Noblesse oblige Vor zwei Tagen bezeichnete mich jemand als Adelsexperte. Nun gut, ich hatte mich unglücklicherweise «enttarnt», indem ich ihm davon erzählt hatte, daß ich eine Zeitlang in einem blaublütig durchseelten Haus Wein gesoffen habe und dessen Produzenten auch noch sympathisch fand. Da muß man dann eben mit ätzender Ironie leben, vor allem, wenn sie von jemandem verspritzt wird, der sich wissenschaftlich mit dieser Degeneration beschäftigt. Nur gut, daß ich nicht darüber berichtet habe, wieviel wohler noch es mir erging bei diesen Florentinern in ihrem Palazzo, nicht nur, weil die noch um einiges besser kochten als die rheingauische Gräfin. Ach, was soll's, Adlige sind auch nur Menschen. Das dachte ich jedenfalls bis gestern abend. Da plazierte sich eine Frau mittenrein in mein Gedankengut, von der ich zuvor noch nie gehört und auch nicht gelesen hätte, wäre ihr Name nicht just während dieser brieflichen Frozzelei gefallen. Normalerweise schaue ich mir so etwas nicht an, aber während des Switchings blieb ich an einer Talgshow (das ist fränkisch und heißt Fernsehunterhaltung) hängen, weil ein Reizname fiel. Da saß dann ein weibliches Wesen, das auf den ersten Blick auf mich wirkte wie eine Anja-Tanja, die sich aus Mümmelmannsberg hinaus hinauf an den Rand dieser besseren Gesellschaft gearbeitet hat — nein, das wäre eine schiefe Metapher, das Hasenbergl käme dem näher, stammt der Name der Dame doch aus Bayern, der von der Anna von Bayern. Sie hat ihresgleichen heftig oder auch vehement verteidigt, da ihm das offenbar selber nicht mehr gelingen will, jedenfalls vor keiner rigorosen Prüfungskommission mehr. Sich die Frage zu stellen, warum auch sie an dieser Runde teilnehmen mußte, ob es an der intensiven Freundschaft zum Delinquenten oder an dem Buch gelegen haben mag, das sie über ihn geschrieben hat, ist vermutlich ebenso müßig wie die Frage nach dem Wahren, Guten und Schönen innerhalb eines dokumentarischen Filmchens innerhalb der Sendereihe Deutsche Dynastien. Da gilt offensichtlich auch nur das dauerhaft oder auf ewig gültige winckelmannsche Edle Einfalt, stille Größe, vielleicht auch: innen zwar hohl, aber es glänzt so schön. Auf jeden Fall wurde ich an den Satz erinnert, den dieser wirkliche Adelsexperte mir noch zukommen ließ und den ich leicht abwandele: «Außerdem bietet diese Form der filmischen (im Original schriftlichen) Erinnerung dem einzelnen auch die Möglichkeit der nachträglichen Sinngebung des gelebten Lebens und somit die Einbindung in den kollektiven Prozeß bürgerlicher Identitätsbildung.» Wenn ich dem Bürgerlichen noch ein kleines Spießchen hinzufüge, dann verdeutlicht das möglicherweise die Lage einer Nation. Ach was, die Lagen vieler Nationen! Wir wären doch allesamt so gerne auch von blauem Blut, allen voran die Franzosen, die möglicherweise etwas zu voreilig dem Adel den Kopf abgeschnitten haben. In Deutschland wurde der edle und erhabene Geist zwar hundertwanzig Jahre später geköpft, nein, das macht man dort nicht, man schafft auf andere Weise ab, aber auf jeden Fall steckt er dennoch tief in uns, in unserem Blut eben. Man muß doch nur mal in unsere Wohnungen schauen. Überall prangen die Seh(n)süchte, selbst unter eine für Germanen viel zu tiefe Decke paßt immer noch irgendwie ein Kronleuchter, zu dem aufzublicken wäre. Teil dieser knapp einem Prozent der jeweiligen Bevölkerung wollen wir sein. Gestern fiel im Rahmen der allgemeinen Erregung irgendwo der Vorschlag, am besten gleich allen einen Doktorgrad mit auf den Lebensweg zu geben. Ergänzend hinzufügen möchte ich: Alle in den Adelsstand erheben. Dann wär' vielleicht endlich Ruh'. Oder auch nicht, müßten sich nach einer solchen Massenveredlung doch die Echtblütigen was einfallen lassen. Einfach einen Titel zurückgeben? Wenigstens ein «von» aus dem Namen tilgen, wie die gestern abend ebenfalls anwesende, neben dieser Anna-Tanja sitzende Freifrau das getan hat. Die hätte ich übrigens am liebsten geknutscht, so wunderbar spöttisch hat die gekuckt.
mir hat die frau jutta auch gut gefallen, die anna hab ich gar nicht reden gehört (zu spät eingeschaltet). talkgedöns ist ja wirklich nicht alles, aber das verteidungspersonal, dass sich für ktzg ins gedöns begibt, läßt doch sehr zu wünschen übrig. Die titellose Freifrau
hat zum Ende – ich bin allerdigs vorher ausgestiegen, weil's mir insgesamt zu fad wurde – hin aber auch nur noch das getan, was Ihnen den Namen gibt. Das war jedoch nicht weiter verwunderlich bei dieser Verteidigungstruppe. Dieser olle CSU-Geis kam mir vor wie einer dieser ordensgeschmückten Veterans in ihren Kommunionsanzügen, die zum 14. Juli auf einem kurz abgespritzten Gülle-Anhänger und gezogen von einem Pompiers-Trecker immer der Parade hinterher gefahren werden. Über Baring habe ich mich anfänglich noch ein wenig gewundert, hatte der dem juristischen Eleven doch fachlich einige leichte Stockhiebe auf den Hintern gegeben. Doch als es um die Politik ging, da war er nur noch voll des Lobes. Da mußte ich ein wenig daran denken, daß der noch 1945 in die Hitler-Jugend eingetreten ist. Na ja, das war wohl nicht anders zu erwarten. Und die Anna, ach, wenn die Biographie von derselben Qualität ist wie ihr Plädoyer, dann wird er doch nach Elba müssen. Aber von dort kommt man ja bekanntlich leicht wieder aufs Festland. Sein Sankt Helena werde ich nicht mehr erleben..Schneyder hat schneidend argumentiert, aber insgesamt zu wenig gesagt. Von einem so brillanten Kabarettisten erwarte ich mehr Unterhaltung! Allerdings hat das, was in der Ankündigung der Sendung steht, auch was: «Guttenberg hat ja eine unglaublich dicke Doktorarbeit geschrieben. Wenn er die geklauten Stellen weggelassen hätte, wäre die immer noch dick genug.»
vielleicht wäre sie auch noch blödsinner oder weniger, das bleibt das große geheimnis.
der geis war immer schon unmöglich, und baring ist vülleicht altersmilde? dank mediathek habe ich noch mal hineingeschaut. bevor ich bei plauschberg eingeschlafen bin. klarer fall: ich hab überdosis-talkgedöns. ich möchte übrigens auf keinen fall ein zu oder von in meinen namen eingefügt haben. ich unterschreibe oft genug, mittlerweile unleserlich bis zur doktorschrift, als daß ich das neu lernen wollte. Wenn alle veradelt,
werden, dann kommen auch Sie nicht drumherum. Anders wäre das unangemessener Individualismus, Unangepaßtheit, unsoziales Verhalten, also nicht im Sinne eines gesellschaftlichen Konsens' denken ... Und so eben. Aber Sie können ja weiter unleserlich unterschreiben. Noch unleserlicher. Bis zur Unkenntlichkeit.
das ist doch kommunismus und gehört verboten. und auch die linke unterschriebe das, wenn auch sehr unleserlich bis unmerklich, bis zur unkenntlichkeit.
am ende weiß man und frau nicht mehr wo sie mitmacht oder nicht. von kopfschuetteln klingt wie eine krankheit und das zu macht es nicht besser. In der Süddeutschen
von heute über einen fränkischen Freiherrn gelesen: „Morgen um 10 Uhr endet offiziell die Amtszeit von Karl-Theodor zu Guttenberg als Bundesminister der Verteidigung. Dann erhält er von Bundespräsident ...˝ – jetzt kommt das Bundesverdienstkreuz, dachte ich. Aber nein, es ist „die Entlassungsurkunde˝. Aber nicht die aus dem Adel. Da muß er durch, bis ans Ende seiner Tage.Dieser Genesungsorden
wird schon noch kommen. So gesehen ist die Assoziation gar nicht mal so weit hergeholt.Zwar kein Adels-Thema,
aber vielleicht dann doch wieder: Volksstimme. Wenn man den ziemlich überzogenen Vergleich des Radio-Fritz-Moderators nimmt, der des Freiherrn Tat mit „schwerem Raub˝ in Einklang bringt, dann erklärt das vielleicht die hysterisierende Kehrseite der Schlacht um die Ritterburg. Bei allem Verständnis, aber so darf man auch nicht argumentieren. Diebstahl wäre in Ordnung, weil richtig gewesen. Aber „schwerer Raub˝? Da muß man sich nicht wundern, wenn die Leutchen diesen Vorgang – vergleichbar vielleicht mit dem Straßenblick – nicht verstehen.
kommt der wirklich wieder? wenn, dann hoffe ich doch, bitte mit memoiren (auf hochglanz).
