Der politische Analyst

Mein inzwischen dreijähriger Henri II, für den ich eigentlich eher eine künstlerische Karriere vorgesehen hatte, plappert mittlerweile von der Schule, in die er mal kommen wird: trilingual (chinesisch, englisch, französisch und, als Nebenfach, deutsch) und privat, weil eine normale gar nicht mehr geht, wie Maman meint.

Angedeutet hatte ich es vor einiger Zeit, als mir klar geworden war, daß neuerlich bald ein neues Wort die Gipfel aller Moden erklimmen würde, jenes Olympia, von dem die sprachlichen Himmelsstürmer meinen, es erklimmen zu müssen, um sich ganz oben zu wähnen auf der leicht geplätteten Kugel, die wohl deshalb in ihrer Form global genannt wird. Vorgestern nun war es endgültig: Da erzählte mir geistig Minderbemitteltem eine Fernsehreportin des aktuellen Tagesgeschäfts vom «politischen Analyst», der Professor sei an einer bayerischen Universität. Ein Politikwissenschaftler als politischer Analyst. Vielleicht lag's ja daran, daß er über Euro und Krise und Weltwirtschaft und die Möglichkeit sprach, irgendwelche Hebel zu nutzen, um anderen die Börse aufzustemmen, also über Blasen redete, die zu produzieren wahrlich nicht nur Angehörige der sogenannten Finanzmärkte in der Lage sind, weil sie nicht wissen, worüber sie konfabulieren, sondern auch Journalisten, deren Sprachvermögen an den heutigen Schulen mittlerweile offensichtlich auf einen kleinsten, aber auch wirklich von jedem (nicht) verstandenen gemeinsamen Nenner eingedampft, ja zu Tütensuppenstaub totreduziert zu sein scheint, so daß sie sich von anderswoher Begriffe ausleihen müssen, die alles zulassen, nur keine sprachliche Viefalt.

An die Wortführer aus der Welt der Finanzen haben die Deutschen sich längst gewohnt, wie sie sich eben an alles gewöhnen, was von drüben kommt. Nein, nicht dieses Drüben, wohin derjenige gefälligst gehen sollte, der geäußert hatte, daß ihm dieses oder jenes nicht passe. Das Drüben von der anderen, sozusagen der Gegenseite, wo alles herkommt, das gut ist, quasi wie ein warmer Regen, der Gewinn verspricht. Von den Brüdern und Schwestern aus dem wilden Westen nämlich, die den Deutschen aus reiner, christlich-altruistischer Mengenlehre so kostbare Güter wie Marshall-Plan und Care-Pakete via Rosinenbomber bescherten, ohne die sie vermutllich mindestens so arg am Hungertuch genagt hätten wie die aus dem Osten, die schier ohne Ende Reparaturleistungen abzuführen hatten und sich ohne Westkredite höchstwahrscheinlich um einiges früher im Schmieröl blühender Landschaften hätten suhlen oder eben eine sibirische Provinz werden dürfen. Mit diesem Gewinn wurde es ihnen schließlich möglich gemacht, (sich) zu behaupten, etwa: an ihnen solle die Welt, zumindest Europa genesen, beispielsweise durch eine erfolgreiche Politik des Exports, bedingt durch das Absenken realer Löhne und Erhöhung zu erbringender Leistungen. Daß Deutschland 1953 entschuldet werden mußte, unter anderem durch Griechenland, davon wird zwar immer wieder mal geredet, aber die meisten hören nicht zu. Wie bei fast allem, das sie unmittelbar betrifft. Oder ihr Leidbild ins Wanken bringen könnte.

