Teile der/die Romantik

Die Romantik bedeutet dem einen Kerzenschein mit der oder dem Liebsten, dem anderen starrköpfige Beharrlichkeit, und sei es gegenüber sich selbst, auf jeden Fall so lang, bis es anderen, den an die unumstößliche Lehre Glaubenden gelungen ist, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Ach, nicht schon wieder, werden jetzt so manche denken. Aber ich bin nunmal beharrlich, Redundanz habe seine Richtig- und damit Wichtigkeit, lehrten mich meine Lehrer, Frauen waren seinerzeit noch zu sehr Minderheit, beim Rundfunk. Ich lasse mir meine Erkenntnisse zur Romantik nicht verbiegen, wie etwa die Wirtschaft das mit mir versucht, indem sie mir zu vermitteln trachtet, das sei keine gesellschaftlich relevante, allenfalls eine weit hinter uns liegende Epoche gewesen, sondern bedeute das marktwirtschaftliche Untersuchungsergebnis, das nur traute Zweisamkeit, das darauf folgende kuschelige Heim mit dem darin und drumherum gelagerten Retro und andere käufliche erwerbbare Glückseligkeiten zuläßt. Am Wochenende hatte ich Einblick in verschiedene Zeitschriften und Warenhauskataloge, nein, ich wartete nicht in des Arztes Zimmer in Hoffnung auf die Vertreibung meiner Visionen, in denen der Begriff sozusagen akut virulent ist.


Das verdunkelt das Bild von ihr, man möchte meinen, man wolle die globalisierten Völker dorthin zurückdrängen, wohin sie nach der Strategen Meinung ohnehin gehören, in die den nicht lesen Könnenden gewidmete biblia pauperum der nachpostmodernen Zeit, der zappelnden Bilderflut. Der immer allgemeiner werdende Sprach- und Bildgebrauch verhängt alles, was ein Lichtlein hineinlassen könnte, das wenigstens bei der Suche nach dem Ausgang aus diesem unterirdischen Labyrinth helfen könnte. Ich bin mir bei der Suche nach den Ursachen nicht im klaren, es ist schon eine Weile her, daß ich die Schule verlassen habe, aber ich ahne und vermute, es könnte an der modifizierten Lehre liegen, im kleinen bestätigt durch Jagothello, der auf curriculare leichte Festgenageltheiten verweist, die Normabweichungen verbietet, diese vielleicht gar unter Strafe stellt, welcher Art auch immer, und sei es die Abordnung an eine Sonderschule für Quertreiber. Einer der mich einst Unterrichtenden, ein Germanist und Romanist, ach was, alles in Zusammenhänge rückender Hochschullehrer, der einzige, den ich je verehrt habe und dessen allzu frühe Sichselbstsegnung ein unvorstellbares Loch in mich gerade das Denken Beginnenden riß, das erst einige Zeit später in Zürich ein für (fast) alles offener schweizerischer Märchenerzähler aufzufüllen wußte, indem er sich meiner Suche nach romantischer Aufklärung annahm, gab mir einen entscheidenden Ratschlag mit auf den Weg: Vertraue keinem, der unter dem Siegel der Objektivität Apodiktisches von sich gibt, erkenne immer selbst und gib die dann gedachten Gedanken erst dann weiter, wenn du offen genug dafür bist, grundsätzliche Offenheit zuzulassen, erst dann gelangst du in die Nähe zur Objektivität. Gut vierzig Jahre danach scheine ich mich ihr anzunähern. Das ist ein geistiger Landgewinn, den mir die Jugend auch nicht annähernd ausmalen konnte.

Ich verbinde die Romantik, der ich in der allgemeingültigen Lehre, in der, die sie in die Kategorie Liebe zur Weisheit rückt, nicht unbedingt nächststehe. Für mich, der ich nichts lehre, was ich je gelehrt haben sollte, war bestimmt alles falsch, weil viel zu früh von fester Bestimmung, skizziert beispielsweise Jean Paul, der in des Teufels Papieren anmerkte, «der Mensch ist der große Gedankenstrich im Buche der Natur», die Romantik. Der auf ewig Unvollendete schrieb zu seinem Ende hin eine
Entschuldigung bei den Lesern der sämtlichen Werke in Beziehung auf die unsichtbare Loge.

