von demselben Herrn einen Brief in meinem Kasten für elektrische Post. Darin machte er mich auf meine sprachliche Schludrigkeit aufmerksam, das stammt von mir, für eine derart formulierte Unterstellung wäre er wohl zu höflich. Wenn ich auch stets bemüht bin, grundsätzlich korrekt zu schreiben, ob in eMails oder sogar im Schnatterchat, so schleichen sich auch bei mir zusehends mehr Fehler ein. Das mag damit zu tun haben, daß mir mit den Jahren des Ruhealters oder auch mit dem Internet und der damit verbundenen Wurschtigkeit die Selbstverpflichtung abhanden gekommen zu sein scheint, nichts an die Öffentlichkeit hinauszulassen, das aus einigermaßen geraden und vollständigen sowie rechtschreiberisch korrekten Wörtern und Sätzen besteht und noch einmal prüfend gelesen wurde. Es mag aber auch daran liegen, nach gut zwanzig Jahren auch der Korrekturlesung keine Lust auf Perfektion mehr zu verspüren. Daß mich jemand auf Fehler aufmerksam machen mußte, das ist jedenfalls lange her. Soweit ich mich erinnere, war es vor etwa zehn Jahren ein Germanist und Lichtenberg-Forscher, von dem ich bestätigt haben wollte, die Zuschreibung der Picabia-Äußerung von den richtungsändernden Gedanken im runden Kopf, die der Museumsleiter dem im Internet überwiegend als Sprüchelieferant bekannten Göttinger Mathematiker, erster deutscher Professor für Experimentalphysik sowie Aufklärer zugeordnet hatte, sei nicht richtig. Er bat um Verständnis für seine «Pedanterie». «Meines Wissens», schrieb er mir, «ist ein fester Ausdruck (absoluter Genetiv), ‹nach› regiert auch als Postposition den Dativ, also entweder «meines Wissens› oder ‹meinem Wissen nach›. Der Dativ ist eben doch dem Genetiv sein Tod.» Als es im Bayerischen Rundfunk noch einen Sprachpfleger gab, kam das hin und wieder vor: Für hausansässige Journalisten lag einmal im Monat eine mit Rotstift eingefärbte Kladde aus, der zu entnehmen war, man dürfe dies so nicht sprechen und auch nicht schreiben, es sei nicht den Regeln der deutschen Sprache entsprechend. Eine unwesentlich ältere Kollegin pfiff mich Mitte der Siebziger mal für ein Wort zusammen, das seit einigen Jahren den Duden ziert. Das dürfte im Fall meiner neuesten Wortschöpfung durchkultuaralisiert allerdings kaum geschehen, da mag ich noch so kreativ im Sinne von irgendwas mit Medien sein wollen und bereit sein, alles über den Haufen zu werfen, was es an Reguliarien einmal gab und vermutlich nach wie vor gibt. Doch es zeigt zumindest einen Hoffnungsschimmer auf: Es gibt noch Menschen, die, wie einst ich und rudimentär noch heute, nicht lesen können, ohne ständig über Fehler, und seien es Vertipper, zu fallen; das kann einem zum Kreuz werden, verlangsamt es den Lesefluß doch enorm. Daß aber in Zeiten, in denen der Korrektor bis hin zum Schlußredakteur nicht nur bei Zeitungen, bei denen jeder sein sehr variabel gewordenes Hausdeutsch in den Rechtschreibfilter kippt, der es letztendlich eigenartig in den auch nicht mehr existierenden Satz gibt, sondern sogar in Buchverlagen längst der Prähistorie angehört, jemand vom Vertrieb einer literarischen Revue wie Lettre International nicht ohne Konzentration zu lesen vermag, das verweist auch auf die formale Qualität eines solchen Blattes. Der aufmerksame und freundliche Herr, von dem ich unschlüssig bin, seinen Namen nennen zu dürfen, weil ein wenig Diskretion noch sein möchte, hat mir auch mitgeteilt, jemand habe aufgrund meiner ausschweifigen Werbekampagne abonniert. Es wird hier ersichtlich sein, welche Minderheiten da wieder zugeschlagen haben. Aber es besteht schließlich noch Hoffnung, es könnte mehr dieser Minoritäten geben. Auf jeden Fall macht es mich ein bißchen glücklich. Weshalb ich jetzt zum Lieferanten meines noch glücklicher machenden Kuhsafts fahren werde, ja, der mit der Gattin, die keine Ganoven jagt und neben dem Weltbeglückungsgatten auch der Haussau auf der Besucherritze das Bäuchlein krault. Gut essen und trinken ohne nahrungsmittelindustriellen Capote anglaise gehört schließlich neben der virtuellen Welt des Kopfkinos auch zum Sex des Alters. «Denn wenn man Erzählungen schreibt oder liest, sieht man Landschaften, sieht man Gestalten, hört man Stimmen: Man hat ein naturgegebenes Kino im Kopf und braucht sich keine Hollywoodfilme mehr anzusehen.»
