Stille Winkel Für hap: die Oasen der Ruhe. In leichter Überarbeitung. Ohne Anstrengung. Und im Nachhinhein für den Freund, der gerade erst, kurz nach dem 11. September 2011, aus den Weißenburger Blättern von Hans' Tod erfahren hat. Zumal ihm jemand via Pseudonym zur Wiederaufstehung verholfen hat. Aber wahrscheinlich sitzt der gebürtige Franke lediglich im Münchner Ehrenhimmel und lujaht von oben runter wie zu besten taz-Blog-Zeiten, weil's da oben kein Lachgras gibt. «Hofbräuhaus, Oktoberfest, Olympiapark oder Deutsches Museum — denkt man an München, fallen einem sofort diese Begriffe ein. Und mit der Allianz-Arena, dem Sealife und der im Oktober eröffneten BMW Welt ist die bayerische Landeshauptstadt, in die jährlich Millionen von Besucher strömen, um weitere Attraktionen reicher geworden. An manchen Plätzen gibt es an bestimmten Tagen im Jahr kaum ein Durchkommen.»Das lese ich im Münchner Monatsprogramm, Dezember 2007. Und genau das sind die Gründe — befördert von ein paar weiteren, zum Beispiel dieses unsägliche Schickeria-Getue, das gerne mit Hoher Freizeitwert ins Touristische beziehungsweise in die Handbücher der örtlichen Arbeitsämter (die ja bezeichnenderweise Agenturen genannt werden) ins Amtsdeutsche übersetzt wird, diesem nachkronagewittrigen, stadtoberhauptskettenliebenden Oberbürgermeister des kulturell schlichten (SPD-)Gemüts (das ihn wohl auf seinem Thrönchen belassen wird, bis er schon wieder aufs Töpfchen muß), dieses ständige, selbstbeweihräuchernde Gebrabble von der nördlichsten Stadt Italiens —, weshalb ich dieser Metropole des Spät-Biedermeier nach fast dreißig Jahren so gar nichts mehr abgewinnen wollte — und ihr endlich und definitiv den Rücken kehren konnte. Wassily Kandinsky und seine Gabriele Münter, die sich im Murnauer Moos vereinigten und den Blauen Reiter zeugten, hatten mich seit den sechziger Jahren magisch angezogen. Deshalb packte ich nach Ende der Lehrzeit in den Siebzigern dann tatsächlich meine Insulanerplünnen, lieferte noch kurz einen Auftritt ab nahe Gent, London und anderswo und siedelte anschließend endgültig um in die liebliche Voralpenlandschaft. Ein gerade in die Wohnung der künftigen Gattin (oder so ähnlich) umziehender Freund hatte mir die seine überlassen: Blick übers Moos hinein in die Berge. Ich war hingerissen. Doch das Glück wollte nur kurz aufscheinen. Denn der beruflich bedingt häufige Theaterbesucher kam nach der Vorstellung nicht mehr zurück. Die letzte Bahn in sein niedliches Städtchen, dessen schwarz-brauner Farbgebung auch Ödön von Horvaths Italienische Nacht nichts anhaben konnte, fuhr, wenn ich mich recht erinnere, gegen 23 Uhr. Es war auch keine dauerhafte Lösung, immer wieder mit geliehenem Automobil unterwegs zu sein. Und einen trinken wollte man ja schließlich auch noch mit diesen ganzen Künstlers. Also aus rein arbeitstechnischen Gründen umziehen ins etwas größere, nördlicher der Idylle gelegene Städtchen. Die Enttäuschung war dann doch nicht so arg, denn sie alle waren dort ja auch irgendwie anwesend. Irgendwie, da zu dieser Zeit auch die Moderne des anfänglichen zwanzigsten Jahrhunderts noch nicht so recht Einzug gehalten hatte im Millionendorf. Denn unsereins fand seine Nischen, in denen man sich passabel einmummeln konnte. Eine Liebe wurde es dennoch nie zwischen mir und diesem Großnest, das zu dieser Zeit überwiegend von Völkern aus rheinischen und westfälischen Stämmen unterwandert wurde. Es sollte mir im Lauf der Jahre allerdings tatsächlich gelingen, den einen oder anderen Münchner kennenzulernen. Als solchen bezeichne ich jetzt ausnahmesweise mal einen, der mir (oder ich ihm) 1975 oder auch zwei Jahre später zugeführt worden war. Zwar stammt er aus dem Fränkischen, siedelte jedoch bereits vor der olympischen Völkerwanderung in München an: 1965. Und wenn er auch ein paar Jährchen Zwischenstation in San Francisco machte, um das Land mit dem Fahrrad zu durchqueren, Love, Peace, Gitarre und Politische Wissenschaften zu lernen, so war beziehungsweise wurde er nach seiner Rückkehr doch zum (still leidenschaftlichen) Münchner. Für touristisches Public Relation taugt er nicht gerade, da man mit solchen Hin- beziehungsweise Sichtweisen nicht eben das richtige Geld machen kann: Mein liebster BiergartenHirschau, München, Gyslingstraße (Laubacher Feuilleton 18.1996, S. 4) Aber auf diese Weise läßt sich «unsere kleine Stadt», wie sie der frühere Süddeutsche Claudius Seidl sie in seinen Beobachtungen von der selbstbespiegelnden Hamburger Brandstwiete aus suffisant bezeichnet hat, kennenlernen, ohne daß man sofort wegrennen möchte. Denn solche Plätze habe auch ich durchaus genossen im größten Dorf der Welt. Bis ich mich grollend getrollt habe, da mir der Versuch Heimat schlichtweg abhanden gekommen, vielleicht auch mißlungen war. Er wurde an sehr viel weiter weggelegenen Orten fortgesetzt. Doch nun, nach einigen Jahren, ertappe ich mich immer wieder mal dabei, hier und da mal auf das eine oder andere Bild zu schielen, das die Stadt zeigt, in die mich zum Ende hin nichts anderes mehr zog als meine Wohnung (die sich auch hätte in Pusemuckel befinden können). Deshalb wohl jubelten gute Beobachter meinerselbst fern dieser Stadt mir dieses Büchlein unter: Stille Winkel in München von Hans Pfitzinger, dem alten Copain und Troubadour. Und siehe da: Dieser Orphéoniste der München-Minne ist an Orten gewesen, die ich in beinahe drei Jahrzehnten nicht kennengelernt hatte. Denn, wie's im Münchner Eventleporello zu lesen ist: «... die Stadt an der Isar bietet auch Orte, an denen man dem Lärm, der Hektik und den Menschenmassen entkommen und eine Auszeit von Pflichten, Anforderungen, Erwartungen oder eigenen Ansprüchen nehmen kann.» Das war mir bekannt. Aber — setze ich's fort mit dem Münchner Informationsblättchen, da es so schön ausgedrückt ist, es sich trefflich zwischen Zeilen lesen läßt: «Nur wenige der Plätze stehen im Reiseführer, die meisten sind Entdeckungen abseits der Touristenpfade, kleine Überraschungen wie etwa das ‹Tanzende Rokoko› auf dem Kirchbergl, Espenlaub und Sommerstock am Tivoli-Pavillon oder eine vermeintliche Begegnung mit Johnny Depp in der Schack-Galerie in der Prinzregentenstraße. Viele kennen die Auer Dult auf dem Mariahilfplatz, den Jahrmarkt, der jährlich Groß und Klein anlockt. Doch mit Sicherheit nur wenige waren schon einmal in der Mariahilfkirche. Das durch seine stille Größe und edle Schlichtheit sich auszeichnende Gotteshaus ist vor allem wegen seiner Akustik einen Besuch (z. B. bei einem Orgelkonzert) wert.»Die Auer Dult, nun, dort war ich schon des öfteren. Die Reise zur anderen Seite, also rechts der Isar gehört eigentlich dazu, sogar für einen in Schwabing Ansässigen. Denn gerade in den Anfängen des Wohnungseinrichtens bekommt man dort so manches Küchengerät, für das heutzutage bei Manufactum ein Betrag hinzulegen wäre, der heute einen nicht unerquicklichen Teil monatlicher Münchner Mietnebenkosten ausmachte. (Vermutlich hat ohnehin das mittlerweile Herrn Otto gehörende Manufactum die Auer Dult aufgekauft.) Aber deshalb im Anschluß in diesem neugotischen Monstrum gleich ein Kerzlein anzünden als Dank für den gelungenen Einkauf, auf die Idee wäre ich dann doch nicht gekommen. Zumal diese Neogotik des beginnenden 19. Jahrhunderts nicht eben zu meinen architektonischen hoschia'na-Rufen beiträgt, in diesem Fall also nicht Maria, sondern allenfalls Herr hilf! «Lange Warteschlangen an der Kasse bei Museen oder Ausstellungshallen, überfüllte Anlagen, wer darauf keine Lust hat, sollte diese außerhalb der starken Besucherzeiten ansteuern. Zum Beispiel das Orchideenhaus im Botanischen Garten. Wer dort am Morgen vorbeischaut, kann — wenn er Glück hat — auf freilaufende Schildkröten stoßen. Auch im Winter kann der Botanische Garten seine Reize haben, zum Beispiel bei einem Spaziergang am Morgen durch den Park: ‹Da bekommt man das Gefühl, das Gelände gehöre einem allein.›»Den Botanischen Garten kenne ich nur vom angrenzenden Nympenburger Friedhof bei den Englischen Fräulein. Nicht der Frauleins wegen war ich dort. Dort hatten wir 1995 den so jung gestorbenen Thomas Lehnerer beerdigt, den liebevollen, wunderbaren (Mit-)Begründer der Weltgesellschaft für Glück, dem es nichts genutzt hat, denn gerademal vierzig Jahre alt ist er geworden. Zwei-, dreimal habe ich ihn dort besucht, vielleicht auch, weil ich ihn, der ja nicht alleine Künstler und Philosoph, sondern eben auch Theologe war, immer wieder fragen wollte, wie ich denn wieder enttauft werden kann, denn eine solche katholische (Knoblauch-)Ölung hatte er mir 1982 schmunzelnd (feixend?) angedeihen lassen in der Residenz vor meiner von Studenten betriebenen Zwangsverheiratung mit dem Akademiekollegen, ein paar Jahre später ebenfalls selig. — Und Orchideen? M e i n e Güte! Erstens sollen sie nicht schmecken, nichtmal in allerfeinstem, provençalischem Olivenöl gebraten, und zweitens dürfte ich sie dort ja auch nicht pflücken. Hinzu kommt, daß die Büddenwarderin mich ohnehin ständig von Blüte zu Blüte zur glühenden Hochblüte treibt, da sie diese bunten Blättchen mehr liebt als mich. Doch ich komme einmal mehr vom Thema ab; man verirrt sich eben gerne, wenn das Alter der Erinnerung die Sporen gibt: «Sie leben vom Gedächtnis anstatt von der Hoffnung, weil das, was ihnen vom Leben bleibt, wenig ist im Vergleich zur langen Vergangenheit» (Aristoteles). Es geht schließlich um die Gegenwart, um das, was es zu besuchen, zu betrachten gilt, es geht um die zu Recht gepriesenen München-Ansichten des Liebenden: «Hans Pfitzinger, Münchner aus Überzeugung, gelingt es, den jeweiligen Ort mit nur wenigen Worten greifbar zu machen. Er bietet historische Informationen und schafft Eindrücke und Atmosphäre. Zum Beispiel bei seiner Begegnung mit einem schwerkranken Freund im Rosengarten. Schönheit und Tod liegen nahe beieinander. Am liebsten möchte man dem Erzähler sofort nachreisen, die stillen Winkel erkunden und testen, ob sie ähnliche Empfindungen auslösen wie bei ihm. Mit feinem Humor und ehrlicher Emotionalität lässt der Autor die Stadt von innen leuchten. Kurz: Eine Anregung für alle, die München lieben oder lieb gewinnen möchten.»Zwar werden trotzalledem keine noch so starken zehn Argumentationspferde mich gar nie nicht und nimmer wieder dorthin zurückbringen. Aber ich weiß mit Hilfe dieses wunderschönen Lesestoffs jetzt wenigstens, wie das eine oder andere unmaßgeblich gefällte (Vor-)Urteil zustande kam: Weil ich nicht richtig hingeguckt habe. Und eines hat Hap Pfitzinger dann doch noch für die notleidende Münchner Fremdenverkehrswirtschaft getan: Unsere vielen Kinners wollen nach der Lekture (!) dieses Buches unbedingt wieder hin, um nun die Pfitzingersche (säkulare) Via Dolorosa zu begehen. Die sogenannten Attraktionen haben sie ohnehin längst abgeklappert. Die Altfassung in leichter Überarbeitung. Es ist davon auszugehen, daß das Kapitel München damit ein für allemal abgeschlossen ist. Jeder Schmerz mag mich belasten, aber keinenfalls der dieser Trennung.
