Partielle Verbotseinigkeit

Ulfur Grai macht Urlaub. Einer der letzten der aussterbenden Rasse der solistischen Reisenden durch die Welt, der Literatur und der Geschichte beziehungsweise der sich daraus ergebenden Verbindungen hat sich, welch' Wunder, sein Zuhause als Ziel ausgesucht. Man könnte meinen, das sei, nicht nur aufgrund geringerer Etats, schließlich das Normale schlechthin. Mir zieht dabei die Kaninchenstallarchitektur, wie der gute Schwätzer Bazon Brock sie von den Siebzigern an mehrfach beim Namen genannt hat, vor Augen, der Austausch der Heimat mit der von Lloret de Mar oder ähnlichen mediterranen Bunkeranlagen bis in andalusische Gestade, in denen man sich genauso bewegen kann wie zuhause auch. Man spricht deutsh, verständlich wie Currywurst, die Geborgenheit liegt nahe. Wobei nicht außeracht gelassen sein möchte, daß sich das umgebungstechnisch beispielsweise in Frankreich nicht anders verhält: Le Grau du Roi, La Grande Motte.

Der Beschreiber des Fahrtenbuchs hat sich für seine aktuellen Reisen die sogenannte zweite Heimat ausgesucht, hier die Niederlande; davon mal abgesehen, daß Heimat sich ohnehin immer dort befindet, wo man Freunde findet, wie Christian Morgenstern es einmal benannt hat (oder war's ein anderer?). Bei einer seiner Bummeleien durch die Botanik des Landes kam ihm aus: «O, süße Freiheit und Humor der neuen Welt dort unten! Ach, Europa-EU-Schengenraum-Holland, dir gehen sie ab. Damit allein nicht genug. In den Scheveninger Dünen jagt ein privater Sicherheitsdienst mit Colt im Halfter Spaziergänger, die es einmal wagen sollten, einen der Schlagbäume mit Verbotsschild zu umgehen.»

Mir fällt diese Entwicklung seit längerer Zeit auf, und mir scheint, die erzieherischen Direktiven der europäischen Zuchtmeister tragen Frucht. Als ich nach Schleswig-Holstein kam und ich mich begeistert darüber äußerte, mich beinahe wie in Frankreich zu fühlen, da es fast keine Verbote zur Durchfahrt oder des Zugangs gab, da wurde ich vor allem von jüngeren Menschen für diese Auffassung vom einst außerparlamentarisch oppositionell geforderten freien Blick aufs, folglich den Zugang zum Mittelmeer erheblich gerügt. Die Begründung war, man müsse die Natur doch in Ruhe lassen. Verständnis bringe ich allerdings dafür auf, wenn ich sehe, welche Massen vor lauter Freizeitbedürfnis alles kaputtrampeln und einsauen, wie das Volk es gerne nennt aus seiner menschlichen Perspektive. In einem Leidartikel gab ich's mal zum besten: Überhaupt kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, die Erde bestünde nur noch aus Tourismus.