Ungeachtet meiner Aussichten und Versprechungen bleibt sie doch eine geborne Ruine. Vor dreißig Jahren hätte ich das Ende mit allem Feuer des Anfangs geben können, aber das Alter kann nicht ausbauen, nur ausflicken, was die kühne Jugend aufgeführt. Ja man setze sogar alle Kräfte des Schaffens ungeschwächt, so erscheinen ihnen doch nicht mehr die vorigen Begebenheiten, Verwicklungen und Empfindungen des Fortsetzens wert. Sogar in Schillers Don Carlos hört man daher zwei Zeiten und zwei Stimmen. — Noch ein Werk, die biographischen Belustigungen unter der Hirnschale einer Riesin; steht in der Reihe dieser Sammlung ohne Dach und Baurede da — aber es ist auch das letzte; — und sind denn zwei unausgebaute Häuserchen so gar schwer zu verzeihen in einem Korso von Gebäuden aller Art — von Gartenhäusern — großen Sakristeien, wenn auch ohne Kirchen — Irren- und Rathäusern — kleinen Hörsälen — vier Pfählen — Dachstuben — Erkern — und italienischen Kellern? — Wenn man nun fragt, warum ein Werk nicht vollendet worden, so ist es noch gut, wenn man nur nicht fragt, warum es angefangen. Welches Leben in der Welt sehen wir denn nicht unterbrochen? Und wenn wir uns beklagen, daß ein unvollendet gebliebener Roman uns gar nicht berichtet, was aus Kunzens zweiter Liebschaft und EIsens Verzweiflung darüber geworden, und wie sich Hans aus den Klauen des Landrichters und Faust aus den Klauen des Mephistopheles gerettet hat — so tröste man sich damit, daß der Mensch rund herum in seiner Gegenwart nichts sieht als Knoten, — und erst hinter seinem Grabe liegen die Auflösungen; — und die ganze Weltgeschichte ist ihm ein unvollendeter Roman. —
Baireuth, im Oktober 1825.
Jean Paul Friedrich Richter.

Zitiert nach: Jean Paul. Werke in zwölf Bänden. Hanser, München, Wien 1975. Mumien, Erster Teil. Band 1, S. 13
Ich kann mich an keine seiner Erzählungen oder auch «kleinen Geschichten» erinnern, die mir in dieser Epoche der sogenannten Gegenbewegung zur Aufklärung über Nebenwege nicht letztlich doch das Siècle des Lumières illuminiert hätten, hier zum Beispiel oder auch beispielhaft mit seiner Dr. Katzenbergers Badereise:
«Ein Gelehrter, der den ersten Juli mit seiner Tochter in seinem Wagen mit eignen Pferden ins Bad Maulbronn abreiset, wünscht einige oder mehre Reisegesellschafter.» — Dieses ließ der verwittibte ausübende Arzt und anatomische Professor Katzenberger ins Wochenblatt setzen. Aber kein Mensch auf der ganzen Universität Pira (im Fürstentume Zäckingen) wollte mit ihm gern ein paar Tage unter Einem Kutschenhimmel leben; jeder hatte seine Gründe – und diese bestanden alle darin, daß niemand mit ihm wohlfeil fuhr als zuweilen ein hinten aufgesprungener Gassenjunge; gleichsam als wäre der Doktor ein ansässiger Posträuber von innen, so sehr kelterte er muntere Reisegefährten durch Zu- und Vor- und Nachschüsse gewöhnlich dermaßen aus, daß sie nachher als lebhafte Köpfe schwuren, auf einem Eilboten-Pferde wollten sie wohlfeiler angekommen sein und auf einer Krüppelfuhre geschwinder.

Daß sich niemand als Wagen-Mitbelehnter meldete, war ihm als Mittelmanne herzlich einerlei, da er mit der Anzeige schon genug dadurch erreichte, daß mit ihm kein Bekannter von Rang umsonst mitfahren konnte. Er hatte nämlich eine besondere Kälte gegen Leute von höherem oder seinem Range und lud sie deshalb höchst ungern zu Diners, Goûters, Soupers ein und gab lieber keine; leichter besucht' er die ihrigen zur Strafe und ironisch; — denn er denke (sagte er) wohl von nichts gleichgültiger als von Ehren-Gastereien, und er wolle ebenso gern à la Fourchette des Bajonetts gespeiset sein, als feurig wetteifern mit den Großen seiner Stadt im Gastieren, und er lege das Tischtuch lieber auf den Katzentisch. Nur einmal — und dies aus halbem Scherz — gab er ein Goûter oder Dégoûter, indem er um 5 Uhr einer Gesellschaft seiner verstorbnen Frau seinen Tee einnötigte, der Kamillen-Tee war. Man gebe ihm aber, sagte er, Lumpenpack, Aschenbrödel, Kotsassen, Soldaten auf Stelzfüßen: so wüßt' er, wem er gern zu geben habe; denn die Niedrigkeit und Armut sei eine hartnäckige Krankheit, zu deren Heilung Jahre gehören, eine Töpfer- oder Topf-Kolik, ein nachlassender Puls, eine fallende und galoppierende Schwindsucht, ein tägliches Fieber; — venienti aber, sage man, currite morbo, d. h. man gehe doch dem herkommenden Lumpen entgegen und schenk' ihm einen Heller, das treueste Geld, das kein Fürst sehr herabsetzen könne.