Was ist das für ein Land, das immerfort von sich behauptet, eine Nation von Kultur, nicht im Sinne von Landwirtschaft, sondern eher französisch im Sinn von Civilisation (die Suchmaschine scheint, zumindest an vorderster Sprachfront, allerdings nur ein Computerspiel dieses Namens zu kennen), also weniger von Martin Luther als von den Encyclopédistes zu sein, und dabei ständig die aus einem anderen importiert, die das Überflüssige zum höchsten Gut und alles andere für schlecht, weil, beispielsweise, kommunistisch, erkärt hat? Weshalb sprechen die Deutschen, zum anderen Beispiel, eigentlich nur noch von Technologie, wenn Technik gemeint ist? Und wundern sich, wenn sie, wie bei ihrer Tütensauce aus garantiert nichtnatürlichen Zutaten, daß es Unterschiede gibt zwischen Ingredienzien. Klar, die kennen sie nicht (mehr). Die erste ist nämlich die Lehre von der zweiten. Bei den fortschrittlichen Brüdern und Schwestern aus dem wirtschaftlichen Westen ist das ein Klumpatsch. Und so schmeckt der sich modern gerierende, alles wesentliche abstrahierende Sprachbrei auch.

Gefragt wurde ein politischer Wissenschaftler nach seiner Meinung zur ökonomischen Situation Europas. Da Europa nach Meinung der wohl meisten Deutschen ohnehin nur noch eine Sprache zu sprechen scheint, jene, die einst vom sogenannten alten Kontinent kam und im gewinnenden Westen ohne historischen Zeitbezug endgültig auf einen Begriff, auf den des Schnellfraßes eingedampft worden war, nimmt man das, was schneller geht, was kein weiteres Nachdenken erfordert: das vereinfachende Vereinfachte. Ein vor die Kamera gebetener Experte redete davon, die «Bewegung» (siehe Delius' Unterscheidung zwischen dem 68er-Singular und Plural) in den nordafrikanischen Ländern oder die von den neunundneunzig Prozent beziehungsweise einem seien von Intellektuellen forciert. Im Nebensatz fiel der Begriff Gebildete. Genau das ist es, zu dessen Unterscheidung ich mich hier und anderswo vielfach geäußert habe: Bildung, so wie sie heutzutage verstanden wird, hat mit der Fähigkeit, zu unterscheiden, ein eigenes Denkgebäude entwerfen zu können, wenig zu tun. Intellegere bedeutet: wahrnehmen und erkennen, abwägen zu können zwischen dem Denken des einen oder der übernommenen Schablone des anderen, das eigene Wissen mit einzubringen und daraus eine eigene Meinung zu formulieren. Daß es dabei zu Übereinstimmungen mit der anderer kommen kann, steht außer Frage. Aber derjenige, der lediglich zur Steigerung des Bruttosozialprodukts (seit etwa der Jahrtausendwende Bruttonationalprodukt) nicht einmal mehr 333 als Issos Keilerei auswendig lernt, der mag, sollte er's dennoch tun, vielleicht ahnen, daß sich seinerzeit da irgendwo in der damaligen zivilisierten Welt mal wieder einige die Köpfe eingeschlagen haben, mag sein aus Macht- und Ruhm-, damit verbunden wohl Gewinnsucht, aber er weiß deshalb noch lange nicht, warum sie's tatsächlich taten. Er mag also vielleicht das Angebot kennen, auf welchen Märkten für ihn eine Markenzukunft angeboten wird, aber Merkmale zur Unterscheidung hat er deshalb noch lange nicht gelernt, die ihn befähigen könnten, zu differenzieren zwischen schwarz und weiß, zwischen gut und schlecht, als Gottesanbeter möglicherweise noch zwischen gut und böse.

