Neun Ma(h)le (nicht nur) für die Katz Für Enzoo, Vert und Hinkebote sowie alle anderen, die's interessiert; mit einigen mehr oder minder modischen Anmerkungen; zum lesen berühre man mit dem Cursor die Ziffer1. Meine und Mimi alias Noiretblanc Beinahe-Éremitage im Norden entsprechen dem Land- und Katzenleben, wie ich es mir vorgestellt habe, unter anderen, beispielsweise großstädtischen, Bedingungen wären sie nicht zustande, wäre diese Comtesse nie in meinen Haushalt gekommen: kein Durchfahrtsverkehr, ziemlich ab- und dann auch noch zurückgelegen (wer mich besuchen will, muß sich für dicht besiedelte deutsche Verhältnisse durchaus ein wenig bemühen bei der Findung, und sei es die nach der richtigen Weichware für die Suchmaschine im Automobil, ohne die sich offensichtlich niemand mehr zurechtfindet im Leben), vor allem aber auf eine andere Art kultiviert als in der Jungbäurin Sinn. Hier dirigiert eine wunderbare ardennische Landfrau mit parisischer Lebenserfahrung und leicht wundersamen Vorstellungen von Ästhetik, die sich auch in ihrem persönlichen Äußeren spiegelt: nie ohne diesen perfekten Halblang-Haarschnitt2, immer damenhaft die (wohl auch generationenbedingt knappere) Größe erhöhend, dennoch die ihrem Empfinden nach immer schönen, weil mit Applikationen3 versehenen Schuhe (für die sie, täte sie's nicht ohnehin gerne und oft, in die Heimat zu reisen gezwungen wäre, da's für Kleinfüßige im Land der Femme germanique so etwas nicht gibt) flach, insgesamt meist irgendwie ein wenig chanelig4 wie die (Empfangs-)Chefin eines gut bürgerlichen Restaurants, wie sich eine Pariserin aus der tiefsten Provinz — und welche Pariserin oder Berlinerin käme nicht aus der Provinz? — und «mit Geschmack» das eben vorstellt. Sie hat die gemeinsamen Häuser und Gärten nach ihrem Gusto an- und hingerichtet, einschließlich der urprünglich der knackfrischen halbgallischen Tochter zugedachten und nun von mir alterendem, darin herumhumpelnden Hahn genutzten Wohnung mit dem für mehrere Jungfrauen geeigneten Badezimmer, vor allem aber perfekten Cuisine américaine, der zweihundert Jahre alte holsteinische Schweinestall ist beispielsweise mit maurischem Backstein restauziseliert; es war harte Arbeit unter ihrem gestrengen Kontrollblick für die an 08-15-Apps aus dem Baumarkt gewohnten Maurer, die ja schon lange keine Handwerker mehr, sondern nur Aufkleber des allfälligen Industrieschönscheins sind. Klein-Versaille herzurichten und es mit lauenburgischer Landschaftpflege zu verbinden, behält sie sich vor. Sie hat es nicht nur geschafft, ihrem Gatten, einem an derartigen Verschönerungen des Lebens eigentlich nicht sonderlich interessierten (allerdings immerhin Bebop hörenden und sich bei mir Platten ausleihenden; Madame greift eher zum «guten Buch» aus meinen alten, auf dem Dachboden gelagerten Rezensentenkisten) norddeutschen Knurrhahn der Gattung Maschinenbauingenieur, Französisch samt gutem Geschmack auch in der Küche zu lehren, sondern ihn gar davon abzubringen, die alten, zum Teil vor drei, vier Generationen gepflanzten Apfelbäume umzunieten und durch höherwachsendes monokulturelles, am Ende gar monsantoischen Plantagenzüchtzeugs etwa im Sinn eines rundzuerneuernden, zu industriealisierenden Alten Landes zu ersetzen, weil er mit seinem Rennrasenmäher rascher vorankommen, während seiner Rasereien keine dieser kleinen wurmstichigen Äpfel mehr im Maul haben wollte. Auch einen Golfplatz auf dem riesigen, hier kaum ersichtlichen Ackergelände hinter dem eigentlichen Grundstück mit angeschlossenem kleinen Restaurant5 hat sie dem auch in den Jahren offenbar unentwegt unternehmerisch denkenden Gemahl mit Hilfe ihrer gestrengen Sanftmut und gewiß ebenso gekonnten Spöttelei ausgeredet. Vor allem eines hat sie in ihrer weit über dreißigjährigen Emi- beziehungsweise Imigranz bewirkt: Nie möge Malbouffe auf den Tisch kommen; für den guten Wein sorgte sie mittels des Auf- und Ausbaus einer eigenen Weinhandlung, allesamt selbst in den Anbaugebieten gekostete Stöffchen; er bekam als Spielzeug oder ausgleichend die mit dem Whisky, mittlerweile alles vom Sohn betrieben, einem