1. Summula. Anstalten zur Badreise. Zitiert nach Projekt Gutenberg
Mir ist die Dunkelheit durchdringendes Licht angenehmer, wohler ist mir's, wenn alles ausgeleuchtet ist. In einer strahlend hellen Kneipe sitze ich sehr viel lieber als in finsterer Spelunke, in einer Bodéga, bevölkert von denen, die sich absinthisch mit ihrem «Schicksal» abgefunden haben. Dem von Herbert Köhler in Lethes Freibrief angeführten Gleichnis mag ich nicht folgen müssen, nach dem Diogenes selbst am hellichten Tag mit einer Laterne in der Hand auf der Agora nach Menschen sucht. An der See fühle ich mich behaglicher als im tiefen Wald, und mag es noch so stürmen; dabei liegt mir allerdings Caspar David Friedrichs ewig sehnsüchtelnder Blick in die Ferne, noch dazu bei aller Ablehnung des Fremden bei weitem nicht so nah, fühle ich mich doch nicht so romantisch klein, wie darüber so gerne philosophelt wird, ums auf eine allgemeine oder allgemeingültige Ebene zu heben, die der Herr Magister vom Volksbildungsheim bestimmt, auf daß alles seine wohlgeordnete Ordnung habe, bloß keine Irritation aufkomme. Mein romantischer belle vue auf diese Art belle époque, der auf die See, mit meinem Sehen habe ich alles im Blick, auch wenn ich mich umdrehe. Als romantisch bezeichneter Tinnef ärgert mich, weil die alles zudekorierende Verhübschung durch Naturnähe, die Alpen aus dem Baumarktkatalog den freien Blick aufs Mittelmeer verstellt. Ich will sehen, wer durch die Gänge meines Lebens und damit auch durch das anderer schleicht. Meine Erfahrungen beeinflussen auch andere Menschen. Wenn ich denen ständig vermittle, daran könne man ohnehin nichts ändern und das dann mit Plüsch und Plimm ausstatte, schalte ich der Gesellschaft das Licht aus. Und mit Romantik hat das ohnehin nichts zu tun. Dann sitzen diese Verdunkelten in eben dieser durch Klitterung verdunkelten Ecke der Geschichts-darstellung, die durch die Verkleinerer beispielsweise der Konsumerhöher angestrebt wird.

Eine politisch bewußte Gesellschaft darf der Romantik durchaus deren auch kritischen Blick abgewinnen, wie das Schriftsteller dieser Zeit, da etwa wären E.T.A. Hoffmann oder eben Jean Paul, teilweise getan haben. Mir hat sich jedenfalls ein anderes Verständnis von ihr ergeben als das in der Regel angewandte curriculare System, das in jungen Jahren einmal gepaukt und über das in der Zeit danach nicht mehr nachgedacht wurde. Möge man es ein teilromantisches nennen.
«Die Zeitlichkeit des Sprechens ist evident. Das Sprechen führt den Zug der zeitlichen Dinge an wie ein tanzendes Kind mit einem Wimpel, auf dem nichts geschrieben steht, oder etwas, das es weder weiß noch versteht, oder mit Kinderschrift: Tod. Deshalb folgt die Kunst in dem Zug der zeitlichen Dinge weit hinten nach, mürrisch. Sie träumt von der Gegendemonstration.»

