Männer. Väter. Ein Wutausbruch.

Ich finde Männer todsterbenslangweilig. Und sie mich sicherlich ebenso. Ich tue mein mangelndes Interesse an ihnen ja häufig genug kund. In letzter Zeit merken sie es nicht mehr so, da ich kaum noch hinausgehe. Genau. Sie merken nix. Mit euch Mädels kann ich fast immer über fast alles sprechen. Ihr hört zu. Ich lerne von euch, zuzuhören. Manchmal merkt ihr euch auch was. Nein. Sogar viel. Ich weiß schon, weshalb ich nicht nur gerne unter Frauen bin, sondern mit Vorliebe auch mit ihnen arbeite. Eure Intelligenz ist offensichtlich. Aber ihr tragt sie nicht vor euch her wie eine Standarte der Intellektualität. Wenn ich mich — mal wieder — wegen meiner miesen Laune schlecht benommen habe, kann ich mich entschuldigen, und es geht wieder. Männer empfinden alleine meine häufige Abwesenheit bei ihren Veranstaltungen als persönliche Beleidigung. Frauen fragen mich nach den Gründen meiner Absenz. Ich kann ihnen sagen, daß mich nicht nach der sich ständig wiederholenden Welt da draußen gelüstet. Sie verstehen es. Manche erkunden sogar vorsichtig, ob mich nach einem Gespräch dürstet. Wenn ich Autorinnen vermittle, was mir an ihrem Text nicht so gut gefallen hat, liest sich das in der Regel beim nächsten Mal weitaus besser. Männer rühren denselben Quark erneut an. Keine Zeit und so. Und kicken sich — jedenfalls bei mir — so selber raus. Anderswo dürfen sie meistens denselben Sermon wieder abgeben. In leichter Abwandlung eben. Seit dreißig Jahren ein einziges Selbstzitat. Und es wird gedruckt. Anderswo. Während die Mädels zunehmend das Terrain erobern. Mit Recht. Weil sie nachdenken, sich auch schonmal neue Gedanken machen. Zuverlässig sind sie auch noch. Jedenfalls weitaus mehr als Männer. Die können zwar einen Plan entwerfen, ihn aber nicht einhalten. Frauen fragen sich vermutlich — weitaus vernünftiger —, wozu brauche ich einen Plan, wenn ich ihn ohnehin nicht einhalten kann? Dann stelle ich fest, daß dies die wahre, die richtige, die einzige Logik ist, muß herzerfrischt lachen, nenne einen neuen, einen letzten Termin. Das funktioniert dann meistens. Meistens. Und: In einem Punkt bewundere ich euch Frauen nachgerade, weil ein Mann das nie hinbrächte: Kinder in die Welt setzen und aufziehen und dabei auch noch lieb sein zu ihnen — und trotzdem beruflich alles auf die Reihe kriegen. Ich frage mich so oft: Wie schafft ihr das eigentlich alles? Nun gut. Manchmal schafft ihr es eben nicht. Ich kenne da so einen Fall aus meiner Familie. Aber da ist ja auch ein Vater in die Kinderlosigkeit einer anderen geflohen. Doch die meisten Frauen, die ich kenne, schaffen das dennoch. Und ich erstarre in Ehrfurcht dabei.