Koch und Sommelier. Ich habe das alles hier schon so oft und zu allen möglichen Anlässen erzählt, daß es sich eigentlich verbietet, es neuerlich zu tun. Dennoch (es gibt schließlich auch ein paar neu hinzugezogene Leser) der nochmalige Hinweis: Sie kocht, brät und bäckt wie ihre Grand-mère, ohne sich dem eigenen wie fremden Einfallsreichtum gänzlich zu verschließen. Und sie hält es, wie im Heimatland üblich: Kein Besucher wird abgewiesen, selbst der nicht ganz so genehme erhält seinen Apéritif, der andere wird zu Tisch gebeten. Dazu gehören selbstverständlich Leckereien wie die beispielhaft abgebildeten. Aber auf den Weg nach oben in meine Türmerei kriege ich hin und wieder mal eine der von ihr zubereiteteten Konfituren oder die von ihr manchmal gebackene Brioche, deren Geschmack sich kein Vollkornblutdeutscher vorstellen kann, der nicht einmal ahnen kann, daß Marie Antoinette vermutlich Kuchen meinte, als sie von Brot sprach. Davon profitieren auch Katzen. Madame Lucette liebt sie nicht unbedingt, aber sie achtet sie. Und da nach französischem, vermutlich während der Revolution notierten und im Prinzip heute noch gültigen (ungeschriebenen?) Gesetz jeder ein Recht auf ein gutes, mindestens viergängiges Mahl hat, profitiert auch Mimi alias Noir(e)etblanc davon. Es geschieht gar, daß sie manchmal das Futter verschmäht, das ich ihr hinstelle, das ohnehin keines vom Billigheimer ist, zwar keines mit Petersilienküßchen auf der Packung, sondern schlicht solches mit höchstem Fleischanteil. Aber wenn sie sich unten bei Madame in die Küche schleicht, dürfte das eine ums andere Mal das eine oder andere immer feine Stück vom Entrecôte (bis heute unvergessen der damalige und zwischenzeitlich wieder ausprobierte Banquier) vom Tisch fallen, das alleine deshalb besser schmeckt als das landesüblich angebotene, weil's da einen Schlachter gibt, der zwar nicht wie mein ehemaliger in München mal in Saint-Étienne des Schneiden von Fleisch gelernt hat, aber immerhin einen, der nur von den mittlerweile auch in Nordeutschland überall, meines Wissens sogar bei einem der führenden und längst von Frau Braggelmann angefahrenen Brillenbauern namens Fielmann grasenden französischen Rindern6 nimmt, der womöglich ebenfalls das typische Zerlegen von Fleisch beherrscht, dieses aber auf jeden Fall weitaus länger ablagert, als das bei den hiesigen Fleischern, geschweige denn Supermärkten geschieht, in denen die Kunden sich vor dunkler Schulter oder Lende ängstigen, weil die hiesigen ehemaligen Bauern nunmal nicht fressen, was ihrer Meinung nach fremd ist. Das ist dann eines von neun Mahlen, die eine Katze benötigt, um ihrer angenehmen neun Leben sicher zu sein, hat sie doch einen sehr kurzen Darm, weshalb sie nie zuviel auf einmal frißt. Denn sie nimmt, so verzivilisiert worden ist sie in der hiesigen Domaine, auch mal eine Partie Tartelettes, mal eine vom Käse, den Madame notfalls sogar einfriert, wenn er im Übermaß aus der Heimat geliefert wurde.7 Land- ist also Katzenleben — quasi ein und dasselbe. Gerne neunmal täglich. Darüber wird hier also nicht nur im übertragenen Sinn fortwährend berichtet, mit mir (und anderen) logischerweise auch bei bei Blogger.de, willkommener Katzencontent hin oder her. Das geschähe auch, täte ich zwitschern oder mich in die Arme der Datenkrake Farcebuch begeben, was ich aber tunlichst unterlasse, denn ich habe schließlich (be-)greifbare, also nicht nur virtuelle sogenannte soziale, sondern richtig süße Kontakte, bei denen ich obendrein nicht mein Leben abgeben muß, auf daß sie mit mir Kohle machen, und ich wüßte sonst auch nicht, wozu ich mein Poesiealbum hier betriebe. Jetzt gibt es dann Fleischliches, für Menschen ein bis zweimal pro Woche, für Katzen immer, und anschließend Süßes für alle. Frau Braggelmann war hier, um mich nach wie vor geistig und körperlich Behinderten zu hüten und zu pflegen und mit mir zu essen und zu plauschen. Und wenn sie kommt, taucht ohnehin irgendwo aus der Unendlichkeit ihres Reviers auch noir et blanc Mimi auf, um vor den nächtlich zu jagenden Mardern und Mäusen nochmal ein menschliches Häppchen zu nehmen.