Italienisches München? In München kennen sie jeden Kuhfladen in der Toskana oder meinetwegen auch noch in Umbrien, jede Touristenpfütze in Venedig. Da fahren sie dauernd hin, weil sie sich dort heimisch fühlen. Oder vielleicht auch, weil sie dort endlich finden, von dem sie meinen, daß es zuhause so sein müßte, weil es ständig behauptet wird: italienisch, weil ... Alles schwafelt immer was von der nördlichsten Stadt Italiens. Damit sind allenfalls die paar wärmeren Tage auch im Herbst oder bereits im Frühjahr zu verbinden. Und daran ist in der Regel der Föhn schuld. Der sie so wirr macht, daß sie glauben, sie seien in Italien — und es überall rumerzählen. Dabei fahren sie lediglich bei Rot los und halten bei Grün an und rumpeln dauernd ineinander mit ihren lackglänzenden BMW-Cabriolen. Vor allem die ganzen Düsseldorfer und Bielefelder, die über die Stadt gekommen sind seit der Olympiade 1972. Dabei hocken sie in einem der miefigsten Kaffs der ganzen Republik. Italien? Dieses Biergartendorf. Was ist daran italienisch? Das bißchen der Renaissance oder (im Sinne Winckelmanns) inhaltsleer der Antike nachempfundene Architektur? Königsplatz? Mich schaudert's, wenn ich davorstehe. Filmkulisse. Wie Neuschwanstein. Disneyland. Das meiste ist ohnehin dieser süßliche, putzige, niedliche, spätputtige Barock. Nun gut. Vielen gefällt's. Zugegeben, ich bin eher französisch fundiert, fundamentiert sozusagen, bevorzuge klare, aufragende Formen. Aber viele lange Jahre hatte diese «unsere kleine Stadt», wie Claudius Seidl sie so punktgenau charakterisiert hatte, mich eben im Gemäuer ihres schlichten Gemütes gefangengehalten. Ein Kölner, der käme nicht auf die Idee, in dieser Stadt wohnen zu wollen. Der hätte ständig Heimweh in sein nördliches Italien. Mir sind einige Menschen bekannt, denen es so ging. Sie sind bald wieder zurück. Wenn's ging. Die Düsseldorfer, die fühlen sich wohl in München. Sie passen auch gut dorthin. Aber Kölner? Denn Köln ist tatsächlich italienisch. Und manchmal auch ein bißchen französisch. Schließlich haben die von links über den Rhein einmarschierenden Truppen die ehemalige römische Kolonialmetropole aus dem bis ins Mitteralter andauernden Tiefschlaf erweckt und direkt in die revolutionäre Moderne geführt. Wenn ich vorm Kölner Dom stehe und mir diese schlimme Fußbodenplatte wegdenke — na ja, ich schaue ja sowieso nach oben, weniger auf zu diesem ewigen katholischen Barträger, sondern eher zum nicht minder ewigen Baugerüst. Denn an diesem Filigranmonster wird ja nicht nur seit 1400, ach was, seit 870, sondern vermutlich noch weitere vierzehnhundert Jahre gebaut. Dann habe ich klare Gedanken: römisch, romanisch, Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Und das Vorbild hatte dann ohnehin wieder ein französisches Fundament: die Cathédrale von Amiens (man schaue sich mal zum Vergleich den Münchner Dom an ...). Oder die vielen anderen romanischen und gotischen Kirchen. Das läßt sich aus der Geschichte leicht erklären. Die Kölner haben von beidem etwas: die Offenheit der Italiener. Das ist die römische Geschichte. Und das französische laisser-faire, und manchmal auch die Sturheit. Aber nur manchmal. Und sie können über den spezifischen rheinischen Katholizismus lachen. Oder über den rheinischen Kapitalismus. Wer kennt nicht Jürgen Becker, Miterdenker der Stunksitzung, den hirschgeweihten Moderator aus dem Alten Wartessal zu Köln oder den Missionar des Rheinischen Frohsinns, der gemeinsam mit Didi Jünnemann europaweit die örtlichen Gegebenheiten für Karnevalsumzüge zu finden trachtet? Dieser Becker ist auch der Erfinder des Rheinischen Kapitalismus, Fachmann für Glaubensfragen («Kein purer Spott, sondern ein intelligenter Exkurs, der nicht nur Fundamentalisten zu empfehlen ist», hieß es in der FAZ). Er hat am Beispiel des Franz von Assisi die Kapitalismus-Werdung erklärt. Und das geht in etwa so: «Er war nämlich der Sohn des berühmten italienischen Tuchhändlers Piedro Bernadone. Ein richtiger Modezar, daraus entstand dann später Benetton. Der Vater reiste als Tuchhändler viel in der Welt herum und nannte seinen Sohn Francesco, den Franzosen. Dazu muß man sagen: Die Italiener lieben die Franzosen, aber sie achten sie nicht. Die Franzosen wiederum mißachten die Italiener. Aber sie lieben sie auch nicht. Das mit der europäischen Einigung wird noch schwer kompliziert.» Köln. Es ist die einzige deutsche Stadt, in der ich Italien rieche. Und manchmal stinkt's auch so. Mit dem Klima hätte ich allerdings Probleme. Und Meer gibt's auch keins. Wenn sich der Rhein auch manchmal so gebärdet, wenn er so uferlos wird wie seine Anrheiner. Nun denn: Sie haben den Protestantismus im Kölnischen Krieg von 1582 erfolgreich niedergerungen. Sie sind mit den französischen Besatzern von 1801 bestens klargekommen. Die waren über diese, damals eben, napoleonisch bedingt, nicht unbedingt so unangestrengte französische Gleichgültigkeit derart verblüfft, daß sie die kriegerischen Segel gestrichen, sich sogar fröhlich vermischt haben. In Köln spürt man Geschichte. Köln ist alt! Als Stadt! Nicht so alt wie Marseille, aber immerhin etwa so alt wie Lyon. Das wäre ein Vergleich. Köln wurde 38 vor unser aller, besser des kölschen Christus, also neutraler 38 vor unserer Zeitrechnung als Hauptstadt der von den Römern umgesiedelten Ubier als als Oppidum Uborium gegründet. Und die Kölner leben auf der Straße. Immer. Und zu jeder Jahreszeit. Sogar im arschkalten, ekelhaft nieseligen November siehst du die Menschen nachts auf dem Hohenzollernring, weil sie ins Kino oder in die Kneipe gehen. Während im italienischen Zwiebelturm-München mit seinen ganzen Provinzlern aus Düsseldorf oder Hannover ... Es ist zwar schon ein Weilchen her, aber exemplarisch für die diese Stadt: Ein Bäcker am Schwabinger St.-Josephsplatz versuchte seit Urzeiten, ich glaube, seit fünfzehn oder gar zwanzig Jahren, die Genehmigung dafür zu erhalten, Tische und Stühle auf den recht hübschen, nachgerade idealen Platz zu stellen, um Capuccino — wahrscheinlich mit Instantsahne obendrauf — und Panini zu servieren, die er den Alteingesessenen wiederum als Semmeln verkauft. Aber Semmeln mögen diese Münchner Italiener nunmal nicht. Panini müssen's sein. Wie auch immer, der Bäcker kriegt keine Genehmigung. Die Buchhändlerin von nebenan hat mir erzählt, daß es ihr wirtschaftlich um einiges besser geht, seit sie dorthin gezogen ist, von einem lediglich ein paar Meter weiter gelegenen Eck, weil an diesem Platz Leben in die Bude kommt. Es wuselt regelrecht, denn es ist eine ausgesprochene Wohngegend mit ein paar kleinen mittelständischen Betrieben. Dennoch: null. Es gibt da eine radiologische Kleinklinik. Die Menschen kommen von überall her. Sie müssen oft warten. Aber Café? Ich hab da mal verzweifelt eines gesucht, weil ich mit jemandem was zu besprechen hatte. Nichts. Aber der zuständige Bezirksausschuß oder welche abschießende Behörde auch immer sagt nein. Das deckt sich mit der jahrelangen Diskussion in der Stadt um die sogenannte Sperrstunde. Es handelt sich zwar um einen älteren Text (2002), der auch anderenorts bereits veröffentlicht war. Aber ich bin gestern von in Isar-Athen lebenden Düsseldorfern, die mal richtiges Wasser sehen und den Horizont abtasten wollten, derart penetrant zueuphorisiert worden, daß es jetzt (nochmals) rausmuß. (Siehe auch: Patois d'Cologne)
Eilende Mütter oder Die Rasenden in den Dörfern1 Es geht um ein Phänomen, das zwar nicht unbedingt regionalspezifischen Ursprungs sein dürfte, mir jedoch in der hiesigen Gegend besonders auffällig zu sein scheint: die Geschwindigkeiten der motorisierten Verkehrsteilnehmer. Seit einiger Zeit bin ich, aus dem tiefen Süden kommend, im hiesigen Raum Mieter eines dörflichen Büros und mehr oder minder gezwungenermaßen auf den Straßen der Umgebung unterwegs. Auslöser ist ein nachgerade einschneidendes Erlebnis, das ich vor ein paar Tagen hatte: Bei der Einfahrt in einen Ort war ich mit etwa 45 Stundenkilometern beinahe zu schnell unterwegs. Etwas mehr, und ich hätte das circa dreijährige Mädchen überfahren, das mit seinem Fahrrad unvermittelt aus einem Grundstück herausgeschossen kam, weil es wohl die Bremstechnik noch nicht so recht verinnerlicht hatte. Es schaute mich großäugig fragend an, und meine Augen blieben vor Entsetzen geweitet. Ich unterließ es, auszusteigen und der Kleinen vorzubeten, sie möge doch in Zukunft bitte ganz fürchterlich aufpassen. Es würde die Nachlässigkeit der Eltern nicht verstehen, das Tor zwischen Grundstück und Straße nicht geschlossen zu haben ... Andererseits: Wenn Kinder schon nicht dörflich fröhlich vor sich hinradeln dürfen ... Im Bereich des Kindergartens an der Straße, in dem sinnvollerweise eine Begrenzung der Geschwindigkeit vorgegeben ist, überholte mich in eben dieser 30er Zone schon sehr flott ein PKW — am Steuer eine junge Frau, im Fond zwei kleine Kinder. Es ist dabei unerheblich, daß das Kennzeichen einen Verweis auf eine einheimische Renn-Pilotin ergab, denn Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten nunmal bundesweit. Ich halte diese Fahrweise grundsätzlich für unverantwortlich. Doch daß eine junge Mutter ihrem motorsportiven Trieb nachgibt, läßt auf eine mangelnde oder vielleicht eher emotional gebildete Intelligenz