Spuren der Schwarzmalerei Das Letzte zuerst, lieber Einemaria von der schwarzen Harten Linie, in meinem Wort zum Mittwoch zur Einführung in den Wonnemonat August, ins endgültige Sommerloch, durch das die Menschheit nur noch Göttin Olympia rettet, wenn gerade keine Fußballweltspiele herrschen. Flaute herrscht nicht nur in Wirtschaft und Sozialem, et vice versa oder letzteres voran, die Bevölkerungen erholen sich auch davon. Bei mir ist zur Zeit ebenfalls Ebbe, die Einschaltquten haben sich auf die andere Seite der Erde oder auch auf die dunkle des Mondes zurückgezogen. Das dürfte der Hauptgrund sein. Es mag jedoch auch durchaus an Ihren etwas düsterer eingefärbten Malereien der Landschaften dieser Welt liegen — bei mir gerät ja hin und wieder auch ins Private entschwindender Tratsch in die Kladde, was auch nichts nutzt, weil sich dabei immer wieder Untertöne einschleichen —, daß man nicht Schlange steht. Das Volk will beplaudert werden. Einmal mehr muß ich dabei auf den einstigen Volksschriftsteller Johannes Mario Simmel zurückkommen, zu dessen enormen Hoch-Zeiten seiner Buchauflagen die Welt morgens um sieben die Welt noch in Dortmund war, dem ich einmal in seiner Hotelsuite gegenübersaß und der sich im Brustton der Überzeugung auf seinen Kollegen Friedrich von Schiller berief, der da mal notiert hatte: Die Wahrheit sei nur mit List zu verbreiten. Interessanterweise hatte sich Tage zuvor, es mögen auch Wochen gewesen sein, in derselben nach Maximilian II, dem bayerischen König benannten und seit langem nur noch dem Kaufrausch für Besserverdienende dienenden Straße, der damalige Intendant der Kammerspiele, Hans-Reinhard Müller, auf eben dieses historisch gewordene Diktum berufen. Wenn ich mich recht erinnere, Müller war unlängst verabschiedet worden, führte sein ehemaliges Haus gerade Becketts Warten auf Godot auf. Helmut Schödel — Wo ist der bloß abgebleben? Wo bin ich bloß abgeblieben, der ich mal die Welt retten wollte? — schrieb darüber in der Zeit unter dem Titel Das Glück am Ende des Tunnels in einer ausholenden Anmoderation seiner Kritik unter anderem über Erich Wonders Düsseldorfer Performance Scratch: Das ist nicht nur die englische Vokabel für «kratzen», sondern auch eine neue Art, Musik zu machen. Man mischt Platten ineinander, läßt Musikstücke sich überlagern und spielt sie mit falscher Geschwindigkeit oder rückwärts ab. So wie Heiner Goebbels die Musik, hat Erich Wonder den Räum erfunden: lauter konkurrierende Einfalle, die einander nicht zu einem kompletten Bild ergänzen, sondern sich gegenseitig überlagern, übertreffen, unterbieten, zerkratzen. Eine sehr deutsche und gründliche Performance, die von ihren attraktiv arrangierten, eindrucksvoll choreographierten amerikanischen Vorbildern nur noch einen Kratzer übrigläßt. Zerstörung einer theatralischen Form.Wir hatten über Kunst und Geld gesprochen. Sowohl Simmel als auch Müller und ich. Es war die Zeit, in der man begonnen hatte, unweigerlich aufs Geld zu kommen, sprach man über Kunst. Heutzutage ist die Rede nur noch vom Erstgenannten. In den meisten Zeitungen, da stehen die Öffentlich-Rechtlichen kaum hintenan, die