Als schwerer Raubritter
wird der wohl kaum von seiner ziemlich weit oben gelegenen fränkischen Heimstatt aus losziehen, um zu meucheln et cetera. Dazu ist er zu jung, zu eitel und so weiter und so fort. Der Gründe für eine vermutliche, wenn nicht gar als sicher geltende Rückkehr an seine transatlantischen Schlachtplätze ist im Zwischennetz ausreichend bis überbordend berichtet worden, so daß ich hier wegen mangelnden Einfalls auch noch kalte Spalten füllen müßte.Mir kommt noch mein persönlicher Adelsberater in den Sinn, der die These von der «Entfaltung von Farben und Formenpracht zur Darstellung der eigenen Hochwertigkeit» des Adels als «Meister der Erinnerung» zu Papier brachte. Das ist jetzt meinerseits zwar ein bißchen arg freizügig in die Nähe von Paul Celan hingedacht, aber unterm Strich dann wohl doch wieder nicht allzuweit hergeholt. Wenigstens verbindende Gedanken sollen ihre Freiheit behalten. Und im übertragenen Sinn hat alleine dieses Geschlecht aus Franken zumindest ein paar nichtmaterielle Gebeine in der kühlenden Gruft gelagert. Gerne tät ich mehr von diesen Blaublütigen erzählen, also von dem, was mir bekannt ist, vor allem aber von dem, das mir erzählt wurde. Aber ich darf nicht. Zum einen zehren und zerren an mir noch immer die nicht ganz unerheblichen Folgen meines letzten Rechtsstreits, und zum anderen ist die angedeutete, höchstamüsante, weil streckenweise komische Geschichte zwar bereits veröffentlicht, aber nicht freigegeben und zudem in englischer Sprache. Und in der deutschen soll sie schließlich erst noch unters Volk. Ich hoffe sehr, daß das bald geschieht. Hochglanzmemoria wären das jedoch nicht. Allerdings dürften diese «Leutchen» solches dann auch und doch wieder nicht zu ihrer Lieblingslektüre erklären, weil die lieber eine, wie Sie's anempfehlen, reich illuminierte Armenbibel betrachten, deren Weltsicht aus prachtvollen Bildern bestand, weshalb ihnen die Hintergründe dieser Fußnotengeschichte (ja, auch der Historie der nur vordergründig krakeligen Straßenblicke) auch partout nicht einleuchten wollen. So wird die wirkliche, also einen Gewinn bringende Bildung wieder nur bei denen hängenbleiben, die ohnehin bereits einige davon haben und immer wieder aufs neue noch ein Häufchen obendrauf bilden, wie die Geschichte vom Teufel, der ja immer, na Sie wissen schon, und obendrein sowieso irgendwie so ein linker Vogel ist, wie dieser Knastologe Villon, der sie nach dem sehr freien Paul Zech allesamt in Salz, Salpeter, Phosphorgluten und so weiter schmoren lassen wollte und damit zwar die Pfaffen meinte, aber die machen schließlich seit Jahrhunderten (nicht nur Heiligen-)Politik, so daß es aufs gleiche hinausläuft. Die «Leutchen» werden dabei bleiben, daß er ein ehrenwerter und kluger und edler Mann sei, genau richtig, den Thron zu besteigen, um ein blasphemisches Sonnengott zu vermeiden. Und manch ein verdruckter Postillon d'amour wird dazu beitragen, die fröhliche Kunde vom endlich wiederauferstandenen Heiland zu künden und zu mehren. Der wird noch Kaiser. Und nicht nur als Nachfolger des großen Philosophen, dessen gewaltiges Diktum nach wie vor durch Hütten und Paläste gleichermaßen hallt: Schau'n mer mal.
bitte verabsäumen sie nicht, uns auf die “streckenweise komische geschichte” hinzuweisen, wenn es soweit ist.
was eine “illuminierte armenbibel” angeht, zeit hat er ja jetzt. und hochglänzend, wegen den vielen vielen tränen, die man angesichts des pathos und des märtyrertums vergießen müßte - lassen sich wunderbar mit dem mitgelieferten wappenverzierten taschentuch wegwischen. ich finde, das gehörte einfach dazu - in den augen der leutchen kann das ja auch die nebensache mit der doktorarbeit “heilen”. aufgehübscht würden seine memoiren mit der adaption von ken und barbie als karl-theodor und stephanie (vorne drangepappt), was zwar sperrig klingt, aber so viel zeit muß sein. ein gesamtpakt für einen volkssonderpreis von 9,99. der postillon kümmert sich selbstverfreilich ums marketing: heiland zurück; heiland thronbesteigung (im live-ticker). das wort heiland ist freilich dispositiv und müßte ggf. durch ein gemein-verständlicheres wort ersetzt werden. wie immer fast, habe ich viel zuviel phantasie und verstehe die leute trotzdem nicht. aber, wenn es soweit ist, gehe ich sowieso ins exil. Volkssonderpreis von 9,99?
Um des höchsten Himmels Willen! Das ist ja der Bibel-Preis für den stählernen Volksjoseph Müller. Oder meinen Sie, das wäre dem Hochwild jagenden Adel angemessen? Andererseits – die Masse macht's.Aber das mit dem Heil Land, das ist nun wirklich sehr frei assoziiert. Des jungen Freiherrn Großvater war schließlich ein Freiheitskämpfer vor dem und für den Herrn. Das hat mir nicht nur mein persönlicher Adelsberater erzählt. Ich wußte es vorher schon. Aber vertieft hat er's ein wenig. Den werde ich übrigens bitten, daß er hinnemacht mit seinen Geschichten. Sonst laufe ich Gefahr, sie zu plagiieren. Und wenn ich mir zu meinen bereits vorhandenen und angemeldeten zehn Pseudonymen extra ein neues zulegen muß. Obendrein hat mir das Procedere meines Lebens einen Juristen in den Freundschaftskreis gespült, der nicht nur sämliche Examina absolviert und vor lauter Kindern, Ehefrau und Fußball und so lediglich keine Zeit hatte, einen Doktor zu schreiben, sondern der auch noch Erfahrung mit mir als Streithansl hat und überdies ein Fachanwalt für Medienrecht ist und sich gerne mit Abstrusitäten beschäftigt. Und sei's am Ende drum, daß ich dafür eigens eine neue Rundfunk- und Fernsehanstalt gründe. Allerdings befürchte ich, zu letzterem Behufe vorher in eine politische Partei eintreten zu müssen. Das würde dann wieder schwierig. Ich bin nämlich bereits seit langer Zeit exiliert, die Verbannung ist meine Heimat.
9,99 sind absolutest unangemessen, aber erschwinglich.
das ist ja nicht für adelskreise oder bildungsheinis gedacht, sondern für das "kauf-das-freudige"-volk. dem darf man viele, aber nicht zu elitäre, preise nennen die es nicht versteht. ihre freien assoziationen in allen ehren, es wird dem retter-vor-was-und-warum-auch-immer nachgeweint. leider ist das nicht so abstrus wie es klingt. Volkes Stimme, ja.