schließen. Ich kenne das aus Städten, in denen elterlicherseits lange Zeit für die Einführung einer 30er Zone gekämpft wurde. Als es dann soweit war, wurde ich auf dieser engen Straße bevorzugt von Müttern überholt, die ihre Kinder mit einem guten Siebziger an mir vorbei eben mal noch pünktlich zur Schule bringen mußten. Bleibe ich auf dem Lande: Möglicherweise ist diese junge Mutter mit ihrem mittleren Managmentsgatten aus dem Moloch Stadt weg- und bewußt in ein kleines Dorf umgezogen, ernährt ihre Kinder in gesundheitserhaltenden sowie ethikfördernden Maßnahmen nach streng ökologischen, auch ökomenischen Kriterien, fragt während eines Biobauerhof-Tages der offenen Tür für bewußt Lebende oder, je nach Lebenseinstellung, Bewußtlebende, nach den hoffentlich unbedenklichen Ingredienzien des angebotenen Bratlings statt -wurst, lehnt Fernsehen für Kinder ab — da dies die reinen Seelen der Kleinen beeinträchtigen könnte —, raucht nicht, trinkt keinen Alkohol, hinterfragt permanent un- respektive soziales Verhalten, fährt ein Vier-Liter-Hybrid-Auto, dessen höherer Anschaffungspreis der Umwelt geschuldet ist, und hat wie ihre städtische Mitmutter im Rahmen einer Bürgerinitiative erst einmal dafür gesorgt, daß in eben diesem Teilstück der Straße eine Tempo-30-Zone eingerichtet wurde. Sicherlich hatte es sie es eilig. Denn zuhause im liebevoll entkernten und mit Panoramafenstern bedachten zweihundertjährigen Reetdachheim wartete der Papa (der mich kurz vor Ortseingang mit seinem Achtzylinder immer schnell noch überholt) der Süßen, der endlich einmal mit ihnen (und ihr?) spielen wollte (oder aber nicht in der Lage war, sich eigenhändig ein Leberwurstbratlingbrot zu schmieren, da seine zielgerichtete Ausbildung es nicht zuließ, auch noch die schlichteren Angelegenheiten des Lebens zu studieren). Kurzum: in solchen Sonder-Fällen werden Tempo-30-Zonen außer kraft gesetzt. Das ist kein Einzelfall. Ich erlebe es ständig, daß die Autofahrer innerhalb der Ortschaften viel zu schnell unterwegs sind. Selbst wer die vorgeschriebenen 50 Kilometer in der Stunde einhält — was innerorts häufig genug zu schnell ist —, gilt als Verkehrshindernis; immer wieder mal wird man aus einem Meter Abstand angeblinkt oder behupt, oder aber man wird man von ihnen, auch auf engsten Sträßlein, überholt (während sie draußen auf der etwas kurvigeren Landstraße der Geschwindigkeitsmut verläßt). Die innerörtlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen werden eigentlich nie eingehalten — 60 Kilometer in der Stunde und gerne mehr innerhalb der Ortschaften sind der Normalfall. Erst kürzlich kam mir in besagter dörflichen 30er Zone kurvenschneidend ein PKW mit sicherlich 60 Stundenkilometern entgegen Der Motorradfahrer, der diese Strecke, bevorzugt in den Morgen- und Abendstunden und mit aufgedrehtem Hahn — also erster Gang bis etwa 70 km/h —, wohl zu Gehör-Test-Zwecken für die Anwohner nutzt, scheint ohnehin usus zu sein. — Auch hier wieder der spekulative Gedanke: Es war die Zeit nach Feierabend, und der Fahrer mußte wohl schnell nach Hause, um das Dreirad seines dreijährigen Sprößlings zu reparieren. Vielleicht drosselt dieser Vater seine Geschwindigkeit, wenn das Kind nach einem Unfall im Krankenhaus liegt. Aber vielleicht reicht ja der Tod des geliebten Hündchens oder der Katze bereits aus — in diesem Fall vielleicht beklagt von der Gattin oder den Kindern. Daß auch außerhalb der Ortschaften entschieden zu schnell gefahren und an unübersichtlichen Stellen überholt wird — und wahrhaftig nicht nur durch sehr junge Fahrerinnen und Fahrer (hat sich nicht erst kürzlich in der Nähe ein 47jähriger um den Baum gewickelt?)! —, ist ein Thema für sich. Alleine Wildunfälle sind hier ja offenbar an der Tagesordnung (wie ich den Medien entnehme, sind die Monate Juli und August besonders gefährdend). Wenn das durchlackierte Gefährt Beulen und Schrammen aufweist, bricht Zeter und Mordio aus: Man sollte das Wildgetier abschaffen, wie Bäume nunmal in den Wald und nicht an Straßenrand gehören — und Kinder nicht auf die Straße, sondern nach Hause in Mamas Schoß ... Solange es einen selbst nicht betrifft — ich aber bin bereits be- oder beinahe getroffen, wenn mir auf der sehr engen, hügeligen Straße durch den Wald, wo, nicht minder sinnvoll, die Höchstgeschwindigkeit auf 50 Stundenkilometer begrenzt ist, eines dieser Lieblingsspielzeuge der Deutschen — die geländegängigen (man lebt schließlich auf dem Land), hubraum- und PS-starken Nobelkarossen (für die sinnigerweise bis vor gar nicht so langer Zeit lediglich eine Nutzfahrzeugsteuer entrichtet werden mußte) — über einen Hügel hinweg entgegengeflogen kommt, so daß ich mich in den Graben retten muß, um nicht in den Kofferraum meines Autochens geschoben zu werden (wie neueste Tests ergaben). Davon mal abgesehen, daß die Einheimischen froh sein sollten, daß diese winzigen Nebenstraßen hierzulande für den allgemeinen Verkehr freigegeben sind — in anderen deutschen Bundeslanden ist das eher seltener der Fall —, sollten einige dieser mörderischen Pilotinnen und Piloten doch erstmal die Außenmaße ihrer Fahrzeuge kennenlernen, bevor sie sich in ihrer Wahnwitzigkeit auf die Piste begeben. Denn wie wenig sie ihre (nicht nur die großvolumigen) Fahrzeuge kennen, belegt allein und immer wieder die Tatsache, daß in den Städten regelmäßig aus drei Parkplätzen einer wird; ersichtlich wird das an den Kennzeichen, die die ländliche Herkunft belegen. Ich bin wahrlich kein ständig nach Ordnung oder gar Polizei rufender Mensch. Denn ich halte Eigenverantwortlichkeit für ein probates, weil: demokratisches Mittel. Auch im Straßenverkehr sollte soziales Verhalten gelten: also ein Miteinander und nicht diese (überhandnehmende) selbstbezogene, eigensüchtige (Fahr-)Praxis. Landauf, landab höre ich das Wort ‹Abzocke› durch die Exekutive. Doch angesichts der hiesigen Zustände wünsche ich mir auch hierzulande manchmal eine Rigidität, wie sie in Frankreich seit vielen Jahren praktiziert wird — und die zu einer erheblichen Senkung der Unfallquoten geführt hat: Rückbau, also Verschmälerung der innerörtlichen Straßen sowie ständige und konsequente Geschwindigkeitskontrollen innerhalb der Ortschaften, und das häufig zweimal innerhalb eines Dorfes. Drastische, um einiges höhere Geldbußen als in der Bundesrepublik Deutschland sowie rigider Führerscheinentzug haben ihren Teil dazu beigetragen. In den letzten Jahren wurden innerhalb Deutschlands aus Frankreich so viele sinnvolle Straßenbaumaßnahmen wie etwa die Einrichtung von verkehrsberuhigenden Verteilerkreisen oder sogenannte Schikanen eingeführt, daß man auch über solche Maßnahmen ernsthaft nachdenken sollte — davon einmal abgesehen, daß in Frankreich außerörtlich ohnehin eine Höchstgeschwindigkeit von 90 Stundenkilometern gilt und, wie bereits erwähnt, seitens der Behörden auf strengste Einhaltung geachtet wird.
Farn auf der Bahn Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen — ach was, besser so: Der eine baut sich zuhause eine Abba-Endlosschleife, weil er gerade leicht retroverzückt oder radneuerfindend Mamma mia gejubelt hat, und läßt damit seine Mitmenschen per Knopf im eigenen Ohr im Umkreis von drei Kilometern daran teilhaben. Einer meiner Ohrwürmer trägt den Titel Romantik, und ich nutze den hiesigen Blogplayer, um meine lieben virtuellen Nachbarn damit vollzudröhnen. Das hat weniger damit zu tun, daß ich diese alte Klamotte aus Studientagen nicht abzuwerfen in der Lage bin, sondern weil das eine ist, die so viele Falten hat und in denen sich immer wieder neues entdecken läßt. Ich gehöre ja zu denen, die von jeher mit dem Automobilchen (auch) auf meinem inneren Beifahrersitz Nebenstrecken abschlurfen. Hans Pfitzinger, Freund und temporärer Kollege (et vice versa) seit Schleyerfahndungszeiten, er aktiver «Schreiber, Übersetzer, Seifenbläser» und kritischer taz-Leser, ich nichts anderes mehr als Flâneur, hat das, nenne ich's mal unbescheiden so, kürzlich auf seiner Seite derart gewürdigt: «Der olle Jean Stubenzweig hat inzwischen zweifellos seinen ganz eigenen Stil gefunden beim Schreiben. Das liest sich, wie wenn man nicht mit Vollgas durch die Gegend rast, sondern sich Zeit nimmt für die Dinge am Wegesrand, die Wolken am Himmel, und die Gedanken, die in der Phantasie entstehen, wenn der Mensch nicht gehetzt wird und sich nicht hetzen lässt. Jean Stubenzweig schreibt in seinen besten Momenten so, als würde er sich gemächlich im sanft schaukelnden Deux Chevaux durch eine schöne französische Landschaft bewegen. Tatsächlich fährt er seit ungefähr 1789 eine Citroën-Entë — vielleicht hat das aufs Schreiben abgefärbt.» Mich artig für solch warmen Worte bedankend möchte ich jedoch darauf hinweisen, daß hap, wie wir ihn seit gemeinsamen Zeitungszeiten nennen, nicht nur die Romantiker, die ich zu deren Zeiten thematisch forschend ja lediglich gestreift habe, besser kennt als jeder Exeget alttestamentarischer Ereignissse oder auch nicht, also nicht nur wie der Pastor schnittmusterartig seine sonntägliche göttliche Menschenliebe von der Kanzel runtersäuselt, sondern in jeder Textfalte immer wieder frisch oder neu, auch schonmal regelungerecht entstandenes Leben entdeckt. So ist die Freude verständlich, die bei ihm (und auch bei mir) aufkommt, wenn