enzoo (13.02.12, 08:37) (link) es ist ja nicht so
dass mich katzengeschichten nicht interessierten, als katzenfreund lege ich mir ab und an gerne eine auf den schoss um mich anpurren zu lassen, während ich ihren kopf kraule, es fiel mir eben nur auf, dass die blogs derzeit voll sind von katzengeschichten, was ich in der erfreulicher weise nun doch ausklingenden kältewelle(?) darauf zurückführte, dass blogger und -innen sich insgeheim vielleicht einen pelz wünschten wie ihre schnurrenden hausgenossen einen haben. verständlicher weise, ein pelz wäre, musste man in den vergangenen tagen das freie aufsuchen, durchaus wünschenswert gewesen, also ein mit dem körper verwachsener, nicht umgehängter, und optisch hätte es wenig unterschied gemacht, da beinahe alle sich im freien befindlichen gegen das vermummungsverbot handelten, in abwehr der grossen kälte, von der im lauschigen ort oimjakon in sibirien, der bewohnten gegend mit der bestätigten rekord-tiefsttemperatur von minus 72 grad celsius, diesmal immerhin minus 50 grad gemessen wurden, und von der wir mehr als wir alle vermutlich wollten, abbekommen haben.Anpurren?
Was ist das für ein Österreichisch? Wien? Ich, dem die Alpenrepubik wegen jahrzehntelanger Nähe nicht eben fern liegt, habe es noch nie gehört.Mimi wäre ein geeigneter Kälteschutz, denn ihr Fell ist von einer geradezu grandiosen Fülle, was daher rühren wird, daß sie, wenn sie in der Türmerei den dritten oder sechsten Gang ihres Tagesmenus, auch diesen Teil ihres Reviers in Augenschein genommen, ein paar Schnurrer (Purrer?) abgegeben hat, sofort wieder hinaus will (wahrscheinlich, um erstmal in Madame Lucettes Cuisine reinzuschnauen). Sie lebt im wesentlichen so, wie ich mir ein Katzenleben immer vorgestellt habe, das nie in einer Stadtwohnung stattfinden konnte, weshalb ich städtisch auch nie eine haben wollte: draußen. Ich habe selbst in der Gegend um Rovaniemi mal fünfunfvierzig Grad minus erlebt. Mimi würde mich sicherlich davor schützen. Aber Sibirien ist nun auch in Holstein vorbei. Der schleswig-holsteinische Witterungsminister Menno Schrader hat gestern abend öffentlich-rechtlich Weiden-kätzchen kundgetan, die das Eis durchbrochen haben. Das heißt, es geht wieder los mit der Vögelei, Mimi alias Noiretblanc bekommt die Menufolge noch mehr erweitert, und auch mir wird schon ganz anders: Frühjahrsmüdigkeit. Aber so gesehen ist bei mir immer Frühling. die geographischen grenzen
der verwendung von purren kann ich ihnen nicht sagen, allerdings habe ich es aus dem nördlichen teil oberösterreichs, dem mühlviertel, der rauen gegend, aus der ich väterlicherseits abstamme, dort und zumindest in teilen des angrenzenden waldviertels wird es mehrsinnig gebraucht. (wobei es zwar mit hartem p geschrieben, aber irgendwo zwischen hartem p und weichem b ausgesprochen wird, schau, de katzerln, de liabm, wias purrn! (das brummgeräusch der haustiger ist damit gemeint) wos purrst mi so åu? (warum bis du so unwirsch mir gegenüber?) es hot an festn purra gmocht! (es gab ein recht lautes geräusch, an dem man erschrak) der duden hingegen kennt das wort in anderem sinn. wie ja schon karl kraus wusste, dass das einzige, was die österreicher und die deutschen trennt, die deutsche sprache ist, was wiederum das einzige zitat ist, das man hierzulande von diesem herrn fast allen entlocken kann, allerdings weniger aus literarischem interesse als aufgrund der tatsache, dass den deutschen gegenüber nach wie vor eine erhebliche portion misstrauen gehegt und geradezu gepflegt wird, nationalsportartlich sozusagen, was die fussballerische unterlegenheit bei vielen, denen dies wichtig ist, vielleicht erträglicher macht. Sogar Herr Duden