Jochen Gerz, zitiert nach Kurze Erinnerung, in: Kurzschrift 1.1999

 
Mi, 19.09.2012 |  link | (3700) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Kopfkino



 

Wiedersehen

© Regine von Chossy

Bei Frau Braggelmann war ich zu Besuch. Das ist diejenige, die meine kleine Kunstsammlung wiederbelebt hat, indem sie sie nach und nach entführt und auf ihre Weise öffentlich gemacht hat. Bei sich zuhause, in einer wahrlich wilden Petersburger Hängung. Jeder verfügbare Winkel ist zugehängt, bis in den Hausflur hinunter. Sogar ihren Vermietern, ein seit Jahrzehnten im Ruhestand befindliches Ehepaar, von dem nicht unbedingt auf Anhieb anzunehmen wäre, es würde das goutieren, gefällt das. Und ihren sonstigen Besuchern auch. Eine wegen Frau Braggelmanns neuem Spielzeug, dem EiPäd, angereiste Bekannte zeigte sogar Kaufabsichten, ein kleiner Uecker hatte es ihr angetan. Unverdrossen stöbert meine Kunstverwalterin bei mir herum, um jedesmal doch noch fündig zu werden in meinem Fundus, von dem ich jedesmal aufs neue annehme, er sei erschöpft. So habe ich, wonach mancher Großsammler sich sehnt, ein Museum. Kein Sponsoring via PPP oder ähnlichem. Vollmäzenatentum.

Und nun beginne ich zu entdecken, was seit ungefähr vierzig Jahren sich bei mir angesammelt hat. Die kleine, etwa postkartengroße Zeichnung von Regine von Chossy, passabel photographiert von einem Apfel, dürfte mich vor circa fünfundzwanzig Jahren, es mögen dreißig sein, erreicht haben. Mit einem Mal rückt sie in mein Blickfeld, geht mir nicht mehr aus dem Kopf, beschäftigt mich. Sie gefällt mir wie damals, ich sehe zudem eine fast verblüffende Kontinuität. Angenehme Erinnerungen gesellen sich hinzu. Und nach so langer Zeit der Vernachlässigung mache ich mir erst jetzt Gedanken darüber.

Die werde ich in den nächsten Tagen aufschreiben. Und vielleicht auch weitere Gemälde und Zeichnungen aus meinem Museum vorstellen, das mittlerweile auch die Aufmerksamkeit anderer erregt. Und ich hatte sie lange Zeit in meinem Fundus begraben.
 
Di, 18.09.2012 |  link | (2687) | 7 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Form und Sinn



 

Die öffentliche Hand

Sollte ich noch wirrer als sonst sein, führe man das getrost auf ungesundes, aufgeklärtes Leben bis zum Alter zurück.

kann viele Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Sagt sie, die offene Hand, aus der sich so viele bedient haben und bedienen, indirekt auch diejenigen, die daraus ihre Gewinne, wie das neuakademisch volkshochschulisch heißt, generieren. Nun, da der löchrige Schirm gerettet werden darf, da er lediglich noch aus einem Loch besteht, wird erst gar nicht mehr darüber nachgedacht, wer oder was es gerissen haben könnte. PPP wurde zu Zeiten angesetzt, als es noch nicht wirklich Anlaß dazu gab. Es waren die unentwegten Privatisierer, die das immer betrieben haben. Datiere ich es jetzt mal assoziativ zurück in die Zeiten, in denen Frau Thatcher zum Sturm auf die Bastion einer geregelten Finanzwirtschaft geblasen hatte. In den Folgen meinte manch ein von der Freiheit des Monetären beseelter Kleinstadtpolitiker, wo auch immer, in der gemeinsamen Tätigkeit mit allen möglichen Geldgebern, die behaupteten, sie fühlten sich qua Eigentum der Gemeinschaft gegenüber verpflichtet, einen Verein gründen zu müssen, der die Steuersäckel zu «erleichtern» vermochte, was auch geschah, indem auch die Sparstrümpfe dünner wurden. In der Fortsetzungsgeschichte fällt mir dazu beispielhaft die Aufforderung an Griechenland ein, aber auch wirklich alles zu verhökern, mit dem sich trödeln läßt. Wenn alles in die private Hand gelangt ist, dann hat die öffentliche nichts mehr, das sie gesunden ließe.