Die Väter. Daß sie jetzt mit dem Kinderwagen auf die Straße gehen und sich nicht mehr schämen müssen — und es oft genug dennoch tun? Das bißchen Windelnwickeln. Wir haben das — vor und nach der sogenannten Revolution — längst getan. Also vor über vierzig Jahren. Und andere vor dieser Zeit. Was ist denn schlimm an Kinderkacke? Wir haben sie doch allesamt mal selber produziert. Und ich sehe auch, wie sie ihre Kinder auf dem Arm halten. Möglicherweise liegt es in der Natur der Sache, daß eine Mutter ihr Kind näher an sich dran hat, als ein Mann das spüren und somit zeigen kann. Aber häufig genug sieht es aus, als ob man ihm ein Stück Gummi in die Hand gedrückt hat, mit dem er nicht weiß, was er im Heimwerkerstall damit anfangen soll. Und wenn es sich mal anders ergibt, macht er gleich wieder 'ne Riesen-Performance draus. In einem südlichen sehr großen Dorf voller schöner Menschen lebt ein Schauspieler — so ein Dauerlutschergesicht, das aus einer einzigen Einstellung besteht: schöner männlicher Mann sein. Der ungern an seine Vergangenheit als der Pimpf erinnert wird, der mir mal beim Theaterfestival aus einem Zelt entgegengekrochen kam. Der also immer so tut, als ob er bereits als Filmstar der dreißiger Jahre auf die Welt gekommen wäre. Ständig so'n cooles Kameragesicht. Dieser Mann wurde Vater. Das sah aus, als ob das Kind aus ihm, aus seinem Waschbrettbauch herausgekrochen wäre. Er hat es quasi ständig in die Kamera gehalten — auf daß man sein Gesicht sehe. Das Gesicht des Vaters! Und wenn man ihn genau beobachtet hat, dann hat man's, habe ich's gesehen: Sobald das Interesse an dem schönen Mann als Vater erlahmt war, hat er das Kind der Mama in der Arm gedrückt — hier nimm. Hab keinen Bock mehr. Alles Schau, kein wirkliches Interesse am Kind. Und die andere Version: ab und zu mal sonntags auf die Wiese und in den Zoo mit den Kleinen. Sonst ist ja keine Zeit, weil sie bis in die Nachtstunden Karriere machen müssen und am Abend die auch noch mit nach Hause bringen. Ich kenn's, wie erwähnt, aus der Familie. Und nicht nur von dort. — Es nutzt doch nichts, wenn sie mit dem Bündel nichts anfangen können. Später Auto- und Fußballspielen und was sonst noch alles, was Männer unter sich so tun. Deshalb immer Jungs haben wollen.

Wer seiner Frau Entfaltung gegönnt hat, dem hat es auch früher nichts ausgemacht. Es gibt genügend Beispiele. Ich will jetzt nicht schon wieder von der eigenen Familie erzählen. Denn auch aus anderen Ecken kenne ich viele Fälle. Und ältere! Wirklich ältere. Das hat es immer gegeben. Es ist alles eine Frage der Gesinnung. Und Windeln gewickelt haben Männer früher eben auch. Sehr viel früher, als gemeinhin angenommen wird. Es wird nur nicht darüber gesprochen. Mir ist nie klar gewesen, weshalb so etwas überhaupt diskutiert werden muß.

Ein Nachtrag
 
Sa, 31.01.2009 |  link | (4919) | 35 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Ansichten


hanno erdwein   (31.01.09, 15:13)   (link)  
Ja, sie sind selten zu finden
die einfühlsamen, aufmerksamen und sanften Männer ohne Macho-Gehabe. In der Regel schämen sie sich einer falschverstandenen Feminität. Es stimmt, Frauen sind ganz anders drauf und sind überraschend tüchtig - was sogenannte "echte Männer" nie zugeben. Daher existiert nach wie vor eine schier unüberbrückbare Kluft zwischen Männern und Frauen und keiner versteht bis ins Lezte den andern. Schade ... Hanno


sabinef.   (01.02.09, 11:19)   (link)  
Trächtigerer
"Männer können genauso schwanger werden wie Frauen. Manchmal werden sie sogar schwangerer."

Vatersein als LebenssinnDeutschlandradio, 14.01.2009
Stefan Rehberger: Träum weiter! Rowohlt, Berlin 2008
Rezensiert von Vladimir Balzer


jean stubenzweig   (01.02.09, 12:29)   (link)  
Die Kehrseite
mag das sein, ausreichend Stoff für den einen oder anderen mehr oder minder gelungenen satirischen Hüpfer; im Netz macht man sich seit langem lustig über die neuen Väter Berlins. Andererseits: Was spricht dagegen? Möge jeder nach seiner Façon glücklich werden. Mich stört es nicht, wenn mittlerweile Papa die Brust gibt (ich hingegen bevorzuge nach wie vor die von Mama). Doch ich weise ja darauf hin: Das ist nichts Neues! Das hat's früher auch gegeben, daß Papa sich ums Kleine gekümmert hat. Allerdings hat man damals nicht so ein Geschau darum gemacht. Das ist es, was mich daran nervt. Vor allem dann, wenn's nicht aufrichtig daherkommt bzw. das Spielzeug irgendwann nicht mehr knuddelig genug ist und man ab Mitte vierzig aufwärts zusehends was neues braucht. Dann bietet das Leben andere Varianten. Häufig sehr unschöne.