sich offensichtlich Jüngere mit Sachverstand und Textgefühl bemühen, der von Stereotypen verseuchten Menschheit klarzumachen, daß es sich bei der Romantik um etwas anderes handelt als um deren Abziehbild. Mehr noch, viel mehr noch: Hans Pfitzinger lebt die Romantik. Das allerdings im Rahmen der Möglichkeiten, die ihm zu diesen aufgeklärten Zeiten, deren zeitgenössischen Verweser nichts anderes im Sinn haben als die Aufklärung, die mit Diderot und d'Alembert> ihren zumindest schriftlichen Anfang nahm, abzuwickeln beziehungsweise die biblia pauperum, diese fast ausschließlich aus Bildern bestehende Armenbibel, wieder als Ausbildungstandard einzuführen. Oder so: Die Romantik entwickelte sich zwar als Gegenpol zur Aufklärung, aber sie schloß dieses Denken keineswegs aus. Die Praktiker ersterer haben aus letzterer gar eine außerordentliche Energie bezogen. So äußerte Jochen Gerz einmal: «Ich schätze die Hoffnungslosigkeit der Romantiker, die Politisiertheit der Romantiker. Ich halte Novalis für einen ausgesprochen scharfen Denker.Das in etwa ist es, das Hans Pfitzinger lebt. Und zum Programm des romantischen Aufklärers oder auch aufklärerischen Romantikers gehört sein Dasein als Sisyphos. Er verrrät nicht nur die Pläne der Götter, er unterzieht sich auch dieser Strafe (von der ich allerdings nicht so genau weiß, weshalb sie ihn ereilt hat): «Und weiter sah ich den Sisyphos in gewaltigen Schmerzen: wie er mit beiden Armen einen Felsblock, einen ungeheuren, fortschaffen wollte. Ja, und mit Händen und Füßen stemmend, stieß er den Block hinauf auf einen Hügel. Doch wenn er ihn über die Kuppe werfen wollte, so drehte ihn das Übergewicht zurück: von neuem rollte dann der Block, der schamlose, ins Feld hinunter. Er aber stieß ihn immer wieder zurück, sich anspannend, und es rann der Schweiß ihm von den Gliedern, und der Staub erhob sich über sein Haupt hinaus.» (Homer: Odysee, 11. Gesang [hier zitiert nach Karl Kerényi, Die Mythologie der Griechen. Die Götter- und Menschheitsgeschichten.]) Sein Blog, der schamlose, den hap immer wieder auf den Hügel der Erkenntnis zu rollen versucht, heißt: Keine Kernkraft (mehr), keine Luftverpester (mehr), nicht mehr fahn fahn fahn auffe Autobahn, sondern eher, wie neulich in diesem Großartigen Tor verkündet wurde, von mir im zweiten Abschnitt leicht variiert: «Farn, Farn, Farn» auf die Autobahn. Und deshalb, immer und immer wieder: Bahn Bahn Bahn. Da stimme ich hap nun unbedingt zu. Denn ich gehöre ja, neben meinen abseitigen Enten(aus)flügen, zu denen, die auch auf Fahrten in die Metropolen gerne neben den Rennstrecken dahinrollen, die sich gerne auf mehr Rädern als nur vier von Misthaufen zu Misthaufen rattern lassen. Berlin, beispielsweise, über die mecklen- und brandenburgischen Dörfer anzufahren, kommt Landschafts- und Menschenerkundungen gleich. Allerdings ist es nicht ratsam, mehr als ein Faß Wein und einen Sack Kartoffeln mitzuführen, denn man fährt schließlich nicht im Transibierien-Express ohne Halt durch bis nach Wladiwostok, sondern man befindet sich hierzulande in Kurz-vor-hinter-Sibierien, und deshalb muß man mindestens zweimal umsteigen von Büddenwarder bis nach Angela Merkel. Aber da die warten kann (allerdings gerade mal dreißig Minuten, denn auf der Agrarstrecke ist man auch nicht viel langsamer unterwegs als auf der Mehdorn-Flugpiste, für die erstmal Hamburg angelaufen werden muß), ist es unerheblich. Nun, am Dienstag, dem 22. Juli, ging wieder einer dieser pfitzingerschen Appelle hinaus: «Ausbau der öffentlichen Nah- und Fernverkehrsverbindungen!» Und weiter hieß es: «Das leiseste Auto ist das Auto, das gar nicht erst zugelassen wird.» Aktuelle Ereignisse warfen allerdings so arge Schatten nach hinten, so daß ich etwas zu bedenken geben mußte: «Jawoll! «Ausbau der öffentlichen Nah- und Fernverkehrsverbindungen», nicht Abbau! Die Dame wollte letzte Woche umwelttechnisch das Auto stehen lassen und mit den Öffentlichen in die Nähe Kiels fahren (auch spätere Mädchen sind ja gerne lernfähig). Sie war gegen Mittag losgefahren und unter Benutzung von Bus (nach Hamburg-Rahlstedt), S-Bahn bzw. «Schienenersatzverkehr» wegen jahrzehntelanger Verrottung der Strecke, also wieder mit dem Bus von Milchkanne zu Milchkanne nach Hamburg-Hauptbahnhof und dann von dort aus und aus Verzweiflung mit dem Intercity nach Kiel. Ankunft in Kiel gegen 18 Uhr. Hätten die anderen Klassentreffler sie nicht dort abgeholt, weil die Feier in Preetz bereits im Gange war, wäre sie nochmal eine Stunde unterwegs gewesen. Sechs Stunden (plus abholende Zubringer) für knapp hundert Kilometer. Mit dem Autochen braucht man bei Tempo 80 bis 90 auf der Landstraße etwa eine Stunde von Tür zu Tür. Gekostet hat das Ganze für die einfache Strecke rund fünfunddreißig Euro, was auch daran lag, daß die Deutsche-Bahn-Schalter-Expertin ihr eine Fahrkarte für den HVV (Hamburger Verkehrs-Verbund) verkaufte, mit der der Herr Bahnzugbegleiter nichts anfangen wollte (was nichts mit dem ICE-Zuschlag zu tun hatte, sondern mit dem falschen Ticket, wie das auf Neubahndeutsch heißt!) und der Delinquentin nochmal den vollen Fahrpreis Hamburg-Kiel berechnete, rund fünfundzwanzig Euro (nicht eingerechnet den Bus-Fahrpreis von Büddenwarder nach HH-Rahlstedt). Dabei hatte sie noch Glück, daß er ihr kein Strafporto aufbrummte oder sie gar zur Erkenntnisdienstlichen Behandlung bzw. zum Brummen in den Polizeigewahrsam ins schleswig-holsteinische Guantánamo schickte. Am Sonntag wurde sie mit dem Twango abgeholt, weil sie sich dem verständlicherweise nicht nochmal aussetzen wollte. Benzinkosten für die knapp 200 Kilometer (hin und zurück): 15 Euro. Und die beiden Söhne sowie der der Sack wunderbarer neuer Kartoffeln für den Vater durfte auch noch mit (mal eben ein kleiner Umweg), ohne den Fahrpreis wesentlich zu erhöhen. Und bei der biologisierenden und in Kronshagen wohnenden Schwester waren die Jungs auch noch mal eben. Sie hat nun wirklich lange überlegt, ob sie in Zukunft mit den Öffentlichen fährt. Was auf dem Land einfach nicht geht, will man hin und wieder was einkaufen oder mal den siechen Mann umtütteln oder wenigstens Händchen halten und nen lütten Klönsnack halen. Und wenn das, wie wir nun wissen, schon zwischen den Städten schwierig ist oder auch: nicht funktioniert. Deshalb wird sie in den nächsten Wochen einen neuen Twungo zulassen.» Und nun höre ich sie schon wieder laut rufen, unsere Ökobiodynamischen: Was hängt ihr auch auf dem Dorf rum? Dafür müßtet ihr doppelt zahlen müssen, ihr Landzersiedler und -versiegler! Haben die Damen und Herren eigentlich schon mal ein klein wenig ihrer verfügbaren Denkmasse insofern eingesetzt: als es möglicherweise Menschen geben könnte, die seit Generationen, etwa seit 1789 oder gar vor dem Westfälischen Frieden, Dorfbewohner sind? Und nicht alle Stadtflüchter? Menschen, die nicht in der Stadt leben möchten, auch wenn es alles andere als billiger ist auf dem Dorf. Die ihre Kinder wie weiland die Urururgroßeltern über die Koppel hoppeln sehen und nicht eingesperrt werden wollen in diese Kisten, die auch nicht schöner anzuschauen sind als selbst der einfallsloseste Dorfkasten? Es gibt sie, tatsächlich. Und da sieht das dann so aus, wie aus einem Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung hevorgeht, in dem es primär um eine neue Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer nach Abgasausstoß ging: «Aber was ist mit den Menschen auf dem Land? Die benötigen (mindestens) einen PKW. Denn in ländlichen Regionen fahren Busse, wenn überhaupt, nur zweimal täglich. Durchaus auch innerhalb von Verbundsystemen. Das hat beispielsweise bzw. sehr häufig zur Folge, daß Schüler, deren Unterricht 15 Minuten länger dauert als die fahrplanmäßige Abfahrt des Busses, nicht mehr nach Hause kommen, weil der Bus weg ist. Oder der Tischler-Lehrling muß Überstunden machen, weil der Meister gerade einen Eilauftrag an Land gezogen hat, für eine dringendst einzubauende Küche in einem Reihenhaus. Oder die Auszubildende oder auch die schon länger Beschäftigte einer Arztpraxis muß über Busabfahrtzeiten hinaus verweilen, da sich zunehmend die Meinung verbreitet, einzuhaltende Sprechstunden seien dienstleistungsfeindlich. Deshalb braucht es gar einen Zweitwagen, da die stundenweise für 200 Euro monatlich im 20 Kilometer weit abgelegenen Städtchen als Friseuse tätige Mama (die Mietnebenkosten müssen ja auch bezahlt werden) oder der für 2.000 Euro brutto in der 80 Kilometer entfernten Firma schichtarbeitende Papa losmüssen, um die Lieben einzusammeln — oder sie, wenigstens, zu Sportveranstaltungen kutschieren zu können [...]. Zwei Automobile! Davon meist eines älteren Baujahres. Eines vielleicht gerade noch Schadstoffklasse Euro 3, das andere jedoch vor vielen Jahren für 1.000 Mark erstandener, aber immer irgendwie durch den TÜV gehuschter Schrott. Und die müssen beide ersetzt werden. Doch wovon? Also ist man gezwungen, weiterhin mit den alten Kisten zu fahren und mit höherer Kraftfahrzeugsteuer sowie ansteigenden Benzinkosten plus angestiegener, steuerlich nicht absetzbarer, Umsatzsteuer das monatliche Budget empfindlich zu verringern. [...]» Und nun dürft Ihr Euch wiederholen, die Abba-Endlosschleife abfahren. Wenn Ihr durchgehalten habt bis hierher.