Nun gut, ich mag das sein, was andere einen Sprachnörgler nennen. Zwar kann ich der Argumentation durchaus nickend folgen und gar bestätigen, daß auch das geschriebene Wort sich dem gesprochenen anpaßt, Wandlungen unterworfen ist. Auch Rezepte ändern sich. Aber mir ist es eben keineswegs wurscht, was in der Sauce oder Suppe enthalten ist, ob trockene, getrocknete Knochen, bald auch noch synthetisch rein hergestellt, oder tatsächlich Fleisch. Gut, möglicherweise wird mir demnächst das zu essen verboten, weil es nicht mehr korrekt ist, nicht mehr den Moralvorstellungen «gebildeter» Menschen entspricht. Ich hingegen habe bereits vor zwanzig und mehr Jahren, als der Konsumterror und das Billigheimerdenken sich zur Paarung entschlossen hatten, gewußt, wie schädlich Übermaß, Überproduktion sein kann. Aber solange noch ein Rest an Geschmacksnerven in mir sind, will ich schmecken, was dran und drinnen ist. Solange heißt der «Analyst», meinetwegen, so, weil der ohnehin ein-, gar weggedampft gehört. Der politische Wissenschaftler ist jedenfalls, wenn denn überhaupt dazu fähig, allenfalls ein Analytiker. Es sei denn, mein persönlicher Psycho überzeugt mich nach einem meiner nächsten Sprachwutbürgeranfälle auf dessen Couch liegend davon, auch er sei ein solcher. Dann bin ich allerdings dort, wo vor gut zwanzig Jahren die DDR war, die Globalisierung genannte Raserei einsetzte und mittlerweile auch das gesamte Deutschland zu sein scheint: sprachlos.
 
Di, 25.10.2011 |  link | (4763) | 13 K | Ihr Kommentar | abgelegt: lingua franca


jagothello   (25.10.11, 21:41)   (link)  
Amerika, du hast es besser
Humboldt und Goethe haben sich intensiv mit der Unterscheidung Bildung - Erziehung und vor allem natürlich ihrer vielfältigen Bezüge zur Menschwerdung befasst. Dieser Auseinandersetzung verdanken wir das Gymnasium und Wilhelm Meister seine Lehr- und vor allem seine Wanderjahre.
Die "Wanderjahre" sind 1831 der erste Roman überhaupt, der dezidiert das thematisiert, was heute Globalisierung genannt wird: Ökonomisch erzwungene Auswanderung, Bankrott heimisch- (mittelalterlicher) Gewerbe vor dem Hintergrund überseeischen Konkurrenzdrucks sowie Implementation amerikanisch- republikanischer Ideale (oder besser: Ideologien) in die hiesige Arbeits- Familien- und auch Schulwelt. Insofern kann keine Rede davon sein, dass die Globalisierung erst mit oder nach dem Zusammenbruch (dem endgültigen) der DDR einsetzte.
Wie auch immer: Die "Pädagogische Provinz" in den "Wanderjahren", eine Art Kaderschmiede für die neu zu bildende Generation, also die, die den neuen Herausforderungen gewachsen sein wird), chiffriert das Ideal einer Goetheschen Bildungsumgebung: Formal nachempfunden den amerikanischen Eliteinternaten (man denke nur an all die Riten hier wie dort sowie die steilen Hierarchien auch innerhalb der Schülerschaft), präsentiert sie die neuhumanistischen Ideale und mit ihnen gleichsam eine schlagfertige Antwort auf die amerikanischen Herausforderungen.
Besagte Ideale erschöpfen sich keineswegs- wie das immer so gerne suggeriert wird- in einem irgendwie renaissancetauglichen, jedenfalls aber austauschbaren Lehrplan, kompatibel mit den Vorstellungen der klassischen Antike. Nein! Goethe ging es um viel, viel mehr! Nämlich um eine auch heute noch erstaunlich aktuell wirkende Anthropologie; ausgehend von entwicklungspsychologischen Überlegungen des Schulbuchschreibers Comenius´, des Methodikers Pestalozzis und vor allem natürlich den anthropologischen Beobachtungen Leibniz´, entwarf er in den Wanderjahren ein schulisches Bildungsideal, das zunächst einmal basierte auf reiner "Imago", also dem, was sinnesorientierte Kinder anfänglich zu leisten imstande sind. Es folgte eine Mittelstufe der "Symbole", die das Überwinden der sinnlich geprägten Lebensphase kennzeichnet und die Einsichtnahme in tiefere Bedeutungsschichten ermöglicht, hin zu einer Entwicklungs- Lern- und Arbeitsstufe der Reflexion- des Denkens.
Dieser gewissermaßen kognitionspsychologische Dreischritt, der nebenbei stark an Jean Piaget erinnert, kennzeichnet in aller Kürze den Bildungsbegriff des Neuhumanismus und auf den durfte sich das deutsche Bildungswesen seither durchaus und mit allem Recht berufen. Das ist nun vorbei. Die Begleitumstände der Umdeutung aller Bildungswerte empfinde ich als abstoßend und skandalös. Ich freue mich darüber, dass auch Sie dies immer wieder einmal aufgreifen und contra geben. In diesem Sinne: Bloß nicht sprachlos werden! Das können wir uns nicht leisten.