monnemer   (01.02.09, 15:03)   (link)  
Tja, das trifft den Nagel auf den Kopf. Das Quarkrezept hat sich auch bei mir schon lange nicht mehr geändert, aber ich habe ja glücklicherweise eine Frau an meiner Seite.
Das immer lauter werdende Bohei um banalste Selbstverständlichkeiten geht mir allerdings auch zunehmend auf die Nerven.

(was mich allerdings viel mehr interessiert: bei welcher Gelegenheit haben Sie denn den prototypischen Geschlechtsgenossen abgelichtet?)


jean stubenzweig   (02.02.09, 00:10)   (link)  
Die einfachste Antwort
und damit leichteste zuerst. Wie wir Männlein das eben ganz gerne so machen, um in der Subjektivität zu bleiben: Den «prototypischen Geschlechtsgenossen» habe ich, wie anders, selbstverständlich manipuliert, habe mir den Ausschnitt geschaffen, der mir eben in dem Kram paßte. An einem frühmorgendlichen Sommertag stand er in Berlin vor mir in seiner imposanten Erscheinung, der Straßenkämpfer.

Auf den Rest komme ich später zu sprechen. Ich muß eben erst noch ein bißchen Quark rühren.


jean stubenzweig   (02.02.09, 00:28)   (link)  
Das ausschnitthafte
Betrachtenwollen, das können nicht nur wir Jungs. Längst beherrschen das auch die Mädels – wie ich soeben festgestellt. habe. Eben: jeder so, wie er's mag.


fluechtig   (01.02.09, 15:45)   (link)  
Das ist wirklich so,
und ich bin froh, dass Sie das jetzt gesagt haben. Hätte ich das gesagt, mit den Vätern und Kinderwagen und Windeln, dann wäre es wieder als Gemeckere rübergekommen. Aber ich meckere ja gar nicht, ich bemerke nur, dass Mütter einfach machen und nicht aufzählen, wann sie wie oft des nachts aufgestanden sind oder den Kinderwagen ins Auto gewuchtet haben, weil da ein Termin anstand und das Lütte eben mitgenommen werden musste. Und wenn ich daran denke, wie dumm ein Vater zum 1000. Mal fragt, wie denn der Brei anzurühren ist - als ob ihn das alles gar nichts anginge.

Naja, bevor ich nun doch meckere, höre ich lieber auf. Aber es ist wirklich so.


nnier   (01.02.09, 17:28)   (link)  
Das wiederum
habe ich auch anders erlebt. Ehrlich bemühte Väter, die sich abrackern können, wie sie wollen, bis dann irgendeine Frau meint, sie wisse ja eh naturgegeben besser, was wie zu tun sei. Frauen, die nicht oft und nicht laut genug erzählen können, wie anstrengend das alles ist und wie sie ihren Macker beneiden, der morgens einfach aus dem Haus gehen kann. Viele Frauen sind da mindestens ambivalent: Der soll doch auch mal, und wenn er dann, dann ist es garantiert nicht richtig: Die Windel doch nicht so, die Klamotten passen nicht zusammen usw; und wenn die Mama daneben steht und sowieso weiß, dass es bei ihr alles viel besser funktioniert, beim ersten Geräusch des Missfallens dem Papa das Kind aus der Hand reißt: "Gell, bei der Mama ist's doch am schönsten" - dann wundert es mich nicht, wenn diese Männer resignieren und alles der Mama überlassen, die dann wieder nörgelt, weil er immer später nach Hause kommt. Ganz abgesehen davon, dass das Geld für den Zweitwagen und das tägliche Sektfrühstück im Café mit den ganzen anderen geplagten Müttern auch erwartet wird. Ich habe das zum Glück nicht so extrem selbst erlebt, aber ganz so einseitig ist das alles nicht, Mädels und Jungs.


fluechtig   (01.02.09, 17:38)   (link)  
Da wiederum
haben Sie auch Recht. Auch das gibt es. Dass Mütter den Vater von oben herab betrachten und gerne als Deppen dastehen lassen. Und sich damit dann wirklich irgendwann unentbehrlich machen, weil der Herr Papa sich gar nicht mehr traut, hat er so gar keine Ahnung.

