Pisam farsilem

Pisam coques. Cui oleum mittis. abdomen et mittis in caccabum liquamen et porrum capitatum, coriandrum uiridem, imponis ut coquatur. Isicia minuta facies quadrata, et coques simul turdos uel aucellas uel de pullo conciso et cerebella prope cocta cum iuscello coques. Lucanicas assas, petasonem elixas, porros ex aqua coques, nucleorum heminam frigis. Teres piper, ligusticum, origanum, gingiber, ius abdominis fundis, lias. Angularem accipies, qui uersari potest, et omentis tegis, oleo perfundis, deinde nucleos aspargis et supra pisam mittis ut tegas fundum angularis, et sic componis supra petasonis pulpas, porros, lucanicas concisas. Iterum pisam supermittis. Item alternis aptabis obsonia, quousque impleatur angularis. Nouissime pisam mittis, ut intus omnia contineat. Coques in furno uel lento igni imponis, ut ducat ad se deorsum. Oua dura facies, uitella eicies, in mortario mittis cum pipere albo, nucleis, melle, uino candido et liquamine modico. Teres et mittis in uas ut ferueat. Cum ferbuerit, pisam mittis in lancem, et hoc iure perfundis. Hoc ius candidum appellatur.
In alle erdenklichen Sprachen ist das übersetzt worden. Im Kochbuch der Römer, Rezepte aus der Kochkunst des Apicius, eingeleitet, übersetzt und erläutert von Elisabeth Alföldi-Rosenbaum, war das auch mal deutschsprachig nachzulesen, mit freundlicher, also bezahlter Genehmigung (von den großen Verlagen verzichtete bei Kleinauflagen allein Suhrkamp auf Lizenzgebühren) nachgedruckt im Laubacher Feuilleton 7.1993, in dem es überwiegend um Gastrosophisches ging. Ich trau's mich trotzdem nicht, es hier hineinzuhieven, weil's nämlich urheberrechtlich zum Artemis-Verlag gehört, der es 1970 erstmals veröffentlicht hat. Da das Buch nach wie vor (in immer wieder erneuerter Auflage) erhältlich ist, befürchte ich Ärger, da wären dann sicher Büschelweise Haare in der Suppe.

Die spätere französische Königin hätte diesen Fraß wohl nicht geschluckt, auch wenn er noch so römisch gewesen sein mag. Aber schließlich war sie Florentinerin, bevor sie in den Westen zog, um diesem vom Mistral durchrüttelten Volk da drüben, diesen Möchtegern-Bocuses ordentlich die nouvelle cuisine zu lehren. Mir ist das egal. Ich mag einfach Erbsensuppe zu gerne. Wahrscheinlich hat mein nahezu ewiger Aufenthalt rechts des Rheins doch zu tiefe Spuren in meinen Geschmacksnerven hinterlassen. Und längst stehe ich mit einem Knospenbein auch noch im aus Kleinasien nach Kurz-vor-Sibirien eingewanderten Ursumpf dieser breiartigen Masse. Zudem dräut schwerer Novembernebel über allem. Meine einstige Teilzeitkochlehrerin, eine wunderbare und -same Freundin aus dem Badischen, seinerzeits wie ich in die lieblichen vorälpischen <i>stillen Winkel des beim Murnauer Moos beheimateten Blauen Reiters eingewandert, die mir so manchen verfeinernden Hinweis gab, etwa den des neben Basilkum und Estragon angereicherten Dills sowie Eigelb und leicht belgisch, also süßlich parfümierten Senf als Beigaben zur allerfeinst gehobelten Gurke, die dann in Sahne ertränkt Salat geheißen wurde und auch nach vierzig Jahren noch der Gäste Lust erzeugt, riet mir als Beigabe für die Erbsensuppe frischen Wirsing. So mag ich sie bis heute am liebsten. Als großer Experimentator, wenn auch als einer ohne Documenta-Ambitionen, habe ich es auch mit Kohlrabi und auch mit Blumen- oder Grünkohl oder mit allem zusammen mit allen erdenklichen Kräutern und Gewürzen ausprobiert. Aber da ich als Alter ohnehin dem Alten zugeneigt bin, werde ich das Rezept von diesem Alten nun doch mal testen. Ich hab ja sonst nix zu tun. Und für Erbsensuppe tue ich fast alles. Deshalb gebe ich das obige Küchenlatein in meine von kalter Spaltenfüllerei geschmierte Phrasendreschmaschine und schlage auch die Inhalte zu Sprachbrei:

Koche die selbstredend selbstgezogenen und -geernteten Erbsen. Füge Öl1 dazu (auch bei Béziers2 stehen Bäume, unter denen sich wundersam davon träumen läßt, daß deren Früchte einem in die offene Suppe fallen). Nimm Bauchlappen (Schweinebauch, den die Gattin deines Charcutiers kurz zuvor noch selbst gekrault hat) und gib ihn zusammen mit liquamen3, ganzen Lauchstangen und frischem Koriander in einen Topf. Setze den auf die eigens zu diesem Behufe in der Mitte deines denkmalgeschützten Hauses neu errichteten Esse zum Zweck des Erhitzens nieder und lege dich zum Nickerchen aufs Canapé. Sollte es dir währenddessen ebenfalls zu warm geworden sein, wähle die Rufnummer 112 und in weiser Voraussicht auch die desjenigen, der dir das Dach über dem Kopf gegebenenfalls noch vor dem nächsten Winter reparieren kann. Schneide kleine Würfel aus gehacktem Fleisch (das noch kurz zuvor noch glücklich war, im Zweifelsfall ergreife bewährte Maßnahmen4) und koche sie zusammen mit Amsel, Drossel, Fink und Star und sonstigen Singvögeln oder aufgeschnittenem Huhn aus Nachbars Garten; koche halbgares Hirn (bedenke: allzu frisches könnte noch von klaren Gedanken durchzuckt sein) in der Brühe. Grille auf dem Meisterwerk des Vaters5 von Schmieds Töchterlein unweit des baltischen Meeres (gerade erscholl in meinem Hackfleisch-TV6 erneut die Hymne auf den norddeutschen Griller7) lukanische8 Würstchen, koche einen Vorderschinken (all das bietet auch der Biobrillenhersteller9 in Lütjensee und ist kulinarhistorisch betrachtet ebenfalls geeignet), koche Lauch in Wasser und röste in der auf Herrn Trödels Markt als Antiquität erstandenen ehernem Bräter der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vierhundertfünfzig Gramm Pinien- (nein, auch nicht ersatzweise koreanische Kiefern10-)kerne. Leihe dir beim Dorfapotheker oder, falls auch den die Gesundheitsreform dahingerafft haben sollte, gegebenenfalls bei Madame Lucette11, einen Mörser aus, stampfe in demselben Pfeffer, Liebstöckel, Origanum und Ingwer, gieße Brühe von dem Schweinebauch darüber und rühre dies glatt. Nimm eine Auflaufschüssel (angularis12), die sich stürzen läßt, und lege sie mit omentum13 aus. Fette sie mit Öl. Streue die Pinienkerne hinein und lege eine Schicht Erbsen darüber, so daß der Boden der Schüssel bedeckt ist. Darüber gib das Fleisch von dem Vorderschinken, den Lauch und die in Scheiben geschnittenen lukanischen Würstchen, darüber wieder eine Schicht Erbsen. Ebenso fülle die übrigen Zutaten ein, schichtweise mit den Erbsen abwechselnd, bis die Schüssel voll ist, und zwar so, daß die oberste Schicht eine von Erbsen gebildete wird. Koche dies im Backofen oder auf kleinem Feuer, bis es steif wird. Fange zuvor noch fröhlich freilaufende Eier ein, lasse sie hart kochen, entferne die Dotter und stampfe das Eiweiß im Mörser zusammen mit weißem Pfeffer, Pinienkernen, Honig (von Mörderbienen, da alle anderen mittlerweile tot sind), Weißwein und etwas liquamen, gib dies in einen Topf und lasse es kochen. Wenn es gekocht hat, stürze den Erbsenauflauf auf eine Lanx14 und gieße die Sauce darüber. Diese nennt man weiße Sauce und besteht, trotz aller Beteuerungen der wegen des vielen Fischs vom Mare Balticum ins eher binnenländische Büddenwarder geflüchteten Küchengeschichtsschreiberin15 nicht alleine aus Butter, Mehl und Wasser, welche sie bevorzugt über alle nationalgerichteten Kohlarten gießt.

Anmerkungen:
Da mir wiederholt zugetragen wurde, daß meine Verlinkerei zu Unachtsamkeiten führen könne, bediene ich mich der klassischen Fußnote. Den richtigen HTML-Umgang — auf daß alles hinab- und wieder hinaufhüpfe — lerne ich vielleicht auch noch; zumal das da oben spationierungstechnisch nicht eben edel ausschaut. Sollte es mir gelingen, gestalte ich's um.
1Öl
2 Béziers
3 liquamen
4 Maßnahmen
5 Vaters
5 Hackfleisch-TV
7 norddeutsche Griller
8 lukanische; Marseille[8.1]
9 Biobrillenhersteller
10 Korea-Kiefer11 Madame Lucette
12 angularis
13 omentum
14 Lanx
15 Küchengeschichtsschreiberin