jean stubenzweig   (26.10.11, 13:00)   (link)  
Die Globalisierung
hat, selbstverständlich, nicht erst mit dem Ende der DDR eingesetzt. Aber als die Geier einen Körper erblickt hatten, der kurz davor war, sich zur Leiche zu formieren, scharrten sie mit den Krallen und rieben sie sich die Flügel. Ich habe das jedenfalls so wahrgenommen, unter anderem, als bei uns im Verlag und den vielen Denkverwandten mit einem Mal das teilweise aberwitzige Join-venture-Fieber und offensichtlich andere scheinbare Kinderkrankheiten ausbrachen, bei denen manche draufgingen, sprich gefressen wurden. Ich habe einige Male davon erzählt: Ein fröhliches Join Geventure setzte ein, das seltsame Reisen in abgelegenste Örtlichkeiten zur Folge hatte. Mit einem Mal wurden Gelder knapp, da man sie für abstruseste Aufkäufe maroder Betriebe irgendwo im Niemandsland benötigte. Die privatwirtschaftlichen Gehälter begannen zu frieren, Honorare wurden im kalten Krieg geschockt. Eingeheizt wurde fortan mit Investitionen. Auch hier: In Lahti und bei Kuopio befanden sich zwei Druckereien mit angeschlossenem winzigen Verlagsgeschäft, die zwar ziemlich pleite waren, aber meinten, auch noch auf den Zug der allgemeinen Aufbruchstimmung hüpfen zu können. Die Globalisierung ist zwar Jahrtausende alte Geschichte und handelstechnisch soweit auch gelassen zu betrachten, aber die Mauerspechterei der Ostgrenzen hatte offensichtlich ein Loch geschaffen, durch das sich ein nicht mehr überblickbares Heer an Raubrittern auf den Weg machte.

Die Ökomomisierung des Globus war also längst erwachsen, auch vor dem ersten und nach ihm, zwischen den beiden Weltkriegen und auch nach dem letzten gab es, samt diversen Zusammenbrüchen, genügend ausgeführte Versuche, die Welt rundzuerneuern. Dieses Europa, das heute wirtschaftlich so am wackeln ist, ist letztlich, auch darauf habe ich häufig genug hingewiesen, ja nicht etwa zusammengewachsen, weil die Menschen der jeweiligen Nationen sich so lieben, sondern allein ökonomisch begründet und befeuert. Ich nenne das ohnehin gerne euroglobalisieren, da es ein und dasselbe ist, was um uns geschieht. Der quasi grenzenlos spekulativ freie Fluß der Märkte hat das bewirkt, die Urnatur im ansonsten sich gern auf die Kultur berufenden bißchen Mensch scheint es, die's schon richten wird, die hemmungslose Gier nach Geld der einen und die nicht mindere, wenig zurückhaltende nach Macht der anderen, die unbedingt dranbleiben, also wiedergewählt werden wollen — gleichwohl für sich Sicherheit einfordern, die sie anderen nicht gewähren: Gestern klärte mich das ständig als dumm machend bezeichnende Fernsehen darüber auf, daß Abgeordnete des mecklenburgisch-vorpommerschen Landtages bis zu 109.000 Euro Übergangsgeld erhalten, wenn sie ein Mandat verlieren und mindestens ein Jahr dem Land gedient haben. Man wolle schließlich nicht, so eine leicht grinsende, das Selbstironie suggerierende Lächeln wollte ihr nicht gelingen, Volksverteterin, daß ein solcher Vertreter im Hartz-Vier-Loch verschwinde.