Über Herrn Alphons wurde sie überdeutlich, wenn ich sie mittlerweile auch schon anderenorts vernommen habe. Aber das Beispiel aus dem gepreßten Südwesten überrascht mich nicht. Zwar hat man sich dort auch mal dem – im positiven Sinn – liberaleren Gedankengang hingegeben, aber das ist auch schon eine ziemlich lange Weile her. Erfahrung. Doch seit dort ein Geschäftsführer mit dem Szepter winkt, der eine Zeit lang das hanseatische Geschäftssagen hatte, hat das Blasen des wirtschaftlich orientierten Windes in die Fahne m. E. erheblich zugenommen. Manipuliert oder nicht, wie auch immer – mir wird ganz anders. Andererseits gefällt mir durchaus, daß innerhalb kürzester Zeit via Internet eine Öffentlichkeit entsteht, die diese (gesteuerte?) Dumpfheit analysiert und hoffentlich zu unterlaufen vermag. Aber unterm Strich scheint sie mir lediglich eine Bewegung zu bestätigen, die in deutschen Landen nie getilgt werden wollte und auch sollte. Womit ich wieder bei der Masse wäre.Und dabei wird mir jetzt definitif schlecht.
interessant, die einteilung: es gäbe ein böses netz (guttenplag) und ein gutes netz, wenn es beiträgt, diktatoren aus dem amt zu vertrieben. aufschlußreich auch das mit dem filter: die situation, dass bestimmte fakten nur einem ausgewähltem personenkreis zur verfügung stehen, der sie sichtet und bewertet und nach den grundsätzen des berufes veröffentlicht – per se? dann sind einerseits alle (mehr und weniger) anonym im netz schreibenden menschen sehr verdächtig, generalverdächtig – per se. und andererseits müßte sich wohl einer bemüßigen festzusetzen, welche informationen wer im netz erhalten darf. oder ist das problem gar nicht die öffentlichkeit (als internet) sondern die damit öffentliche geradezu unerträgliche (ironisch gemeint) meinungsvielfalt. genauso können sich 100 leute in die schreibstube setzen, um eine veröffentlichte dissertation auf plagiate zu überprüfen. es mag unbefriedigend sein, daß die öffentlichkeit gleichermaßen transparenz wie intransparenz schafft, aber eine ebnung zur digitale lynchjustiz?
vor monaten, drückte mir ein mann in der u-bahn ein flugblatt in die hand mit den worten: dein staat hat meinen bruder umgebracht, und verschwand. ich war furchtbar erschrocken und unheimlich war es mir auch. ich habe dann ein bißchen im internet nachgelesen und bin bei verschwörungstheorien gelandet. verlierer oder menschen, die sich als verlierer empfinden neigen dazu, verschwörungstheorien zu entwickeln. was ich nur damit sagen will ist, daß es ein recht ungemütliches gemisch ergibt, unter dem sich die „leutchen für kt“ virtuell zusammen schließen: angefangen von der (fast) liebwürdigen dummheit bis zur bewußten hetze. da wird mir auch schlecht. denn irgendwie schwant einem, dass sich volkes stimme für geradezu alles besgeistern läßt, wenn es nur richtig verpackt und verkauft wird.
Was in Volkes Kopf herum schwärmt und gärt kann man doch schon beispielsweise an Westerwelles Argumentationen ("Die Kommunisten verhindern" "Das ist doch Sozialismus") ablesen, die ja auch jetzt wieder greift. Kritiker sind stets "ganz links außen", eine der ältesten und wirkmächtigsten Verschwörungstheorien überhaupt (sieje McCarthyismus). Dabei frage ich mich, wer allen Ernstes noch an diese Horrorvision vom drohenden Kommunismus glaubt? Es scheint ja tatsächlich noch viele solcher Menschen zu geben, die Gewehr bei Fuß erwarten, dass "der Russe" wieder an die Tür klopft. Wann haben Sie aber das letzte Mal was von der Komintern gehört?
Die schizophrene Wahrnehmung des Internets als Meinungsplattform in Deutschland ist dabei schon sehr bezeichnend. Wenn hierzulande online mobil gemacht wird, stellt man das ganze immer als verschrobenes Nerd-Phänomen hin. So etwa bei der Gegenbewegung zur Internetpolitik der CDU. Gleichartige Phänomene in anderen Ländern, ob nun USA oder Iran - sind per se eine ernst zu nehmende politische Macht und man zeigt mittlerweile lieber verwackelte youtube videos in den Nachrichten, als Karten oder Datenmaterial. Die Relevanz wird dabei gerne auch überschätzt. Das liegt aber sicher auch an unserer internationalen Freundesliste. Von Oppositionellen in Ägypten haben wir schließlich bis vor Kurzem nichts gehört, schließlich war Mubarak für uns ja wesentlich weniger Böse als Bush oder "der Chinese". Bei jenen wird jeder Protest von vorneherein als legitim aufgenommen, wie marginal und virtuell er auch sein mag. Abschließend sei gesagt: Ich darbe in meinem Kritikerdasein auch unter der Armutsgrenze dahin. Vielleicht speißt sich kritisches Potential aber causal auch einfach aus eben diesem Faktum. Wäre ich reich und unabhängig, würde ich vielleicht schlicht zu jedem anderen sagen: "Ihr seid doch bloß neidisch." Das kritisches Potential
als Neidkörper. Das wird's sein. In dieser Richtung quietscht es sich mittlerweile sogar aus dem Geist der Internationalen des journalistischen Frühschoppens. Da hieß es heute zum Beispiel: Die Wissenschaft(ler) lebte doch noch in der Steinzeit des Papiers. Wenn damit auch ein paar alte Herren gemeint waren, womit man nicht ganz unrecht hat. Zu denken gibt mir jedoch die Argumentation, eine kleine Minderheit, also ein paar Zehntausend an Nachwuchsforschern, habe mittels Internet über hunderttausende, über die entschiedene Mehrheit des Volkes daselbst gesiegt. Irritierend, irgendwie. Vielleicht war doch kein Wasser in den Flaschen. Aber ach, ich werd's kaum näher erläutern müssen, gehe ich doch davon aus, andere haben diese geistigen Ergüsse der denkerischen Elite Europas ebenfalls vernommen.Zugeschaut.
Karneval im Hamburg.Und erst das da: Heather DeLisle: Die Bildzeitung ist eine seriöse Zeitung. Roland Tichy: Mysteriös – “musste Guttenberg zurücktreten weil er ein Konservativer ist?” Tichy war auch der, der von der Wissenschaft der Papierzeit gesprochen hat. Und der Wohlgewellten,
die mal ganz vorsichtig hinter ihrem Ministerinnenhinterbänkchen hervorlugte und als schlichte Pedellin den Finger hob, um zu vermelden, im Keller brenne das Licht, dieser verhuschtesten aller Mäuse der akademischen Hausmeisterei hat diese kenntnisreiche und gleichermaßen attraktive (wie der von Grünen Hügel des Lobgesangs) Journalistin DeLisle die Schuld an des Adligen Debakel zugeordnet. Der Freie Herr sei schavanisiert worden oder so ähnlich hat sie gesagt. Da ist der deutsch gesprochene Journalismus nicht nur im Keller, auch geht das Licht von alleine aus.
habs auch geschaut, beim kochen in der küche via livestream (wie immer). diese sogenannte journalistin: hätte ich heute fleisch zu klopfen gehabt, es hätte arg gelitten.
wasser zum frühschoppen? früher habens weinigstens (wer weiß was) geraucht ;-) Schavanisiert?