Privaten halten sich dem ohnehin fern, es sei denn, man kann damit Geld machen, was so abseitig nicht mehr ist, oder so: findet gleich gar keine Kunst mehr statt. Alle Kultur ist unter Unterhaltung summiert. List ist gar nicht mehr erforderlich, man würde in einer Zeit, in der Menschen einander grundsätzlich mißverstehen, wenn hinter jedem zweiten Wörtchen nicht eines dieser, wie Erik Prieditis sie nennt, Kniepenmänneken zur Unterstreichung eines Scherzchens oder Ironie steht. Letztere wird gar überhaupt nicht mehr verstanden, es sei denn, einer hält ein Schild hoch, auf dem geschrieben steht, nun habe man gefälligst zu lachen, wenn man schon ins Fernsehen eingeladen worden sei. Ich bin vor kurzem von der Idee überfallen worden, mich bei einem, wie auch anders, professionell betriebenen Chat anzumelden, weil mir nach Plaudern zumute war und mittlerweile sämtliche Dorfkrüge geschlossen sind (hier ebenfalls erwähnt), in Frankreichs kleineren Ortschaften haben die Bistrots wenigstens noch bis etwa zwanzig Uhr geöffnet, weil alles nur noch im Fernsehen sitzen und sich auf Befehl auf die Schenkel klatschen will. Ich habe es relativ rasch wieder aufgegeben nach meinen paar Versuchen, leicht scherzhaft mit solchen Sachen wie Godot oder Wahrheit oder List von Themen wie Haus und Garten und Unfrieden in zwischenmenschlichen Beziehungen abzulenken. Als ein vermutlicher Klugscheißer war ich nicht gelitten von der immerselben Gemeinde, die ihr Kathedrälchen sauberhalten wollte. Hinzu kam, daß ich konsequent auf diese Befindlichkeitshiero- oder, wie der Düsseldorfer schwarze Mark sie genannt hat, Gefühlsglyphen, Nnier beschrieb diese Hintergrundgeräusche so, «da kommen die Smileys mir vor wie der Tusch und das eingespielte Gelächter bei der sog. "Comedy", wenn der Gag (nach Reichswitzordnung ohnehin durch dumme Grimassen und hysterisches Gefuchtel vorschriftsmäßig markiert) noch mal als solcher gekennzeichnet wird», ich also auf all das verzichtete, als Quasselpartner nicht gleichberechtigt anerkannt wurde. Nein, nicht von jugendlichen Sabblern, sondern von Menschen, die überwiegend zumindest das vierzigste Lebensjahr überschritten hatten und die sich, nach den sogenannten Profilen zu urteilen, täglich auf die (von mir demnächst zum Unwort des Jahres gewählte) Herausforderung durch das Leben vorbereiten. Man will von niemandem (Mehr? Oder war's schon immer so? Habe ich lediglich im falschen Leben gelebt, im falschen Film mitgewirkt?) etwas wissen, der nicht in heiteren Farben aquarelliert. Der Alltag ist schwer genug zu ertragen, er kommt ausreichend schwarzgewandet daher. Diese Bilderberger in ihrem unerreichbaren Ambiente machen doch ohnehin, was sie wollen, da kann man doch nichts machen. Da muß man nicht auch noch ständig darauf hingewiesen werden. Wissen Sie, lieber jungfräulicher Einemaria, eigentlich, was diese Leutchens lesen, die da so immerfröhlich vor sich hinquasseln und über das sie durchaus bereit sind, sich auszutauschen? Ich lese dort, wo ich geschattelt habe: «am Liebsten Psychothriller», mit Bücher sind meistens diejenigen gemeint, die in Stapeln in den, ich war kürzlich