Beides kein Wir.

Ich meckere jedoch noch immer nicht, sondern bemerke nur.

Es ist immer leicht daher gesagt, es anders machen zu wollen. Und das Durchschauen der Mechanismen ist noch keine Garantie dafür, darüber die Oberhand zu behalten.


nnier   (01.02.09, 17:42)   (link)  
Und das wiederum
unterschreibe ich mit dem dicken Stift!


jean stubenzweig   (02.02.09, 04:47)   (link)  
Alleine um Väter
ging es ja gar nicht. Sondern zunächst um Männer (aber die sind ja manchmal auch Väter). Erstmal war's Frauenbewunderung. Verwunderung. Nun denn, es ist, wie so oft, ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Macht ja auch nichts. Hat als Thema, wenn auch «verfehlt», ja eingeschlagen. Hat sogar eine andere Seite aufgezogen, um nicht zu sagen Saite.

Also: Ihr Mädels seid es, die mich immer wieder in Erstaunen versetzt. Ihr Jungs aber auch. Und ich bin, zumindest nehme ich das an, einer davon. So oder so. Ich habe auf meine Subjektivität noch einen draufgesetzt. Hab eine neue Seite aufgezogen.

Was mir zum Unterschreiben mit dickem Stift einfällt: Der Kabarettist Siegfried Zimmerschied ging vor etwa dreißig Jahren in eine Passauer Druckerei und fragte nach, ob er etwas drucken lassen könne. Der Druckereibesitzer: «Wir drucken alles.» Worauf der Künstler eines seiner damals heftig gegen die Kirche gerichteten Pamphlete (irgendwas mit Heiligenbildchen) hervorzog. Die Reaktion des Druckers: «Mia druckn ois, aber dees, dees druckma ned!» Unterschiedliche Auffassungen eben. Ein bißchen wirr? Macht nichts. Bin ich eben wirr.


vert   (01.02.09, 20:19)   (link)  
ein interessanter beitrag, der vor allem von seiner subjektivität lebt.
einerseits versuchen sie die biologistische geschlechterdichothomie aufzulösen, an anderer stelle wird sie durch zuschreibungen verfestigt. natürlich sind das nur beschreibungen, es gibt kein richtiges leben im falschen.

das konzept der seperated spheres ist nicht gottgegeben.
die vaterrolle ist sicher ein zweisschneidiges schwert, da gibt es viel zu lernen für beide geschlechter.
(gehen wir mal davon aus, dass heteronormative zweigeschlechtlichkeit der maßstab dieses beitrags ist, sonst geraten wir hier noch in gender trouble. naja, warum auch nicht;-)


hap   (01.02.09, 23:58)   (link)  
Heteronormativer
gender trouble in seperated spheres. Na, mich haben Sie verloren - wer mit solchen Wortungetümen um sich wirft, ist an verständniswilligen Nichtakademikern offenbar nicht interessiert. Oh wie wohl ist mir am Abend in elitären Zirkeln.
Börp! Fffurrrz!


vert   (02.02.09, 00:30)   (link)  
"heteronormativ": selbsterklärend, aber bitte: heterosexualität als norm - "geschlechterdichothomie" hat sie ja auch nicht aus der bahn geworfen...

"seperated spheres": erster google-treffer: "the idea of separate spheres was a nineteenth-century doctrine that there are two domains of life: the public and the domestic". wer welche inne hatte, müssen wir glaube ich nicht diskutieren.