Das ist ja ekelhaft. Zur Legendenbildung übrigens heute ein paar lesenswerte Gedanklen in der faz.Der Verführbarkeit zeihe
ich mich, der allzu leichten, durch Äußerlichkeiten, besonders dann, wenn sie meinen Vorstellungen von gutem Aussehen entsprechen. Jedes Mal gehen bei mir zwar sofort die Sirenen der Erfahrung los, intensiver als die Zwölf-Uhr-Geläute sämtlicher Kathedralen der Vernunft, man möge mir diese (passend) schiefe Metapher vergeben, aber da bin ich nunmal Mensch oder vielleicht besser Mann, vor allem dann, wenn meine vermutlich von der Mode des Existentialismus geprägten Ideale angestupst werden, wie das bei dieser Dame DeLisle der Fall war, als ich sie so da sitzen sah in ihrem hübschen Kurzhaarkopf (gestern war sie schwarz), der mir nicht nur außerordentlich gefiel, sondern auch noch Intelligenz suggerierte, was zu meinem Verständnis von Schönheit dazugehört. Doch einmal mehr wurde mir ins Zwischenhirn gemeißelt, was äußerer Glanz, ganz nach den trotzigen, ewig gestrigen Daueranhängern und Rosinenherauspicker der Ästhetiktheorie von Herrn Winckelmann, allzu häufig bedeutet: innen hohl. Kaum hatte die hübsche Heather das erste Mal den Mund aufgemacht, hatte sie auch schon jene innere Leere kundgetan, die durchaus auch als Synonym für eine Dummheit gelten darf, die von Bildungsdefiziten genährt wird. Da war sie auf den Schlag geistesverwandt mit dem fränkischen Freiherrn, dessen Intelligenz offenbar nicht ausreichte, zu erfassen, in welche Lage er sich gleich zu Beginn des Gewahrwerdens seines «Schummelns» manövriert hatte. Da war sie mit einem Mal nur noch abgrundtief häßlich. Jawoll, bester Nnier, als ekelhaft kann man's auch bezeichnen. So schlimm war diese Frau, daß ich nicht weit davon entfernt war, meine gesammelten Negativurteile zu den USA nicht nur bestätigt, sondern gar erweitert zu sehen. Anchorwoman, wie sie anderenorts, zumindest von einschlägigen, allertiefst Sendungsbewußten auch genannt wird? Ich höre da die AFN-Erziehung heraus, und es paradieren sofort weitere scharfe Granaten der US-amerikanischen Politik und deren angeschlossenen Medien in meinem persönlichen Hollywood. Ich frage mich und diese Castingbüros ohnehin seit längerer Zeit, nach welchen Kriterien solche Runden besetzt werden. Was will man damit erreichen? Die vielbeschworene und von geistlichen wie weltlichen Rundfunkräten gleichermaßen auch geforderte öffentlich-rechtliche Ausgewogenheit? Auf diese Weise geraten Intelligenz und Bildung in den Hintergrund, bleiben nachgerade ungehört. Denn das, was dieser Tichy dann noch von sich gegeben hat, war von einem nicht nur Lautstärkeniveau, gegen das nicht einmal der neue bundesdeutsche Innenminister während der Fragestunde des Bundestages zum Fall seines Parteifreundes ankam. Die Tissy Bruhns hatte ich bereits (gerne) gelesen. Den ebenso ertragreichen, gleichfalls analysierenden Volker Zastrow hatte ich mir aufgespart. Hätte ich ihn vorher gelesen, wäre mein Mundschaumerguß da oben vielleicht leicht überflüssig gewesen. Denn ich wollte in erster Linie etwas über meine Liebe zur Schönheit zum besten geben. Ob blond, ob braun, ich liebe nicht wirklich alle Frau'n. Unter schlanken Schönen,
mal nebenbei bemerkt: «Gesellschaftliches Leitbild, schlank = erfolgreich. ... Wenn wir schon bei der Religion sind: es wird Zeit, den 30jährigen Krieg mal zu beenden!» Respekt und Zustimmung.–cabü
volker zastrow: das ist wunderbar, preisverdächtig!
(ich schwöre, ich hatte von ken-theodor zuvor nie gehört oder gelesen.) Muß ich das eigentlich
gesondert betonen? Hier ist religionsfreie Zone. Es geht um die Freiheit.Aber eigentlich missioniert sie ja nicht wirklich. Und in dem, was sie schreibt, gebe ich ihr recht. Doch aus meinem Existentialistenideal der Sechziger werde ich wohl nicht mehr rauskommen. Ich will aber auch gar nicht befreit werden. Manchmal ist es sozusagen sehr schön, gefangen zu sein. Zastrow-Einigkeit.
Ja, da hat uns Nnier ein gutes Ei ins Nest gelegt. Allerdings frage ich mich bei dem ganzen Stoff nicht nur zu diesem Thema innerhalb der Gesellschaftsspiele: Sind unser aller Leben nicht allesamt Plagiate? Ständig ziehe ich irgendein Blatt aus dem Argumentationsärmel und muß mich doch stets fragen, von wem war das nochmal?finden sie?
ich glaube nicht, daß unser aller leben plagiate sind. unser leben besteht aber aus unendlichen wiederholungen, der gesehenen, gehörten, gesagten. alles schon mal da gewesen - irgendwie stimmt das. und: aber noch nie so schrill, stimmt nicht. es gibt keine solche steigerung, das ausreizen hat(te) nur andere (zeitgemäße) grenzen. anders gesagt, die zeiten ändern sich, die menschen tun es nicht. deshalb drehen die gesellschaftsspiele auch immer die gleichen kreise um dieselben themen. das streben nach einzigartigkeit endet doch in irgendeiner art von konformität, sogar in form neuer massenbewegungen. die gesellschaft ist der spiegel, den wir brauchen und die spiele sind der schmierstoff. im besten falle hinterfragen wir uns dadurch ständig, aber das machen wir natürlich nicht (jedenfalls nicht ständig). ich weiß nicht, ob das jetzt wirklich erhellend war. was auch immer. in jedem falle wünsche ich ihnen einen schönen abend.mein lieber schavan!
aber die reactio war doch lustig (00:45)...es gibt wohl nur eine begrenzte anzahl an erfahrungen, die für uns menschenkinder vorgesehen ist. und da ist es wohl mehr oder minder immer das gleiche, was wir so erleben den lieben langen tag lang. jedoch ist es freilich weder raub noch plagiat. ersteres hat die merkmale der drohung und gewalt (und trifft so selbst auf den zu krull nicht von, äh, zu.), zweiteres bedeutet die weigerung, seine "Schulden zu bezahlen. Ein Buch zitieren, aus dem man einen Satz übernommen hat, heißt Schulden zahlen". klar hat mir mal jemand das radfahren beigebracht. diese schuld gedenke ich jedoch bei der nächsten generation abzutragen. als zwerg auf dem rücken von riesen ist halt leicht mit langen schatten um sich werfen. oder so ähnlich. Einen neuen Absatz
mache ich mal hier und setze meinen Kommentar gesondert unterdran – das wird sonst ein zu arger Kladderadatsch.«nicht frau dr. müller
entscheidet die wahlen sondern lieschen müller, und was lieschen müller wählt, entscheiden bild und die privaten fernsehsender. wer dann noch die mutterinstinkte anspricht (kinderschänder – todesstrafe, ausländer-raus) wird kanzler anstelle der kanzlerin.»auch-einer, 7. März, 20:15 Da wird auch nochmal auf «mein lieber Schavan» eingegangen – gelegentlich, 22.:09. Demnach hätte Heather DeLisle doch nicht so dumm dahergeredet. –cabü Das wissen wir
aber nun wirklich nicht erst seit dem Gestolperten. Schließlich haben wir es fünf Jahre verkündet. Ohne Netz und doppelten Boden. Doch es sei eingestanden, nun ist es definitiv raus: Deutsche Tea Party!>> kommentieren mifasola (23.02.11, 16:50) (link)
Offiziell vielleicht nicht. Gefühlt bestimmt. Und wie.
Laut Gesetz gibt's keine
mehr in Deutschland, weil vor etwa hundert Jahren abgeschafft (steht da oben). Aber sehen Sie, lieber Prieditis, irgendwo keine? Das Land ist voll, die bunten Blätter sind voll, eine (Bundes-)Republik ist vollgesoffen vom Adel.Das ist das
Problem des* Plebs und des romantisch veranlagten Bürgertums (der Damen wohl hauptsächlich), nicht des Adels.Wo keine Bewunderung, da auch kein Geschäftsmodell. *"der", ich weiß. Aber ich gehöre auch dazu, darum darf ich das! gez. prieditis von nebenan
Abgesehen davon, dass es den Adel juristisch nicht mehr gibt (scheint so ähnlich wie Bielefeld zu sein): gibt es denn überhaupt DEN Adel? Ich kenne solche, die die Zwischensilben auf jeden Fall weglassen und solche, für die die Zwischensilbe identitätsstiftend ist. Solche, die immer knapp an Bargeld sind und auf dem Trecker sitzen, solche, die in Altbauwohnungen leben, solche, die Schlösser unterhalten. Solche, die arbeiten, solche die hauptberuflich Sohn/Tochter sind.
