In Künstlers Lande gehen Horst Janssen war zweifelsohne ein großartiger Zeichner, den ich überaus schätzte und dessen Kunst ich nach wie vor schätze. Die Anmerkung, deren weiter Kunsthorizont gerne bei den Landlieblichkeiten von Horst Janssen beginnt und sogleich endet, bezieht sich alleine auf die Tatsache, daß es allzuviele Betrachter gibt, die nichts anderes sehen als die formale Schönheit. Die in vielen seiner Bilder steckende grandiose Garstigkeit sowie sein phänomenal umgesetztes Denken und Wissen wird oftmals, besser meistens und sehr gerne ausgeblendet. Ersichtlich wird das, beobachtet man die Menschen, die vor seinen Arbeiten stehen, ob in seinem Museum in Oldenburg oder in seinem Abteil in der Hamburger Kunsthalle: Immerzu assoziiere ich dabei ein Lustiges Cabinett, in dem beziehungsweise indem sich sogar Kunsthistoriker (auftragsgemäß?) nicht entblöden, die Bedeutung beispielsweise des Stillebens mit einer populistischen Volksguck-Lasur zu überdunkeln, die dann Nicht- oder Mißverstehen entstehen läßt, etwa das von l'art pour l'art, das eben nicht die reine Schönheit ohne inhaltliche Tiefe der Nicht-Nachdenklichen von Winckelmann meint, sondern daß sie romantisch als Kunst sich selbst genügt. — Ich meinte also vor allem den hanseatischen oder auch hamburgischen Pfeffersack, dem dabei, vielleicht von der mehr das Kunsthandwerk als ihn liebenden Gattin geimpft, nichts anderes vorschwebt als der Schönheitssinn, die Dekoration. Glücklicherweise hat es immer Janssen-Freunde, Sammler und auch Verleger gegeben, die genauer hingeschaut haben. «Ich gehe in die Landschaft.Horst Janssen. Zeichnungen, Graph. Sammlung Albertina, Wien, hrsg v. Walter Koschatsky, München 1982 Ich habe mal notiert (Sie locken meine uralten Notizen aus den Katakomben; das entbehrt nicht einer gewissen Komik): Der Erfolg Janssens, seine ‹Breitenwirkung›: «Der naive Leser», «sprachlicher und außersprachlicher Kontext»; der «Modell-Leser» bei Eco, paraphrasiert: der Modell-Betrachter; bei Eco überprüfen und an zwei Bildbeispielen festmachen, aber eventuell auch auf Textbeispiele von Janssen eingehen: «sprachlicher und außersprachlicher Kontext», hier bildlicher und außerbildlicher Kontext; aber auch: «Theorie der Codes und der enzyklopädischen Kompetenz, derzufolge eine Sprache [...] es erlauben müßte, ihre möglichen Aktualisierungen im Diskurs (de te fabula , Seite 15); vielleicht: «Also: ich gehe nicht in die Landschaft, ich gehe ein in die Landschaft und die Bilder, die ich aus der Landschaft ziehe, Sepia und Wasser — ich ziehe sie absichtslos, genüßlich sanft schlürfend ein und — zurück wieder in meiner Burg zieht die Landschaft durch den Schlaf.» Ich lese anderswo, nickend: «Horst Janssen hat in seine Blätter, in seine Blumen, seine Landschaften, seine Selbstbildnisse seine Verzweiflung hineingezeichnet, und dabei alles darangesetzt, sie aussehen zu lassen, als beschrieben sie das reinste Vergnügen, und er hat seine Vergnügungen gezeichnet mit einem dunklen Unterton, und alle Lust in seinen Zeichnungen wird umfaßt vom Trauerrand der Vergänglichkeit.»Wieland Schmied. Horst Janssen. Ich bin nur ganz Auge, St. Gertrude 1996
caterine bueer (23.09.10, 19:28) (link) Die Kunst ist der Seufzer
der von der Aufklärung bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist herzloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.Manchmal verlese ich mich eben. Ob das an den Genen liegt? >> kommentieren kommen und gehen
..ich komme jetzt zum wiederholten male hierher, schreib etwas, lösche es, schreibe..lösche..ich möchte Sie nur wissen lassen: ich habe sie wieder hervorgeholt, meine Janssenkataloge.und tauche ein in den Schmerz den ich darin sehe.hmm. danke.Ohne sadomasochistischen Anwandlungen
unterworfen zu sein (da ich lieber mit Vanille kuschle), stelle ich fest: Leiden Sie. Tun Sie's mit demselben Genuß, den ich (und andere) dabei empfinde. Freude kommt bei solchen Erkenntnissen auf. Ich stelle mir dabei durchaus auch diesen wunderbaren und -samen Berserker vor, der eine dieser Raritäten war, von denen Bazon Brock mal gemeint hat, der Künstler müsse immer hinter seinem Kunstwerk sichtbar werden. Bitte. Oder, wie die Hamburger, die Norddeutschen im allgemeinen, dabei so unvergleichlich elegant und charmant understatementend zu sagen pflegen: Dafür nicht.Sichtbar sein und bleiben
Bazon Brock: «In der Kunst, da ist es wohl durchgängig so gewesen: Künstler ist jemand, der darauf besteht, hinter den Aussagen, die er trifft, selber sichtbar zu bleiben, nicht wie in der Wissenschaft, wo in einem hohen Grade anonymisiert werden soll bis hin zu der Anonymität der Aussage eines Gesetzes, als sei es vom Himmel gefallen. Gerade im Gegenteil, jeder ist Künstler, der darauf besteht, hinter seiner Aussage als Individuum sichtbar zu bleiben.»>> kommentieren «Demokratie bedeutet»,
nicht, so Umberto Eco, dessen Name hier kürzlich fiel, «daß die Mehrheit recht hat. Es bedeutet, daß die Mehrheit das Recht hat, zu regieren. [...] Demokratie heißt also nicht, daß die Minderheit unrecht hat. Es heißt, daß sie zwar die Regierung der Mehrheit respektiert, sich aber jedes Mal, wenn sie meint, daß die Mehrheit unrecht hat (oder ganz schlicht gesetzwidrig, unmoralisch und demokratiefeindlich handelt), mit lauter Stimme Gehör verschafft.»Irgendwo bei ihm gelesen und notiert. Streichholzbriefe? Eher italienische Semiotik.
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