Offensichtlich geht es nicht anders als mit Ge- und Verboten. Viele können offenbar mit der sogenannten Freiheit nicht anders umgehen. Steckt in den Australiern die «Disziplin» des alten «Vaterlandes», wenn sie als einstige auf die Gefängnisinsel Deportierte auffordern: «Please walk on the grass! Smell the roses, hug the trees, talk to the birds and picnic on the lawns.» Können die geduldiger in der Schlange stehen und verhaltener, respektvoller abwarten als die von der Freizeit besoffenen vereinigten Europäer? Man schaue sich an, wie die sich in den eigens für sie errichteten Reservaten aufführen, am Elbstrand etwa oder an Münchens Isar, die zuvor noch extra entgradigt, aus ihrem Streckbett befreit wurde, um wenigstens den Schein des natürlichen Mäanderns wieder herzustellen. An den Calanques östlich von Marseille bis nach Ciotat scheint es doch auch zu funktionieren. Es ist wahrlich kein schöner Anblick, diesen Schritt des Ersehens einer wie ich auch nur tut, um mit eigenen Augen festgehalten zu haben, wie sich die Massen vergnügen, nicht nur in den Buchten selbst, in deren Höhlen seit je manch einer übersommert, auch oberhalb, auf den Kalkfelswegen, wo seit einiger Zeit wie anderswo auch die allgemeine Völkerwanderungsbewegung durch die Berge walzt und mountainbiked, uniformiert von der Outdoor-Industrie. Aber es gibt keine Verbotsschilder, jedenfalls habe ich keine gesehen, ausgenommen die, zu rauchen. Doch wer weiß, was das bedeutet dort in den völlig ausgedörrten Kalkfelsen am Mittelmeer, der wird vermutlich nicht einmal einen Warnhinweis benötigen. Mir strammem Raucher, der nie gemußt hat, wenn's nicht genehm war und der auch kein Schild benötigt, wenn er Gefahr für Leib und Seele anderer erkennt, fiel auf, daß es seltsamerweise (?) immer wieder die ansonsten so auf ihre Gesundheit bedachten Deutschen sind, die meinen, in Flammen aufgehen zu müssen. Es mag an der Vernunftauslegung liegen, nach der man es im Land der Gitanes und Gauloises ohnehin nicht so genau nähme mit der Unfreiheit, schließlich hält sich dort auch niemand an durchzogene Linien auf der Straße und gedenkt beim Abbiegen auch keinen Blinker zu betätigen. Dabei gilt doch nicht nur im Land des gesunden Kadavergehorsams längst Rauchverbot nahezu allerorten. Irgendwo muß man anscheinend Dürfen dürfen. Aber ich will nicht ungerecht sein, vermutlich befinden sich auch ein paar Niederländer darunter. Beim Rabauken haben die partiell nämlich auch ihre Qualitäten.
 
Do, 23.08.2012 |  link | (2162) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Unterwegs


charon   (24.08.12, 00:59)   (link)  
Wer wird denn gleich in die Luft gehen...
Ich will meine Kanadier nicht loben, denn deren Regulierungswut äußert sich auch in zahlreichen Ver- und Geboten: no smoking within 21 ft (7m) stand auf dem weißen Schild mit rotem Rand. Ich schritt die Entfernung ab, stoppte aber nach fünf Metern, weil ich sonst mitten auf der Straße gestanden wäre. Sie verschleudern ihre Naturschätze gegen Bares, immerhin sehr viel Bares. Aber sie wissen sich in der Wildnis zu benehmen. Das mag allerdings auch daran liegen, daß die Wildnis gelegentlich tatsächlich wild ist und hinter der nächsten Ecke der Bär lauert. Früher sagte man "Achtung", heute wohl respect. Wo alles zur Ware mit Tauschwert erklärt wird, kann Achtung/respect eben nur noch mit Zwangsmaßnahmen eingetrieben werden.

Allerdings muß ich sagen, daß ich gegen die Bettenbunker und Retortenstädte gar nichts habe, denn sie bündeln die Scheußlichkeit derart, daß auch Unterbelichteten ein Licht aufgeht. Irgendwann.


jean stubenzweig   (24.08.12, 14:48)   (link)  
Ein schlechtes Gewissen
habe ich. Das vorab. Es muß den Anschein haben, das Thema aus dem Fahrtenbuch von Ulfur Grai in Beschlag genommen zu haben. Er hätte es, nicht nur des einen Punktes wegen, wahrlich verdient, daß bei ihm kommentiert wird. Andererseits werden diese Ge- und Verbote sowie die Massentrampelei hier nicht zum erstenmal angesprochen, und er scheint selbst derart intensiv in der niederländischen Botanik unterwegs zu sein, daß er kaum Zeit aufbringt, mich des schamlosen Ideenklaus zu bezichtigen.

Diese Naturschätze, bester Charon, verfahren wir, wenn mich nicht alles täuscht, mittlerweile neben dem ganzen Mais und Weizen und sonstigen Futterpflanzen nicht nur fürs liebe Vieh in den innerhalb der BRD zahlreichen und immer mehr werdenden SUVs, und Kartoffeln für Plaste-Elaste-Ersatz für Öl, hier teuer und tief aus kanadischem Sand geschürft, genetisieren sie mittlerweile auch. Wir können's aber auch aus geschichtlicher Perspektive betrachten, das ist Ihnen Historienbewältiger schließlich nicht ganz so fremd: Zumindest in Quebec fühlt man sich quasi als besserer Europäer, de Gaulle hat seinerzeit nicht Canada gegrüßt, sondern die Alt-Franzosen, darüber hinaus war's Frankreich, das die US-Systematik funktionierenden Kapitals in Europa eigeführt hat. Oder etwa nicht? Ich war lange nicht mehr dort. Wie's in anderen Gegenden des Landes aussieht, kann ich ohnehin schlechter beurteilen. Und in Bristish Columbia, wo ich mich ein wenig wie weiland Diogenes mit seiner Laterne, nur ich eben in der Wildnis herumtreiben durfte auf der Suche nach dem Bären, schien man Schilder nicht zu kennen, gleichwohl man des Alphabets durchaus mächtig war. Allerdings ist man zumindest in den dortigen menschlichen Ballungszentren sicherlich dem nordamerikanischen Traum noch näher. Diesem Träumer ist seiner Meinung nach das Prinzip schließlich entfleucht, nach dem auch Träume zur Ware erklärt zu werden haben. Und Europa ist ein Teil dieser Träumerei.