Womit wir bei der Marginalie zur Gesundheit wären, die mir bei der Gelegenheit einfällt. Was in den selteneren Fällen angegriffen wird, da findeln sie sich eher via EiPhone zu einem Blitzkriegmob gegen die GEMA zusammen: die pharmazeutische Industrie, dieser andere Gewinnmoloch. Da geht man lieber auf die Ärzte los. Dorf- oder Kinderärzte verdienen eben nicht unbedingt allesamt hunderttausend Euro und mehr jährlich bei sechzig, siebzig, achtzig, so manches Mal end- oder ruhelosen Wochenstunden Arbeit. Die Landärztin, die sich um ihre Patienten sorgt und ihnen lange zuhört, erhält oft genug gegen die hintere Mitte eines Quartals überhaupt kein Honorar mehr, da sie ihren Etat überzogen hat. Eine meiner guten Bekannten bittet immer wieder mal darum, ein von anderen dringend benötigtes Medikament bei anderen verbuchen zu dürfen. Es sind beispielsweise die Radiologen mit ihren ebenso von einer anderen Industrie preisbestimmten teuren Gerät-schaften, die es sich leisten können, immer wieder neue Geräte wie auch die mit dem beSUVten Stern zuzulegen. Und was ist mit den gesetzlichen Krankenkassen? Sie zahlen den Ärzten eben teilweise nur wenige Minuten für eine Behandlung. Die privat Versicherten erhalten mehr Aufmerksamkeit, sprich Zeit, sprich Geld. Aber im Alter sind auch die Alten oftmals ratlos, wenn die entsprechende, über die Rente hinaus abgeschlossene Lebens- bis hin zur Krankenversicherung nicht ausreicht für eine sorgloses Restdasein. Die Völker werden doch auch in der Gesundheit oder der Altersversorgung auf geradezu perfide Weise auf Privatisierung hin getrimmt, die müssen das doch für «normal» halten. Weshalb geht denn so gut wie niemand mal auf die Straße gegen diese Machenschaften aller möglichen, nenne ich sie mal seltsamen Vereinigungen? Man darf dafür ruhig auch sein EiPhone benutzen. Wie bei allden frühlingsartigen Revolutionen der Neuzeit.

Ich habe wahrlich nichts gegen Eigentum. Aber das ist scharf zu trennen von dem der Gemeinschaft. Vor Jahrzehnten habe ich gegen das US-amerikanische System beispielweise in der Kunst- und Kulturvermittlung gewettert. Es war klar, daß mal wieder niemand auf mich hören würde, der ich behauptete, die reichen Amis würden nunmal keine Steuern für cultural events zahlen, weshalb sie auch Geld reinstecken müßten dafür, hier aber erledige das die Gemeinschaft, die damit die Freiheit der Kunst vor dem Diktat des Geldes erhalte. Heutzutage geht nahezu nichts mehr ohne den Einfluß sogenannter Sponsoren. Längst üben sie, ich habe es kommen sehen, erheblichen Einfluß, ja Macht durch die Hintertür aus, indem sie Lehrstühle, letztendlich also die darauf Sitzenden bezahlen, Laboratorien, auch die des Geistes, finanzieren. Das ist dasselbe wie mit den Wasserspielen. Bildung ist ist ein Grundnahrungsmittel, das nicht den Gesetzen eines dubiosen Marktes unterworfen sein darf. Wohin Deutschland, aber auch andere Länder mit der Bildung geraten sind, wird ersichtlich, wenn man sich der verkürzten, auf «Effizienz» zielenden Studienzeiten vergegenwärtigt.

Man will meines Erachtens offensichtlich keine eigenproduzierten Gedanken aufkommen lassen, die möglicherweise darin münden könnten, es gäbe eventuell noch Angenehmeres, als sich für irgendwelche Firlefanzereien abzuarbeiten. Gäbe es den in den letzten zwei, drei Jahrzehnten in Mitteleuropa, Deutschland, geh' du voran, extrem vorangetriebenen, allein darauf ausgerichteten Konsum nicht, würde sich möglicherweise manch einer griechisch oder auch levantisch einfach aufs Stühlchen unter den etwas anderen Schirm setzen, unter den, der vor allzuviel Sonne schützt. Aber das wird's sein, man hat zuwenig Sonne, dafür zuviel protestantische Arbeitsmoral.

Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber wie ich's Ihnen heute früh ins Poesiealbum geschrieben habe: Es gibt so manches, das man, bevor ich jetzt dann mal weg bin zu Frau Braggelmann, gar nicht oft genug sagen kann, auch auf Seite eins, wo ansonsten zunehmend mehr Belanglosigkeiten Platz nehmen, in diesem Wartezimmer der Privatmenschen, die in der Antike Idiotes hießen und die wohl in der Sehnsucht nach dem guten Alten dort heutzutage wieder so gerne viele bunte Bildchen kucken. Genau, wenn mir danach ist, wenn ich derartige Visionen habe, gehe ich, wie der Allesgesunder namens Herr Schröder Deichgraf und Sintflutretter namens Schmidt empfahl, zum Arzt.
 
Sa, 15.09.2012 |  link | (3376) | 19 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Gesellschaftsspiele



 







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