in einer, sogenannten Bahnhofsbuchhandlung vorzufinden sind, die, wie in der vor Hamburg gelegenen Schlafstatt Ahrensburg, nicht einmal mehr eine ausländische Tageszeitung führen, Übersetzungen durchweg aus dem USAmerikanischen, als ob's diesen Niedrigmüll nicht auch im Deutschen gäbe, aber den dann wiederum lieber «mit historischem Hintergrund», was in der Regel meint: irgendwelche Schmachtfetzenschinken, die können gar nicht dick genug sein, dafür findet sich immer irgendwie Zeit, die in einem minnesängerischen Mittelalter angesiedelt sind, dem Hochadel, mit feinen Roben, wie im Fernsehen eben, bei Guido Knopp und seinen der USBBC nachempfundenen Seifendokumentationen, das wie dargestellt nie existierte. Eine «Dozentin im Bildungswesen», ich nehme mal eine beispielhaft heraus aus dem Chatangebot, die Griechisch, Französisch, Englisch, Deutsch drauf hat: «Ich zappe, Serien, Krimi». Sie alle lesen nicht einmal mehr Johannes Mario Simmel, der wie sein Kollege Schiller immerhin versucht hat, die Wahrheit mit List, also unterhaltend zu verbreiten. Ich versuche, Unterhaltung zu suchen für Le Monde diplomatique und Lettre International, aber die Leutchen, die Sie und manchmal auch ich zu gewinnen suchen, dürften die größtenteils allenfalls vom Hörensagen kennen. Und da kommen wir mit unseren Aufforderungen zur Revolution. Wissen Sie Sonderling, für die Masse sprechender Minderheitling überhaupt, was das bedeutet? EiPhone, EiPäd, das ist revolutionär. Sogar die von mir mehr als geschätzte Frau Braggelmann ist seit kurzem von dieser Revolution ergriffen. Aber immerhin besucht sie mich hin und wieder, um die Schwarzmalereien meines Fundusses auszu-graben und zu begutachten, ohne dabei gleich über den Unterhaltungswert an der Börse zu spekulieren.
Internationale Briefe Darauf gekommen bin ich durch eine der flammenden Reden gegen die Volksverdummung der hartlinigen «göttlichen Jungfrau Einemaria». So ein bißchen vierbuchstäbig plakativ mag der Titel ja sein, er entspricht nicht unbedingt meinem sicherlich etwas seligen, also moderaten Verlangen nach Aufklärung, aber auch ich sehe manchmal ein, daß es notwendig sein könnte, dem gerne wegsehenden Volk wegweisend zwischen die Hörner dreschen zu müssen, auf daß es lerne, wo's langgeht: Dönerterror — Totet Kinder und Frauen. Geschrieben hatte ich ihm: «Ich verdaue noch heute an der der wohlgesonnenen Vita-Zeichnung, die vom Friedensnobelengel Henry Kissinger hergestellt wurde. Bis ich vor etwa zwölf Jahren in Le Monde diplomatique über die Machenschaften dieses Kriegstreibers las (ich schaue mal, ob ich's in meinem Archiv wiederfinde; aber Sie kennen's wahrscheinlich ohnehin).» Aber es war nicht das französische Blatt, das in Übersetzung sowohl der schweizerischen WOZ als auch der deutschen taz (der Hans Pfitzinger bis zu seiner Seligkeit seine herzblütige Kritik widmete und die von anderen unter dessen Namen beziehungsweise unter Pfitzinger's Social Media Welt sozusagen unterirdisch weitergeführt wird) beiliegt, dem ich dieses Wissen entnahm, um es innerhalb meiner sentimentalen Reise Zwei Tage unter dem Liebesbrief Alles friedlich ... hier