Und aus eigener Erfahrung: manche sind ganz nett. Andere nur hohl - aber das dürfte für die meisten sozialen Gruppen dieser Welt gelten. Meine Erfahrungen
decken sich wohl mit den Ihren, und vor allem im letztgenannten Punkt stimme ich Ihnen zu. Entscheidend scheint mir, der ich zwar bereits als Internatsschüler in Kontakt zu den Blaublütigen kam, die mich seinerzeit nie interessierten, der aber später vor allem durch die Künste, also beruflich intensiviert wurde, daß diejenigen, die weniger von edlem und mehr von wißbegierigem Geist durchdrungen sind, ohnehin mit irgendwelchen ihrigen Stammbäumen hinter dem Berg halten, vielen das sogar eher peinlich ist. Gut, wo es um Geschäfte geht, da bleibt manch einer auf dem Trittbrett, das die sehnsuchtsbegierige Gesellschaft ihnen baumarktgezimmert hat, die sich so gerne im Aufpolierten sonnt und größtenteils gar nicht einmal wissen dürfte, daß sie für den alten Glanz früher mal ziemlich im Dreck wühlen mußte. Aber leider ist es nunmal so, wie mich heute mein persönlicher Adelsberater wissen ließ, der einen auf Irrwege geleiteten Kollegen zitierte: «Holocaust, NS, wer will davon noch hören? Was wir brauchen ist eine Geschichte des Spielzeugs oder der Astrologie. Das interessiert die Menschen!» Das alles dürfte mit Nena, die ja mittlerweile auch bereits ausgegraben werden mußte, angefangen haben: Ich will Spaß. Den haben wir nun, definitif. Die Politik lassen wir diejenigen machen, die ihn uns bereiten.Nicht außer acht gelassen werden sollte auch: Zwar ist diese Art der Klassengesellschaft in der BRD offiziell abgeschafft, aber der Geld-Adel feiert sozusagen fröhliche Urständ. Und zumindest zu dem möchten vermutlich vor allem diejenigen gehören, die von der Oberklasse daran gehindert werden, sich Bildung in dem Sinn anzueignen, die über den Horizont des 333, Issos Keilerei hinausgeht. Aber selbst im so aktualisierten Juste Milieu, Sie haben es in Ihren Seiten ja angesprochen, scheint das mittlerweile nicht mehr verstanden zu werden. Wissen im Sinn von Aufklärung, was für ein alter Dreispitz, der einen alten Zopf behütet. Interessant ist auch,
worauf der hinkende Bote heute früh hingewiesen hat: Stephan Malinowski über die Feudalisierung des Bürgertums. Nicht zu vergessen Mathias Greffrath: «Würde der Gott der Aufklärung ins Internet schauen, so würde er sehen, dass die Partie noch immer unentschieden ist. Einerseits zeigt sich dort sehr viel Vernunft – viele Pläne und Projekte, viel Welterklärung und Wissenschaft. Auf der anderen Seite blüht das Irrationale – Dogmen und Idole, dass es nur so kracht. Da ist unsere Epoche nicht viel anders als die Welt vor 200 oder 300 Jahren.» Wenn wir Glück haben, melden sich zu dieser Thematik heute noch weitere Historiker zu Wort.
Das ich das noch erleben darf, Jean von Stubenzweig als Adelsexperte (wenn ich jetzt noch anmerke, das Matussek mal als der Adelsexperte des Speigels untertitelt wurde, bekomme ich ein paar hinter die Ohren und mit was? Mit und zu Recht).
Ach früher war eben doch alles besser, nicht nur dass unsere Verwandtschaft auf der anderen Rheinseite nach wie vor den Rekord hält am Kopfkürzen (eine Sitte die vielleicht doch, angesichts des arbiter elegantiarum zu unrecht aus der Mode gekommen ist), was nun schon ziemlich früher war, man könnte zur Ehrenrettung der Gekürzten oder zu Kürzenden auch anmerken, dass Joseph von Westphalen nun nicht ganz so unrecht hat mit seiner Empörung „Warum ich Monarchist geworden bin“, schließlich sind die Bürgerlichen eine schwer erträgliche Blase, wenn sie am oberen Ende der Nahrungskette angekommen sind. Adelsexperten sind
in der Regel diejenigen, die von außen das blaue Blut illuminieren, wie weiland Gutenbergs Helfer die Schrift ummalten, auf daß der Mensch das auch verstehe, was da geschrieben steht; ich will nicht schon wieder von der Armenbibel anfangen, von dieser Fußnote der Geschichte dürfte man mittlerweile sogar im bildungsbeflissenen Neubürgertum in den Regierungsbänken die eine oder andere Schlagzeile abbekommen haben. Ich stamme immerhin mütterlicherseits wenigstens von dem Stamm ab, an dem historisch gesehen den Lebenssaft dieser vererblichen Glanzköpfe herrunterrann. Mit geringem Erfolg, wie wir wissen, geistern die neuzeitgeistigen Gegenstücke zur Schönheitsverlängerung doch mehr denn je durch die Spiegelsäle der (Medien-)Gesellschaften. Ein Matussek bin ich also nicht. Ich bin echt. Ich bin vom geistigen Blut dieser westphälischen Monarchien durchsetzt. Deshalb habe ich auch einen Berater, der mich über Anlagen der Stände informiert. – Und was den ollen Schütte betrifft, über dessen beharrliches Revoluzzertum staune ich immer wieder mal. Dem gegenüber fühle ich mich wohl ebenfalls verwandt. Aber schließlich bin auch ich ein alter Bastard.
"Nach privaten Hochrechnungen wählen 80 Prozent der
Berechtigten nur, weil es nichts kostet, der Rest will etwas verhindern – was für ein Zustand!" Danke für diesen Link. Der rettet mir doch gleich den Tag. Als alten Romantiker und linken Bohèmien plagten auch mich stets Zweifel in meinem Verhältnis zum Adel. Ist der aristokratische Geist nicht ein doch anzustrebendes Ideal? Die Mischung aus genetisch bedingtem Elitenbewusstsein, Weltverachtung und Verpflichtung nur, aber auch stets dem Höchsten gegenüber? Andererseits, würde morgen die Queen durch Münster paradieren, so würde ich wohl weder jubeln noch staunen, sondern am liebsten einfach ein paar runde Steine schmeißen. Auch hat mich diese, des Öfteren vernommene, ernstgemeinte Frage stets entsetzt: "Hach, die Schweden haben ne Königin und Alles. Das ist doch irgendwie total toll. Warum haben wir eigentlich sowas nicht mehr?" Ja warum eigentlich nicht? Wir hatten doch sogar einen Kaiser! Wo ist der bloß abgeblieben? Goodbye Germany. Aus der Geschichte zeigt sich leider, dass die Faszination für den Adel in deutschen Landen einfach nicht ausstirbt. Da kann man der besagten Subkultur die Hälse abschneiden oder auch nur jeden Adelsverweis aus den Pässen/öffentlichen Verwaltungen tilgen. Die Leute lesen trotzdem noch die Bunte und schwärmen dabei lautstark für die dekadentesten Sozialhilfeempfänger der Menschheitsgeschichte. Da hat die Aufklärung nicht wirklich geholfen. Eher die permanente Sozialrevolution: Oder haben sie mal etwas von Adeligen aus Cuba gehört? Wie dem auch sei, wir jungen Menschen bleiben verstört zurück und können uns einfach nicht entscheiden. Sollen wir lieber ein Buddenbrook werden wollen, oder der Fürst von Sunmyra? Vielleicht ist beides Quatsch und man bleibt halt schlicht ein Arbeitnehmer. Den Monarcho-Joseph
hatten wir hier schon einmal – als dem fränkischen Adel nicht so aktuell das Blaue Blut stockte, auf daß ihm das Herz stehenblieb. Dem von Westphalen stehe ich seit langem nahe, unter anderem, weil er intelligentes Lesevergnügen bereitet. Schau'n Sie mal. Aber das Wichtigste! Der Neu-Leser möge zunächst einmal darauf hingewiesen werden, um welche Art Romantiker es sich bei Ihnen handelt. Nicht, daß es zu Mißverständnissen kommt und man Ihnen in der fleischlosen Zeit ein Candle-light-Dinner und rote Rosen statt blaue Blumen anbietet. Ich weiß gar nicht, ob Münster auch schunkelt. Katholisch wär's ja meines Wissens. Falls Ihnen also auch morgen noch nach noch mehr Meer sein sollte, dann besuchen Sie einfach Ulfur Grai.