Das den Unterbelichteten ja ein Licht aufgehen wird, das bezweifle ich. Kürzlich sah ich eine Reportage über Türkei-Urlauber. In diesem Land muß es zugehen wie vor Jahrzehnten an Spaniens Küsten. Ein Bettenbunker nach dem anderen wird hochgezogen, und sie machen alles Kleine platt. Die sogenannte Wende zieht bildhaft auf vor mir. Und selbst da, dies am Rande, befand sich französisches Schmieröl im Getriebe. Nicht zuletzt deshalb dürften Kohl und Mitterand Händchen gehalten haben. Vor allem der deutsche Ferienreisende möchte alles haben wie zuhause, also möglichst billig. Die lütteren Hoteliers können da nicht mithalten und gehen reihenweise pleite, sicherlich nicht alleine deshalb, da sich derentwegen nicht so umfangreiche Beschwerdekataloge aufstellen kann. Die Urlauber leben dort wie in der Heimat nahe Billigheimer. Es steht allerdings die Vermutung an, daß sie für drei Mark fuffzig dorthin fliegen, klar, Flugbenzin ist preiswert, weil sie zuhause keinen Swimming-Pool haben, denn Freibäder werden geschlossen mangels kommunaler Steuereinnahmen, beziehungsweise die müssen Löcher füllen, die das Finanzierungslotteriespiel gerissen hat.

Und ich soll nicht in die Luft gehen? Richtig, das tue ich auch nicht. Wenn ich's wieder kann, dann mache ich's wie eh und je, nie in einem Charterbumsbomber, allein der Anblick dieser wartenden Menschenansammlungen auf den Flughäfen würde mich davon abhalten, und grundsätzlich lande ich wie immer in einem kleinen Hotel und nicht in solch einer monströsen Bettenburg. Es war und ist mir unerklärlich, wie man das Reisen nennen kann. Aber ich kann wohl auch nicht mitreden, da ich Retortenstädte immer gemieden habe. Vielleicht geht's dort ja gemütlicher zu, als ich auch nur erahne. Gut reden kann ich überdies, denn ich lebe dort, wo andere Urlaub zu machen wünschen. Im französischen Sommer fahren wir nicht nur wie in Éric Rohmers Zyklus der vier Jahreszeiten in die Campagne und nicht ans Meer. Aber wir sind ja auch sowas von gestern.


enzoo   (24.08.12, 11:30)   (link)  
wir balkanesen
verbringen unsere freizeit ja auch nicht ausschliesslich auf unseren balkonen, die frage "wo fährst du hin auf urlaub?" wird hierzulande oft (und immer häufiger) mit "nach balkonien" beantwortet, was ein dezenter hinweis darauf ist, dass man sich keinen urlaub leisten kann, möglicherweise deshalb, weil man eine wohnung mit balkon oder terrasse erworben hat, nein, wir reisen auch in fremde länder, noch immer oft nach griechenland, noch öfter gen italien, und dort meist in die verhotelbaubunkerten reviere, die nicht nur, wie charon meint, durch ihre scheusslichkeitskonzentration irgendwann allen ein licht aufgehen lassen, sondern die, und das erscheint mir viel wichtiger, auch die leute bündeln und so die restliche gegend unverdorbener/unverschmutzter lässt als gäbs eine touristen/quadrat-kilometerische gleichverteilung.