Das alles ist mir hier auch nicht unbedingt allein zu betrachtendes Thema, sondern die extremen negativen, von vielen aber auch wirklich alles konsumierenden und deshalb tatsächlich verblödeten Fernsehzuschauern nicht wahrgenommenen Auswirkungen am Rande, die dieser von dem pfälzischen Preßsack intensivst (ein jüngerer Parteinachbar: mit vollstem Einsatz [seiner intellektuellen Möglichkeiten]) vorbereiteten und von seiner uckermärkischen Enkelin in die Endgültigkeit getriebenen Goldrausch mit sich brachte. Gut, die interessiert das ohnehin nicht, Hauptsache es ist viel und billig. Aber mich, Sie und noch ein paar andere. Ich will nicht (wahrhaben?) mir anhören müssen, daß ein mir durch und durch lieber Mensch, der sich wahrlich nicht gegen das Aufklärerische aus- oder aufrichtet, mir davon erzählt, den Lütten in eine Privatschule schicken zu müssen, weil alles nach unten nivelliert wird anstatt das Niveau für alle anzuheben. Davon handelt mein Klagelied am Rande dieser Bewegung, in der ständig von Bildung und zunehmend mehr von einem Einfluß der Intellektuellen (zur Erinnerung: Ratten und Schmeißfliegen) geredet wird, denen es ohnehin allenfalls in Frankreichs Ministerien gelingt, sich die Klinke in die Hand zu geben. Ich will das nicht nur für mir nahestehende Menschen, sondern für alle anderen auch, aber nicht etwa aus altruistischen, sondern durchaus aus egoistischen Gründen. Denn wenn sich das in deutschen Landen in seiner Frische so weiterentwickelt, dann habe ich bald niemand fraglos Intelligenten mehr, mit dem ich mich im besten Wortsinn unterhalten kann, weil nahezu alle sprachlos geworden, also nur noch Grunz- oder Stammellaute auszustoßen in der Lage sind, weil ein paar wenige nur noch BIP und WWW wie Weltwirtschaftswachstum sagen und deshalb jedwede Volksbildung daran angepaßt haben wollen, weil sie mit denen ohnehin nicht sprechen, sondern nur reden.

Den Rest haben Sie bereits erklärt. Nur das mit dem (vermutlich US-)Amerika, das es besser haben soll, das habe ich (wegen meiner [herbstnächtlich?] bedingten Müdigkeit noch) nicht verstanden. Ich buche es solange unter Ironie. Die wirkt bei mir immer positiv; zumal die auch in den letzten Zügen zu liegen scheint.


jagothello   (26.10.11, 17:35)   (link)  
Makarie
Eine der vollkommensten Frauenfiguren oder Figuren überhaupt bei Goethe; sie nimmt Wilhelm unter ihre Fittiche und ist treibende Kraft des Auswandererbundes; einer Gemeinschaft reifer, tätiger, entsagender Migrationswilliger in Vorbereitung auf die Lebensreise über den Atlantik. Makarie, ihr Name ein perfektes Anagramm auf "Amerika", übernimmt die Federführung und vertritt die besagten amerikanischen Ideale. Ihr "Amerika, du hast es besser" natürlich in Unkenntnis dessen, was heute unter "Imperialismus" in den Geschichtsbüchern steht oder zumindest dorthin gehört. Insofern Ironie- selbstverständlich. Eine Ironie aber, die zu den Zeiten, in denen der Weimarer Neuhumanismus seine Bildungsideale entwickelte, kein Mensch geteilt hätte. Deutsch-Reich steckte noch fest im Mittelalter- die soziale Frage begann sich zu stellen, die der Bildung/Erziehung sowieso. Amerika war weiter, hatte es besser.