Ich danke für die schmeichelnde Empfehlung. Sie ist mir damals gar nicht aufgefallen. Um so mehr freut sie mich heute, da Sie ihre damalige Einschätzung nun noch einmal bestätigen, anstatt die Sache lieber stillschweigend unter den Tisch fallen zu lassen. Ich muss ja eingestehen, dass die vergangenen Jahre nicht nur in meinem Schreiben zwar durchaus Höhen, aber auch tiefste Tiefen gebracht haben...
PS: Geschunkelt wird hier, aber ich bin eher ein Freund des Taumelns. So schrecken mich derlei bizarre Bilder eher ab ;) Ich schmeichle nicht.
Komplimente gehören nicht zu meinem Repertoire, weil ich sie für höfische Verlogenheit halte. Da bin ich zumindest im Geist Révolutionaire sozusagen sinn- und denkfrei in traditions établies (auf den Zinnen hätte ich mich wahrscheinlich in die Hose gemacht). Entweder ich empfinde etwas oder jemanden als gut oder schön und andersrum, dann sage ich's auch. Gut, ich hätte es nach zwei Jahren auch nochmal revidieren können, aber Ihr Stückchen ist nunmal ein gutes. Weshalb sollte ich auf einmal in die Revision gehen und Kritikpunkte herausschälen, um in den Diskurs einzutreten. Alleine die Tatsache, daß ein jüngerer Mensch (der obendrein den ewigen Studenten anvisiert) sich heutzutage analytisch mit dieser Themantik auseinandersetzt, gewährt das, was der bayerische Gymnasiast gegenüber dem eingewanderten Preußengschwerl (zumindest vor drei Jahrzehnten) erhielt: Bonuspunkte. Ich bin eben nicht mehr der Jüngste. Ich bin ja froh, daß ich die Akte in meiner elektrischen Kladde gefunden habe, ich hab' eine Weile suchen müssen.Zum anderen morgen wieder. Jetzt höre ich mir ein von Enoch dirigiertes Requiem an, es klingen Tode durch die Hallen. Mal hören, wie es auf mich wirkt, nachdem ich bezüglich seiner Person tatsächlich in die Revision gehen mußte. Das will unbedingt noch nachgetragen werden: Frühlingsfest der Volksrhetorik. >> kommentieren Heinrich Heine, 1828
"Ja, mich dünkt zuweilen, der Teufel, der Adel und die Jesuiten existieren nur so lange, als man an sie glaubt. Vom Teufel könnten wir es wohl ganz bestimmt behaupten, denn nur die Gläubigen haben ihn bisher gesehen. Auch in betreff des Adels werden wir im Laufe einiger Zeit die Erfahrung machen, daß die bonne société aufhören wird, die bonne société zu sein, sobald der gute Bürgersmann nicht mehr die Güte hat, sie für die bonne société zu halten."*Zu früh gebrüllt, Löwe! Aber wir haben eben kaum eine andere so verläßliche Traumfabrik. *Heinrich Heine, Reisebilder (Reise von München nach Genua) >> kommentieren Wo kommt die eigentlich plötzlich wieder her? Sie hat erst kürzlich den bedenkenswerten Satz "Grünen-Wähler wollen getäuscht werden" von sich gegeben. Da hat sie meiner Ansicht nach recht. Aber es gilt vermutlich nicht nur für die. Keine Ahnung.
Ich hatte sie auch aus dem Blickfeld verloren. Aber auf jeden Fall war das mal ein richtig frisches Gesicht in der grauen, immergleichen Medienlandschaft. Alleine ihretwegen bin ich noch ein Weilchen geblieben. Es war einfach zu schön, wie sie neben dieser adligen Tanja-Anna sitzend ständig vor sich hingluckste.Aber Sie haben sicher recht, und ich halte die ja schon lange für die neue FDP. In Hamburg haben sie sich allerdings wohl verrechnet. Aber irgendwann wird es vermutlich auch über die CDU/CSU, der Erfinderin des Umweltschutzes und als größte Partei von den Grünen abgelöst, heißen: «Sie wollen nur genau so viel Protest, wie sie brauchen, um in die Regierung zu kommen.»
die kann nicht anders. das ist tatsächlich ihr normaler erster gesichtsausdruck (neben dem anderen, dem "stinksauer-ich-beiß-dir-den-kopf-ab-und-****-dir-in-den-hals"-gesichtsausdruck). glauben sie mir.
das ist zwar kurzfristig unterhaltsam, trägt aber auch nur über einen abend (immerhin). gut, dass ich das nicht gesehen habe. j.d. ist mit ihrer ganz persönlichen nabelschau auf eine gewisse art und weise ebenso fassade wie die anderen herumgezeigten hohlbirnen. und in jeder hinsicht mehr gestern als heute. oder gar morgen. sollte sie zur abwechslung mal eine anderes inhaltliches betätigungsfeld finden, als sich an ihrer ehemaligen partei, die sie vor zwanzig (20!) jahren verlassen hat, abzuarbeiten, fände ich das sehr begrüßenswert. und ihr unterhaltungswert würde ebenfalls sehr steigen. @vert:
Dass Jutta Diitfurth heute über ihre Ex-Partei auch nicht viel anderes zu sagen weiß als sagenwirmal vor zehn Jahren, mag man kritisieren. Tatsächlich fand ich ihr Spon-Interview aber ganz unterhaltsam. Istja auch nicht so, als wäre ihre Kritik völlig haltlos, Grün garantiert nun wirklich für fast gar nichts mehr, wofür die Partei mal stand. Das kann man (unter realpolitischen Gesichtspunkten betrachtet) gut finden, muss man aber nicht.@ grüne party
Mir hat besonders die Effizienz gefallen, mit der Cem Özdemir die 7km Luftweg vom Stuttgarter Flughafen zum Stuttgarter Bahnhof zurücklegte: mit dem Hubschrauber."Seine Ökobilanz sehe immer noch besser aus, als die von Herrn Mappus", hatter dann im Deutschlandfunk gesagt. Cem Özdemir
hat schon nichts mehr gemerkt, als er sich in den frühen Nullerjahren mit dem notorischen Moritz Hunzinger einließ. Jutta Ditfurth hatte durchaus Recht, daran zu erinnern, dass der gefallene Özi dann von der Transatlantiker-Fraktion aufgesammelt und gepäppelt wurde. Weitergehende Schlüsse kann dann jeder für sich selber ziehen.
ja, aber das weiß doch jeder, da braucht es doch die jutta nicht, die alle paar jahre aus dem sumpf der frankfurter stadtpolitik ihr medusenhaupt erhebt und verzichtbare weisheiten in die mikrofone diktiert.
gerade das verlinkte interview lässt doch sehr schön anklingen, wie tief getroffen sie ist, dass sie in ihrer expartei schlichtweg macht verloren hatte. sie hat als chefmacker gegen andere chefmacker versagt. und wer mal erlebt hat, wie j.d. mit menschen umgeht, wird es ebenso sehen. (und damit meine ich nicht mal menschen, die sie nicht mag!) Recht mögen Sie
haben, was Frau Ditfurth als Person betrifft. Ich kann das nicht beurteilen, da ich mit ihr noch keinerlei Umgang hatte. Aber ich mag behaupten, daß nicht jeder potentielle Neugrünwähler, vielleicht einer, der sie als Aufstteiger- und Besserverdienendenpartei sieht oder anvisiert, weiß, wofür sie mal stand. Zumindest für mich ist das Maßstab. Manch einer dieser Fairen Ritter aus Kreuzberg oder einem anderen zentralen grünen Ghetto des Hochkulturgeistes kommt mir heutzutage nämlich so vor wie der ältere Guttenberg, der in diesem Filmchen behauptete, er würde für den Naturschutz sogar seinen Beruf als Dirigent drangeben – mit einem klärenden Wort: unglaubwürdig. Oder so herum: Es gibt ja mittlerweile genügend junge Christsoziale, die davon überzeugt sind, Ihre Partei hätte die Rettung der Umwelt erfunden. Denen muß auch erklärt werden, daß es solange auch wieder nicht her ist, daß ihre Väter den Rhein-Main-Donau-Altar errichtet haben, der als Symbol für eine ehemalige Bewegung gelten kann, die mittlerweile so tief ausgebaggert ist, daß die immer riesiger werdenden Container des Wirtschaftswachstums die sanften Auen jedweden Idealismus' völlig verkümmern läßt. Es gibt doch sonst niemanden mehr von einem bißchen Bekanntheitsgrad, der darauf verweist.