Enten(aus)flüge Denke ich an Ente in der Nacht, nein, bin ich nicht um den Schlaf gebracht, weil mir zu üppiger Genuß eines solchen Geflügels in übermäßig fetter Sauce die Ruhe verleidet hätte. Mir fällt dabei das nächtliche Lyon-Nord ein, der einzige Ort, an dem sie mich je in Stich gelassen hat, meine Ente, Kurzform des häßlichen Entleins beziehungsweise übriggeblieben aus der poetischen Berichterstattung der fünfziger Jahre zum Thema Automobil. Nun, nicht eigentlich wirklich im Stich gelassen hatte sie mich. Es war 2001 eher ein Warnschrei, der Schrei einer vernachlässigten Kreatur, mit der man gefälligst behutsam umzugehen habe. Und sie hat ihren lautstarken Klagegesang freundlicherweise in der Nähe einer Raststätte abgegeben — restoroute Lyon-Nord. Denn die sind auf Frankreichs Autobahnen nunmal nicht so nahe aneinandergelegen wie etwa beim rechtsrheinischen Nachbarn. Vielleicht aber war's auch die Tatsache, daß es gen Norden ging. Und dies bedeutet für einen Deux Chevaux oder auch, deutschverständlicher, Döschewoh nunmal die grundsätzlich falsche Richtung. Der will immer in den Süden. Also, dennoch: Lyon-Nord. Da kennen wir uns nämlich aus, die Ente und ich. Ich weiß, wo der Café-Automat steht, und die Ente, aus welcher Richtung der Pannenhelfer, der Dépanneur, kommt, nämlich aus dem Süden. Und dorthin will sie immer wieder zurück. Wahrscheinlich hat sie deshalb hier gestreikt. Denn Lyon ist gemeinhin als das Tor zum Süden bekannt. Und nicht das zum Norden. Der ist nunmal Feindesland. Wir waren noch nicht lange ein Paar, wir beiden. Deshalb waren wir wohl noch nicht so mit unseren Eigenarten vertraut. Oder ich hatte zu sehr darauf vertraut, daß Enten grundsätzlich eigenartige Geräusche von sich geben. Ich hatte sie nicht ernstgenommen. Sie hatte sich dafür gerächt. Sie hatte einfach das Licht gelöscht. Nachts. Nicht das der Straßenlaternen. Sie hat das eigene Kraftwerk abgeschaltet. Mit einem ziemlich lauten Kreischen. Entenkreischen. Es klingt, als ob man ihr das noch ungelegte Ei aus dem Hinterteil raubt. Nun: Ein wenig hatte ich ja schon nach diesen seltsamen Lauten gelauscht auf dem Weg in südliche Richtung, ihnen keine weitere Bedeutung zugemessen. Wir würden dann schon in eine Werkstatt fahren nach der Ankunft. Aber es ist einigermaßen unsinnig, im tiefen französischen Süden um die Mittagszeit einen Mechaniker auf ein ungutes Geräusch aufmerksam machen zu wollen. Ein Deux Chevaux, meinte er kurz vor dem Siesta-Wegnicken da unten in seinem verschnarchten Kaff, wo die Blech-Enten zu hunderten herumstehen —, mache immer irgendwelche seltsamen Geräusche. Man müsse das nicht so tierisch ernst nehmen. So stand sie dann lange Wochen unbewegt in ihrem Stall, der Garage am Centre Bourse in Marseille. Doch später sollten wir dann eben gemeinsam in Lyon-Nord stehen. Sie war ja immerhin so zuvorkommend, sich wenigstens erst zu einem Zeitpunkt teilweise selbst zu zerstören, als daß uns der Batteriestrom noch bis zur Raststätte vorantreiben konnte. Wo wir dann standen. Der Tankwart rief den Dépanneur. Und ich trank einen nach dem anderen von diesen Sechs-Francs-Automaten-Espressi, die entsprechend schmecken: kaffeeähnlich. August war's. Sämtliche Wohnmobile Nord-Europas sowie ein paar bis unters Dach mit Kleidungsstücken und Kindern gepolsterte Kleinwagen, deren Insassen wohl allesamt gerade dem gegenüber Frankreich sehr viel kostengünstigeren spanischen Sonnenbränden entronnen waren, befanden sich auf dem Rastplatz Lyon-Nord — in dieser Richtung eben so eine Art Alien-Tor. Denn Menschen, so heißt es im Süden des Landes, könnten nördlich von Lyon ja wohl kaum leben. Ähnlich äußern sich bekanntermaßen die Ober-Bayern, wenn sie vom sogenannten Weißwurst-Äquator sprechen, der Donau. Und wir mittendrin unter lauter Barbaren — wartend auf den Enten-Doktor. Als er dann kam, hatte ich ein Schlüsselerlebnis. Stockdunkel war es auf dem Randparkplatz. Doch Monsieur le dépanneur faßte kurz hierhin, faßte mal eben dorthin — und kam innerhalb kürzester Zeit zur be- und gefürchteten Diagnose: Lichtmaschine. Das wäre nicht weiter tragisch gewesen. Denn da ich nicht so viele Cigales, diese Zikaden aus Holz oder Stein, oder sonstige kunstgewerblichen Materialien aus Fernost gekauft hatte wie die Resttouristen, befanden sich noch ein paar Francs in der Börse. Aber es war — wie anders? — Freitag abend. Garage? Demain? Morgen? Am Week-end? Non, Monsieur! Lundi. Nun denn. Am Montag. Doch ich war ja wenigstens in der Nähe des schönen Lyon, das ersatzweise Eß- und Trinkgenuß versprach, vor allem aber die Nähe von Freunden. Und Kirchen. In jeder eine Kerze für den 2 CV! Ob er mich denn mitsamt dem Deux Chevaux bitteschön nach Lyon transportieren würde, wegen Garage und so? Puh, Monsieur, quinze kilometre! Ich weiß nicht mehr, ob es an den fünfzehn Kilometern lag oder an seinem Mitleid oder an seiner Sympathie für Enten-Piloten. Er schlug nach meinem halbstündigen Klagegesang vor, es am nächsten Morgen dann doch selbst zu erledigen. Er würde zu seinem Kumpel gegenüber auf den Schrottplatz gehen und eine Lichtmaschine holen. Wir machten dann noch einen nächtlichen Ausflug, ich neben dem Enten-Retter auf dem Beifahrersitz, während das lädierte Tier sich derweil hintendrauf die schwüle Sommerluft um die Karrosserie wehen ließ. Ein paar Kilometer Autoroute, dann durch ein nur mit Hilfe eines wohl eigens für Dépanneurs angefertigten Schlüssels zu öffnendes Tor im Zaun raus und über die Dörfer. Etwa dieselbe Entfernung wie nach Lyon. Vermutlich mehr. Aber er lieferte mich in einem Mercure-Hotel ab, meinem Standard in Frankreich. Das natürlich belegt war. Hauptreisezeit und unweit der Autobahn. Aber der freundliche Mensch der Rezeption fand im benachbarten Novotel, das ja auch zu meinem Club der Frankreich-Dauerreisenden gehört, noch eine Bleibe für mich. Und am nächsten Morgen um zehn klingelte der Mann, der die ganze Nacht dépanniert hatte, mich an. Wo ich denn bliebe?! Der Deux Chevaux sei fahr- und er schlafbereit. Die Reparatur kostete weniger als die Hälfte des Preises, den ich für die Übernachtung zu entrichten hatte. Und dann mußte ich schließlich doch gen Norden. Aber seither hat meine Partnerin Ente mich nie wieder im Stich gelassen. Auch nicht in nördlicher Richtung. Ich höre ihr aber auch längst genau zu, wenn sie über ihre polyphonische Kakophonie hinaus ungewohnte Töne von sich gibt. Euphemistisch ausgedrückt, ließe sich daraus auch eine Schulung des Gehörs formulieren. Sie als jederzeit führende Reisesänfte durch Frankreich hatte eine Vorgängerin. Die sprang im Winter grundsätzlich nie an und auch bei linderen Lüftchen nicht immer. Aber wenn sie dann in Richtung Süden sollte — durfte! Dann scharrte sie bereits nach dem ersten Zündschlüsseldreher mit den Michelin. Mit ihr wurde das Schaukeln quer durch dieses Land zu einem wesentlichen Bestandteil meines Bewußtseins. Und sollte ich ohnehin begonnen haben, leicht sonderbare Begebenheiten nicht mehr so grundsätzlich in die Lade Zufälle abzulegen, dann war eben dieser 2 CV Charleston ein Stück Schicksal. Er stand spätnächtens oder auch frühmorgens auf der Türkenstraße im alten Münchner Universitätsviertel. Bestimmt zwei Stunden hatten wir Begießer eines fünfundzwanzigsten Geburtstages debattiert, wie denn für die Delinquentin ein kleines Gefährt auszusehen hätte und günstig zu beschaffen wäre, mit dem sie durch die Stadt zischen konnte. Das Ergebnis lautete einstimmig: Fiat Panda. Es gab keinen Zweifel. Sowas nettes kleines Italienisches mußte her. Und das in den Räumen eines Cafés, das eindeutig französisch beatmet war. Der Besitzer hatte fünfundzwanzig Jahre zuvor bei einem längeren Wochenendaufenthalt in Paris eine Wienerin kennengelernt. Das war ja nun wahrlich ein Anlaß, etwas Pariserisches in ein Viertel zu setzen — das sich auch damals schon ein bißchen heftig italienisch gerierte, da sich die Münchner nunmal grundsätzlich für den norditalienischen Nabel Europas halten. Die spätere Ehefrau war er bald los, der Maître des kleinen Cafés inmitten von geisteswissenschaftlichen Hilfskräften in den vielen Klamottenläden der Schellingsstraße, aber seine Crêperie hatte er noch. Und diese schloß. Wenigstens für diesen Geschäftstag. Es war halb zwei. Feierabend. Aber der Lust, weiterzufeiern, war noch nicht nach Abend. Die kleine Feiertruppe zog ein paar Meter weiter, wo es eine Ausnahme gab in dieser dörflichen Stadt, in der die Fensterläden früher geschlossen werden als in der anderen Provinz. Er bog um die Ecke, der Rest der Feiergesellschaft. Und da stand sie. Diese Charleston nahm schlagartig jeden Denkraum in mir ein. Denn von weitem hatte ich in allen Fenstern dieses fahrbaren Stuhls mit Rasenmähermotor die Beschilderungen wahrgenommen, aus denen bereits ungelesen deutlich war — «zu verkaufen». Als meine Vermutung sich als richtig herausgestellt hatte, war sie nicht mehr zu verkaufen. Man mußte nur noch den Verkäufer finden. In den frühen Morgenstunden. Und die Freundin überzeugen, daß dies der ultimative Fiat Panda sei. Bis heute weiß ich nicht, was mich so überzeugend gemacht hat. Schließlich nährten sich meine Erinnerungen an die Studentenzeit aus der Philosophie der R 4-Fahrer. Die Gegnerschaft zwischen den Fraktionen von 2 CV und R 4 ist legendär. Der 2 CV hatte zwar, historisch besehen, die älteren Rechte, war er doch vor dem zweiten Weltkrieg entwickelt und als Prototyp vor den Nazi-Spionen in Scheunen versteckt worden. (Die Deutschen machten aus ihrem ebenfalls vor dem letzten großen Automobilkrieg entworfenen Volks- zunächst einmal einen mehr oder minder erfolgreichen Kübelwagen im Krieg zwischen den Völkern.) Der R 4 hingegen war evolutio — nein revolutionär, stand er doch für Erneuerung. Der 2 CV blieb der alte Zopf, den es mit Hilfe eines R 4 abzuschneiden galt. Der 2 CV war Symbol für ein romantizistisches, geradezu erinnerungsverkärendes, der R 4 für Innovationsfreude, für ein sich vom Agrarstaat endgültig verabschiedendes Frankreich (was auch die Antriebswellen taten — sie verabschiedeten sich andauernd). Wir verabscheuten diese nahezu hölzernen Bauernschaukeln 2 CV. Der Arbeiter und dessen Freund fuhr R 4. Und tatsächlich schaffte es meine politische Leidenschaft, meine Fraktionsdisziplin, mir 1970 auf Pump einen neuen R 4 zu kaufen. Und mit dem fuhr ich Rennen gegen andere, selbstverständlich ausnahmslos R 4-Piloten. Denn unsere Renault-Boliden waren mindestens um fünfzehn Sachen schneller als diese eiernden Landkutschen von Citroën. Außerdem konnte man im R 4 besser übernachten und so etwas ähnliches als im 2 CV. Im R 4 konnte man traumfrei schlafen oder träumerisch so etwas ähnliches, indem man zumindest ein paar Füße oder auch