Le Diga-Diga-Doo

Ich war damals zufällig in eine Kneipe geraten, weil ich abends vom Hotel aus noch einen Spaziergang gemacht und von weitem Jan Garbarek gehört hatte und meinem Gehör gefolgt war. Jan Garbareks Saxophon ist immer herauszuhören. Bisweilen führt das zu schmerzenden Ohren und verwunderten Blicken, vor allem dann, wenn Autoren oder Redakteure ihn zur Untermalung ihrer Reportagen oder Dokumentationen einsetzen, indem sie ihn unter Weltmusik einordnen. Das paßt ja immer irgendwie und überall. Da löst Jan Garbarek dann auch schonmal seinen Landsmann Edvard Grieg als Landschaftsmaler ab, und es bläst vor Ort afrikanisch inspirierter saxophonischer Wind durch triste Über-Tage-Siedlungen des Ruhrgebiets.

Aus der einen Nacht, die ich in Besançon bleiben wollte, wurden fast zwei Wochen. Aber es lag nicht alleine an Fadila, sondern auch an diesem Kreis um sie herum — Menschen aus allen möglichen Ländern —, die mich herzlich aufgenommen hatten. Das wirkt nach. Und deshalb wohl fahre ich auch immer wieder mal hin, nehme in Richtung Süden die östliche Route via Franche-Comté. Es ist wirklich eine lebenswerte, vielleicht auch liebenswerte kleine — na ja, etwa hundertzwanzigtausend Einwohner hat sie auch — alte Stadt.

Manou hatte ich dort kennengelernt. Er war der Besitzer der kleinen Bar, wo ich all die pied-noirs kennengelernt hatte. Später hatte er eine sehr große Bar übernommen, direkt neben La Madeleine. Kurz, nachdem ich ihn dort gesehen und gesprochen hatte, hat er aufgegeben. Es war zu groß, vermutlich zuviel Arbeit. Da dürfte er sich überhoben haben. Er hat auch besser in seinen kleinen Laden mit dem bezeichnenden Namen Le Diga-Diga-Doo gepaßt.

Le Diga-Diga-Doo. Irgendwas aus dem Jazz, ich glaube eine Sentenz — wenn man das so nennen kann, also eher ein gesprochener Rhythmus aus dem Jazz der fünfziger, sechziger Jahre, dem Be-Bop.. Das war — unter anderem, unter vielen — die Musik von Manou. Jazz überhaupt. Ihm ist ja auch damals mein Gehör nachgegangen. Und in dieser kleinen Bar am Quai Vauban stand er lieber nichtstuend rum und hat beobachtet. Zum Beispiel damals mich, der ich wie gebannt auf die Sammlung an Platten und Cassetten und, damals schon, in den Neunzigern, CDs gestarrt hatte, und hinter seinem Standorttischchen hervorkam. So kamen wir ins Gespräch. Über die Musik. Ein Band hat er mir damals geschenkt. Fürs Auto. Ich hab's mir dann später auch als CD gekauft: <i>I took up the runes von Jan Garbarek. Es war die Musik, der ich damals gefolgt war. Auch heute noch höre ich sie ungeheuer gern. Besonders, wenn ich durch französische Lande kurve. Na ja, im Döschwoh hört man das nicht so richtig. Der Mercedes früher war eben Konzertsaal, während die Ente eher originären Krach produziert. Heute höre ich Jan Garbarek eben in geschlossenen Räumen, und nicht nur I took up the runes.
 
Do, 03.07.2008 |  link | (4386) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Ohrensausen


aubertin   (03.07.08, 12:39)   (link)  
pied-noirs
Das hattest Du vergessen ? Oder solltest Du wissen lassen ? Ich lege es für Dich (und andere) nach.

Wird hier aktualisiert: pied-noir ...


jochen hoff   (03.07.08, 17:36)   (link)  
Wunderschöner Text. Ich hab mir erlaubt dich weiter zu empfehlen.

http://net-news-global.de


jean stubenzweig   (04.07.08, 05:22)   (link)  
Ehrenvoll für mich,
lieber Jochen Hoff. Dank. Auch fürs Lob.

Hast Du auch den G.R.A.M.-Text aus Schmoll et copains dort lanciert?


aubertin   (04.07.08, 17:37)   (link)  
Manou zu Füßen
das ist wichtig, das sollte die Leser wissen, lag diese ganze Stadt. Nein, das ist nicht korrekt. Alle Frauen dieser Stadt. Fast. Auch blonde. Er hatte große Persönlichkeit, und er sah sehr gut aus. Wie eine Gazelle aus schwarzes Elfenbein. Eine Frau weiß, worüber sie schreibet. Und es lag nicht alleine daran, daß er – selon certains bruits – ein Königssohn aus dem Senegal war – und vielleicht wieder ist.

bises et embrasse

Anne















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