Die verbitterte frühere Fundi-Frontfrau verkörpert nicht den Flügel, mit dem ich dunnemals sympathisierte. Und dennoch, ein paar ihrer Aussagen aus dem Interview treffen einen Nerv bei mir. Anderes nervt tatsächlich, wie z.B.der Versuch, die Legende einer unfreundlichen Übernahme der guten Grünen durch ein paar Spontis zu stricken.
>> kommentieren Sie ahnen vermutlich, warum ich jetzt schmunzle? Ich nicht.
Können Sie Abhilfe schaffen? Oder rührt das Schmunzeln von der Farbe im Namen des Vorschreibers?Vorgeschrieben hat er
zumindest nichts, der gute Vert. Aber leicht ins Schäumen geraten scheint er zu sein. Das wird Gründe haben. Ich muß annehmen, daß unsere weltüberfliegende geschätzte Münchnerin über einen weitaus größeren oder vielleicht sogar technisch aktuelleren Radarschirm verfügt. Ich will auch mehr sehen!>> kommentieren Meine Plagiatsrhetorik
haben Sie beide nun ausdifferenziert. Eigentlich wollte ich lediglich ein bißchen rumpalavern, aber Sie haben haben selbstverständlich sofort die Richtung festgestellt, in die ich gekläfft habe. So will ich wenigstens mein angesetztes Süppchen etwas klaren; die senile Bettflucht läßt es köcheln. Der Hintergrund meiner Gedanken war nicht, die aktiven Plagiatoren an sich zu verteidigen oder gar jederfrau und -man unter Generalverdacht zu stellen, sondern zart darauf hinzuweisen, daß all unser Wissen zunächst einmal aus unseren (Geistes-)Erzeugern kommt, sich über entsprechende Sozialisation fortpflanzt und uns dann erst ggf. zur originären Leistung führt. Dieses Gemenge, in das wir oft genug mit großer Schöpfkelle hineintauchen, war der Anlaß meiner kleinen Witzelei, auf den allerdings viele sich berufen, wenn Sie «argumentieren»: Es gebe keine Urheber, alles sei geklaut oder abgeschrieben oder was sonst auch immer.Selbstverständlich gibt es den. Denn es ist wahrhaftig nicht der liebe Gott, der für mich auf den Acker geht, um zu sähen und zu ernten, der sich die Produkte ausdenkt, die, mehr oder minder notwendig, gefertigt und in den Handel gebracht werden, der in mühevollster Kleinarbeit die fünf oder fünfzehn oder fünfzehnhundert Seiten eines Aufsatzes, eines oder zweier oder dreier Bücher in die Tastatur filigranisiert, der die Wege zu den Regalen geht, um die über lange Zeit gelesenen Bücher wiederzufinden, aus denen die Gedanken stammen, die ich aufgenommen und weiterverarbeitet und via Anmerkung oder Fußnote deklariert habe, um also insgesamt Neues aus all dem entstehen zu lassen. Dann nämlich bin ich, wie es früher und manchmal auch heute noch, wenn zufrühpensionierte stellvertretende Gymnasialdirektoren oder schlichtere Studienräte in meine Ausstellung in der ehemaligen Tierfutterabfüllungshalle des örtlichen Herrn Raiffeisen einführen, der Schöpfer. Da kann ich noch so viele Hundertwassers, Jawlenskys, Kandinkys, Klees, Picassos und Reinhardts und Richters und wen sonst noch alles studiert und skizziert haben in allen Museen oder Katalogen der Welt, es bleibt mein Werk, auch wenn es häufig nicht den Anschein hat, aber ich habe meine eigenen Gedanken eingebracht und Neues daraus entstehen lassen. Das darf kritisiert oder belächelt oder auch verlacht werden, aber solange es aus meinem Geist erwachsen ist, der sich zwar Vorhandenem bedient, aber neue Assoziationen geschaffen hat, bleibe ich der Schöpfer, also der Urheber. Nur dann, wenn ich Sätze anderer ohne nennenswerten eigenen Gedankengang zu einem längeren Text zusammencollagiere, meinen Namen daruntersetze und ihn dann verkaufe, dann kann es passieren, daß andere das nicht als Eigenleistung anerkennen mögen. Das zu erkennen in der Lage sind allerdings nur diejenigen, die bereits im Vorfeld viel Schulden gemacht haben und bereit sind, dafür zu zahlen. Zu vielen fehlt dieser Einblick, da sie in ihrer zudem arbeitsentfremdeten Welt auch nicht annähernd eine Vorstellung von Produktion und deren Abläufe haben. Woher soll der auch kommen? Strom kommt schließlich aus der Steckdose, die Milch aus der Plastiktüte und das Vitamin aus der Pappschachtel. Da ist es nur logisch, daß Wissen aus der Suchmaschine kommt. Bei den einen geht das bis zum Bachelor, der Verlängerung des von mir so gern zitierten 333 – Issos Keilerei, das für mich als Synonym steht für reines Datenauswendiglernen beispielsweise zum Anheben von Noten, wie es mir an bayerischen Gymnasien begegnet ist. Vielen reicht es aus, zu erfahren, was das Kreuzworträtsel mit dem Depp mit fünf Buchstaben meint. Also guckelt er mal eben und erfährt gleich innerhalb der ersten fünf Zeilen des algorithmiserten Wissens, daß er ein Idiot ist. Die tiefere, quasi klassische Bedeutung des einfachen Menschleins, das außerhalb der besseren Gesellschaft steht und deshalb privatisiert ist, erfährt er zwar täglich, was ihn aber nicht weiter interessiert, weshalb er nicht einmal mehr bei Wikipedia nachliest, weil es ihm zu anstrengend ist, diesen ganzen langatmigen Kram zu lesen. Und außerdem ist doch sowieso alles abgeschrieben – oder plagiiert, wie diese kopfgesteuerten Deppen das nennen. Das sind dieselben, die immer in diese Museums rennen und sich die Kritzeleien angucken, die unsere Kleene och, ach nee, viel besser kann. Ich erinnere noch einmal an diesen Pablo Ruiz, der vor Kinderbildern stehend gesagt hat: Dazu habe ich dreißig Jahre gebraucht. Aber der hat auch einem deutschen Offizier geantwortet, der vor Guernica stehend ihn fragte, ob er das gemacht habe: Nein, das haben Sie gemacht! Wir haben das gemacht. Wir haben diese Politiker gewählt, die in zunehmendem Maß dafür sorgen, daß Bildung eine Grenze zieht zwischen Gewinnern und Verlierern. Es gab eine Zeit, da hieß es: Der Kaiser braucht Soldaten. Wie wir wissen, es gab es nicht nur deutsche Kaiser. Und Soldaten braucht auch kaum noch jemand (wollen wir's hoffen), aber genügend Dumme, die ins nicht totzukriegende Verdun ums Wirtschaftswachstum ziehen und auf die die «Gebildeten» hinabblicken können aus der Perspektive der Burg. Da die häufig genug Abziehbilder derer sind, die sie gerne wären, läßt mich das noch einmal kurz zum Plagiat zurückkehren. Ich habe als junger Mensch auch mal komplett abgeschrieben, weil ich dachte, mir auf diese Weise Anerkennung verschaffen zu können. Eine Erzählung von Nathalie Sarraute habe ich in mühevoller Kleinarbeit, ich war als etwa Dreizehnjähriger, so genau weiß ich es nicht mehr, der Schreibmaschine noch nicht richtig Herr, abgetippt und sie als meine Kreation ausgegeben. Diese Literatin hatte ich mir ausgesucht, weil ich der Meinung war, niemand würde sie kennen, zumal in der Bibliothek meiner Mutter meines Wissens fast nur unbekannte Bücher herumstanden, da meine Mitschüler, denen ich in eitlem Stolz davon erzählte, noch nie davon gehört hatten. Voller