g.   (26.10.11, 07:04)   (link)  
Eigentlich ist doch der Analyst der Aktienbeschauer, der aus den Käufen und Verkäufen der Vergangenheit lustige Schaubildchen zimmert und wenn auf den Bildchen so ein paar Bückelchen erscheinen, aller Welt verkündet: jetzt, sofort verkaufen (oder auch kaufen). Ein Schamane steht im Vergleich dazu ja noch auf der Seite der Aufklärer. Vielleicht wollte Ihr Politikwissenschaftler ja gar keine Analyse der Situation darlegen, sondern einen flotten Blick ins Gekröse der Welt, der Globalisierung, der Zeit werfen? Einfach mal eine Reihe der Wörter, die man zurzeit so sagt ins Fernseh werfen, um zu sehen, ob jemand beeindruckt ist? Wenn man begriffslos ist und sich für „Euro und Krise und Weltwirtschaft“ nicht interessiert und nur staunend da vor steht („Ist ja alles so schön bunt hier“) ist eine Analyse schließlich nicht einfach.


jean stubenzweig   (26.10.11, 15:19)   (link)  
So ziseliert
hat mir gegenüber noch niemand die Bedeutung dieser «Schamanen»-Imitatoren dargestellt. Zu bemerken habe ich allerdings, daß er sich nicht als Analyst bezeichnet hat, sondern die junge, sicherlich gebildete Frau vom Fernseh war es, die ihn so bezeichnete. Daß er Politikwissenschaftler ist, das wußte ich zufällig, weil ich mich des öfteren verdummen lasse, indem ich zuschaue und -höre. Obendrein hatte jemand, wahrscheinlich ein weniger gebildeter und zudem älterer Mensch eine Bildunterschrift hinzugefügt, aus der hervorging, um wen es sich handelte: einer von der Universität Passau, der unentwegt vom Bayerischen Buntfernseh zur Hofhaltung verpflichtet wird.

À propos Bildunterschrift, von der muß ich noch berichten, ich nutze schamlos die Gelegenheit: Auf dem Extra-Kanal der ARD setzte am Sonntag jemand unter die Ereignisse des Tages das Fußballergebnis: Eintracht Frankreich gegen MSV Duisburg 3:0. Dabei hatte das einträchtige Frankreich gegen die martialisch, maorisch kämpfenden All Blacks in Neuseeland 7 zu 8 verloren; das war das knappste Ergebnis nicht nur in der Geschichte der Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Ländern, sondern überhaupt in einer Rugby-Weltmeisterschaft. In Frankreich, das wissen viele nicht, war der Kampf ums Ei genaugenommen der Nationalsport, der erst durch den Gewinn der Weltmeisterschaft 1998 durch Einführung des Multikulturalismus auch in die reale Welt vom Fußball abgelöst wurde.


g.   (27.10.11, 07:23)   (link)  
Eintracht Frankreich
(Lokomotive oder Union oder 1. FC Deutschland kann es wohl nicht geben?) begeistert mich, da spricht vielleicht doch der Weltgeist, um Sarkozy (wird der Name in Frankreich eigentlich verballhornt, um sich über ihn lustig zu machen?) und Merkel zu mahnen, die Welt oder Europa oder doch wenigstens die französischen und deutschen Banken zu retten


jean stubenzweig   (27.10.11, 13:13)   (link)  
Die Liste der sobriquets
von Sarkozy ist lang. Grob in meinem Erinnerungsvermögen vom Findungsformat einer Damenhandtasche gewühlt kommen mir folgende Spitznamen entgegen, die er vermutlich überwiegend durch das recht bissige Wochen-, in Deutschland – von Bild bis Tagesspiegel – auch gerne Enthüllungsblatt genannte Le Canard enchaîné (die angekettete Ente, wobei canard im Französischen umgangssprachlich auch die Bedeutung von Zeitung hat) aufgedrückt bekommen haben dürfte:

♥ Sarko, Sarko premier » (Sarko der Erste heißt er seit seiner Wahl zum Präsidenten)
♥ Sarkoléon (man verbeugt sich vor der Mischung aus zwei Königen bzw. Kaisern)
♥ le petit Nicolas (eine Referenz an die Größe dieses Kleinen – von Sempé)
♥ Narko; Narkoléon
♥ Nono le Bigorneau (Strandschnecke)
♥ Notre super Président; SuperSarko; Notre omniprésident