manche von uns fahren auch in den norden, und dies nicht nur, weil die sommer hier so geworden sind, wie man es früher nur in der toskana und ähnlichen gegenden erleben durfte. bei unserer reise an die nordseeküsten schleswig holsteins und niedersachsens gefiel uns vieles, aber weniges hat uns so erheitert wie die flächendeckend aufgestellten ge- und verbotstafeln, gefallen kann einem ja auch ein übel, das man nicht ständig erleben muss, dafür gibts beispiele genug. es seien nur zwei genannt:

in schillig in ostfriesland war der kilometerlange sandstrand in zonen eingeteilt, badestrand, kitestrand, surfstrand; das macht ja alles noch sinn aus sicherheitstechnischen überlegungen, aber dann war da ein bereich, man halte sich vor augen, auf dem riesigen areal, auf dem nur eine magere salzwiese gedieh, der nur für das drachensteigen reserviert war. allerdings war laut beschilderung nur das drachensteigen mit "lärmarmen" drachen erlaubt, unter einhaltung der mittagspause von 12-15 uhr (ich muss daher vermuten, es gibt in deutschland ein prüfzeichen für lärmarme drachen). dass man zum strand nur durch einen zaun und vorbei an einem kleinen häuschen, in dem eine strenge dame die "kurkartenkontrolle" vornahm, erreichen konnte, sei nur nebenbei erwähnt. (bei unserem ersten besuch des strandes nach einer radtour entlang des deiches hatten wir die kurkarten nicht mit, die lagen mit dem anderen papierkrimskrams, das wir bei der hotelrezeption erhalten hatten, im zimmer, die dame meinte, sie glaube uns das in diesem einzelfall schon, zumal wir ja hörbar aus österreich seien und das daher nicht wissen könnten, müsse aber den kurbeitrag dennoch noch einmal kassieren, weil da könne sie gar nichts machen. mein "ach, könnten sie doch! winken sie uns einfach durch!" wurde mit einem bedauernden kopfschütteln beantwortet).

auf amrum im kniepsand entdeckten wir auf unserer wanderung entlang dieses kilometerlangen sandstrandes weitab von allen surfbasen und strandkörben und currywurstbuden mitten im sandigen nichts ein schild mit der schlichten aufschrift: "hier ist das surfen verboten!" einerseits hätte man, um hier zu starten, das surfbrett zwei kilometer quer über den sandstrand schleppen müssen, was sichtlicher weise niemandem eingefallen ist, wofür das schild eher nicht die ursache sein dürfte, denn die buchstaben darauf waren gerade mal vier zentimeter hoch, also schon aus wenigen metern unlesbar, was andererseits auch den anderen möglichen sinn des schildes, eventuell woanders gestartete surfer am vorbeisurfen zu hindern, fraglich erscheinen lässt.

zwei besonders auffällige beispiele für die akute verbotschilderitis, die quer durch die bereisten gegenden zu diagnostizieren war.

andererseits, ein volk, das so wie auf diesem foto:

http://666kb.com/i/c6nhk2rqdwnkt5fo9.jpg

urlaub macht, will es vermutlich nicht anders. fortsetzung der heimatlichen filterkaffee-idylle mit anderen mitteln.


jean stubenzweig   (24.08.12, 18:05)   (link)  
Kurkartenkontrolle.
In Scharbeutz ging's mir ähnlich. Vielleicht hätte ich so tun sollen, als wäre ich ein Österreicher, ein wenig habe ich den Anklang noch drauf aus meinen früheren Wanderungsbewegungszeiten. Kurz vor Schließung der Kurkartenkontrollstelle wollte ich einen Schritt näher zu Ostsee hin tun, da wurde mir der Weg versperrt. Eintritt habe ich zu zahlen, wenn auch nur die Hälfte des Hauptpreises, aber eben doch. Mir war immer, man habe gesetzlich begründet freien Zugang zum Meer. Kürzlich las ich irgendwo, ich erinnere mich nicht mehr, wo ich da herumgesurft habe, man habe jemandem ein Ticket an die Windschutzscheibe geheftet, mit dem zur Zahlung einer Gebühr in Höhe von fünfundfünzig Euro wegen Überschreitung der Parkzeit aufgefordert wurde. In den Niederlanden war das allerdings, am Rand eines Campingplatzes. In Scharbeutz waren es lediglich zehn. Dafür mußte ich keine Strandbegehungsgebühr gleich Maut zahlen, weil ich die zehn Minuten bis Toreschluß gewartet hatte, bis ich näher herankonnte, um Schiffchen zu kucken.