"gender trouble": der einzige haken vielleicht, da wir im deutschen das wort gender nicht kennen. am besten träfe es wahrscheinlich "soziologisches geschlecht".
der komplette begriff ist ein titel der amerikanischen philosophin und literaturwissenschaftlerin judith butler, deutsch als "unbehagen der der geschlechter" erschienen.

unflätige oder gar flatulenzige geräuschkulisse tut zur untermauerung nicht zwingend not.


jean stubenzweig   (02.02.09, 05:07)   (link)  
Gemeinhin bekannt
als Hetero habe ich mich nicht aus meiner Gewohnheit herausgewagt. Allerdings möchte ich auch nicht behaupten, daß jeweils an ihrem Geschlecht orientierte Männer oder Frauen das eine oder andere nicht genausogut (oder schlecht) hinkriegen. Ich kenne welche, denen ich das durchaus zutraue. Aber vielleicht fehlt's da da noch ein wenig an Erfahrung, bis sie's in die Statistik schafft. Mir ist's auch wurscht, wer's hinbekommt. Hauptsache, dem Kind geht's gut dabei. Also, daß es zum Beispiel ein bißchen im Dreck spielen darf im Kindergarten und dort nicht Chinesisch lernen muß, bevor's am Nachmittag ins Ballett mit anschließendem Klavierunterricht kutschiert wird. Demnach: richtiges Leben im richtigen. So ungefähr jedenfalls.


vert   (02.02.09, 13:32)   (link)  
sollen sie ja auch nicht müssen, auch wenn es gerüchteweise in gewissen kreisen und zeiten geradezu obligatorisch gewesen sein soll. es war nur eine beschreibung, keine bewertung.
als landbewohner ist man an eine örtliche verinselung seiner lebenswelt zwingend gewöhnt, die zeitliche komponente dazu dürfte für kinder gelegentlich tatsächlich dimensionssprengend sein. im matsch spielen ist super - wenn man das als kind auch will (ich war ein komisches kind, glaube ich;-).
richtiges leben im richtigen. wenn man das eine zeitlang hinkriegen kann: nicht schlecht. aber lassen sie es mich so sagen: seit der erfindung von booten bleibt ja keiner auf seiner insel....
Alles Unglück dieser Welt rührt einzig daher, dass der Mensch nicht ruhig in einem Zimmer bleiben kann.
oh ich muss los!


jean stubenzweig   (03.02.09, 02:09)   (link)  
Den Faust zu heben
und mit ihm ans Tor der Gesellschaft rufen, da steh' ich nun, hat alles nichts gebracht, das bin ich fast gewillt angesichts der Theorie, die mich grau werden läßt im Gesicht, denke ich die der Geschlechter. Nöö, lieber Vert, an der habe ich mich lediglich insoweit beteiligt, als es ausreichte, nicht völlig alleine zu bleiben beim fröhlichen Herumstehen, das auch früher schon Party genannt wurde. Auf dem Gebiet habe ich mir keine sonderlichen Verdienste erworben; das war mir auch zu fade. Allerdings dürfte ich auch hier eher von der Toleranz geprägt sein, die in meinem elterlichen Umfeld vorherrschte. Es wurde akzeptiert, theoretisiert hingegen weniger. Im universitären bin ich dann eben mitgeschwommen. Was sicherlich auch zu meiner Sozialisation beigetragen hat. Auch von daher tendiere ich eher dazu, es nicht so hochzuhängen. Was andererseits der Sache an sich nicht gerecht wird, hat die Geschlechterdiskussion doch erhebliche Veränderungen in der der Gesellschaft bewirkt. Bei mir hat sich das über lange Zeit gar derart ausgewirkt, überhaupt keinen Unterschied zu machen zwischen Mann und Frau, auch keinen kleinen. Bis ich festgestellt habe, daß es doch einen gibt.

Richtig ist, daß auch die sexuellen Grenzen früher mal fließender waren (ich habe das im übrigen auch nicht als Bewertung aufgefaßt). Wobei ich mich allerdings überwiegend unter Menschen bewegt habe, bei denen das nicht weiter diskutiert, sondern in erster Linie einfach gelebt wurde. Wie's anderswo aussah, konnte ich nicht beurteilen. Da lebte ich in Arkadien. Es war recht einfach: Man wollte oder eben nicht. Ich gehörte zu denen, die die Frauen liebten. Sie waren es, die mir das Leben verschönten und, oft genug, auch erleichterten. Vielleicht liegt's ja daran, daß ich schon als kleiner Junge bevorzugt mit Puppen spielte.