Vor längerer Zeit wurde mal nach den Lieblings-Surnomes gefragt:
http://fr.answers.yahoo.com/question/index?qid=20081107062304AAnj9ok

Dann gibt es noch: le Général des Banlieues (siehe Karcher), Iznogoud, Speedy Gonzales, L’Américain (quasi traditionell ständig in den USA), Nico le Nerveux, la petite crotte, le Schtroumpf Sarko, Nicolas Sarkozy de Nagy-Mosquée, Badinguet Junior, le Commandeur des Crédules (Leichtgläubige), le Kapo de Neuilly, le Nain de Neuilly (dort war die Schnecke fast zwanzig Jahre Bürgermeister, die ungarische:), le Hongrois.

Als Karcher dürfte er ja auch in Deutschland bekannt sein; aber das ist fast schon als veraltet zu betrachten (2005: «Le terme 'nettoyer au karcher' est le terme qui s'impose, parce qu'il faut nettoyer cela» hieß es seinerzeit im französischen Radio). Ein direkter Bezug zur momentanen wirtschaftlichen Situation bzw. Merkel fällt mir nicht ein.

Aber ihm dürfte (hoffentlich) auch bald nichts mehr einfallen. Kinderkriegen allein reicht vielleicht dann doch nicht aus. Nicht einmal mit einer trällernden Italienerin. Das Volk wird durch die Leiber der Frauen – ob er darauf spekuliert hat? (Wer kriegt dabei keine Bauchschmerzen?) Wie seine Freunde von der letzten Bank. Aber dann wäre es nicht noch ein(e) Thronfolger(in) geworden, sondern eher eine Blase geplatzt. Doch selbst das hat er schließlich beinahe auch noch hingekriegt, der Roi. Laut Umfragen traut mittlerweile jeder zweite französische Bürger Sarkozy nicht zu, die Finanzprobleme des Landes in den Griff zu bekommen, wobei auch der bei der letzten Wahl indidirekt (als Lebensgefährte von Ségo und langjähriger Vorsitzender der sozialistischen Partei) gegen ihn angetretene François Hollande nicht besser bewertet wird.


g.   (28.10.11, 06:10)   (link)  
Nico le Nerveux,
die Strandschnecke und le Schtroumpf gefallen mir am Besten. Le Schtroumpf werde ich in meinen Wortschatz aufnehmen. Herzlichen Dank für ihre Mühe.


einemaria   (28.10.11, 22:11)   (link)  
ach, wie ist das nett.
auf welche Art man Sprachen erstmals näher begegnet. Oftmals stehen berühmte Persönlichkeiten im Zentrum - in Italien war es die Madonna, die ohne blonde Haare.
Omnipresident und Commandeur des Credules ... sehr schön und ein neues Wort für mich dabei. Das macht Leselaune.
Das Problem ist oft die Feinheit der Gewobenheiten. So hat es mich Monate gekostet, die Karcher-Problematik zu erfassen. Ich hoffe die Unterhaltungselektronik konnte hieraus ihren Nutzen ziehen. Für Kärcher, haette es auch ein ae getan. So kann product-placing leicht in die Hosen gehen.
Bisher reicht es nur zu einem Merci bouquet.


vert   (29.10.11, 16:23)   (link)  
le teckel de merkel.
gemein,aber lustig.


jean stubenzweig   (30.10.11, 09:21)   (link)  
Das anmutige Geläuf
beschreibt's jedenfalls richtig.


jean stubenzweig   (30.10.11, 15:54)   (link)  
In Frankreich,
dem Land der akzentuierten Sprache, das wissen Sie doch, hapert es nicht nur mit dem Fremdländischen, da kommt man besonders mit den deutschen Ur- und Umlauten nicht zurecht. Wahrscheinlich wird deshalb, durch und durch zeitgemäß und -geistig, Deutsch-Unterricht via Werbung erteilt.


vert   (29.10.11, 16:26)   (link)  
ansonsten kann man immer noch "beobachter" werden...















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