einen einzelnen Fuß vorne rechts in die Ablage ablegte. Im 2 CV indessen hatte man vermutlich Alpträume, da die Möglichkeiten der Beinlagerung völlig unzureichend gewesen sein dürften — oder aus welchen Gründen auch immer. Selbst der Gendarm in Tence um 1973 war bei der Personen- und Fahrzeugkontrolle in der Auvergne kurz vor der Überfahrt in den endgültigen Süden noch immer freundlich, als ich mich endlich aus meiner jahreszeitbedingt vorsichtshalber mitgeführten Gänsefederbettdecke herausgeschält hatte. Klar, sein Gendarmeriefahrzeug war ja auch ein ländlicher R 4, und er hätte sich außerdem wohl auch kaum vorstellen können, in einem 2 CV Jagd auf einen vaterlandsabtrünnigen Verräter in einem R 4 mit einem deutsch-berlinischen, also doch ausgesprochen extrem unnapoleonisch-preußischen Kraftfahrzeugkennzeichen zu machen. Es ist davon auszugehen, daß er, wie alle französischen Polizisten, sich der Revolution näher fühlen als dem (Bauern-)Adel, bei dem die Türen nunmal gegen die Fahrtrichtung des Fortschritts aufgehen. Möglicherweise lag's am Alter, in dem man ja gemeinhin bekannt immer konservativer wird. Sowas geht auf in der Formel: konservativ = conservare = bewahren. Möglicherweise wird man des historischen Irrtums gewahr. Nirgendwo mehr ein R 4 zu sehen, nicht einmal ein restaurierter, höchstenfalls als der verrottenden Historie ausgesetzte Reliquie auf dem Dach eines Renault-Auto-Händers. Aber 2 CV! Den sieht man überall. Vor allem in deutschen Landen. Das wird's vermutlich gewesen sein, das mir den Blick verstellte hatte. Ich war sozusagen meiner Geschichte entgangen. Die Liebe hatte also keine Chance. Da konnte sie noch so herzzerreißend herumweinen, sie wolle keine Ente, keinen 2 CV. Es war beschlossen. Der Verkäufer ward gefunden, der Preis dramatisch heruntergehandelt. Einmal mehr zeigte sich die Widerwärtigkeit des kapitalistischen Prinzips von Angebot und Nachfrage. Und daß es immer die Falschen trifft. Der arbeitslose Schauspieler brauchte sehr, sehr dringend Geld. Und ich wollte — Proteste hin, Proteste her — die Ente kaufen. Die ansonsten niemanden interessierte. Hier hießen Kleinformate eben Fiat Panda. Es kann wieder nur der Alkohol gewesen sein, der alle Blockaden aufgehoben hatte. Was in nüchternem Zustand absolut unmöglich gewesen wäre, fand nun statt. Wie beim fließenden Sprechen aller Sprachen dieser Welt sprach ich auch die des Handelns. Mit über tausend Mark hatte ich ihm ein enormes Loch in seine Kasse gerissen. Aber er wollte dann auch die zweitausend Mark nehmen. Die Hilfeschreie der zu Beschenkenden wurden geflissentlich ignoriert. Die anwesende Bekannte aus der Versicherungsbranche formulierte auch morgens um drei und nach etwa fünfzehn Weißbieren, lediglich unterbrochen von einigen Gläschen Prosecco, noch gewandt den Kaufvertrag. Im damals schon nicht mehr intakten Alten Simpl. Nein, auch nicht auf einem Bierdeckel. Irgendwoher tauchte ordentliches DIN-A-4-Papier auf. Routine ist alles. Und der Geldautomat gab den Kaufpreis auch her. Die Protestantin aus dem Norden Deutschlands ging eine glückliche Beziehung mit der Katholikin aus Frankreich ein. Nein — es wurde eine Liebe. Und ich durfte teilhaben. Im Sommer schaukelten wir in dieser Liebeslaube unsere Liebe zu uns und zu Frankreich durch Frankreich. Die ansonsten kutschierte gute deutsche Wertarbeit aus dem Schwäbischen mit ihrem Hubraum, der für acht Entenmotoren ausgereicht hätte, durfte in der städtischen Tiefgarage bleiben oder anderen urbanen Ereignissen dienlich sein. Mit einem 2 CV fährt man nicht eigentlich schnell. Ein Deux Chevaux lädt zum müßigen Bummeln ein. Und doch gibt es Situationen, in denen auch eine Ente sich zu wehren weiß. Beispielweise mit diesem probaten Mittel des Rabiaten: einfach draufhalten. Sie hat es zuhause in Frankreich gelernt (es funktioniert auch auf deutschen Straßen hervorragend). Die Internationale der Formel 1 auf französischen und deutschen Straßen hat viel zu sehr Angst um ihre feinen Karossen. Dabei müßte sie, die Ente, die eigentlich Ängstliche sein, denn für ein im Stadtverkehr nicht minder flottes Gefährt kann das noch vor der endgültigen Verrostung den Heldenplatz auf dem Schrott bedeuten. Früher war das in Frankreich kein Problem. Aber mittlerweile fällt an allen diesen sicherheitsveredelten deutschen Mittelklässlern bereits eine Schramme ins Gewicht, vor allem in der bundesdeutschen westlichen Exklave Elsaß, wo es um Strasbourg herum nunmal in erster Linie gewienertes, stabiles Blech gibt. Also dagegenhalten. Sie hüten ihre feine Mittelklasse ... Etwas weiter südlich, dort wo das eigentliche Frankreich beginnt, etwa ab Belfort, hat man Geduld mit einem 2 CV. Auch wenn er ein deutsches Kennzeichen trägt. Und bisweilen ein Lächeln. Es soll ja mittlerweile nette Boches geben; und auch wenn sie nicht mehr ganz so jung sind, haben diese seinerzeit die Grenze sicherlich nicht in kriegerischer Absicht überschritten. Vermutlich handelt es sich um den Zweitwagen eines besserverdienenenden Spinners für den Urlaub à la Tour de France; oder das Enkeltöchterlein muß sich vier Wochen lang mit Opas allradgetriebenem Japaner vor den Kommilitonen schämen. In die Jahre gekommene Touristen zücken in Valence gar sofort den Photoapparat, um die Trophäe digitalisiert nach Hause, nach Bergen op Zoom oder Gent zu tragen. Seit die französischen Kennzeichen an der Automobilfront ebenfalls Schwarz auf Weiß mit blauem Europa-Tupfer tragen, wird solch ein Gefährt schlicht als Relikt aus der guten alten Zeit des Monsieur Hulot wahrgenommen. Bei den jungen Franzosen in ihren Ford Fiesta oder Opel Astra sieht das Lächeln allerdings eher nach einem unverständigen Grinsen aus: Wie kann man sich bloß mit einem solchen Verkehrshindernis auf die Straße begeben, die für richtige Automobile gebaut wurde? Dieser 2 CV — nein nicht der aus der Türkenstraße, sondern der Nachkomme (gleichwohl an Jahren auch nicht jüngere) —, der mich nunmehr seit vielen Jahren durch Frankreich schaukelt, befindet sich in augezeichnetem technischen Zustand — auch wenn es auf den ersten Blick einen eher gegenteiligen Anschein hat ob der Beulen und Kratzer oder dem ständigen Klappern (das jedoch lediglich den Mitfahrer irritiert, während es dem Automobilisten ein eher vertrautes, nachgerade vertrauenerweckendes Geräusch bedeutet). Sicherlich verweigern Blinker oder Tankanzeige oder die Beleuchtung hin und wieder ihre Funktionen. Oder es bricht eine der Nieten, die vor nun gut zwanzig Jahren noch einwandfrei die Fensterhalterung fixierte. Ebenso kann es geschehen, daß die hintere Querstrebe bricht, die das Stoffdach hält. Doch selbst dann, wenn, wie erwähnt, gar ein Teil das Zeitliche segnet, das der ursächlichen Fahrzeugfunktion, der des Vortriebes, gilt — in Frankreich wird einer Ente nahezu immer geholfen. Ob das nun ein Dorfschmied ist wie in Larians et Munans im Franche-Comté, der wegen der weggeflogenen Niete sogar sein Mittagessen verschob — wer Frankreich kennt, der weiß um diese Großtat! —, hatte er doch weitere Nietenschwächlinge gleich mit erneuert. Oder der Garagiste beim Bahnhof von Aix-en-Provence, der die gebrochene Dachstrebe mit anderen Hilfsmitteln provisorisch ersetzte. Es ist schlicht so, daß nahezu jeder Franzose, der das zarte Alter von fünfzig Jahren überschritten hat, weiß, daß nicht funktionierende Blinker oder defekte Tankanzeigen in der Regel mit einem oxidierten oder auch schonmal gebrochenen Massekabel zusammenhängen. Trifft man hilfesuchend auf jemanden, dem sein Mittagsschläfchen über alles geht und der deshalb vor achtzehn Uhr nicht gestört werden will, dann ist zu empfehlen, sich ebenfalls zur Ruhe zu begeben. Das trifft, vor allem im Süden, jedoch nicht nur dann zu, wenn eine malade Ente um Hilfe ersucht, sondern ebenso bei einem Wasserrohrbruch oder einer verstopften Fäkalienableitung. Zugestandenermaßen hat der sehr gute technische Zustand — etwa daß man mit diesem Deux Chevaux das tun darf, für das dieses Fahrzeug ursprünglich konstruiert wurde, nämlich über einen Acker fahren, darin einen Korb mit dreißig Eiern und ein Faß Wein oder einen Sack Kartoffeln, ohne daß der Rahmen bricht — eine Grundursache: Bei diesem 2 CV handelt es sich um eine Leasing-Ente. Nein, nicht nur gemietet. Geleast — bei Entenleasing in Regensburg, und sie ist deshalb außerordentlich beziehungsweise regelmäßig gewartet. Und wenn's dem Danneck Josef trotz immerwährender Entenreiselust dann doch manchmal ein bißchen arg weit ist, von Regensburg aus ans Mittelmeer oder an die Ostsee zu fahren (und dort gerade eben mal kein politischer Gipfel stattfindet, an dem er unbedingt mitprotestieren möchte), nur um mal wieder das Kabel für die Tankanzeige zu polieren, dann greift unsereiner schonmal selbst in den Modder — oder rollt zum Autoschmied Johann Berlenbach nach Sirksfelde oder macht einen herrlichen Ausflug zu den so wunderbar verschnarchten Jungs ins dreißig Kilometer nahe Cassis. Der Danneck Josef, der eben der Eigentümer dieses 2 CV ist (ich bin lediglich der «Wirtschaftseigentümer», wie es steuergesetzlich heißt), bekommt in sein grundsätzlich lachverwittertes Gesicht immer noch ein paar Falten mehr, wenn ich ihm erzähle, daß sein Auto wieder zuhause war in Frankreich. Es freut ihn immer sehr. Ich bin, so glaube ich, sein treuester Frankreich-Fahrer. Das hat er sogar mal einem Fernsehreporter erzählt — da würde so ein Alter immer mit jungen Frauen nach Frankreich fahren. Und wenn ich ihm nun sage, daß dieser sein 2 CV Charleston ein anderes Nummernschild erhalten wird, eines mit einer 13 drauf — die schönen schwarzen Schilder, auf die man mit Kreide die Kennzeichen malen durfte, gibt es ja leider nicht mehr (nieder mit Europa!) — und ihm auch noch erkläre, was diese 13 für eine Bedeutung hat (Département Bouche-du-Rhône mit der Hauptstadt Marseille), dann wird er noch ein wenig fröhlicher sein, als er es ohnehin bereits ist. Vielleicht auch deshalb, weil das die Geschichte von den Eulen ist, die nach Athen getragen werden! Porter de 2 CV à France — porter de l'eau à la rivière. Im am Atlantik gelegenen La Rochelle hatte ich anfangs der neunziger Jahre mit der zuvor erwähnten Ur-, also Geburtstags-Ente allerdings ein Vorläufererlebnis mit einem 2 CV-Spezialisten. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen beziehungsweise damals noch mangelnder Enten-Erfahrung hatte ich aus der Rue Saint Nicolas kommend an der Einmündung in die feierabendlich frequentierte Rue de la Fabrique die Handbremse derart bis zum Anschlag gezogen, daß ohne den Pannenhelfer nichts mehr ging. Nun gut, mit einer Ente kann man auch beim bis über den Anschlag gezerrter Handbremse noch um die Ecke fahren, um den Stoßverkehr in den heures d'affluence nicht gänzlich lahmzulegen. Immer wieder fragte der Dépanneur am Telephon nach der Farbe des 2 CV. Immer wieder hatte die Freundin ihm gesagt, es sei ein 2 CV Charleston. Nach dem fünften oder sechsten Mal, kurz vor der endgültig festen Überzeugung, die Charleston-Ente sei tatsächlich ausschließlich für den deutschen Markt produziert worden, rief er aus: Ah! Charleston. Die Betonung muß am Ende eben ein bißchen französisch hoch hinauf. Klar. Franzosen tanzen so etwas nur, wenn es Charleston heißt. Ton style oder so ähnlich. Wie die junge Frau, die mir beziehungsweise meinem mit dem Englischen doch eher vertrauten Gehör ein paar Jahre später und ein paar Meter weiter hinauf in der Bar am Quai Valin nicht minder hilflos zu erklären versucht hatte, es handele sich bei der US-amerikanischen Sängerin mit der wunderschönen Stimme aus dem CD-Spieler um die Kate Büsh. Vor wenigen Jahren noch hatte es den Anschein, als ob alle 2 CV sich auf dem Terrain der Bundesrepublik Deutschland befänden. Jedenfalls sagte mir das ein wachehaltender studentischer Portier in der Parkgarage La Bourse im Zentrum von Marseille, der so gerne auch ein solches Gefährt haben wollte. So ist mittlerweile tatsächlich der Eindruck entstanden, Frankreich begänne mit dem Reimport des 2 CV. Und richtig: mehrfach bin ich gefragt worden, ob der meine zum Verkauf anstünde. Etwa von dem Mann in Gruissan, gelegen zwischen Narbonne und Pérpignan. Fast hätte er geweint ob des Anblicks. Aber der war ja auch schon über fünfzig. Von diesem Alter an wird ein Mann ja bekanntlich sentimental. Tatsächlich sind die Preise für dieses Gefährt in den letzten Jahren enorm gestiegen. Sogar auf dem riesigen Platz des <a href="http://members.home.nl/hamers.mater/cassis07.html">Mehari Club in Cassis sind selbst die ärgsten Rostlauben kaum mehr unter eintausendfünfhundert Euro zu erstehen. Man hat in Frankreich sogar begonnen, den 2 CV zu restaurieren und damit spazieren zu fahren. Sehr lange ist es noch nicht her, daß solches unvorstellbar war. Da fuhr man zum Einkaufen mit dem Ding und nicht zum faire du shoping. Allenfalls in die Kneipe. Und ein 2 CV Charleston? Unlängst sah ich in Avignon einen, benutzt von einer fahrenden Truppe quasi als Thespiskarren, unglaublich herausgeputzt — eine solch theatralische Kiste würde in deutschen Landen problemlos fünfzehntausend Euro und mehr bringen. Man benötigt also in Marseille einen Entenstall, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden (doch den benötigt man grundsätzlich, da dort, wo sich in anderen Städten Tiefgaragen befinden, noch ältere Relikte geparkt sind: die zweitausendsechshundert Jahre alte Geschichte dieser Stadt — also nichts mit Parkplätzen). Audi, Golf und Mercedes werden zwar weiterhin gen Ost oder auch Nahost verschwinden. Doch eine Charleston-Ente? Deutschland braucht Zweitwagen für die Manufactum-Kundschaft ... 2002/2008
Oh! so dumm Also war es eng im Nadelöhr Rügendamm. Aber das ist Historie: längst hat ja der Aufbau Ost eine Furt über das Mare Balticum gefunden. Das war die Erinnerung, die aufkam, als unsereins auf dem Weg nach Usedom zwangsläufig Einlaß nach Wolgast begehrte. Den Weg über die ostvorpommerische Kreisstadt Anklam hatten wir verschmäht, da man gleich die ganze Insel haben wollte, also von Norden her hineinwollte in den Süden. Doch diese wegweisende Eingebung sollte sich als nicht förderlich erweisen. Denn bereits einige Kilometer zuvor stauten sich, wie weiland vor Rügen, die motorisierten Massen, die losgefahren waren, um unter östlicher Sonnenglut Broilerfarbe aufzulegen. Nun verhält es sich sicherlich nicht so, daß die Wolgaster Gastronomie nicht gerne auch ein paar Spritzer vom großen Touristenstrom abhaben möchte. Doch es ist vergleichbar mit dem Süden Frankreichs. Haben die großen Ferien einmal eingesetzt, fahren auch alle auf einmal los und stehen auf dem Weg nach Spanien ab Lyon bis Perpignan lieber im Stau, als sich auch nur einmal von ihrem Ameisenpfad runterzubegeben. Hierbei sind Deutsche und Franzosen ausnahmsweise mal von identischer Geisteshaltung. So kann man sich schonmal akklimatisieren, vermögen es unter der in diesem Fall gar nicht so geilen steilen Sonne nicht einmal mehr die mittlerweile zu jeder fahrbaren Schuhschachtel gehörenden Klimaanlagen, die Temperaturen derart nach unten zu regeln, daß der Assoziation See und Luft freier Lauf gelassen werden könnte. Zugestandenermaßen gäbe es dort auch keine Möglichkeit, ins beschauliche Wolgast hineinzugelangen. Denn man steht ja mittendrin, und alles muß über die Wolgaster Brücke, um auf die Insel zu kommen. Auf die wollen nunmal alle. Es sei denn, man hebt sich Wolgast und den zwangsläufigen Stau für später auf und verläßt die Touristenbahn, fährt einfach mal raus. Ein wenig Orientierungssinn möchte dabei allerdings vorhanden sein. (Aber wer lernt heutzutage noch, bei diesen Kurzschuljahren zugunsten des rasch zu steigerenden Bruttosozialprodukts, wohin es einen führt, wenn man mittags um zwölf aus dem Süden kommend nach rechts abbiegt? Auch die in einem solchen Fall recht hilfreiche Pfadfinderei scheint ja definitiv abgeschafft. Und die Himmelsrichtungen, allen voran Ost oder West, sind zu Zeiten der Globalisierung ohnehin nicht mehr gültig. Man hat ja GPS-Navigation; wohin die einen auch immer führen mag.) Also rechts raus — und bei geöffneten Fenstern über Hohendorf und Zarnitz die Fahrt durch etwas genießen, das man mittlerweile unberührte Landschaft nennt. An der von Anklam herführenden Straße sind zwar auch nicht eben wenige unterwegs, aber man rollt mit seiner kleinen michelinbereiften Voiture gemütlich für sich hin. Auch der Übergang vom Festland über die Zechiner Brücke auf die Insel bietet keinen Widerstand. Und so ist man bald mittendrauf auf dem gelobten Usedom, rasch in Ahlbeck, kurz vor Polen, dem südlichsten Ort der Insel. Daß der in der Hochsaison überwiegend von ehemaligen, nicht mehr so ganz morgentaufrischen DDRlern bevölkert wird, mag damit zusammenhängen, daß die hier ihr gewohntes Heim suchen. In Ahlbeck urlaubte man, um durch Freude an der frischen Seeluft wieder zu der Kraft zu gelangen, die man benötigte, um den sozusagen vorhistorischen Aufbau Ost zu bewältigen. Da wird noch, vierzehnhundert Meter vom Textilbadestrand entfernt, FKK-Tradition gepflegt. Daß zweihundert Meter weiter der Strandstreifen liegt, an dem der Hund sich das Fell verbrennen lassen darf, mag (auch) an den Jüngeren liegen, die noch nicht rübergemacht sind in den Westen und so auf denselben gekommen sind. Oder hiergeblieben sind, um den Wessis das Fell über die Ohren zu ziehen. Und die fahren für den nordic Langlauf brav nichtmal in die Berge (aber bald an die Nordsee, weil's da mittlerweile nicht mehr so teuer kosten tut). Das gesunde Gehen am Stock erledigen sie im Sommer gleich mit. Am Strand. Das nennt unsereins Kostenbewußtsein. Die Sportartikelindustrien samt angeschlossener Krankenkassen wollen ja auch leben. Nach Wolgast kommen wir später. Das ist nämlich eine lange Reise, bis hinauf in den hohen Norden (der Insel). Und es ist überdies sehr wahrscheinlich, daß wir erneut durch ein Nadelöhr müssen. — Wohl gastlich. «Hiermit erkläre ich die Ostsee für eröffnet —»
Familienbesuch Wir machen spätnachmittags in der Ardèche Station an der Route Nationale 102, noch vor Aubenas, an einer dieser direkt an den Querverbindungsstrecken gelegenen Gasthäusern, die von Touristen gemieden werden, weil zu den üblichen Mahl-Zeiten immer so schrecklich viele LKW davor geparkt sind. Wer nur zum Anschauen schöner Schluchten gekommen ist und ein Jahr zuvor in Castop-Rauxel oder Potsdam das Kajak-Abenteuer-Hotel mit Halbpension gebucht hat oder lediglich mal eben wieder auf die Autoroute nach Spanien will, der weiß nicht, weshalb dort immer soviel los ist. Hier würde sich kein Koch getrauen, schlechtes Essen zu einem etwas gehobeneren Preis zu servieren. Die Routières würden den Maître und seine Maîtresse mit ihren Töpfen krönen, wenn auch im umgekehrten Sinn. Und schmeckte es ein zweites Mal nicht wie zuhause schlicht, aber schmackhaft, dann wären die riesigen Schotterparkplätze für alle Zeiten unverkäuflicher Baugrund. Die Tür geht auf, und herein kommt eine lärmende Meute. Mehrere Erwachsene und Kinder. Schlagartig ist alle Ruhe dahin. Ein radauartiges Stühle- und Tischegerücke setzt ein. Es läßt zunächst ein wenig nach, um sich dann in infernalisches Gebrüll umzuwandeln. Diese Menschen sprechen nicht miteinander, sie schreien sich an. Mit lachenden, fröhlichen Gesichtern. Irritiert schauen wir, der Tageszeit gemäß, wenigen Gäste in die Runde. Mein Blick trifft den der Bedienung. Wir schütteln synchron die Köpfe. Wanitfa, der von Menschen erzeugter Lärm eigentlich sozusagen von Hause aus geläufig sein muß, schaut entgeistert bis entsetzt. Ich versuche, die Sprache einzuordnen. Aha. Hebräisch. Zwischendrin ein paar französische Fetzen. Vermutlich Familienbesuch aus Israel. Die Bedienung geht nach einer Weile an die Tische zu den nun doch arg krawalligen Gästen und ermahnt sie. Es seien schließlich noch andere Gäste hier. Mittlerweile ist es auch mir unangenehm, obwohl ich zu wissen meine, was hier los ist. Deshalb mache ich ein unbeteiligtes Gesicht. Wanitfa murmelt, sie verstehe mich nicht. Ich würde mich doch normalerweise schon aufregen, wenn irgendwo ein Väschen umfalle oder ein Hündchen kläffe. Das Väschen ignoriere ich, ein Hündchen, entgegne ich hingegen, diese geradezu perverse französische Unart der Tierliebe, diese Fifi-Seuche, die ich ohnehin ausrotten würde, sobald ich an der Regierung sei, sei etwas völlig anderes. Das hier ... Wie bitte? Sie faßt es nicht. Ich will es zu erklären versuchen. Hebräisch sei es. Sie kämen aus Israel. Ob das ein Grund sei, alle anderen mit einem derartigen Krach zuzumüllen? Genau, gebe ich zu verstehen, das sei der Grund, weshalb sie es dürften. Ich ernte abgehackte Sätze, die als Synonym für Sprachlosigkeit gelten könnten. Irgendwas mit sie sei ja einiges gewöhnt von ihren Landsleuten, aber ... Eben drum, kann ich mir nicht verkneifen, wenn euer Nachwuchs bis morgens um fünf irgendeine vor Jahren gewonnene Meisterschaft gegen das Lieferantentorblech des Centre Bourse footballert und ausnahmsweise auch ihr Beurs euch als Franzosen fühlt, dann darf ich schlaflose Nächte lang von der vereinten Grande Nation tagträumen, aber ... Sie ist am Ende ihrer Sprache angelangt. Das gibt mir die Möglichkeit eines weiteren Erklärungsgversuchs. Sie haben früher schweigen müssen. Immer. Über Jahrhunderte. Immer und immer und überall. Und wenn sie zusammen sind, machen sie Lärm. Sie machen sich Mut, wenn sie in der Familie, unter Freunden