Das mit dem Matsch gehört zu meinen jüngeren Erfahrungen und Weisheiten. Zu denen hat meine Büddenwarderin erheblich beigetragen. Sie hat meinen Horizont enorm erweitert. Bis vor gar nicht so langer Zeit wußte ich ja gar nicht, daß es sowas wie das Land gibt, in dem Kinder die Möglichkeit geboten wird, sich auszutoben. Ich bin von klein an großstädtisch geprägt (weshalb meine Insel wohl auch die urbane im Süden ist). Das Landleben, richtig praktiziert, läßt Kinder prächtig gedeihen. Wenn man's denn nutzt. Aber die meisten Landbewohner wollen irgendwie Städter sein. Deshalb sind die Kinder des Landes mittlerweile genauso anfällig wie die der Stadt. Sie gucken ja auch zu viel in die Röhre, welcher Art auch immer, wo man den Eltern fortwährend vermittelt, alles müsse sauber und rein sein. Klinisch rein. Und so putzen sie ihre Kinder hinein in ein Ende mit Allergien. Damit meine ich nicht nur die in der Arztpraxis diagnostizierten. (Im übrigen mittlerweile ein Lieblingsaufenthaltsort ländlicher Mütter. – Auch das eine Folge fragwürdiger «Aufklärung» durch die Medien?) Auch im gemeinen Leben scheinen die Immunitäten nur noch Überbleibsel.

Meine Güte – wenn die Gedanken erstmal zu fließen beginnen ... Aber ich habe ja auch Ihren Kommentar auf der anderen Seite mitbeantwortet. Hoffe ich jedenfalls.


monnemer   (03.02.09, 09:10)   (link)  
"Dreck macht Speck" sagte meine Mutter immer völlig gelassen, wenn ich versaut von oben bis unten nach Hause kam und im Flur (warum denke ich jetzt an Kreuzworträtsel im Gong? Fränkisch für Hausflur: Ern) die Klamotten ausschüttelte.

Bevor ich mich verabschiede, denn wenn die Gedanken morgens schon solche Kapriolen machen, bin ich gegen 11:00 garantiert in der Klapse, ein kleines Beispiel für idiotische Elternaktionen:
Nachdem ich meine x-te Hose zerissen hatte und die Kosten für Nähgarn einen nicht unerheblichen Posten im Etat meiner Eltern erreicht hatten, kauften sie mir eine lederne Kniebund hose, mit der ich natürlich über Nacht zum Volldeppen Nr. 1 avancierte. Das Scheißding war dermaßen stabil. Von da an hieß es, beim Kicken immer freiwillig ins Tor und als auch die wildesten Hechtsprünge und Blutgrätschen nichts nutzten, heimliches Geschnippel mit dem Schweizermesser.
Das nehme ich denen heute noch übel.

Ich werde jetzt besser was arbeiten.


jean stubenzweig   (03.02.09, 12:51)   (link)  
Wie? Die Lederne
zerschnippelt? Von den Eltern?!

Haben Sie das Beweisstück denn noch? Wir werden vor den Europäischen Elterngerichtshof ziehen!

Oder habe ich da was falsch verstanden? (Das kommt bei mir schonmal vor. Das Alter.)


monnemer   (03.02.09, 13:18)   (link)  
Natürlich! Mit voller Absicht.
Hier ist schließlich Monnem und nicht Tuntenhausen oder wo die ganzen Gamsbärte sonst noch hocken.
Was für eine Schmach...

Sollen sie ruhig klagen, dann kommt von mir eine Anzeige beim internationalen Styleverbrechertribunal in Paris/Mailand/New York. Dann werden wir ja sehen, was passiert!


jean stubenzweig   (03.02.09, 14:47)   (link)  
Mann! Monnemer!
Ich will Sie beim Gang vor den Europäischen Elterngerichtshof begleiten, Sie unterstützen bei der Klage gegen Ihre Erzeuger, gegen eine solch frevelhafte Tat.