der Öffentlichkeit preiszugeben. Weblogs gab es zu dieser Zeit noch längst nicht, jedenfalls nicht im heutigen Ausmaß, über die man in der Lage gewesen wäre, an Informationen zu gelangen, die über das hinausgehen, was Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen zu tagwacher Zeit bieten, wobei letztere nicht einmal im Redaktionstraum daran dächten, all das an Wissen zu veröffentlichen, über das sie tatsächlich verfügen. Es könnte einen potentiellen Anzeigenkunden zurückschrecken lassen, einen angestammten gar verjagen oder aber, was sich als ärgste Sünde herausstellen könnte, die demokratisch gewählten Monarchen verärgern. Das ist in Deutschland so wie in Frankreich oder anderswo. Man erzähle mir nichts von redaktioneller Unabhängigkeit, ich war lange genug dabei. Und daran hat sich nichts geändert, schon gar nicht in diesen Zeiten, in denen vor allem die Blätter medaillisch so glänzen wie aktuell in London. Das war auch vor rund zehn Jahren so unterschiedlich nicht zum aktuellen Stand. Wer tiefer einsteigen, mehr wissen wollte über Hintergründe, Ursachen und Wirkungen, der war nicht in der Lage, dem abonnierten Provinzblatt Tiefgeschürftes zu entnehmen, und auch bei Rundfunk und Fernsehen war man gezwungen, sich dann zuzuschalten, wenn die Allgemeinheit, wenn die Werktätigen längst schliefen, um am nächsten Tag ihre Arbeitskraft vollumfänglich, mittlerweile noch weitaus vollumfänglicher als vor etwa zwölf Jahren so preiswert als möglich denen zur Verfügung zu stellen, und sei es durch jahrelange Praktika oder kapitalschonende Zeitarbeit. Seinerzeit bot das Internet längst noch nicht die heutige Informationsflut, in der heutzutage die meisten überdies zu ersaufen drohen, weshalb sie die Möglichkeiten, mehr über die Welt und damit sich zu erfahren, erst gar nicht nutzen. Um die Jahrtausendwende noch waren diejenigen, die mehr wissen wollten, auf weiterführende Literatur angewiesen. Ich gehörte dabei glücklicherweise denen an, die Zugang zu Archiven hatten, in denen nicht nur gewissenhafte und durchblickende Mitarbeiter manchmal eine Vorauswahl an Artikeln oder oder auch Buchtiteln trafen, die bei einer Recherche weiterhalfen, sondern die oftmals auch Zeitschriften im Abonnement führten, die einem Orientierungen lieferten, wo man weiter suchen könnte bei seinen archäologischen Ausgrabungen der Geschichte machenden Ereignisse. Lettre Internationale, die 1984 von Antonín Jaroslav Liehm in Paris gegründete Zeitschrift, gehörte zu meinen Wegweisern, 1988 kam die deutschsprachige, die deutsche, von Frank Berberich auf den Weg gebrachte Ausgabe hinzu. Das Original ist tot, die deutschen, italienischen, rumänischen, spanischen und ungarischen Ableger leben (noch?). Es gilt, sie am Leben zu erhalten. Denn sie waren es, die einen Großteil dessen, das wir in die Jahre Gekommenen wissen, in das hineingearbeitet haben (Schlußkorrektur durch Lettre), was wir auch an Jüngere weitergegeben haben und das zu weiten Teilen auch im Internet immer wieder durchschillert wie das Goethe-Denkmal im lieblichen Vorgarten zu Weimar. Da ich durch und durch deutsch durchkulturalisiert (Endkorrektur