sind. Normalerweise machen sie das nur zuhause in Israel. Dort sagt ihnen niemand mehr, sie sollen schweigen. Hier scheint mir jetzt die Wiedersehensfreude ein bißchen eine Rolle zu spielen. Ich hab das früher im Gelobten Land auch immer ziemlich verflucht. Es ist ein geradezu infernalischer Radau. Schlimmer als in Marseille, der Stadt, in der der Achtundvierzigstundenlärm erfunden wurde. Viel schlimmer. Vor allem bei Familienfesten. Da drehen selbst die ansonsten ruhigeren Temperamente geradezu durch. Und es wird dauernd irgendwas gefeiert. Und hier und jetzt haben sie eben auch was zu feiern. Zuhause sagt ihnen niemand mehr, sie sollen die Klappe halten, weil sie sonst eine draufbekämen. Ich vermute auch, daß die legendäre Unhöflichkeit der Israelis, das immerwährende schlechte Benehmen damit zu tun hat. Sie machen einfach, was sie wollen. Das dürfte auch der Grund sein, daß sie heute erst zuschlagen und dann erst fragen, was denn eigentlich los ist. Danach. Niemand soll ihnen mehr was vorschreiben. Niemand soll ihnen mehr etwas wegnehmen. Nie wieder darf ihnen jemand mehr an die Haut! Es ist äußerst schwierig, das in den hiesigen Breiten zu vermitteln. Ich tue etwas, was mit Sicherheit noch vor kurzer Zeit selbst in meinen kühnsten Heldenträumen nicht geschehen wäre — ich gehe zu den Israelis hin und krame meine wenigen Brocken Hebräisch zusammen, die noch übrig sind von meinen früheren Reisen in das Land, dessen Bürger ich beinahe einmal geworden wäre (hätte nicht der Sechs-Tage-Krieg begonnen, der mich vor einem soldatischen Dasein in Nahost abhielt und lieber in Mitteleuropa hat revolutionär sein lassen). Ich grüße freundlich und wünsche einen guten Tag, der ja in Israel mit Frieden beginnt. Ich bitte um Verständnis dafür, daß solcher Ausdruck an Lebensfreude für hiesige Ohren doch etwas ungewohnt sei. Und ich bastele noch die Bemerkung zusammen, man habe hier vielleicht auch nicht diese triftigen Gründe. Ich blicke in sehr erstaunte Augen. Ein älterer Herr steht auf, geht auf mich zu und umarmt mich. Er wünscht mir Frieden. Für alle Zeiten. Ich grüße zurück, wünsche dies ebenso. Ich wende mich ruhig um und gehe an unseren Tisch. An ihm sitzt eine zwar zauberhafte, aber auch fassungslose Beurette. Und sie hat Tränen in den Augen. Sie schüttelt ganz sachte den Kopf. Wir schweigen ein wenig. Alle. Es wird dann wieder lauter, aber doch wesentlich reduzierter. Es wird nicht lange dauern, und der Pegel wird sich wieder nach oben orientieren. Es ist so. Und es ist auch gut so. Wir bitten die Bedienung, zahlen zu dürfen. Sie nickt und signalisiert ihr sofortiges Kommen. Als ich den Blick wieder etwas senke, steht ein niedliches, entzückendes — ach was, alle Kinder sind entzückend — etwa vierjähriges Mädchen mit großen runden, fast schwarzen Augen und mittelblonden Locken am Tisch. Es hält etwas Weißes in den nach oben geöffneten Händchen, das wie ein Tuch aussieht. Es murmelt etwas, das ich nicht verstehe. Ich beuge mich zu ihm hinunter. Nein. Ich stehe auf und gehe in die Hocke, auf seine Höhe. Es streckt mir die Händchen entgegen und bedeutet mir, das Tuch aus der Hand zu nehmen. Ich sehe aus den Augenwinkeln, daß alle an den beiden Tischen Sitzenden die Szene aufmerksam beobachten. Ich folge behutsam der Aufforderung und nehme das Tuch. Ich schlage es auf. Es entfährt mir ein lautes mon Dieu! Es ist ein kleiner, goldfarbener Magen David, ein Davidstern. Nun fehlen mir die an sich schon dürftig vorhandenen Worte. Es durchströmt mich eine schier unglaubliche Freude. Und zugleich ist es mir unsagbar peinlich. Dafür, daß ich einmal meine Feigheit etwas niedergerungen habe, soll ich gleich so belohnt werden. Ich küsse die Kleine auf beide Wängchen. Ich sehe, wie Wanitfa sich zu ihr hinunterhockt und sie in den Arm nimmt. Ich überzeuge mich davon, daß dort, wo soviel Überwindung vorhanden war, noch ein bißchen mehr Kraft stecken muß, und gehe zu ihnen hin. Ich konzentriere mich, um einen einigermaßen verständlichen Satz zuwege zu bringen. Ich bedanke mich mit ruhigen, klar gesprochenen Wörtern. Dann gehe ich zu jedem einzelnen hin, umarme ihn und kehre ohne einen weiteren Blick an unseren Tisch zurück, bitte Wanitfa, die Rechnung zu begleichen, verlasse das Restaurant und gehe langsam in Richtung Auto. Draußen fällt mir unser Gespräch wieder ein über Humor und Witz und die schweinerne Wurst, die sich mit Gottes Hilfe in Fisch verwandelt, über Christen- und Judentum, den Islam, über Religionen im allgemeinen, das wir geführt hatten auf dem Weg von Le Puy an und dessentwegen das eben Geschehene wohl geschehen mußte. Ich nehme es wieder auf und schließe es zugleich ab: Nun denn. Jacques Monod meinte, der Mensch müsse seine Vergessenheit am Rande des Universums endlich erkennen. Es sei taub für seine Musik und blind für seine Hoffnungen, Leiden und Verbrechen. Darauf das kleine Männchen mit die listige Oigen, Albert Einstein: Wenn das Weltall die Frucht blinden Zufalls sein sollte, so sei das so glaubwürdig wie eine Druckerei, die in die Luft fliege und alle Buchstaben wieder zur Erde fielen — aber in Form eines fehlerfreien und gedruckten Lexikons. — Immerhin war Monod ebenfalls Naturwissenschaftler. Na ja, wohl zuerst Biologe, nein, Biochemiker, na, das ist ja sowas ähnliches, und dann erst Christen-Philosoph. Und sehr, sehr komisch finde ich auch Einsteins Antwort auf die Frage, ob er an Gott glaube — womit wir noch näher am jüdischen Witz wären. Einstein meinte, er brauche ihn nicht. Denn er sähe ihn ja täglich bei der Arbeit.
Bargeld tanken! Vor einiger Zeit rappelte sie besonders heftig, diese von unsereins nicht sonderlich geliebte Rassel für zwischenmenschlich kommunikationsgestörte Infantilisten. Bei den beiden Damen meiner nächstgelegenen Familie verhält sich die Beziehung zu diesem Gerät ein wenig anders, und dieser Logik entsprechend war auch eine der beiden dran. Befreien aus den Klauen dieses Schandsystems solle ich sie, nein, sie habe nicht geklaut, eher habe man ihr etwas genommen, nämlich die Möglichkeit, dieses Gelände unbehelligt wieder zu verlassen, die sogenannte Euro-Karte gelte offenbar nur in Europa, das Agrarland Schleswig-Holstein läge offenbar außerhalb der EU-Genze, auf jeden Fall funktioniere sie nicht, die Karte, und dieser vorösterliche Karl Freitag von der Verkaufshilfsschule wolle sie nicht vom Hof lassen. Eine normale, stakkatohaft gesprochene Büddenwarderin-Sentenz, nach kurzem Atemholen fortgesetzt: Nein, sie habe ihr Konto nicht leergekauft, die Leitung könne nicht in Ordnung sein oder sonst was, aber der Pickelknabe kapiere das nicht, und sie stehe auf einem abgelegenen Tankhof, wo das Benzin zwar billiger sei, wenn das nicht mal ohnehin ein ungeheuerlicher Euphemismus sei, man das also überhaupt so sagen könne also, sie aber niemand kenne, alle Bekundungen und Ausweisvorlagen interessierten diesen Benzinausgabenjüngling nicht, sein Chef habe gesagt und so ... Ich möge sie bitte auslösen, befreien aus diesem elektronisiert-kapitalistischen System. Sie hat sich das zwar selbst ausgesucht, aber auf unsereiner ständige Ermahnungen, man benötige immer ein paar Scheinchen im Täschchen, reagiert sie immer ablehnend, mit der Begründung, wenn sie bares Geld im Portemonnaie habe, gebe sie's auch sofort wieder aus für irgendwelche Nettigkeiten, die da immer so wegelagerisch herumstünden oder -lägen. So denn, nennen wir's Prokrastination, schlüpfen wir in die Ausgehlatzhose, nehmen die Entenkurbel von der Wand und fliegen an den mondänen Badeort an der östlichen See (wo sie zuvor vermutlich wieder einige Parfumerien aufgekauft hatte). Das erinnert mich an die einige Jahre zurückliegende Situation. Paris in Richtung Süden verlassend hatte ich den Tank des in Frankreich wegen seines Sterns und dem etwas zu ausladendem Format nicht sonderlich beliebtem Fahrzeug (die Zeiten haben sich geändert) fast leergefahren. Es war unbedacht, denn es befanden sich nur noch wenige Francs in meiner Tasche. Und damals war es außerhalb der größeren Städte noch nicht überall möglich, mit internationaler Kreditkarte zu bezahlen. Mit Carte bleue (gleichzusetzen mit manchmal funktionierender national gültiger Bankkarte) kein Problem, damit wird sogar der petit rouge bezahlt, aber ich zu dieser Zeit noch nicht so patriotisch Gesinnter hatte eben keine, sondern nur weltweit gültige Plastikwährung. An einer schlimmen Trümmerstation irgendwo dörflich der Nähe des burgundischen Nevers (wohin ich nicht mehr gekommen wäre) sah ich schwach ein völlig verrottetes Plakat mit der gerade noch lesbaren Aufschrift MasterEuroDinersVisaCard vor sich hindösen. Dahinter etwas Tankstellenähnliches. Es hatte (noch) nicht den Charakter eines großeuropäischen Supermarktes. Es sah irgendwie sehr französisch aus in seinem scheinbar heillosen Durcheinander. Nachgerade heimelig. Sofern sich eine Tankstelle so beschreiben läßt. Es ist anders als in diesen globalen Kraftfahrzeugversorgungsstationen für Fastfoodabhängige. In denen weiß man nie so genau, ob man sich im süddänischen Gedser, auf der grünen Wiese neben dem thüringischen Apolda oder weitab vom Rand des katalanischen Gerona befindet. Es ist erstaunlich, daß MacDonald's noch keinen Sprit verkauft. Oder Tankstellen überhaupt noch Benzin. Wegen des schon sehr verblaßten Hinweises auf weltweite Zahlungsmöglichkeit hatte ich wenig Hoffnung, aber ich wollte sie nicht aufgeben, bevor sie endgültig dahin war. Ich ging also auf diesen Schrottplatz zu, aus dem ein klappriges Hüttchen herauslugte. Vorsichtig fragte ich das aus ihm herausschlurfende Michelin-Männchen, das fast zu hundert Prozent aus noch unverarbeitetem Erdöl zu bestehen schien, ob ich denn — und winkte mit meiner Karte. Bien sûr, Monsieur! Er kriegte sich dann fast nicht mehr ein, weil es gar nicht mehr aufhören wollte, hineinzulaufen in den Tank. Und tatsächlich unterbrach die Pumpe bei achtundachtzig Litern. Ein paar Tropfen gingen dann noch, aber seine elektronische (!) Kartenlesemaschine nicht. Sie war wohl ebenso ein bißchen verschlammt. Oder sie hatte wegen jahrelanger Nichtbeachtung ihrer Anwesenheit gestreikt. Pas de souci ! Monsieur. Kein Problem also. Er schlug ein paarmal heftig drauf — und dann fiepte sie zweimal und spuckte den Beleg aus. Seitdem fahre ich, wenn es irgend geht, solche Tankstellen an. Aus Sympathie und Solidarität gegen diese Kaputtmachglobalisierung. Und zur Aufrechterhaltung der Tradition von Werkstätten, in denen man den Motor eines Döschwoh mit verbundenen Augen ein- und auszubauen vermag (so man über fünfzig ist). Und sogar Benzin für Mercedes bekommt. Aber, bitte, nie mehr ohne Bargeld in der Tasche, gnä' Frau!
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