Oder habe ich Sie schon wieder mißverstanden. Dann sollte ich wirklich so langsam mehr in mich gehen.


monnemer   (03.02.09, 15:11)   (link)  
Ach so!
Nein, nein, Sie verstehen gar nix falsch.
Ich dachte, Sie wollten sich mit diesen Verbrechern solidarisieren. Also los, wohlan!
Ist zwar fast 40 Jahre her, aber sowas verjährt ja nicht.


violinista   (04.02.09, 18:42)   (link)  
Hm, hm, hm, also ich denke schon, dass Sie beide sich da gehörig missverstehen. So wie ich es verstanden habe, hat der Herr Monnemer selbst im zarten Knabenalter die scheußliche Hose zerschnippelt. Seine Eltern klagt er lediglich der Geschmacksverirrung an.


jean stubenzweig   (05.02.09, 01:13)   (link)  
Einschreiten! Monnemer
Geben Sie uns endlich Gewißheit. Wir sollten schon wissen, weshalb wir vor Gericht ziehen.


monnemer   (05.02.09, 08:22)   (link)  
Mensch! Violinista!
Ohne Sie hätte uns aus der Nummer nicht einmal der Bossi raushauen können. Wir sang- und klanglos, meine Eltern mit Triumphgeheul. Kaum vorstellbar.
Herr Stubenzweig, ich habe das Ding zerfetzt! In den hiesigen Breiten als Kind mit einer Krachledernen rumlaufen? Was glauben Sie, was ich mir alles anhören musste.
"Hey Öhi, wo haste die Heidi gelassen?" war wohl noch das harmloseste.
Jetzt müssen wir nur noch die Zeugenaussagen auswendig lernen (anders hat das wohl bei uns beiden keinen Sinn) und dann:
Druff un dewedda, wie man hier so schön sagt.


jean stubenzweig   (05.02.09, 11:24)   (link)  
Den Europäischen Volksgerichtshof
werden wir dann eben anrufen. Die Monnemer werden verurteilt werden wegen Verbrechen wider die Menschlichkeit. Als Zeugen dafür, daß es auch problemlos zulässig sein kann, außerhalb bayerischer Gemarkungen Lederhosen tragen zu dürfen, werden die Bewohner des Großherzogtums Holsteins aufgerufen werden. Die haben nämlich mit eigenen Augen gesehen und ohne sie sich zu reiben, daß Stephanie, Tim und Moritz von Büddenwarder lederbehost aufwuchsen, ohne Schaden an Leib und Seele zu nehmen. Im Gegenteil, die Lederhose rettete den Dreien bei ihren Ritten über die Koppeln das eine ums andere Mal das eine oder andere Körperteil. Ebenso diente es als frühe Umweltschutzmaßnahme, da es den Energieverbrauch erheblich senkte: Das Wasser blieb Fischen und Kühen, und die stets an der Ledertracht klebenden Ausscheidungen der Rinder, im Volksmund Koschietbunzel oder Koschietkraam (Kuhfladen) genannt, wurden einfach abgelöst und im Kaminofen verheizt. Was im weiteren zu einem außerordentlichen historischen Bewußtsein führte, erinnerte man sich doch daran, daß der Holsteiner im besonderen und der Mensch im allgemeinen aus Afrika stammt.

Nicht vergessen möchte ich meinen Dank an Frau Violinista, die erheblich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat. Beinahe wäre über Unschuldige gerichtet worden. Es sei denn, Monnemers Eltern waren zu diesem Zeitpunkt auch Monnemer. Dann müßte die Klage ggf. umformuliert und an einem anderen Gericht niedergelegt werden.


monnemer   (05.02.09, 12:24)   (link)  
Stop! Stop!
Abbruch! Ich wollte KEINE Lederhose tragen dürfen. Und was machen Sie? Sie lassen die Zeugen gleich im Dreierpack auflaufen! Um was zu beweisen? Dass so eine Hose einem holsteinischen Kind natürlich keinen mentalen Schaden zufügt, es im Gegenteil sogar von einer Hose in puncto Umwelt und Geschichte noch was lernen kann. Dagegen der verweichlichte Jammerlappen aus der Kurpfalz, dem schon beim Anblick von bestimmten Klamotten die Psyche zerbröselt?
Vergessen Sie die Klage, wir lassen das.