 
Do, 17.11.2011 |  link | (4367) | 8 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Geschmackssache


nnier   (17.11.11, 19:34)   (link)  
Auch wenn ich kein Latein kann:
Das klingt nach Arbeit, und zwar nach einer, die sich lohnt. Das Hirn würde ich ggf. ausschalten. Der Rest riecht ganz wunderbar. (Und Sie haben da einen kleinen Aufmerksamkeitstest eingebaut. Oder sehe ich doppelt?)


jean stubenzweig   (17.11.11, 20:48)   (link)  
Arbeit, ich sag's Ihnen!
Und nun arten Spielereien in eine solche aus. Dabei wollte ich nie wieder arbeiten. Und nun kommen Sie mit noch mehr. Oder wie sollte ich die Frage nach einem «kleinen Aufmerksamkeitstest» verstehen? Wollen Sie meine Aufmerksamkeit testen? Oder meinen Sie mein HTML-Gefummle? In dem rühre ich herum wie ein Zweijähriger an einem Fingerfarbenkunstwerk. Gut sieht's aus, aber ich weiß noch nicht so recht, wie's geht.

Und das mit dem Hirn — das macht auch Arbeit.


nnier   (17.11.11, 22:21)   (link)  
Mir scheint nun mal, dass in diesem Erbseneintropf Abschnitte, die mit "Die spätere französische Königin" beginnen, etwas hervorschmecken.


kopfschuetteln   (17.11.11, 22:27)   (link)  
hm. da haben sie sich wirklich arbeit gemacht.
ein so charmantes kochrezept, da möchte frau gleich den kochlöffel schwingen und überhaupt. man nehme sich das als mustergültiges beispiel für ... das ist ja wie u(nterhaltung) und e(rnst) zusammenzuführen. kochen ist ja eine echt ernste angelegenheit.
wann kochen sie; wann dürfen wir uns einfinden? hihi!

(mit dem aufmerksamkeitstest meinte herr nnier den doppelten absatz, beginnend mit der späteren französischen königin. wobei die absätze nicht identisch sind: also doch absicht?)


jean stubenzweig   (18.11.11, 14:45)   (link)  
U und E zusammenführen.
Ein mustergültiges Sprachbildbeispiel für eine echt ernsthafte Angelegenheit.

Bei der Gelegenheit: Selber kochen macht nicht eben schlank, aber jedenfalls nicht dick. Ich jedenfalls erlebe das so seit Jahrzehnten. Denn nach dem Kochen habe ich nie Hunger. Das kommt vom vielen köstlichen Kosten. Da bleibt für die anderen mehr, manchmal sogar für Gäste. Für mich hingegen, wenn der Hunger (vom Appetit will ich erst gar nicht reden) zurückgekehrt ist, nichts mehr.

Deshalb vermutlich bereite ich meine immer wieder geforderten Schnitzel, die sogar von Vegetarierinnen verlangt werden (Mutterns Frikadellen gehen auch), kaum noch zu. Sie stellen eine unsägliche Arbeit dar. Alleine diese Mengen, bei zweien, die ständig das Lied von «Fleisch ist mein Gemüse» in ihren Sabbermäulchen führen, weil sie so dünn sind (die Schnitzel) wie ein Lufthauch und ich deshalb unter dreißig erst gar nicht anfangen brauche, jedes einzelne mit Senf und Wuhsta-Sauce und Koblauch massagiert, als wär's ein Stück von Brautigans Bräuten, derart mariniert mindestens über Nacht im Kühlschrank ruhend, auch diese Kreation geistig beatmet von meiner wundersamen und -baren Freundin des Blauen Reiters, dazu deren Gurkensalat und handgehäkelte Pommes vom Fritz, da bin ich anschließend urlaubsreif und unterernährt (siehe oben). So gesehen mag es friedvoll sein, abwegs und beinahe absinthiert vor sich hinzuschlummern.


kopfschuetteln   (19.11.11, 22:47)   (link)  
da hilft eigentlich nur eines, herr stubenzweig: daß sie sich bekochen lassen.

meine-unsere zwei sagen nicht «Fleisch ist mein Gemüse», sie fragen: welches tier? naja. und die schnitzel, die geklopften, präsentiere ich auch mit senf massiert. mit Wuhsta-Sauce noch dazu, das ist doch eine idee.

und, schlummern sie gut oder besser :-)


jean stubenzweig   (18.11.11, 09:28)   (link)  
Ihrer beider Aufmerksamkeit
nimmt etwas von meinen atlasgeplagten Schultern: den schrecklichen Ruf, nie zu einem Ende kommen zu können. Dank Ihnen beiden habe ich wenigstens den Schein zurückerlangen können, Stubenzweig sei von Effizienz erfüllt.


jean stubenzweig   (18.11.11, 10:17)   (link)  
Das quasi erzwungene
nochmalige Lesen hat mich dazu gebracht, diese Brühe im unteren Teil noch etwas zu klaren. Dank Ihrer beider Aufmerksamkeit hat das den Kohl erst fett gemacht.















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