Bewunderung forderten diese mich auf, meine Erzählung doch der Lehrerin (bei uns hieß die Professorin) vorzulegen. Die nahm mich dann in ein paar stillen Minuten beiseite und referierte freundlich und geduldig und liebevoll über das, was ich da geschrieben hatte und was das alles bedeuten könnte. Damit hatte sie geschafft, wofür meiner Erziehungsberechtigten immer die Zeit fehlte und weshalb sie mich auch des öfteren in ihrer Bibliothek abstellte, wie das möglicherweise auch vor der Sendung mit der Maus hätte geschehen können, aber es gab bei uns nunmal kein TeVau, sondern nur Callas, Lanza, Klavier und eben Bücher: Sie hatte mich in die Literatur eingeführt, nicht nur in die der großen Französin. Dieses Abschreiben dürfte ein letztlich entscheidender Schritt in meinen späteren Weg gewesen sein. Aufgrund meines anfänglichen Plagiierens habe ich mich fortan intensiv mit dem beschäftigt, was ich abgeschrieben hatte. Von da an also wollte ich nie mehr Offizier oder sowas ähnliches werden. Mit Gesellschaftsspiele,
liebe Kopfschüttlerin, meine ich in leicht ironischer Tendenz, ohnehin die Gesellschaft, in der mit uns gespielt wird. So erscheint sie mir zwar durchaus als Spiegel unserer selbst, also als der jeweiligen himmelhoch jauchzenden und zutiefst betrübten Gemeinschaft. Aber in der Breite wird doch eher weniger hinterfragt – es ist ein nichtssagendes Modewörtchen geworden –, sondern zwar vom Hinterfragen gesprochen, aber in der Regel lediglich gefragt, zum Beispiel danach, ob wir zu dick sind und so weiter. Das wiederum stellt eine Reduktion dar, die doch um einiges zu dünn ist, um die Kraft aufbringen zu können, zu hinterfragen. Wenn's hoch kommt, fragen die meisten allenfalls, etwa nach dem, was es kostet. Ich denke dabei weniger an den zu zahlenden Preis für die mit uns gespielten Spielchen, sondern an den für den täglichen Zentner Fleisch oder, weil in deutschen Landen gerade aktuell, den für den Liter Bio – Sprit selbstredend; der für die Milch läßt sich verbraucherkritisch schließlich durch den Kauf beim Billigheimer regeln. Würde die Gesellschaft tatsächlich mehr hinterfragen, sähe sie anders aus. Aus einem Blick auf die Straße würde dann vermutlich einer in die Dreckecken eines Systems, aus Schummelei tatsächlich Betrug, mit erheblichem Verlust für die Gemeinschaft, und aus der verbreiteten Vorstellung vom idealen Ehemann oder Schwiegersohn oder vielfach erträumten telegenen Ebenbild nicht unbedingt gleich Qualifikation.Und das wiederum hat mit dem zu tun, was ich heute früh angerissen habe: Eine solche Bildung, eine, die den Horizont erweitert, die Zusammenhänge verstehen lehrt, wollen viele Regierenden dann doch wieder nicht. Die als Wachstumsmittel eingesetzte muß ausreichen. Als Lohn gibt's dann, wie in den Achtzigern, den Zweitfernseher, den Drittkühlschrank und den Viertstaubsauger oder das, was damals die kostengünstige Zweitbremsleuchte war, mit dem die findige Zulieferindustrie innerhalb kürzester Zeit Millionenumsätze gemacht hat und die heute Tagfahrlicht heißt, die der glückliche Idiot dann mit Durchblick und Sicherheit verwechselt, weil er eben nicht zu hinterfragen in der Lage ist. Ein paar Überbleibsler gab es zu dieser Zeit noch, die wenigstens nachgedacht haben. Aber aus denen sind mittlerweile gesellschaftlich geschaßte sogenannte Linke wie etwa diese geistigen Tiefflieger des Club of Rome geworden oder aus Grünen arg ins machtvoll Gelbe Tendierende. Einem wie mir ist nichts geblieben als Ironie und ein bißchen Sarkasmus.
Genossen im Leide, lieber Herr Stubenzweig.
Es ist für das *Hinter*fragen unabdingbar, dass man erst einmal *Nach*denkt. Ohne nun in der Sprachmystik eines Heideggers versinken zu wollen, lässt sich aus diesen Worten doch zumindest Eines herauslesen: Man braucht schlicht etwas Zeit um Ereignisse richtig bewerten zu können. Nicht bloß, um seine Gedanken fortzuspinnen, sondern auch als Abstandhalter. (Deshalb ist die Geschichtswissenschaft wohl eine bessere Lehrerin als bloße „Cultural Studies“). Wo allerdings nur noch die Tagesereignisse recherchiert und kommentiert werden, bleibt diese Zeit nicht mehr. Den Leuten wird nur noch berichtet, was passiert ist. Das Warum wird ausgelagert in die Meinungssparte der Kommentare mit dem steten Zusatz: Darüber lässt sich jetzt nur mutmaßen. Es ließe sich aber mehr als Mutmaßen, würde man sich die Zeit zur genaueren Analyse nehmen. Das ist kein neues Phänomen, deshalb haben darüber auch schon einige kluge Leute nachgedacht und die Vorteile unserer instantanen Mediengesellschaft hinterfragt. Nicht zuletzt Regierungsprogramm ist aber etwas völlig anderes und Politik zieht ihren Nutzen daraus: Dumm nickt gut. Dabei heißt dumm nicht einmal verminderte Intelligenz - nur wird uns heute eine ausgeprägte Bauernschläue als Bildung verkauft. Und die schnellste, reißerischste Meinungsbildung nennt man mitunter Journalismus. Die Bild wirbt ja mittlerweile ganz offen damit, dass sie keine fundierte Berichterstattung liefere, sondern schlicht die „schnellste Meinung Deutschland[`s]“. Dabei war mir bisher gar nicht bewusst, dass die Aufgabe einer Zeitung bloße Meinungsbildung sei. Das allerdings ist ein gefährliches Spiel, seitens Politik, seitens der Medien und auch der Gesamtgesellschaft. Wir erleben immer mehr, dass Argumente und Fakten nichts mehr zählen. Man hat den Menschen ja auch lange genug beigebracht, dass es darum nun wirklich nicht gehe. Folgerichtig entblödete sich ein Professor für Medienwissenschaften jüngst im DLF zu sagen, man müsse ja, um die Sache ehrlich zu bewerten, die moralische und auch die Sachebene im Fall Guttenberg von der politischen trennen. Die Menschen seien nicht dumm und hätten ein feines Gespür dafür, worauf es in der Politik ankomme. Einzig auf bloße Machterhaltung & Gestaltung. Diese Einschätzung allerdings halte ich für kontrafaktisch. Wo sind wir angelangt, wenn nicht einmal mehr die sachliche Ebene etwas zählt, weil es nur noch auf die Meinung der Masse ankommt? In der charismatischen Herrschaft oder schlicht Ochlokratie. Guttenbergs Jünger legen Zeugnis ab dafür.
ich war sprachlos, im grunde, nach ihrer plagiatsrethorik. da kann man gar nichts mehr hinzufügen.
na ja, außer daß sie (wie immer eigentlich) so was von recht haben. ein gebildetes volk ist so ziemlich das letzte, was man wollte - wider dem eigenen "niedergang". >> kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
Jean Stubenzweig motzt hier seit 6023 Tagen, seit dem Wonne-Mai 2008. Letzte Aktualisierung: 07.09.2024, 02:00 ... Aktuelle Seite ... Beste Liste (Inhaltsverzeichnis) ... Themen ... Impressum ... täglich ... Das Wetter ... Blogger.de ... Spenden
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