Und ja, meine Eltern sind auch Monnemer, eine sehr seßhafte Bande hier. Dementsprechend eng ist auch der Horizont;-)

(Dabei hätte ich Sie noch bei einem anderen Fall gebraucht, bei dem ein Teller Kartoffelsuppe eine zentrale Rolle spielt, aber davon will ich jetzt nicht mehr anfangen)


mark793   (05.02.09, 12:46)   (link)  
Das mit der Lederhose
ist halt (wie so manches andere im Leben) auch eine Frage des Timings. Mit drei oder vier Jahren hatte ich auch eine sogenannte Seppelhose, die mich aber nur mäßig störte. Zwei Jahre später wäre ich in so nem Teil vermutlich gestorben vor Peinlichkeit.


monnemer   (05.02.09, 13:12)   (link)  
Genau Herr Mark, ich war 8 oder 9 und Fußball war mein Leben. Und genau dazu musste ich sie tragen. Und war noch nicht mal Bayern-Fan.


jean stubenzweig   (05.02.09, 13:55)   (link)  
Ein schlechter Brückenbauer
des Rechts bin ich. Abber übber sibbe Brigge bagg ich's oifach ned, sofiel kann ich merr ned merge. Weshalb es, zum Leidwesen meiner Maman, zum Jurastudium auch nicht gereicht hat und auch das Schachspiel bei mir nie eine wirkliche Chance hatte. Einer, der einfache und logische Zusammenhänge nicht zu erfassen und auszuwerten vermag, wird dann eben irgendwas mit Geistigem. Das reicht für die moralische Schiene, bei der es ein leichtes ist, sich auf irgendwelche weithergeholte Historien zu berufen, so läuft die Feierabendjuristerei unfallfrei geradeaus. Vermutlich kenne ich deshalb so viele Rechtsanwälte. Ständig habe ich Fragen, deren Antworten ich dann immer wieder durcheinanderbringe. Seien Sie gnädig mit mir und meiner Begriffsstutzigkeit. Ich bin eben so einer, der's gutmenscht mit der Welt.

Und jetzt Sie auch noch, Mark. Aber sie sind ja auch ein Monnemer. Ist das eigentlich Nationaltracht dort, die zu tragen Pflicht ist, temporär zumindest?

Beim Thema Fußball hingegen kenne ich mich nicht sonderlich gut aus. Allerdings meine ich zu wissen, daß es so etwas wie einen Europäischen Fußballgerichtshof gibt. Denn so richtig lassen kann ich's dann doch nicht.

Aber die Kartoffelsuppe, die interessiert mich dann doch sehr. Da ließe sich doch was draus machen. Zumal keine Möglichkeit besteht, gegen eine solche zu klagen. Oder sollte es einen Europäischen Küchengerichtshof geben?


monnemer   (05.02.09, 14:53)   (link)  
Im Fach
Begriffsstutzigkeit machn Sie mir nichts vor, da bin ich mir ziemlich sicher.

Sie sind ja richtig wild auf´s Prozessieren, einen Prozesshansel hätte ich jetzt nicht in Ihnen vermutet;-)

Da die Kartoffelsuppe an sich ein Gericht ist, kann man vielleicht nicht gegen sie klagen, aber die Klage dort einreichen.
Jetzt will ich aber ihr schönes Blog nicht weiter mit Kalauern versauen (obwohl Sie es verdient hätten, "Nationaltracht", tss).


violinista   (05.02.09, 20:57)   (link)  
Hunger
Na, da bin ich ja froh, dass ich den Herren behilflich sein konnte. Als Dank hätte ich dann aber auch gerne einen Teller Kartoffelsuppe.


jean stubenzweig   (06.02.09, 04:20)   (link)  
Suppe leider aus!
oder: Wenn ihr keine Kartoffelsuppe habt, dann müßt ihr eben Kuchen essen.



monnemer   (06.02.09, 08:01)   (link)  
Ich koch´ Ihnen später eine. Natürlich mit Dampfnudeln!


violinista   (06.02.09, 09:13)   (link)  
Supp, Salat und Kaffee
Wie der Saarländer zu sagen pflegt.















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