durch Lettre) bin, ist mir am Erhalt der hiesigen Ausgabe gelegen, zumal die französische das Zeitliche gesegnet hat. Deshalb rufe ich, als wär's meine eigene flammende Rede, das hinaus, was zwar jeder anklickend nachlesen könnte, es aber in der Regel nicht tut. Soeben wurde ich gebeten, noch bis nächste Woche mit der Veröffentlichung zu warten, da die Entscheider sich noch im Urlaub befänden. Er sei ihnen gegönnt. Ich aber mag nicht warten. Wer weiß, welch neuerliches Zipperlein mich bis dahin ereilt hat und mich von der Tastatur fernhält. Außerdem bin ich ein ungeduldiger Mensch, der seine gerade in die Denkmaschine übertragenen Gedanken auch in die Welt hinausposaunen will. So bleibt mir, nur ein Fitzelchen zu zitieren: Im Land der Dichter und Denker ist es ausgerechnet die Zirkulation von Ideen, Analysen, Beschreibungen und Reflexionen, für die im Unterschied zu fast allen anderen Formen der Kunst und Kultur keine systematische Förderung der notwendigen Infrastruktur vorgesehen ist. Die wenigen Möglichkeiten, die es gibt, um eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zu erhalten, zeichnen sich durch weitgehende Intransparenz hinsichtlich vorhandener Mittel, Vergabekriterien, Jurybesetzung und Entscheidungsprozesse aus.und die Bitte, anzuklicken: Unterstützung für Lettre «Spenden sind zur Zeit steuerlich nicht abzugsfähig.» Das ist schließlich keine Partei. Da mag das Blatt auch noch so Partei ergreifen. In mir keimt die Überlegung, Lettre International testamentarisch zu umarmen. Für erste hab' ich mal ein Abonnement verschenkt. Zum Erhalt von Dichtung und Wahrheit. Außerdem muß der Rentner aufs Nickerchensofa.
|
Jean Stubenzweig motzt hier seit 6028 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 07.09.2024, 02:00 ... Aktuelle Seite ... Beste Liste (Inhaltsverzeichnis) ... Themen ... Impressum ... täglich ... Das Wetter ... Blogger.de ... Spenden
Zum Kommentieren bitte anmelden.
AnderenortsSuche: Letzte Kommentare: / Echt jetzt, geht noch? (einemaria) / Migräne (julians) / Oder etwa nicht? (jagothello) / Und last but not least ...... (einemaria) / und eigentlich, (einemaria) / Der gute Hades (einemaria) / Aus der Alten Welt (jean stubenzweig) / Bordeaux (jean stubenzweig) / Nicht mal die Hölle ist... (einemaria) / Ach, (if bergher) / Ahoi! (jean stubenzweig) / Yihaa, Ahoi, Sehr Erfreut. (einemaria) / Sechs mal sechs (jean stubenzweig) / Küstennebel (if bergher) / Stümperhafter Kolonialismus (if bergher) / Mir fehlen die Worte (jean stubenzweig) / Wer wird schon wissen, (jean stubenzweig) / Die Reste von Griechenland (if bergher) / Richtig, keine Vorhänge, (jean stubenzweig) / Die kleine Schwester (prieditis) / Inselsommer (jean stubenzweig) / An einem derart vom Nichts (jean stubenzweig) / Schosseh und Portmoneh (if bergher) / Mit Joseph Roth (jean stubenzweig) / Vielleicht (jagothello) «Ist Kultur gescheitert?» ? «Bitte gehen Sie weiter.» Suche: Andere Worte Anderswo Beobachtung Cinèmatographisches + und TV Fundsachen und Liebhaberstücke Kunst kommt von Kunst La Musica Regales Leben Das Ende © (wenn nichts anders gekennzeichnet): Jean Stubenzweig |
|