Nein, das mit dem Wegezoll über die Autobahn ist kein gutes Beispiel. Aber vielleicht dann doch wieder, denn beispielweise in Frankreich ist gut, fast gemütlich dahinzurollen, weil's kostet, während die meisten deutschen Deutschen über die Franzosen schimpfend sich auf der eigenen Massenfahrbahn durch die dann doch und auch gebührenpflichtige Schweiz gen Süden nach Spanien kämpfen und nur für das Teilstück ab Lyon, obwohl's durch die Stadt hindurch besser liefe, zum Mittelmeer hin entlang abdrücken, weil's nunmal nicht anders durchgeht bis an an die sonnigen Gestade in Lloret de Mar. Aber das ist wiederum ein anderes Thema, weil System.

Man hat die Völker anscheinend bereits zuhause an Abgaben gewöhnt. Klaglos nehmen sie's hin. Sie zwängen sich ein in ihre, wie Sie's nennen, Filterkaffee-Idyllen und begehren nicht nur nicht auf, sondern sind offensichtlich der Meinung, das sei alles rechtens so, also der Normalzustand. Aber möglicherweise ist er das auch und ich verstehe zu wenig vom Leben als solchem. Ihre Photographie scheint das zu belegen. Dazu gehören offensichtlich auch die vielen Ge- und Verbotstafeln. Anders ist eine Kanalisation vermutlich nicht möglich. Ich aber bleibe auf den Nebenwegen. Und wenn ich die nicht mehr betreten darf, wenn ich nur noch vor Verbotsschildern stehe wie bei der europäischen Überbrückung von Strasbourg nach Offenburg, dann mache ich eben Urlaub daheim, in meiner selbst geschaffenen Espresso-Idylle. Dafür benötige ich nicht einmal einen Balkon. Wenn, dann so:
Es ist angenehm — ich kann direkt auf die Autoroute vers sud. Man könnte auch ein wenig abkürzen. Doch es ist alles andere als eine Zeitersparnis, über die Route Nationale (RN) 83 zu fahren. Es geht sozusagen über die Dörfer. Lieber den kleinen Schlenker über Mulhouse und dann der Alsace den Entenauspuff zeigen und in La Franch-Comté eintauchen, in die Freigrafschaft Burgund. Bei Belfort hat für mich seit jeher die eigentliche Heimat erst begonnen, allenfalls westlich hinter den Ballons des Vosges. Die Landschaft wird mit einem Mal eine andere. Die Verkehrsschilder sehen nicht mehr aus wie nach dem täglichen Samstag-nachmittagsbad. Oder sie fehlen überhaupt. So geschieht es schon mal, daß man sich verfährt. Hat man Zeit, gibt sie einem etwas zurück. Manchmal lediglich ein paar Kilometer mehr auf dem Tachometer. Es kann aber auch ein Café irgendwo in einem Dorf sein. Anschließend fragt man nach dem Weg. Irgendwie geht es dann weiter. Oder man bleibt für eine Nacht, weil man mitbekommen hat, daß Madame persönlich kocht. Für ein paar Alleinstehende des Ortes oder reisende Handwerker. Ein paar Male hatte ich bereits das Vergnügen dieses schlichten, aber immer wohlschmeckenden Menüs. Im Dörfchen Saugues im Margeride oder mal am Flüßchen Vézère im Périgord. Und jedesmal aufs neue ist es geradezu verblüffend preiswert. Doch in der Regel kommt man nur in Begleitung Einheimischer dorthin. Alleine würde ich mich sowieso nicht hineingetrauen. Es sei denn, es geschieht, wie zwei-, dreimal passiert, daß Madame zu einem ans Tischchen tritt und freundlich lächelnd befiehlt, sich doch gefälligst an den gemeinsamen Mittagstisch zu setzen. Es sei reichlich vorhanden, und es müsse gegessen werden. Wer folgte solchen Befehlen nicht gerne? Aber meistens sind diese in ihrer Schlichtheit so wohltuenden Wiederherstellungsstationen irgendwo versteckt. Daß sich eine solche mitten im Städtchen befindet wie in Grandrieu im Lozère, ist eher seltener. Doch auch dort findet die Speisung im Nebenraum statt, während in der Bar die Bauern ihren Pastis trinken, bevor sie zum Essen bei Madame mit dem Traktor nach Hause knattern.
















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