kennt es, verweist gar auf die Seemannssprache und Sie aufs Mühlviertel. Ich bin von mir enttäuscht, so späte Aufklärung zulassen zu müssen.. Das Seemännische hab' ich immer gerne gemocht, und dieses Stück Oberösterreich ist mir in guter Erinnerung. Zu meiner Zeit beim unsittlichen Druckwerk gab's eine von der Sekretärin (heute hieße sie wohl Assistentin, mit dem Unterschied, daß sie damals richtig gutes Geld verdiente) zur Redakteurin heranwachsende, am Mozarteum in Gesang, Spiel und Sprache studierte, von mir sehr geschätzte und auch a bisserl umworbene Dame, die von dort kam. Mit Gelassenheit nahm sie hin, ihre Heimat von den lieben Kollegen als Müllviertel verunglimpft zu hören. Vielleicht hat Elvira damals öfter gesagt: wos purrst mi so åu, wenn ich meinen Unmut darüber, daß sie sich während unserer nächtlichen, einmal, manchmal auch öfter wöchentlich stattfindenden Sausen (heute hieße das wohl Orgien?) mal wieder zu wenig um mich bemüht hat, in eine redaktionelle Rüge umtoniert hatte. Immerhin ging sie trotzdem mit mir einige Male Schifoarn in ihr Land, ins von mir bevorzugte, Bayern benachbarte Tirol, nach Berwang (Umschwung), wo's noch preiswerter ging als in diesen sich immer nobler gerierenden deutschen Stätten des Hinunterrasens. Das zum Thema Nationalsport. Fußball hatten wir ja schon.Ich weiß nicht, ob sie's gesagt hat, es liegt zu lange zurück; aber immerhin ist mir während des Verfassens ihr Name, sogar der hintere wieder eingefallen, der so schön mühlviertlerisch klingt wie wos purrst mi so åu. Ich werde es in meinen Wortschatz integrieren. Dieses nicht nur sprachlich trennende Mißverhältnis ist auch nach Karl Kraus' Anmerkungen weitergehend verewigt. Auch etwa Thomas Bernhard hat in dieser Kluft gebohrt, hat manch einer, durchaus in krausschem Sinn, despektierlich innenministerielles Mißfallen kundgetan. Qualtinger und sein Herr Karl wären dabei ein Beispiel. Aber speziell auf das deutsch-österreichische Verhältnis hat beispielsweise, Sie kennen sie sicherlich, die Piefke-Saga recht komisch (re-)agiert. Darüber kann ich heute noch gut lachen. Und ergriffen den Kopf schütteln. Wie überhaupt über den Mitterer. Der kann wahrscheinlich auch gut purren. der herr karl
wird hierzulande weitgehend weiterhin wahlweise als nestbeschmutzer oder aber als witzfigur aufgefasst. dass der (un)gemütliche dicke ein spiegel des österreichischen wesens, streckenweise des menschlichen wesens allgemein, ist, wird nur selten so verstanden. das kann man zum beispiel bei öffentlichen vorstellungen erleben, bei denen viel zu oft an den ganz falschen stellen gelacht wird.ähnlich gespalten ist es ja mit den werken des thomas bernhard. wenige haben vieles von ihm gelesen, viel mehr haben viel dummes über ihn gesagt. heute noch geht ein gutteil des wiener bürgertums mit dem vorsatz, es unerhört zu finden, was dieser auf staatskosten gelebt habende so geschrieben hat, ins burgtheater, wenn endlich mal wieder bernhard gespielt und in kürze dargestellt werden wird. schon vor der vorstellung echauffiert man sich mit genuss und bemerkt so nicht, dass man dadurch eigentlich nicht im zuschauerraum, sondern auf der bühne sitzt. und die piefke saga? die wird hier weitgehend als lustiges dorfbühnen-piefke-bashing erlebt - und ebenfalls nicht auch als spiegel der österreichischen gesellschaft. das aus seinem minderwertigkeitskomplex entstandene österreichische (über)lebensmotto lautet nicht "alles walzer!" sondern: "alles trotteln!" (mit dem subtetxt "also die anderen, nicht wir") >> kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
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